Samstag, 27. April 2024

Probensamstag

Heute proben wir in Meldorf mit dem immer noch amtierenden Interimsvakanzvertreter von 10 bis 18 Uhr am Messiah. Eion letzter Kraftakt vor dem Konzert an Himmelfahrt. Mit erhobenem Zeigefinger hat er - der mit Abstand der Jüngste im Saal ist - uns am Donnerstag nach der Probe die Hausaufgabe erklärt: JEDE und JEDER bringt etwas zum Essen für ALLE mit. Damit wir durch die 8 Stunden ehrenamtlicher Wochenendarbeit kommen. Niemand muckste. Er hat uns sogar das Schweigen beigebracht!

Jeder für alle und alle für einen. Mich hat der gestrige Ausflug nach Heide so sehr beflügelt, dass ich seit Sonnenaufgang in der Küche stehe.

Freitag, 26. April 2024

Musikerliebe

Was Anfang März in Meldorf stattfand, wurde heute abend auch in Heide absolviert: die Kandidaten für die vakante Kirchenmusikerstelle stellten sich vor. Es waren nur zwei, was für den Chor Erleichterung brachte, ein Drittel weniger sängerische Geduld und Kraftaufwand. Es waren nur Männer. Aber beide mit der Musik verbunden und mit Musikerinnen liiert. Der eine (der ältere) schon länger. Der andere (der jüngere) weniger lang. Aber beide sozusagen ihr ganzes Leben lang. Und dann kam das déjà vu. Das Feuer aus Apulien! Und die obligate Frage aus dem Sopran: ob er, der zweite Bewerber Kinder habe. Der erste hat drei, davon zwei schon mehr oder minder Erwachsene. Noch nicht, lautete die Antwort des Südländers. Und seine schwarzen Augen blitzten.

Donnerstag, 25. April 2024

Korallenliebe

Auch die Korallen lieben den Vollmond. Denn dann können sie sich durch Knospung vermehren und sind nicht angewiesen auf den anderen Geschlechtspartner. Praktisch! Wenn das Licht des Vollmonds unter die Wasseroberfläche scheint umnd dieses Wasser eine bestimmt Wohlfühltemperatur hat, werden Korallenteile ermuntert, sich vom Mutterorganismus abzulösen und selbstständig weiter zu entwickeln.

Fällt das Mondlicht aus, wegen Wolkendecke oder Ähnlich Widrigem, Stromausfall oder so, können sich die Korallen traditionell fortpflanzen: durch massenhafte Abgabe von Ei- und Samenzellen ins Meerwasser.

Mittwoch, 24. April 2024

pink

Der Aprilvollmond heißt im christlichen Volksmund Ostermond. In diesem Jahr lag Ostern für uns im Westen näher am Märzvollmond als am Aprilvollmond. Den Orthodoxem steht die Auferstehung hingegen noch bevor und wird erst am 5.5. gefeiert. 

In Nordamerika heißt der Aprilvollmond Pinkmond. Die Fabre bezieht sich auf die ersten Blüten, die gerade zart aufbrechen. Magnolien zum Beispiel, wie ich sie kürzlich zu Tausenden auf der Fahrt in einem grünen Bus quer durch Europa bestaunen konnte.

Der Mond, sagen die Mondgucker, erscheine beim Aufgang gelblich, manchmal auch etwas rötlich. Das hängt davon ab, wieviel Dunst in der Atmosphäre vorhanden ist, wenn der Mond bei uns über den Südosthorizont steigt. sei. Außerdem ist er dann nie perfekt rund, sondern etwas "geplättet". Die dicken Dunstschickten verbiegen sein Licht. Erst ungefähr eine Stunde nach Aufgang leuchtet der Mond perfekt rund und silbrighell.

Andere Völker andere Namen. Es gibt Leute, die sprechen gerade vom Mond des brechenden Eises, vom Mond, wenn die Enten zurückkehren, vom Mond, wenn die Gänse Eier legen. Vom Froschmond oder vom Zischmond!

Freitag, 19. April 2024

Zikadenstürme

Vor etwa 14 Jahren schrieb ich einen kryptischen Text, der ein Ereignis, das erst 11 Jahre später stattfinden sollte, vorwegnahm. Nur im Titel. Und in Andeutungen mittendrin. Damals war das eine kleine, von niemandem anerkannte Utopie. Heute ist sie biologisch überholt oder übertrumpft: die letzte größere Zikaden–Welle, der Zikadensturm der Magicicada septendecim, Brut X (Great Eastern Brood). 

Während bei uns Eiszeit herrscht, steht in 17 US-Bundesstaaten gerade eine doppelte Zikadeninvasion bevor - und eine solche gab es zum letzten Mal vor 221 Jahren, also 1803. Die Zikaden brauchen eine Bodentemperatur von nachts mindestens 18°, vorher getrauen sie sich nicht an die Luft. Wer immer die Zikadengesänge in den nächsten Wochen hört, wird sie in seinem Leben nicht noch einmal in dieser Lautstärke vernehmen können. Also passt auf und speichert das Ereignis. Die neue Population der Magicicada tredecim, Brut XIX (Great Southern Brood) schlüpft nach 13 Jahren Larvalstadium gleichzeitig mit der neuen Population der Magicicada septendecim, Brut XIII (Northern Illinois Brood) nach 17 Jahren Larvalstadium. Insektenforscher rechnen mit Schwärmen von mehreren Billionen gehäuteten Nymphen. Die fortpflanzungswilligen Männchen umwerben sie mit lautstarkem Zirpen. Je lauter desto bulliger! Vom Rasenmäher des Nachbarn bis hin zur Flugzeugturbine übertönen sie alles. Die Forscher empfehlen menschlichen Bewohnern in den von Begattungsstürmen betroffenen Gebieten Ohrstöpsel, um Hörschäden vorzubeugen. 

Hier kann man verfolgen, wo es gerade am lautesten ist: https://cicadas.uconn.edu/

Donnerstag, 18. April 2024

weiß

Erster Bodenfrost! Gestern hab ich "Herr Schwarz und Frau Weiß", das Bilderbuch, das auf Farben ganz verzichtet, in meinem Bücherregal unter S wie Sch gefunden und heute, weil Donnerstag ist, flugs verschenkt.

Mittwoch, 17. April 2024

Rasentreten

Erstes Rasentreten. Erster klirrender Morgen, aber nur Fastfrost. Erste Sonne. Später Regen.

Dienstag, 16. April 2024

Stromausfall

Seit einigen Tagen - Nächten, Morgen - quäle ich mich mit einem Behelfswecker, den mir U. freundlicherweise ausgeliehen hat. Kein Ersatz für meinen Lichtwecker! Sondern ein praktisches Uhrenradio. Mein Kopf wird arg strapaziert bei den Versuchen, die Weckzeit nach meinen Wünschen einzustellen. Kaum habe ich die Uhrzeit eingestellt, geht um 23 Uhr das Display automatisch aus und bis 6 Uhr nicht mehr an! In der Nacht sehe ich nicht, wie spät es ist. Wenn die Zeit um 6 Uhr wieder an meinem Bett steht, bin ich längst aufgestanden. Mürrisch, weil meiner Seele die gewohnte Lichtdusche ganz offensichtlich fehlt.

Heute ärgere ich mich zusätzlich, weil plötzlich alles weg ist. Die Uhr läuft, steht aber gerade auf 00:11 (wie erst ich im Laufe des Tages erfahre, ist es ab 05:45 aufgrund von Erdschlüssen zu mehreren Stromausfällen in Meldorf gekommen) und ich nehme mir vor, die störrische Leihgabe bei der nächsten Gelegenheit zurückzugeben.

Am Abend fange ich nochmals von vorne an. Ich muss vor 23 Uhr wissen, wie spät es ist. Also erstens die Uhrzeit von meinem Smartphone ablesen und eingeben. 20:03 Uhr. Zweitens den richtigen Wochentag bestimmen. Dienstag. Drittens die 20 Plätze für Radiosender über die automatische Sendersuche belegen lassen (so viele Sender kann man hier in der Provinz überhaupt nicht ungestört hören, aber egal). Viertens sich für Weckzeit und Weckart entscheiden: Alarm oder Radio, sowie Wecktage bestimmen: MO-FR oder SA-SO oder sowohl als auch. Fünftens, wenn bei viertens die Wahl auf Radio fiel, den Lieblingsaufwachsender (kein Gelaber bitte) suchen: Beim Durchklicken höre ich plötzlich meine eigene Stimme! Ich halte verblüfft inne. Die Stimme, meine eigene, spricht oder liest gerade von einer verlorenen Schuhsohle. Ich hocke auf dem Bettrand und reibe ungläubig die Augen: Frequenz 105,20 - klar und deutlich. OK Westküste Heide! Aus einem temporären Radiowecker! Am frühen Abend! Richtig! Dienstags ab 20 Uhr gibt es "Lesungen" (meist ab Konserve), heute abend die Wiederholung von Text & Tango! Unsere Lesung mit Boris vom 7.3.2020 - die allerletzte öffentliche Veranstaltung vor Corona! Wir saßen dichtgedrängt in einem Saal zusammen, umarmten und küssten uns alle zur Begrüßung und zum Abschied, im Publikum u.a. Ehrengästen die frisch gebackene (gerade mal 7 Tage alte) Schuhfrau i.R. aus Menznau ... unmittelbar vor Maskenpflicht und lockdown und all den anderen Unbillen (die es lt Duden im Plural nicht gibt). Ich starre auf dieses kleine schwarze handliche Kästchen, das, wie der Umkarton verspricht, "besonders einfach" zu bedienen ist.

Montag, 15. April 2024

frischbacken

Montag ist immer ein guter Tag, um anzufangen. Womit auch immer. Vormittags soll die Sonne scheinen, am Nachmittag Regen in Strömen fallen. Also einmal noch rundum Rasen mähen, möglichst kurz vor der Mittagsruhe. Und dann Kronos. Witold Gombrowicz. Das letzte Werk. Oder das posthum Entzifferte und Veröffentlichte. Ein intimes Tagebuch, dessen Manuskript der Autor für so unverzichtbar erachtete, dass er seiner späteren Witwe ein Jahr vor seinem Tod auftrug, es, sollte überraschend Feuer im Haus ausbrechen, in die Hand zu nehmen und hinaus zu rennen. Nichts sonst müsse sie retten (doch, die Verlagsverträge, handlich vorsortiert). 

Tagsüber kann ich in dicken Büchern lesen, denn sie liegen auf dem Tisch, abends im Bett nur noch dünne, zB Marek Nowakowski, Trampolin!

Sonntag, 14. April 2024

altbacken

Altbacken ist das Wort, das seit zwei Tagen in meinem Kopf herumgeistert. Altbacken - auf der Zunge oder im Bauch ist es meist Brot. Aber so etwas kenne ich nicht. Mein Joldelunder 1000-Körner-Brot kann per se nicht albacken sein oder werden. Aber was ist altbacken im Kopf? Da wird mir mulmig zumute.

Den ganzen Sonntag viel Wind, wenig Mut, viel Sonne. Wenig Tat: Die Fenster nach Osten habe ich schon vor Sonnenaufgang vom Saharastaub der letzten Tage befreit.

Samstag, 13. April 2024

K&K

Samstag der Dreizehnte! Kaffee & Kuchen. Um nicht aus der Übung zu kommen und Vorräte aufzubrauchen, habe ich braungebacken. Auch, um den Sonnenschein auszunützen und den Backofen mit Strom vom Dach zu versorgen. Aus lauter Übermut schüttete ich ein bisschen roasted chili powder, also geröstetes Chilipulver, von dem auch noch ein Übermass in meinem Vorratsschrank lagert, in das von Hand fein geraspelte Bitterschokoladenpulver, ehe ich Kakaopulver dazu gab, wie im Rezept empfohlen. Denn das kennen (und verspeisen) mittlerweile sogar die Helvetier: Schokolade mit Chili. Bei deutschen Discountern kann gut & günstig erstanden werden: Trink- oder Ess- oder Speiseeisschokolade. Mit oder ohne roter Schärfe.

Wie so oft in letzter Zeit ist mir leider die Hand ausgerutscht. Der Grund dafür kann Gedankenverlorenheit oder Altersschusseligkeit sein. Wie auch immer, die Schärfe meines Schokoladenkuchens weckt alle schlafenden Geister und Dämonen!

Freitag, 12. April 2024

rotbacken

Pausbäckige Äpfel liegen in der Biokiste. Kürzlich in Krakau bekam ich im Café Lu-Kier zum Abschied ein Stück "roter" Kuchen. Saftig, keine Himbeeren, nein buraki! Auch da denk ich immer ... nicht in der Nacht, sondern am Tag an Natasza G. Rote Beete, vielfach unterschätzt!

Meine so pausbäckig lachenden Bioäpfel erweisen sich bei näherer Betrachtung - nach dem Schnitt mit dem scharfen Obstmesser - als ungenießbar. Innen morsch wie ein alter Baum. So etwas hab ich noch nie gesehen!

Donnerstag, 11. April 2024

Grünes Licht

Ich wurde nicht geweckt. Und wachte trotzdem auf. Mein Lichtwecker (Wake-Up Light) hat offenbar in der letzten Nacht das Ende seiner Lebensdauer erreicht. Auch er. 

Im Sommer am Wattenmeer muss ich nicht von Licht geweckt werden, das nachgewiesermaßen künstlich ist und aus der Steckdose kommt, meinem Hirn aber seit fast zehn Jahren erfolgreich einen natürlichen Sonnenaufgang zu nachtschlafener Zeit simuliert. 

Diese Sonnenaufgangssimulation konnte ich, solange das Gerät funktionierte, sogar meinem individuellen Lichtempfinden anpassen, meiner Aufwachintensität oder meinem vielleicht übertriebenen Schlafbedürfnis. Das habe ich nie getan, und jetzt ist es für alles zu spät. Der optimale Start in den Tag auch mitten in der Nacht für immer dahin!

Meine Mutter wäre heute in Liestal 98 Jahre alt geworden, wenn sie das Ende ihrer Lebenszeit nicht schon vor ein paar Jahren erreicht hätte. Und der jüngere Bruder meiner Schuhfrau, seines Zeichens Lokomotivführer, hat heute seinen letzten Arbeitstag im Führerstand! Die ganze große einstige Schuhmacherfamilie fährt Abschnittweise heute den ganzen Tag durch die Schweiz. Mir hat die Schuhfrau i.R. gerade eben die Einfahrt in den endlich fertig umgebauten Bahnhof meiner Kindheit per livestream geschickt. Also bin ich doch ein bißchen, aus gebührender räumlicher und emotionaler Distanz, zu Hause. Zu Besuch.

Mittwoch, 10. April 2024

stante pede

Der Haussinologe steht stets zu Diensten! Seine Kritik ist harsch und folgt sofort - stante pede (stehenden Fußes). Mir ging es gestern nicht um den Fluss - sondern um die Hoffnung. Um die Überraschung! Die Offenheit für solches, Überraschendes. Also nicht um den trägen Fluss des Wassers, den beständigen Fall des Regens, nicht um den Fluss der Sprache, der Wörter, der Buchstaben, auch nicht um den Fluss des Übersetzens oder den Fluss des oder der Übersetzer. Den neudeutsch sogenannten flow. Natürlich wunderte ich mich insgeheim über die hucpe eines Schweizer Multiinstrumentalisten, das Dao aus dem Chinesischen zu übersetzen. Aber das war mir keine Erwähnung wert, weil weitab von Hoffnung oder Offenheit für Überraschnungen. Wie mir schien. Eher ein Werbegag. Und dagegen bin ich immun. Daran hab ich die letzten Jahre hart gearbeitet!

Nun also der Sinologe im Wortlaut - er bietet das chinesische Original sowie zwei englische Übersetzungen zum Vergleich an, zu 1 (Der Fließweg, S.15):

道可道,非常道。名可名,非常名。

The Dao that can be trodden is not the enduring and unchanging Dao.
The name that can be named is not the enduring and unchanging name.
(James Legge, most famous translation, 19 th century)

The Way that can be followed is not the eternal Way.
The name that can be named is not the eternal name. (A. Charles Mueller, 1991)

Sagst du DAO
Verschwindets
gibst du ihm einen Namen
kennst du’s schon nimmer (David Steindl-Rast & Balts Nill, 2024)

Verschwindets? Das heisst, vorher war es da?
Nimmer? Das heisst, vorher kanntest Du es?
Aus 4x3 Schriftzeichen AxA YZA BxB YZB wird 3 / 1 / 5 / 4 ohne jede Wiederholung
AU WEIA! 

Bei Laozi gibt es KEINEN Gott, das Dao ist nicht göttlich, denn das würde das Eins-Sein von allem zerstören. "Der Unterschied von Sein und Seiendem ist, wenngleich nicht ausdrücklich gewußt, latent im Dasein und seiner Existenz da ... Existenz heißt gleichsam >im Vollzug dieses Unterschiedes sein<." sagt uns doch so richtig der Herr Heidegger. Aus dieser Latenz kommen wir nicht heraus, deshalb Dao Ke Dao, Fei Chang Dao - das Dao das man kennt, kennt man nicht.

Ende Zitat. Ich kann kein Chinesisch und mich stört bei näherer Betrachtung im gepanschten Deutsch eines Benediktiner-Buddhisten sowie eines Berners tatsächlich das Graphisch-Unästhetische End-s einmal ohne und einmal mit Apostroph. Wirkt slangig und das war vielleicht gerade beabsichtigt. Für mich ist es unangebracht und schlampig, Herr Hundertjähriger!

Dienstag, 9. April 2024

Guten Morgen!

Die Sonne ist wieder aufgegangen. Also hinter dem Mond hervorgetreten. Weitergelaufen. Aber sie ist den ganzen Tag nicht zu sehen. Nicht bei uns am Wattenmeer. Es regnet in Strömen und am Nachmittag werde ich 2 x bis auf die Haut nass. Vorher verkündet mir aber ein fast Hundertjähriger Benediktinermönch und Zen-Meister in einem, der einst von Gottes Gnaden (also: von Rom ermächtigt) den interreligiösen Dialog zwischen Christentum und Buddhismus beförderte, sein Lebensmotto: "Hoffnung ist die Offenheit für Überraschungen." Wohlauf!

Bruder David oder David Steindl-Rast unterscheidet zwischen Hoffnung im Singular und Hoffnungen im Plural. Die Hoffnungen, sagt es und hat natürlich Recht, machen wir uns selber. Die sind, sage ich, meist nichtig. Die Hoffnung aber, sagt der buddhistische Benediktiner oder benediktinische Buddhist, die Hoffnung im spirituellen Sinne bedeute "Offenheit für Überraschungen". Und diese Offenheit "für das, was das Leben uns schenkt" befähige uns, kreativ damit umzugehen. Nun denn! 

David Steindl-Rast (der Mystiker) hat eben zusammen mit Balts Nill (Schweizer Musiker) das Daodejing (Tao te King) des Laozi (Lao-Tse), das Basiswerk des Daoismus und angeblich nach der Bibel das weltweit am meisten verbreitete Buch, neu ins Deutsche gebracht und kommentiert: Der Fließweg. Der Fluss fließt und das Wasser wird sauber. 

Bei uns ist es der Regen, der fließt. Und der Himmel, der sauber wird.

Montag, 8. April 2024

Gute Nacht!

Eine Sonnenfinsternis gibt es nur bei Neumond. Und natürlich nur auf der Erde! Der Mond muss genau zwischen Erde und Sonne stehen, um für uns Irdische die Sonne zu verdecken. Diese Position nimmt er zuverlässig nur bei Neumond ein. Wenn aber bei uns am Wattenmeer die Sonne bereits untergegangen ist - oder gerade am Untergehen ist -, wenn der Mond sich vor die Sonne schiebt, ist von dem Spektakel am Himmel leider gar nichts zu sehen. Die Dithmarscherinnen können geruhsam schlafen gehen!

Der Mond wandert jetzt vom Pazifik über Nordamerika bis weit in den Nordatlantik. Die Totalität beginnt in Mexiko! Der Mond bewegt sich von Sinaloa nach Coahula, passiert ungehindert die Grenze zu den USA, schreitet von Texas nach Maine, bis er den Norden von Kanada erreicht und von Ontario nach Neufundland weiterzieht. Eine partielle Finsternis können die restlichen Nordamerikaner beobachten sowie mit etwas Glück ein paar schlaflose Portugiesinnen oder British Ladies.

Für Alle Anderen gibt es die Animation hier.

Sonntag, 7. April 2024

Drittnutzung

Hab auf Signal auf mein Händi (auf meine Hand!) zwei Foto bekommen. Ein Signal und noch eines. Wie zum Trost für mein bereits zweites einsames Frühstück. Minou liegt in dem Kissen, das Caruso erst nach längerem Zögern, Abwarten, Gucken, Schnuppern, Umschleichen aus sicherer Distanz usw., aus dem Erbe von Rasputin akzeptierte. Und für sich in Beschlag nahm. Für wen auch sonst? Damals dachte ich, das Ruhekissen hätte noch die Duftnoten des nierenkranken Vorgängers gespeichert und lüftete und wusch es um die Wette. 

Minou ist ein junges Kätzchen und hat vielleicht aufgrund ihres Alters oder Geschlechts weniger Vorbehalte gegen die Materie dieser Welt. Oder: Caruso war gesund! Strotzte vor Kraft. Hinterließ keinerlei negative Spuren.

Samstag, 6. April 2024

Das Erste Zweite Allein

Das erste zweite Frühstück im Garten. Das erste allein. Mit Sonne, der neuen Brille und ohne den Kater zu meinen Füßen. Das war immer unser Ritual im Frühling und im Herbst. Die ersten oder letzten Sonnenstrahlen zusammen. Kurz und freundlich. Ohne Beißattacken. Kürzlich bin ich zum ersten Mal verreist, ohne die Fütterung des Raubtiers den Nachbarskindern und ihren Müttern übertragen zu müssen. Und dann bin ich zum ersten Mal zurückgekommen, ohne dass jemand tief in der Nacht noch etwas von mir wollte.

Nun ist die Heizung auf Sommerbetrieb umgesprungen und ich kann nach der Mittagsruhe Rasen mulchen. 

Freitag, 5. April 2024

Alte Große Duden

Der Regen hatte gestern abend rechtzeitig sein Einsehen. Nur der Raum war verändert. Die Uhr an der Wand war verschwunden. So probten wir zeitlos. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich nach Hause kam. Auch die Müllabfuhr ist aus dem Takt geraten. Nach Osternn kommt sie erst am Freitag. Im Morgengrauen sammle ich also kopflos noch Papier für meine blaue Tonne ein, und finde zwei Alte Große Duden. Einer von 1939: Elfte, neubearbeitete und erweiterte Auflage. Erster verbesserter Neudruck. Darin wird auf dem Schmutztitel geworben mit "Schlag nach! Das Buch der 100 000 Antworten." Auf der Titelseite der Ex Libris Stempel, die handschriftlich eingetragene Nummer 121, von Tadeusz Alszer. Das ist der Schwiegervater von Maciek. Die beiden Männer, die die Liebe zu einer Frau eint, teilen nun ihre letzte Ruhestätte. Macieks Urne wurde letzte Woche im Familiengrab der Alszers auf dem Rakowiecki Friedhof beigesetzt. Wie des Schwiegervaters Duden zu mir ans Wattenmeer kam, kann ich noch nachvollziehen. 2007 mit dem Umzugsgut aus Berlin. Wie er aber dereinst den Weg in mein Berliner Bücherregal fand, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich über die Schweiz.

Der zweite Alte Große Duden (16., erweiterte Auflag, neu bearbeitet, im Einvernehmen mit dem Institut für deutsche Sporache) trägt auch einen denkwürdigen Stempel, auch mit handschriftlichen Ergänzungen, was mich daran hindert, das Buch umgehend in die Tonne zu werfen: "Dieses Buch ist mir vom Land Berlin am 3.11.1969 übereignet worden. Wolfgang Arlt" (kursiv = handschriftlich). Die Rückseite der Titelseite trägt den gedruckten Vermerk: "Das Wort DUDEN ist für Bücher des Bibliographischen Institus als Warenzeichen geschützt." 

Dieses Bibliographische Institut hat in der durch das Land Berlin übereigneten 16. Ausgabe ihren Sitz in Mannheim und Zürich, in der 11., der Alszer-Ausgabe aber in Leipzig. Was sagt uns das?

Donnerstag, 4. April 2024

Schmuddelwetter

Puh, was für ein garstiges Wetter! Die Nordsee zeigt sich von ihrer besten Seite. Wenn es bis zum Abend nicht aufhört zu regnen, werde ich den Messiahprobe schwänzen. Bei aller Liebe zur Musik und dem Vakanzvertreter. Alle Mütter und Väter schwänzen sie sowieso, weil die Kinder zu Hause sind und keine Ruhe geben.

Mittwoch, 3. April 2024

Ankunft

Ich erwache in meinem eigenen Bett. Früh. Am Morgen. Obwohl ich spät ankam. Sehr spät. In der Nacht. Ich erwache mit Kopfschmerzen. Ich erwache unausgeschlafen. Die Müdigkeit einer Reise ist nicht auf einmal auszuschlafen. Die Kopfschmerzen sind nicht auf einmal auszumerzen. Nach 19 Stunden Unterwegssein ohne eine einzige warme Mahlzeit. Mich weckt die Sonne. Zuversichtlich stelle ich die Waschmaschine mit meinen schwarzen Klamotten und der rotschwarzen Hose an. Frühstücke. Hänge die nassen Teile frohlockend in den Wind. In den Garten. Hole sie nach einer Stunde ohne zu murren wieder ins Haus hinein. Noch nicht trocken. Es fängt an zu regnen!

Was mir am Ende des Tages neue Energie verleiht, sind die neuen Brillen. Bunt vor Ostern bestellt, nicht vor Ostern fertig geworden. Sprich: nicht vor meiner Abreise. Ich war mit den alten Gläsern unterwegs. Nun sitzt die eine seit dem frühen Abend auf meiner Nase. Die andere wartet auf dem Schreibtisch. Arbeitsbrille in klassischem Gold. Die Haare hat mir M. am Tag vor der Zeitumstellung auf 16 mm geschoren. Mit dem neuen Kopf wird sofort alles klarer, schärfer, eindeutiger.

Dienstag, 2. April 2024

Fahrt nach Dithmarschen

Der Saharasturm ist vorbei. Es regnet in Strömen. Fast überall, wo ich heute langkomme. Alles ist verspätet, der Grenzübergang blockiert, jedenfalls werden wir umgeleitet über wunderhübsche malerische Dörfer hüben und drüben. Ich verpasse es leider, in Berlin-Südkreuz bei Sonnenschein aus dem Bus zu springen und den Zug zu nehmen. Am Funkturm regnet es schon wieder so stark, dass mich jede Energie, meinen Reiseplan zu ändern, schlagartig verlässt. Man wird träge in einem Flixbus. Sitzt und sinnt und schläft. Schlägt ein Buch auf und das andere zu. Knabbert Nüsse. Trinkt reines Wasser. Beißt in einen Apfel. Mit einer vollen Stunde Verspätung treffen wir schließlich am ZOB in Hamburg ein, und ich schaffe es, bis auf die Haut nassgeregnet auf den letzten Zug nach Norden. Trotz Gleisänderung in letzter Minute. Leichtfüßig wie ein Reh hüpfe ich die Treppen von 8 hoch und auf 6 wieder hinunter. Rolltreppen versagen stets pünktlich den Dienst. Zu guter Letzt verlasse ich den hinteren Zugteil, den ich nach Atem lechzend überglücklich endlich erreicht zu haben glaubte, wieder, weil eine resolute Schaffnerin uns daraus vertreibt. Nur die vorderen 4 Wagen, erklärt sie, fahren nach Husum. Und die sind überfüllt mit Menschen und Gepäckstücken - wo kommen um diese Zeit nur all die Reiselustigen her? 

Ich will nicht nach Husum, nicht nach Nordfriesland. Ich will nur nach Meldorf. Trotzdem müssen alle in Elmshorn umsteigen. Der Nachfolgezug hat zunächst 10 Minuten Verspätung. Dann 20 und schließlich 30. Wegen Bauarbeiten auf der Strecke. Es fahren mehrere Züge in den Bahnhof ein. Allesamt von Norden. Und bleiben stehen. Dunkel und leer. Nicht einsteigen. Es regnet immer noch oder schon wieder. Eine gutgelaunte Schaffnerin lacht nach der Abfahrt ins Mikrophon und sagt die nächste Station an: Wenn wir Glück haben, erreichen wir Glückstadt um 23:48 Uhr ... Ungefähr um Mitternacht werde ich voraussichtlich den Nordostseekanal überqueren und in Dithmarschen ankommen. Zu Hause bin ich dann allerdings noch lange nicht, auf den Beinen aber werde ich seit genau 05:05 Uhr gewesen sein.

Montag, 1. April 2024

Fahrt nach Krakau

Primo aprilis. Kein Scherz: M. und K. bringen mich mit einem der drei Hunde im Auto nach Krakau zurück. Sie sind zum Ostermontagkaffee eingeladen. Fahren also so oder so. Ersparen mir trotzdem eine erneute Mutprobe am Fahrscheinautomaten und/oder beim Schwarzfahren. 

Ich muss umpacken. Überlasse D. den polnischen Brodski. Werde mir nach der Rückkehr das Original beschaffen. Überlasse ihr auch den polnischen Rilke (mit Widmung meines Meisters). Das Original steht in meinem Bücherregal. Und meinen Desigualmantel. Wir gehen noch einmal ins Lu-Kier und dann früh ins Bett. Kein Scherz!

Sonntag, 31. März 2024

zmiana czasu

Wir wissen nicht, wann wir aufstehen. Ich weiss nicht, in welcher Sprache ich spreche. Denke. Träume. Wann endet der Samstag und wann beginnt der Sonntag. Wir fragen uns nicht, wann das Osterlicht aufleuchtet und wann die Karwoche endet. Wir wissen nicht, ob wir uns zum Frühstück an den Tisch setzen. Wir wissen nicht, ob heute heute ist oder schon morgen. Wir drehen eine Runde mit den Hunden durchs Dorf. In der Luft Saharastaub. Wind wie an der Nordsee, nur viel viel wärmer.

Samstag, 30. März 2024

Handgepäck

Ich reise mit Venedig (Josif Brodski, Znak wodny - polnisch, übersetzt von Stanisław Barańczak, im Original englisch Watermark) und Himalaya (House of the Snow - An Anthology of the Greatest Writing About Nepal). Also mit Kontemplation über das Sichtbare und Fühlbare, über Wasser und Stein, über das Auge und die Beine. Und so weiter.

Ich lese unterwegs, sowie nach dem Aufwachen und vor dem Einschlafen.

Freitag, 29. März 2024

Fahrt nach Pawlikowice

Ich fürchte mich in diesem Land, einen Zug oder eine Strassenbahn zu besteigen. Ich komme mit den Fahrkartenautomaten nicht zurecht. Ich besitze keine Karte, mit der ich bezahlen kann. Ich besitze nur Bargeld. Und davon eine Menge. Aber das wollen die Automaten nicht. Auch die Menschen nicht, nicht die Taxifahrer, nicht die Blumenverkäuferinnen, nicht die Oster-Eierverkäuferinnen, nicht die Bioladenkassiererinnen und schon gar nicht die Frühstücksbrötchenverkäuferinnen. Niemand hier nimmt gerne Geld in die Hand, weder Münzen noch Scheine. Alle halten nur noch eine Plastikkarte gegen ein Lesegerät und warten, bis der integrierte Drucker den Kaufbeleg ausspuckt. Mit leisem Surren.

Ich kann lesen, aber nicht bezahlen. Ich kann nicht drucken und immer schlechter hören.

Gottseidank erscheint im Zug ein Schaffner, eine ganze Schar von Schaffnern, allesamt männlich. Vielleicht auf Betriebsausflug? Der erste nimmt meine Bitte sofort an. Verkauft mir einen Fahrschein nach Wieliczka. Verlangt 6,50. Und zählt mir anstandslos das Wechselgeld auf die Hand. Der Fahrschein kommt mit ähnlichem Surren aus seinem Gerät wie der Nachweis der Bezahlung im Lu-Kier. Natürlich denkt auch er, der Schaffner, ich sei eine der bekloppten Salzminentouristinnen. Wer sonst fährt am Karfreitag nach Wieliczka?

Ich steige an der Endstation aus und schaue mich suchend nach M. um. Derweil raunzt mich eine Einheimische an. Do kopalni tędy ... Ich drehe auf dem Absatz um und entferne mich in die entgegengesetzte Richtung.

Donnerstag, 28. März 2024

postscriptum

W dniu po pogrzebie poszłyśmy z D. na spacer po pogańskim wzgórzu koło jej domu. Niebo błękitne, ptaki śpiewały, drzewa pachniały oszałamiająco - a my pogrążone w milczeniu. Kiedy w drodze powrotnej zbliżałyśmy się już do części zabudowanej, nagle z otwartego okna jednej willi rozległ się męski głos: „Coś podobnego!” Zamarłyśmy! Kłaniamy się i dziękujemy, Maćku, za nieustanną opiekę nad nami!


Mittwoch, 27. März 2024

Coś podobnego

Drogi Maćku

Kiedyś, bardzo dawno temu, dostałam klucz do waszego mieszkania.

To się stało zupełnie bez mojej zasługi, bez żadnego wysiłku z mojej strony, dziwnym trafem, przypadkiem, a może cudem?

Potem okazało się, że to był klucz do waszego życia, do waszego kraju.

Czyli nic konkretnego nie dostałam, żadnego sprzętu metalowego, którym zwykle otwiera się drzwi do domu.

Nie, dostałam jakiś niezrozumiały klucz. Coś w rodzaju carodziejskiej różdżki lub krótkiego kodu. Dostałam jedno tylko słowo, które po polsku tak brzmiało: Felek.

Felek – czyli po mojemu Felix – był naszym nauczycielem języka polskiego na uniwersytecie Bazylejskim. Felek był ambitny. Chciał nas uczyć wszystkiego, całej prawdy o skomplikowanej gramatyce tego języka. Rozpisywał nam na tablicy wszystkie przypadki, reguły oraz przynajmniej sto tysięcy wyjątków i kazał ich uczyć na pamięć. A my – w moim roczniku siedziały na tej sali może trzy, cztery osoby – zrozumieliśmy tyle, że po polsku lepiej nie odzywać się wcale.

Felek, może świadomy naszych narastających barier językowych, posyłał nas wszystkich, całe stado szwajcarskich studentów slawistyki, polonistyki do Krakowa. Do Państwa Krakowskich.

Więc któregoś dnia ja, posłuszna Szwajcarka, rzeczywiście zapukałam do drzwi Państwa Krakowskich na ulicy Grunwaldzkiej w Krakowie. Niewiele potrafiłam powiedzieć, oprócz magicznego słowa: „Felek”. „Ja od Felka”, bąknęłam. „Felek mnie przysłał”. Sezam otworzył się i udostępniał mi wszystkie skarby. Bezwarunkowo!

Na Grundwaldzkiej nikt wtedy nie martwił się gramatyką. Mieszkanie na parterze wyposażone było w balkon, a ten nie miał balustrady. O ile więc drzwi do mieszkania zawsze były dla mnie otwarte, to drzwi balkonowe musiały zostać zamknięte. Ze względu na bezpieczeństwo. Barierki językowe natomiast w mojej głowie dość szybko runęły.

A pamiętasz, Maćku, dlaczego?

Pamiętasz jakim prostym sposobem właśnie Tobie udało się zburzyć ścianę zaporową moich helwetyckich przyzwyczajeń, tego przymusowego podporządkowania się wszelkim regułom?

Będziesz się śmiać, skądkolwiek teraz patrzysz na nas. Twoje słowo magiczne brzmiało tak: „Coś podobnego!”

Ty, wesoły, z szerokim uśmiechem na twarzy, zdumiony, zaskoczony na serio lub nie, z szyderczą ironią, w kuchni na Grunwaldzkiej, w Korytnicach, w Nidzicach, podczas dziennych lub nocnych rozmowach, ciągle wybuchałeś tym swoim „coś podobnego!”

Coś podobnego! Felek oczywiście zna termin fachowy. Dla lingwisty nie jest to słowo, lecz fraza. Coś podobnego – to fraza wykrzyknikowa. I tą frazą właśnie otworzyłeś mi, Maćku, kran językowy, tak skutecznie, że teraz - no posłuchaj! - słowa leją się strumieniami. Coś podobnego!

Coś podobnego!

Teraz do słów i do śmiechu dołącza płacz.

Coś podobnego! Fraza wyrażająca również niedowierzanie! Coś podobnego!

D. pisała do mnie krótką wiadomość - Jesteśmy bardzo smutne.

A ja, uwrażliwiona lekcjami Felka, od razu zrozumiałam, co się stało: Ojciec odszedł, mąż odszedł, wujek odszedł, dziadek odszedł. Nie ma już męskiego członka rodziny Krakowskich, zostawił w smutku K. z córkami. Coś podobnego! Ciebie Maćku nie ma już wśród nas. Coś podobnego!

Coś podobnego! Grzebałam w pamięci, w papierach. I co się wyłania. Góry wspomnień, stosy notatek. A gdzieś pośrodku niedokończona pocztówka ze Szydłowa. Adres niepełny, brak ulicy oraz kodu pocztowego. Resztę, imię i nazwisko adresata oraz miejsce, dokąd pocztówka miała trafić, napisaleś Ty, Maćku, twoją ręką: „Wielmożny Pan Dr Feliks K. …. Fryburg Bryzgowyjski”

Coś podobnego! Pewnie prosiłeś mnie wtedy o uzupełnienie, a ja zawiodłam. Nie dopisałam, nie wysłałam. Coś podobnego!

Ale nie mogłam, bo tekst – też nie niedokończony. Pisany innym charakterem pisma, ale nie moim. Bo bardzo czytelnym. Pisały kobiety, w liczbie mnogiej – czyli my z Twoimi córkami:

Drogi Felku!

Chciałybyśmy jechać do Krakowa, ale nie możemy oderwać się od Korytnicy. Trabancik nas też nie puści – a my go ciągle pchamy. (I na Ciebie czeka!) …

Tu tekst urywa. Pewnie znowu ja zawiodłam, nie dokończyłam, nie dostarczyłam.

Ale też nie wyrzuciłam. Zachowam wszystkie po Tobie pamiątki, Maćku.

Możemy teraz zaktualizować i pocztówkę po czterdziestu latach wysłać do Felka. Adres się nie zmienił. Niebo też się nie zmieniło. Pocztówka pokazuje słoneczne szydłowskie mury miejskie oraz ruiny zamku czternastowiecznego. Coś podobnego. Czas też leci strumieniem, jak słowo i płacz. Coś podobnego!

Żegnaj, Maćku! Od Felka mam Ci przekazać, że jesteś jego najlepszym przyjacielem, że dziękuje Ci za wszystkie bezcenności. Dołączam ja. Dziękuję Ci Maćku z głębi duszy za cudowną ongiś i smutną dziś frazę „coś podobnego!” Żegnaj!

Dienstag, 26. März 2024

Fahrt nach Krakau

Ich habe im 8. Stock übernachtet. Das ist mir schon lange nicht mehr passiert. Bin früh aufgestanden wie immer. Ein paar Straßen weiter in den Bus gestiegen. 

Und nach etwa 14 Stunden wieder ausgestiegen. Mit D. nach Zagórze gefahren. Übernachte im 1. Stock.

Montag, 25. März 2024

Halbschatten

Halbschattenmondfinsternis zur vollen Stunde. Eine gleichmäßige Verdunkelung ist zu sehen, kein Schatten, auch kein Halbschatten. Die Verdunkelung bewirkt die Erde. Sie wirft also ihren halben Schatten oder das Ganz Graue (Grauenvolle?) quer durchs Weltall auf den vollen Mond. So wie sie kürzlich ihren Abglanz, das Zuviel an Licht in der Nacht, dem Neumond abgegeben hat. Es ist ein ständiges Geben und Nehmen von Licht und Dunkelheit am Himmel!

Hier könnt Ihr gucken: https://www.timeanddate.de/finsternis/mond/2024-maerz-25

Sonntag, 24. März 2024

Die allerbeste Zeit

Die allerbeste Zeit hat der Meldorfer Domchor seit Anfang des Jahres mit dem Vakanz-Kantor!

Heute abend singt sein achtköpfiges nordfriesisches Vokalensemble Convocate Kantaten und Motetten von Johann Sebastian Bach. Das Nicolaus-Bruhns-Ensemble begleitet und spielt auf historischen Instrumenten.


Samstag, 23. März 2024

Earthhour

Licht aus! Nur dunkel ist eine Nacht wirklich schön. Licht ist Gift für Insekten und Vögel, für Menschen und die Sterne! Bei der Hautärztin sah ich kürzlich ein Plakat: "Hautkrebs ist PFLICHT" - und fragte, was das heißen soll. Werbung, sagte die Dermatologin. Für ein Präparat gegen lichtbedingte Keratosen. Ich verstand immer noch nichts. Also: Licht aus!

Freitag, 22. März 2024

Der Übermut

Eine Fahrkarte bei der deutschen Bahn von Meldorf nach Krakau zu buchen, ist ein Ding der schieren Unmöglichkeit. Warum Verbindungen in tausend Varianten und Umsteigereien doch angezeigt werden, ist mir ein Rätsel. Nachdem ich mich eine halbe Stunde lang durchgewühlt habe, und das Hirn zermartert, wo ich wie schnell umsteigen kann, wo Verspätung inbegriffen ist, und ich mich schließlich sogar auf die 1. Klasse  hochloben ließ, kommt die freundliche Ansage "diese Verbindung ist nicht buchbar. Bitte suchen Sie eine alternative Verbindung." Nach drei Alternativen, die genauso ins Leere laufen, werfe ich das (weiße?) Handtuch. Fliegen klappt auch nicht. So kurz vor Ostern. Ich will nicht halbe Tage auf west- und osteuropäischen Flughäfen zubringen. So kurz vor Ostern. Dann doch lieber laufen oder 13 Stunden in einem Bus sitzen, schlafen, lesen, nachdenken, aus dem Fenster schauen ... Eine Mitarbeiterin des Tierheims holt den ganzen Nachlass von Herrn Caruso ab und ich bin endlich frei.

Donnerstag, 21. März 2024

Der Wankelmut

Auch ich wanke. In der Nacht regnet es und am Tag ist es kalt. So sieht der Frühling aus. Die Blutpflaume fängt an zu blühen. Ich war bei der Optikerin, habe eine neue Brille (bunt, mit magnetischem Sonnenschutzclip - wie bei meinem Fahrradhelm!) bestellt und neue Gläser für die Arbeitsbrille. Die Achsen haben sich geradezu extrem verschoben. In beiden Augen. So sieht es im Frühling aus.

Mittwoch, 20. März 2024

no way

Frühlingsanfang! Wieder träumte ich, dass ich alleine unterwegs bin (nach Krakau? Maciek ist gestern gestorben) und mich nicht zurechtfinde in einem verzweigten Untergrund-Shopping-Eating-Drinking-Going and Coming-System. Ich kann keinen Fahrplan finden, weder auf Papier noch elektronisch an irgendeine leere Wand oder Decke geworfen. Es gibt keine leere Wand! Keine Anzeigetafeln, keine Bildschirme. Keine übersichtliche Grafik mit dem U- oder S-Bahnnetz, keine bunt gezogenen, gut unterscheidbaren Linien. Keine Nummern, keine Buchstaben, keine Himmelsrichtungen, keine Pfeile, keine Durchgangverboten-Schilder, keine Endstationen, kein Tageslicht. Im Traum weiß ich, wo ich hinfahren will. Jetzt weiß ich es nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass es keinen Ausweg aus dem Gewusel unter der Erdoberfläche für mich gab.

Dienstag, 19. März 2024

Die Schärfe der Sinne

Das Bhutanbuch ist eine ehrlichere Version von Eat, Pray, Love - obwohl es genausogestrickt ist: Essen, Meditieren, Lieben. Nur ist Bhutan kein Italien und kein Indien und schon gar kein Bali. Kein Hollywood und keine Pasta-Fiesta. Keine billige Effekthascherei. In Bhutan werden Unmengen von Reis verspeist, von Hand, auch das lernt die Ex-Katholikin von ihren Schülern. Die Lehrerin lernt alles von ihren Schülern. Was "food" ist, wie man "food" kocht, wie man "food" isst. Ihre Kollegin, die Schriftstellerin, ausgestattet mit einem Auftrag und dem entsprechenden Vorschuss, wankt in Italien von einer Pastaempfehlung zur nächsten. Selber kochen kommt überhaupt nicht in Frage. Auch nicht selber Meditieren oder selber Lieben. Alles aufgesetzt und bestellt. Wohingegen in Bhutan jeden Tag mehr Chili zum Frühstück auf den Teller kommen. Ohne carne. Versteht sich.

Montag, 18. März 2024

Say Wrong

Derselbe, an zwei verschiedene Figuren in einem Buch vergebene Name ist nur die halbe Wahrheit. Jamie Zeppas Bhutanbuch ist kein Roman, keine fiction, keine literarisch raffiniert komponierte Erzählung - sonst hätte spätestens die Lektorin diese Panne mit leichter Hand ausgebügelt. Es sind memories, Fakten, Erinnerungen voller Klarnamen. Auf derselben Seite 42 lesen wir nämlich, dass alle Kinder / Menschen in Bhutan 2 Vornamen haben, aber keinen Nachnamen. Nur der König trägt einen Nachnamen. Wie die Krone. Die Kinder bekommen ihre Namen nicht von den Eltern, sondern von einem Lama. Der erste Tshewang im Buch heißt Tshewang Tshering. Der zweite, der wahrhaftige lover, tritt im Buch nur als Tshewang auf - und niemand der zukünftigen kanadischen Verwandtschaft wird in der Lage sein, diesen Namen richtig auszusprechen. Sie nennen ihn Say Wrong, Sam oä. Seinen zweiten Namen kennen wir nur vom Internet. Der zweite Tshewang stellt sich - im Gegensatz zum ersten - im Text der Lehrerin nicht vor. Sie treffen sich auch nicht im Klassenzimmer, sondern in der Mensa. Nach dieser Begegnung notiert die bereits leicht elektrisierte junge Lehrerin: "His name is Tshewang. I remember." Seite 217. Und ich frage mich natürlich, misstrauisch wie eine Detektivin, woher sie sich an diesen Namen erinnert.

Sonntag, 17. März 2024

Der halbe Mond

In der Nacht sah ich den entzweigeschnittenen Mond, aber keinen Erdschein. Ich las das Bhutanbuch aus, und musste vor Mitternacht die Blase leeren. 

Ich bin etwas enttäuscht von der Liebesgeschichte, so nett sie daherkommt und so wahr sie sei. Ich lese, das hab ich schon einmal hier im blog gebeichtet, Bücher zuweilen chaotisch, quer und von hinten. Unvollständig, mehrmals hin- und herblätternd auf der Suche nach einem einzigen Satz oder Wort. Die Autorin, Jamie Zeppa, auch das kann ich beichten, hab ich gegoogelt, bevor ich ihr Buch aufschlug. Das Internet sagt, sie habe in Bhutan einen ehemaligen Schüler geheiratet. Das Internet nennt seinen Echt-Namen: Tshewang Dendup. Und seinen Beruf: Schauspieler.

So bin (oder habe?) ich die Lektüre angegangen. Mit dem Postscript: "Tshewang and I lived in Thimphu for several years ...", weiter mit dem Kapitel vor dem Postscript: "Tshewang and I were married at the Thimphu District Court in September 1993 ..."; und flugs zurück, auf die ersten Seiten, von vorne, die Beschreibung der beschwerlichen Dienstreise zum Dienstort. Dort angekommen, versucht das Ich (I), die Lehrerin am dritten Schultag in der Junior High School in Pema Gatshel, sich die Namen ihrer fünf anwesenden Schüler einzuprägen. Die restlichen sind noch unterwegs. Zu Fuss von ihren Dörfern. Die Lehrerin schätzt die vor ihr Versammelten auf ein Alter zwischen 4 und 11 Jahren. Sie bittet den Jungen in der vordersten Reihe, der ihr der Älteste zu sein scheint, als ersten, seinen Namen zu nennen: "My name ist Tshewang ..." und ich bin auf Seite 42 überzeugt, den zukünftigen lover ausgemacht zu haben (wundere mich aber im Stillen, wie der während der zweijährigen Dienstzeit der Lehrerin die Geschlechtsreife erreicht). 

Nichts dümmer als das! Die Lehrerin muss lernen. Sie muss lernen, die Namen der Kinder richtig auszusprechen, damit die nicht jedesmal, wenn sie aufgerufen werden, in unbändiges Lachen ausbrechen: "Tshewang" = "Tsay-wong". Es ging in jener Schulstunde in Class II C nur um pronunciation!

Samstag, 16. März 2024

Für immer

Ein unspektakulärer Samstag geht dem Ende entgegen. Der Nachbar hat meinen letzten Herbst bei einem heftigen Sturm vom Baum gefallenen Starennistkasten mit einer bronzefarbenen Bodenteppichleiste aufgehübscht und wieder in den Stamm genagelt. Nun, nach der verdienten Winterpause, hoffentlich für immer!

Freitag, 15. März 2024

Fuji-san

Er spingt mich buchstäblich an aus dem Bücherregal. Der längst vergessene Fuji-san. Oder zu deutsch, laut Duden: Fudschijama. Vom Buchrücken. Beim Bücherrücken. Den kirgisischen Autor Aitmatov hat einst die "Sehnsucht nach dem richtigen Gesprächspartner" an den Fuß des Fuji-san geführt. Dort spricht er mit Daisaku Ikeda, dem Nichiren-Buddhisten. Nicht wirklich, natürlich. Aber auch nicht unwirklich. Der Text ist ein konstruierter Gedankenaustausch. Eine monströse, komlizierte Hin- und Hergeschichte, durch Sprachen, Zeiten und Landschaften. Der Fuji spielt im Text keine Rolle, höchstens als Marketingelement auf der Titelseite. Das Nachwort sagt (wieder fange ich hinten an!), dass es eine russische und eine japanische Ausgabe gibt, sowie diverse Übersetzungen in westliche Sprachen.

Ich selbst habe tatsächlich viele Gespräche mit Fuji-san geführt, meist bei klarer Sicht kurz vor Sonnenuntergang im Winter 2005. Ich stand zitternd vor Kälte auf der Dachterasse des Ninomiya-House in Tsukuba. Und er stand dort, wo er immer steht. Ruhig. Unerschütterlich. Von unseren Dialogen gibt es kein einziges aufgeschriebenes Wort.

Ich versuche vorne anzufangen. Und scheitere kläglich. Es ist ein Zeugnis längst untergegangener, überfluteter Zeiten. Sprachlicher Überfluss. Das mag der Übersetzung geschuldet sein. Ikeda ist erst letzten Herbst gestorben, Aitmatov vor 15 Jahren.

Tschingis Aitmatov / Daisaku Ikeda. Begegnung am Fudschijama. Ein Dialog. 1992.

Donnerstag, 14. März 2024

no comment

Diese Meldung ging gestern Nachmittag rund um die Welt:

"Gericht erteilt Katzenmörder die Höchststrafe

Anfang Januar tötet ein Mann in Istanbul eine stadtbekannte Katze namens "Eros". Die Millionenstadt trauert. Die Tat wird gefilmt und empört die ganze Stadt. Der Prozess erhält rege Aufmerksamkeit, das Urteil gegen ihn ist beispiellos.

Zahlreiche Straßenkatzen prägen seit vielen Jahren das Stadtbild von Istanbul. Die Tötung einer von ihnen hat nun über die Grenzen der Stadt bei Tierliebhabern für Empörung gesorgt. Ein Gericht verurteilte den Täter zu zweieinhalb Jahren Haft wegen der "absichtlichen Tötung eines Tiers", wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete. Die Strafe sei die höchste jemals nach Tierschutzgesetz verhängte Strafe, schrieb Justizminister Yilmaz Tunc auf der Plattform X. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Tat war von Überwachungskameras festgehalten worden, die zeigen, wie der Verurteilte am 1. Januar in einem Aufzug auf die Katze eintritt, sie dann verfolgt und mit minutenlangen Tritten schließlich tötete. Landesweit hatte die Tat für Aufschreie gesorgt. Bei der Polizei gab der Mann laut DHA an, psychologische und familiäre Probleme gehabt und die Fassung verloren zu haben, als er im Aufzug auf die Katze stieß."

Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Gericht-erteilt-Katzenmoerder-die-Hoechststrafe-article24802805.html

sowie Tausende Andere

Mittwoch, 13. März 2024

red eyes

Ich habe mir angewöhnt, vor dem Einschlafen ein paar Seiten aus Jamie Zeppas "Journey to Bhutan" zu lesen. In der Tat "a joy to read" (Chicago Tribune)! Letzte Nacht las ich, dass die LehrerInnen in den Dorfschulen in den südöstlichen Bergen Bhutans nach einem kurzem Lehrgang durch einen norwegischen Arzt auch für die Gesundheitsversorgung ihrer Schüler zuständig sind. Der nordeuropäische Mediziner verschweigt den versammelten Pädagoginnen aus dem Umkreis mehrerer Tagesfußmärsche nicht, dass es Unterschiede zwischen traditionellen bhutanischen Heilmethoden und der Schulmedizin westlicher Länder gibt. Er warnt davor, Behandlungen in beide Richtungen vorzunehmen, gleichzeitig oder nacheinander, über Kreuz oder parallel. Dies könnte tödliche Folgen für die Patienten haben. Jede Schule bekommt einen Notfallkoffer, ausgestattet mit Hustensäften, Schmerztabletten, Benzyl Benzoate, Entwurmungs- und Entlausungsmittel, Antibiotika, Augensalben, Genitianaviolettpulver und Verbandsmaterial. Eines frühen Morgens stehen vor der Wohnung der kanadischen Englischlehrerin in Pema Gatshel drei Mädchen, zwei mit "red eyes" - roten Augen. Die Lehrerin bittet sie, nachher, vor Beginns des Unterrichts in die "Schulklinik" zu kommen. Das dritte, gesunde Mädchen streckt der Lehrerin zwei bunte kanadische Zeitschriften entgegen und erklärt: die beiden anderen Mädchen haben entzündete Augen, weil sie diese Zeitschriften mit nach Hause genommen haben, ohne Wissen und Erlaubnis der Miss. Wer in gestohlenen Büchern liest, bekommt kranke Augen!

Ich schlafe ein mit einem beseeligenden Gefühl, in einer anderen Dimension angekommen zu sein. Und erwache Stunden später schweißgebadet, schreiend, nein, nein, nein! Ich krümme mich unter der Decke zusammen, halte mir die Ohren zu. Nein! Nein! Nein! Ich will davon nichts mehr hören und nichts mehr wissen. RIP Caruso! Zieh Deiner Wege weiter in Südfrankreich oder auf Korsika! Ich will zurück in die Berge Bhutans! Ich hatte geträumt, dass ich erneut mit der Person spreche, hier auf NormalNull, in der baumlosen Einöde Dithmarschens, die ich verdächtige, meinem Kater die Verletzungen zugefügt zu haben, die der nicht überlebte. Ich hatte diese Person nach Carusos Tod tatsächlich auf den Vorfall angesprochen. Sie hatte natürlich alles bestritten. Ich lief daraufhin zur Polizei mit einer Anzeige wg Tierquälerei in der Hand. Der Diensthabende erklärte mir, ich hätte keine Beweise. Das stimmt! Die von mir beschuldigte Person, klärte mich der Meldorfer Polizist weiter auf, könne mich aber wg falscher Verdächtigung, übler Nachrede usw. anzeigen. Die sogenannte Retourkutsche. Und sie hätte, im Gegensatz zu mir, Beweise! In Form meiner eigenen, sorgsam schwarz auf weiß dokumentierten Anzeige. So funktioniert unser Rechtssystem! Im Traum war die Person weiß gekleidet und lief von mir weg, ich sah sie nur noch von hinten, wild mit den Armen gestikulierend, alles von sich weisend. In Wirklichkeit war die Person schwarz gekleidet und wir standen uns unversöhnlich gegenüber, bis ich mich angewidert umdrehte und ging.

Zitternd setze ich mein Teewasser auf und werfe einen Blick aus dem Fenster. Die Schneeglöckchen haben sich erholt. Im Radio läuft die Morgenandacht. Ein evangelischer Pastor berichtet vom Träumer Joseph und doziert wie von der Kanzel herab: "Achte auf deine Träume, sie zeigen dir, was dich im Innersten bewegt, was dir unbedingt wichtig ist. ( ... ) Träume überraschen dich, du kannst sie nicht planen, nicht ausdenken, nicht erfinden, sie kommen einfach so. Im Traum verlierst du die Kontrolle. Manches, was du verdrängt hast, was einfach stört und nervt, taucht im Traum plötzlich wieder auf, ganz anders als du es willst."

z okazji trzynastego marca: happy birthday - sto lat i wszystkiego najlepszego Nataszko! Do zobaczenia Tam!

Dienstag, 12. März 2024

blue sky

Der hauchdünn zunehmende Fingernagelmond soll schon gestern abend tief über dem Horizont zu sehen gewesen sein. Bei uns hängt abends der Himmel gewöhnlich voller Wolken. Heute könnte sich die Jagd auf die erleuchtete Mondsichel etwas einfacher gestalten, denn sie ist schon etwas dicker. Es war aber den ganzen Tag nebligtrüb am Wattenmeer. 

Im Frühjahr läuft der zunehmende Mond der Sonne voraus in die Sternbilder hoch, und die himmlische Rennbahn, auf der sie sich bewegen, steht ziemlich steil zum Westhorizont. Deshalb können wir Irdische die dünne Sichel gerade besonders gut beobachten. Morgen wird sie außerdem direkt neben Jupiter stehen. Also Augen auf! Wenn es dunkel genug ist und der Mond noch nicht untergegegangen ist, dürfte sich auch auch der ganze Rest der Mondscheibe, leicht aschgrau am Nachthimmel abzeichnen. Das ist dem Widerschein der Erde geschuldet. Denn vom Mond aus gesehen steht derzeit die Vollerde am Mondhimmel. Sie leuchtet dort viel heller als bei uns der Vollmond. Und der Erdschein ist so kräftig, dass er auf uns zurückfällt in Form der in fahles Licht getauchten ganzen Mondscheibe.

Montag, 11. März 2024

Planspiele

Der Nachbar an der Westseite baut für seine Kinder einen Pool in den Garten. Er beeilt sich gerade, da die Badesaison vor der Tür steht. Kürzlich, als ich ihm von Carusos Unfall berichtete, erzählte er mir, wie um mich zu trösten, dass sie eigentlich auch Katzenmenschen seien, er und seine Frau, weil aber der jüngste Sohn eine Katzenhaarallergie habe, seien sie auf den Hund gekommen. Auf einen Pudel, mit dem die Älteste ausgedehnte Spaziergänge unternimmt. Der hat kein Unterfell und verliert keine Haare und der Bub muss nicht weinen und nicht niesen. Zum Pudel kam irgendwann eine jüngere Schwester. Von den selben Pudeleltern, aber vom nächsten Wurf. Und nun, der Nachbar lachte - sie nehmen das alles gelassen, haben vier Kinder, und die Oma mütterlicherseits sowie den Opa väterlicherseits mit im Haus - und nun, lachte also der Nachbar, während er Steinplatten ablud und sich den Schweiß von der Stirn wischte, nun haben wir auch noch vier Welpen! Die Kastration habe auch unter tierärztlicher Aufsicht nicht so geklappt, wie geplant.

Sonntag, 10. März 2024

Neumond

Sonntag der Zehnte, jetzt, genau um zehn Uhr ist Neumond. Gleich beginnt der Aufstieg, nimmt der Mond erneut zu. Ich lese "Beyond the Sky and the Earth. A Journey into Bhutan." Von Jamie Zeppa. Das Buch erschien vor 25 Jahren. Die Autorin war 23, als sie als Englischlehrerin nach Bhutan kam. Zeit ist relativ und nie dasselbe wie Alter. Ein altes Buch geschrieben von einer jungen Frau,. 

Um 13 Uhr marschieren wir hier durch unsere bunte Welt am Wattenmeer, auf mehr oder weniger Normalhöhe.




Samstag, 9. März 2024

MorgenNebel

Die Sonne taucht nun bereits links vom Dach der Nachbarn im Osten auf, wenn ich mein Morgenqigong unter Anleitung meines vietnamesischen Mönchs absolviere. Heute blutrot und ohne mich zu blenden, umgeben von milchigem Morgennebel. Also ist bald Tag- und Nachtgleiche. Das Dach der Nachbarn ist mein persönlicher Anpeilsender. Zur Ortung von Zeit und Raum und Gefühl. Die Nächte sind klar und bitter.

Freitag, 8. März 2024

BodenFrost

Alles weiß! Ich brauche kein Licht mehr zum Aufstehen. Der Blick aus dem Küchenfenster elektrisiert mich und ich sause wie eine Leuchtrakete in den eisigen Morgen hinaus. Bevor ich mein Teewasser aufsetze. Ohne Schal, ohne Mütze auf bloßen Füßen vertreibe ich zähneklappernd und vor Kälte in die Hände klatschend die beiden Feldhasen - die kennen mich gut und ich sie auch! - die sich gerade über die hängenden Köpfe meiner Schneeglöckchen auf Carusos Grab hermachen wollen. Was zu weit geht, geht zu weit!

Donnerstag, 7. März 2024

HaarRisse

Noch einmal HaarRisse. Der doppelten Konsonanten und Vokale wegen. Der Kater ist überall und nirgends. Es ist unglaublich, wieviele seiner schwarzen Haare noch in meinem Haus zum Vorschein kommen. Unverhofft tauchen sie auf, einzeln oder in Büscheln. Zart und fein, flaumig, flauschig. Es reicht ein leiser Luftzug, ein nur angelehntes Fenster, eine sperrangelweit offene Tür. Und schon ist der Kater wieder da. Streicht mir um die Beine. Sein Fell ist warm und weich und schwarz. Der Pelz wandert als Ganzes, die einzelnen Haare ziehen Risse. Über den Boden, unter meinen Füßen, kitzeln die Sohlen oder ritzen sie auf. Stechen mitten in's Herz! Obwohl ich alles längst gewaschen, den Flur dreimal gefeudelt, sämtliche Kissen und Decken eingesammelt, gelüftet und verschenkt, das rote Sofa mit Lederpflegelotion eingerieben und poliert, den Wohnzimmerperser mehrmals längs und quer und über Kreuz abgesaugt habe ... ist er immer noch da. Schemenhaft. Wischt aus meinen Augenwinkeln. Wartet zwischendurch geduldig auf sein Futter. Artig auf der Schwelle zur Küche. Auch den Kirman (echt, in seltenem Königsblau, rechteckig raumfüllend 3,20 x 2,20, das Originaletikett tauchte gerade mit Originalpreis wieder auf) würde ich übrigens gerne verschenken. Falls ihn jemand haben möchte zum kontrastreichen Räkeln für ein schwarzes Haustier, kann er abgeholt werden.

Mittwoch, 6. März 2024

NormalNull

Ich hole mein Maranello aus dem Winterschlaf und fahre zum ersten Mal seit dem Abbaden im September an den Deich. Kein Wasser. Kein Anbaden. Ungetrübtes NormalNull. Offener Meeresboden. Kalter Ostwind. Kein Mensch weit und breit. Keine Duschen. Keine Wasserleitungen. Keine Handläufe. Keine Strandkörbe. Keine Mülleimer. Ich setze mich einen Moment auf die nackte Badetreppe, mache zwei Fotos, trinke einen Schluck Tee und fahre über Helmsand und Elpersbüttel zurück. Unterwegs wundere ich mich, warum mein Bordcomputer immer wieder Aussetzer hat und meine Tretgeschwindigkeit nicht zügig anzeigt, die zurückgelegten Kilometer nicht vollständig aufrechnet. Am Museum treffe ich meinen emiritierten Zahnarzt mit Heidi (Berner Sennenhündin). Beide in die Jahre gekommen. Das Maranello liefere ich zur Frühlingsinspektion in der Werkstatt ab und beklage mich über den trägen kabellosen Sigma. Oder ist sie weiblich?

Der Techniker klärt mich auf: das sei ein Neutrum, ein empfindliches elektronisches System, anfällig auf jede Störung. Es gerate leider leicht und schnell ins Stolpern oder aus dem Takt, wenn ich an Solaranfeldern (Ammerwurth!) vorbeifahre oder von Mopeds, Güllewagen, Allradantriebs uä mit GPS überholt werde. Also funkt auch mein eigenes Händi dazwischen? Das ich - aus Erfahrung klug geworden - an der Brust trage? Eher nicht, wiegt der Fahrradmann nachdenklich sein Haupt und versichert, alles rundum zu überprüfen. Holt mir das himmelblaue Leihrad aus dem Lager, das ich auch schon kenne. Damit ich mit dem grasgrünen Helm auf dem Kopf nicht zu Fuß durch die Feldmark nach Hause trotten muss.

Dienstag, 5. März 2024

NackenHaare

Ich kämpfe den ganzen Tag gegen die Schwerkraft. Gegen Übelkeit und Sturmböen. Alles in mir sträubt sich gegen meine Wurzeln. Denk ich an ... Bei mir ist das anders. Ich denke nie an Deutschland in der Nacht. Ich schlafe in der Nacht.

Die Helvetier aber, die brauchen immer mal wieder einen ordentlichen Weckruf. Um aus ihrem Dornröschenschlaf aufzuschrecken. Ein 15-Jähriger Schweizer "mit tunesischen Wurzeln", lese ich, habe am "späten Samstagabend" auf einen etwa 50-Jährigen orthodoxen Juden auf offener Straße mitten in Zürich mehrmals eingestochen. Der Täter, lese ich weiter, sei 2011 eingebürgert worden. Hey Leute! Wann ist ein heute 15-Jähriger geboren? Schätzungsweise um das Jahr 2009 herum. Der Täter wurde also als Zweijähriger eingebürgert! In einem Alter, in dem er weder den Antrag auf Einbürgerung höchstselbst ausfüllen noch die hehren Anforderungen dazu aus eigener Kraft erbringen konnte. Vermutlich wurde er als Sohn seiner Eltern mit eben diesen miteingebürgert. Dazu mussten die aber schon länger als zwei Jahre in der Schweiz ansässig gewesen sein, also bereits vor der Geburt des besagten Sohnes, ergo wurde dieser "Terrorist" höchstwahrscheinlich im Heidiland geboren und sozialisiert von der ersten Sekunde an! Mir sträuben sich die Nackenhaare, die zum Glück für solche Momente seit der letzten Schur bereits wieder beträchtlich nachgewachsen sind.

Ich werde regelmäßig um den Appetit gebracht, wenn ich [an ...] denke.

Montag, 4. März 2024

LöschWasser

Montag. Ich räume den ganzen Tag auf. Lösche Hunderte Fotos von meinem Smartphone. Weine noch einmal bitterlich über Herrn Caruso. Den Bildern nach zu urteilen (wer kein Bild von meinem  Kater kennt, dem steht hier eine winzige und letzte Auswahl zur Verfügung), hat er sich wirklich wohl gefühlt bei mir! Ich lösche gnadenlos. Lösche Tausende Fotos von meinen diversen Festplatten. Ich räume meine Computer auf. Lösche Texte. Dateien. Listen. Mails. Die allesamt nur Speicherplatz einnehmen und niemandem von Nutzen sind.

Sonntag, 3. März 2024

Kintsugi

Ich brauche den halben Sonntag, um wieder zu mir zu kommen. Rumore herum. Wasche meine Wintersachen, in der Hoffnung, sie nie wieder anziehen zu müssen. Und dann kommt mir dieses Wort entgegen, das ich aus einem ganz anderen Kontext kenne und das auf einen anderen Kontinent gehört: Kintsugi - Goldflicken. Eigentlich Wabi-Sabi. Die in Japan kultivierte Ästhetik des Porzellanflickens. Was zerbricht, wird aufwändig mit Gold wieder zusammengefügt. Dadurch gewinnt das Objekt, die Schale, die Tasse, die von einer jungen Katze umgestoßene Vase, an Schönheit und Wert. Die Scherben werden nicht mit Sekundenkleber möglichst unauffällig und exakt wieder zusammengeklebt, wie bei uns. Und mit der Bruchstelle zur Wand gedreht, damit es ja keinem Besucher auffällt. Nein, sogar die feinsten Haarrisse werden mit einer Mischung aus Harz, echtem Gold und Metallstaub hervorgehoben und ans Licht geholt. Die kleinsten Splitter und Scherben werden mit Gold wieder verbunden, die Spuren der Zerstörung so im Gold verewigt. Unterdessen hat der scharfe Ostwind meine Winterwäsche knitterfrei schranktrocken gepustet.

Samstag, 2. März 2024

ProbeProben

Ich taumle buchstäblich nach Hause. 3 ProbeProben hintereinander. Am ersten sonnigen Nachmittag des Jahres. 1 Bewerber und 2 Bewerberinnen für die Nachfolge der Kantorin, die bereits im Oktober gegangen ist. Danach hatten wir das Weihnachtsoratorium mit dem ersten Vertreter (ihrem Vorgänger, dem emeritierten KMD) einstudiert und mit bravour aufgeführt, und jetzt proben wir bis Mai mit dem zweiten Vertreter, dem sogenannten Vakanzvertreter (dem blutjungen Nordfriesen, der leider sein Studium noch nicht abgeschlossen hat und sich deswegen nicht auf die Stelle bewerben kann) den Messiah in english. Der Nordfriese, der nichts zu verlieren hat, bringt uns endlich Disziplin bei! Trotzdem sind wir so begeistert von ihm, dass ein routiniert-behäbiger Mittfünfziger uns mit nichts, aber auch gar nichts beeindrucken kann. Der macht das zwar mit links, aber eben nur mit links. Die Zweite ist eine Süditalienierin. Oooho! Und die Dritte hat erfahrungsgemäß den schwersten Stand. Denn wir haben alle keine Lust mehr. Keine Luft mehr. Die Pausen werden uns immer mehr beschnitten, das Geplapper davor dauert immer länger. Und dann nocheinmal alles wie gehabt von vorn. Einsingen. Armwedeln. Abklopfen. Herumproben. Hinsetzen. Aufstehen. Takt sowieso und nun mal acapella ... und wieviel Zeit bleibt überhaupt noch?

Ich taumle nach Hause. Nach kurzem Umweg ins Wohnzimmer meines Schiedskollegen, der dort noch ein Stück Geburtstagstorte für mich bereithält. Ich taumle endlich nach Hause, in mein stummes, katerloses Haus und falle ins Bett. Mag nicht einmal das Radio anmachen. Nichts mehr hören! Um Himmels Willen! Was geht mich eigentlich die Zukunft des Meldorfer Domchors an? Was kümmert es mich, ob die Jugendkantorei "mitgenommen" oder "abgehängt" wird. Was schert mich die Inkonsequenz der Dithmarscherinnen und Dithmarscher. Meine Chorkolleginnen, diejenigen, die seit Wochen am lautesten schreien, man (die Kommission, der Ausschuss) möge bitte nicht wieder eine junge ehrgeizige Frau ins Kirchenmusikamt holen, die erstens schwanger werden könnte (das Totschlagargument unserer Sopranistinnen, die fast ausnahmslos im norddeutschen Gesundheitswesen beschäftigt sind) und zweitens womöglich höhere Ziele (höher als das WattenmeerNormalNull) verfolge, verkündeten unisono, sie würden den Proben ab Juni geschlossen fernbleiben, wenn nicht ihre Wunschkandidatin (eben die jüngste, ehrgeizigste, feurigste ...) gewählt werde! Mammamia!

Freitag, 1. März 2024

Angststörung

Freitag. Frühlingsanfang. Die Angststörung des 21. Jahrhunderts ist die Nomophobie. Kannten die alten Griechen nicht. Ist ein sprachliches Kürzel aus dem Englischen: "No Mobile Phone Phobie". Entsteht, wenn Händi weg, vergessen, geklaut oder verloren. Wenn Akku leer und keine Steckdose weit und breit. Wenn im Zug unterwegs an der Westküste Schleswig-Holsteins. Funklochhopper!

Donnerstag, 29. Februar 2024

Ataraxie

Schalttagabend. Ich heule ein bisschen während der Chorprobe und kann mich schlecht konzentrieren. Der Unfall muss sich vor drei Wochen während meiner Aushäusigkeit zugetragen haben. Ich hätte ihn aber durch nichts verhindern können, auch nicht durch Inhäusigkeit infolge des Schwänzens einer Messiah-Probe. Herr Caruso und ich führten ein respektables Zusammenleben. Jeder ging und kam, wie es ihm passte. Und jeder freute sich, wenn der andere wieder einmal durch die Klappe einstieg, oder durch die Hintertür trat.

Die Notwendigkeit des Auftretens von Schalttagen hat kosmische Gründe. Dadurch bleiben die Sonne und der Kalender im Einklang.

Nach der Probe übe ich mich noch ein bisschen in Seelenruhe, suche im Bett meine frühere Unerschütterlichkeit. Die Unerschrockenheit. Den inneren Frieden, die Gelassenheit, einen Zustand frei von emotionalem Achterbahnfahren oder intelektuellem Schlagabtauschen. Purzelbaumschlagen und Haareausraufen. Die Philosophen nennen das, was ich vergeblich auf oder unter dem Kopfkissen suche, Ataraxie. Die alten Griechen, die Stoiker sahen im Entsagen von weltlichen Begierden, in der Selbstbeherrschung und im Schalten- und Waltenlassen nur der kühlen Vernunft den Schlüssel zum absoluten Glück.

Mittwoch, 28. Februar 2024

Kakistokratie

Noch ein Herrliches Wort: Kakistokratie. So ähnlich wie Kakophonie. Nur auf das wahre Leben und nicht nur auf Geräusche oder Musik bezogen. Eine Kakistokratie ist nicht eine Aristokratie (Herrschaft der Besten oder civitas optimatum - Optimatenherrschaft), sondern die Herrschaft der Schlechtesten, der Unfähigsten, der Schamlosesten, der moralisch Verwerflichsten, Korrupten und Korrumpierten, Bestechlichen und Bestochenen, Vettern- und Basenwirtschaft.

Dienstag, 27. Februar 2024

Bürokratie

Die Bürokratie richtet meist alles wieder. Falsche Zahlen- oder Zeitwerte aufgrund des Zaunpfahlzählens stellt sie in der Aktenordnerordnung aufrecht ins Archiv. Für alle Ewigkeit. Aber was bedeutet heute in einer Woche? In sieben oder in acht Tagen? Was bedeutet eine Terz? Abgesehen davon, dass es verminderte und übermäßige Terzen (Quarten, Quinten usw) gibt, sind es nie drei (resp. vier oder fünf) Tonschritte. Sondern zwei (reine Terz), zweieinhalb oder eineinhalb. Eine Quinte und eine Quarte ergeben auf dem Klavier oder in der Chorprobe die Oktave. In der Mathematik ist das ganz anders: 5 + 4 = 9. Auch die Astronomie lebt in einer anderen Welt als wir, sie beginnt unsere Zeitrechnung mit Null, wir mit dem Jahr 1 (vor oder nach Christus). Knapp daneben ist auch vorbei. Immer!

Montag, 26. Februar 2024

Zaunpfahlfehler

Was für ein Herrliches Wort, was für ein Herrliches Jahr. Schaltjahr! 366 Tage! Ein Tag geschenkt! Meine Lieblingsquelle für alle Lebenslagen sagt, der Schalttag, der zusätzliche Tag im aktuellen Schaltjahr, sei nicht der 29. Februar, sondern der 24. Februar. Er liegt also bereits hinter uns. Schnee von vorgestern. 

Julius Cäsar, der "Erfinder" der Schaltjahre (sagt meine Quelle - aber stimmt das?), habe in seiner Kalenderreform im Jahr 46 v Chr (auch hier habe ich meine Zweifel) den zusätzlichen Tag als "zweiten Tag sechs Tage vor dem 1. März" [ante diem sextum Kalendas Martias] eingefügt. Also den 24. Februar verdoppelt. Die Franzosen haben den Sechser in ihrer Sprache verinnerlicht, sie nennen das Schaltjahr "année bissextile". Wie lautete das bonmot kürzlich am Wattenmeer anl. des stetig fallenden Regens? Deutsch ist eine Zaunpfahlsprache!

In einer anderen verbürgten Quelle lese ich nämlich, dass Cäsars Kalenderreform Verwirrung stiftete unter der "für die Schaltung zuständigen" Priesterschaft - die Tagesheiligen mussten nämlich im Schaltjahr mitwandern: am 24.2. war Schalttag, am 25.2. der Tag des Hl Matthias. Das ist bis heute so. Die am 29.2. Geborenen können jedes Jahr am 28. ihren Hl. Proterius feiern, den sie auch im Schaltjahr zum Tagesheiligen haben! Das Problem mit den Priestern war aber ein anderes. Sie kannten nur das Prinzip der "Inklusivzählung". Cäsar meinte mit seiner Schaltregel, dass jedes vierte Jahr nach Ablauf des letzten Schaltjahres einen Schalttag bekommen soll. Die Konservativen hielten sich aber stur an die Regel des Macrobius, nach der der Schalttag "nach Heraufführung (= Beginn) des vierten Jahres" zu erfolgen habe [nam cum oporteret diem qui ex quadrantibus confit quarto quoque anno confecto antequam quintus inciperet intercalare, illi quarto non peracto sed incipiente intercalabant] und gerieten aus dem Takt, aus dem Vierer in den Dreier.

Korrigiert wurde dieser erste Zaunpfahlfehler in der Geschichte der Menschheit durch Augustus. Er ließ 3 Schaltjahre zwischen 5 v Chr und 4 n Chr ersatzlos ausfallen, bzw die 3 Schalttage aus dem Lauf der Zeit streichen.

Sonntag, 25. Februar 2024

Yanomami

Vom Ende der Welt. Ich fahre nach Hamburg. Ins PHOXXI. Das ist das Haus der Photographie mit dem Nachsatz (eher Nachwort): "Temporär". PHOXXI ist ein sprachliches Unikum aus PHO (wie PHOtograhie, besser vielleicht engl. PHOtography - weil es hier keinen Konflikt mir der Dudenrechtschreibung gibt) und der römischen Zahl XXI für 21 (wie 21. Jahrhundert). 

Im PHOXXI betrachte ich Fotografien einer 1931 in Neuchatel geborenen Brasilianerin. Claudia Andujar. Den Nachnamen hat sie, wie wir alle, von ihrem Gatten. Ihr Geburtsname ist schlicht wie ein Tier: Haas. 

Die Ausstellung unter dem Namen "The End of the World" zeigt Bilder aus dem täglichen Leben der indigenen Gemeinschaft der Yanomami im Amazonasgebiet im Norden Brasiliens. Der deutsche Mann, der uns in Hamburg durch die Bilder führt, sagt, der Fotoapparat sei eine Waffe. Wer abdrücke, klaue den Indigenen das Gesicht, den Körper, die Seele. Wir Betrachtende gucken etwas belämmert aus der Wäsche. Also beteiligen auch wir uns am Diebstahl. Vor uns haben sich schon diejenigen schuldig gemacht, die diese Fotos nach Hamburg geholt und in den temporären Containerbau neben den stolzen Deichtorhallen aufgehängt haben. Duplizierter Mord? Zeitgenössische fotografische Denkweise?

Claudia Andujar: In Her (Own) Words: 1 , 2 , 3 , 4

Samstag, 24. Februar 2024

Schneemond

Amerikanische Ureinwohner sollen dem Februarvollmond diesen Namen gegeben haben: Schneemond. Wohl wegen besonders heftiger Niederschläge in Form von Schnee. Die alten Germanen nannten ihn eher Hornung und heute weiß niemand mehr etwas mit diesem Wort anzufangen. Auch Bezeichnungen wie Sturmmond oder Hungermond sind im Umlauf. Aus nachvollziehbaren Gründen. 

Bei uns Heutigen steht ein Minivollmond am Himmel. Ich hab ihn schon letzte Nacht gesichtet. Der Mini- oder Mikromond erscheint uns besonders klein - oder auch nicht, weil sein Umfang von bloßem Auge schwer abzuschätzen ist. Tatsächlich ist der Mond jetzt voll geworden, steht aber erst morgen um 15:59 Uhr MEZ am erdfernsten Punkt seiner elliptischen Umlaufbahn. Wobei ich gelesen habe, dass die durchschnittliche Entfernung zwischen Erde und Mond eh stetig zunimmt. Um nicht ganze vier Zentimeter pro Jahr. Auch die sind von bloßem Auge kaum zu ermessen. Der Minivollmond soll 12-14% kleiner sein, das entspricht etwa dem Verhältnis von einer 1-€-Münze zu einer 2-€-Münze, und rund ein Viertel schwächer leuchten als der Supermond. Also der Mond, der am erdnächsten Punkt steht. Das wird am 18. September um 15:23 Uhr MESZ der Fall sein, also freut Euch schon mal sieben Monate lang über die orbitalen Tänze.

Ich entdecke gerade das Klavier neu. Fingerübungen. Tonleitern und Czerny.

Freitag, 23. Februar 2024

Wohin?

Hab den Kater nun überall abgemeldet, bei Tasso, bei Findefix und im Tierheim, wo er herkam. Herr Caruso ist eine Persönlichkeit, er hat eine Geschichte und besitzt sein Archiv. 

Als Erbe hinterläßt er mir eine Transportbox, einen Transportkorb und einen Transportrucksack. Ein blitzblank geputztes Designerkatzenklo - das andere war schon so versifft, dass ich es lieber entsorgte. Eine ganze sowie eine nur noch zu einem Drittel volle Packung Öko-Klumpstreu aus 100% nachwachsenden Naturfasern. Ein Designerkatzenkloschäufelchen. Und diverse Katzendecken, Katzenkissen, Katzenschlafplätze für out- und indoor. Mehrere Futterschälchen, Trinkgefäße, einen Keramiktrinkbrunnen mit Bewegungsmelder aus dem Nachlass des nierenkranken Vorgängers, der aber den kraftstrotzenden Caruso nie sonderlich interessierte, weshalb ich ihn bald nach dem Einzug des neuen Untermieters vom Stromnetz trennte. Dann: Intelligenzspielzeug, noch und noch,  Intelligenzfutterkugeln, mit Katzenminze gefüllte Stoffmäuse. Einen Krallenschärfball (den er über alles liebte!) und andere Kratzbäume oder -flächen. 

Herr Caruso war kein arboreales Tier, er kletterte selten auf Bäume und als er einmal auf die Pergola stieg, weil er dort oben (richtig!) ein Amselnest vermutete, kam er vor Angst alleine nicht mehr runter! Ich musste ihn mit Tausenderlei Leckereien locken, bis er endlich den Sprung in den grünen Rasen wagte. Ein zweites Mal stieg er nicht wieder hoch, während sein aufgrund der Nierenschwäche schon sehr kranker Vorgänger dort oben höchstvergnügt und unbekümmert herumturnte, fast bis zum bitteren Ende. 

Außerdem: 40 Dosen Nassfutter, für Abwechslung im Speiseplan sorgende erlesene Mischung für einen Fressbegeisterten Gesunden Kater! Sowie eine unangebrochene Packung Trockenfutter Fisch und Truthahn.

Donnerstag, 22. Februar 2024

Warum?

Das französische "Pourquoi?" von Christian F. und Caruso geht mir nicht aus dem Kopf. Deutsch bedeutet das Wort "Warum?" - für all diejenigen, die im Gegensatz zu meinem pelzigen Mitbewohner des Französischen nicht mächtig sind.  

Warum? Heute heule ich schon beim Aufstehen. Obwohl ich mittlerweile mit mir im Reinen bin, ruhig und gefasst. Zufrieden, hoch zufrieden und sogar ein bisschen stolz, ja, dass ich Herrn Caruso in seinem und meinem Hausflur gehen ließ. Dass ich sein unschönes Sterben ausgehalten und ausgestanden habe, durchgestanden, dass ich seine letzten Atemzüge zulassen konnte, kniend und kauernd, entsetzt und hilflos. So bitter es war, es ist nun gut so.

Aber: Das Warum? - Pourquoi? - nagt weiterhin an meiner helvetischen Seele. Wühlt sich durch meine Gedanken wie die Wühlmäuse durch meinen Rasen am Wattenmeer. Warum und wo wurde der Kater so sehr eingeklemmt, dass er sich innere Verletzungen zuzog, die er nicht überlebte? Caruso war ein Naturbursche und wusste ganz genau, wo und wie er sich bewegen konnte und musste. Wie oft döste er im Hochsommer mitten auf dem heißen Asphalt - er wurde aber nie von einem Auto ange- oder gar überfahren, weil er instinktiv immer richtig auf jede drohende Gefahr reagierte. Und rechtzeitig weglief.

Warum? Wenn ich die Möglichkeit in Betracht ziehe, dass vielleicht ein Mensch seine Hand - oder den Fuß - in das böse Spiel einbrachte, jemand, der meinem Kater nichts Gutes gönnte, dann engt sich der Kreis der Potentiell zu Verdächtigenden schnell, drastisch und so deutlich ein, dass mir speiübel wird.

Mittwoch, 21. Februar 2024

Hinterzimmer

Ich schlafe immer noch schlecht und erwache immer noch schweißgebadet. Mit Kopfschmerzen und ohne Appetit. Heulen muss ich immer erst vormittags um halb zehn.

Dienstag, 20. Februar 2024

Hintertüren

Das Leben mit oder ohne Kater unterscheidet sich im wesentlichen in offenen und geschlossenen Türen. Natürlich hatte Herr Caruso Zugang zu jedem Zimmer im ganzen Haus. Bis auf die Küche! Die Küche betrachtete ich als mein ureigenes Heiligtum. Die Tür stand nur offen, wenn ich mich in der Küche aufhielt. Zum Beispiel, wenn ich kochte. Natürlich kam er immer angelaufen, in der Hoffnung, es sei Zeit für ihn und sein Futter. Er kannte und akzeptierte seinen streng geregelten Speiseplan im Grunde ganz genau. Und um ihn nicht allzu sehr zu enttäuschen, passte ich meinen Speiseplan dem seinigen an. Betrat also nur noch dann die Küche, wenn die Zeit für Herrn Caruso gekommen war.

Außerhalb der Küche konnte sich Herr Caruso jederzeit überall frei bewegen, auch außerhalb des Hauses. Die auf seinen Mikrochip programmierte SureFlap Katzenklappe öffnete sich immer für ihn - und nur für ihn!

Als erstes löschte ich am Sonntag den Speicher der Klappe. Die Chips werden weltweit nur einmal vergeben. Dann entfernte ich die Batterien und verschloss die Klappe manuell. Für immer!

Dass ich nun aber die Küchentür offenstehen lassen und die Schlafzimmer- oder die Badezimmertür im Gegenzug schließen könnte, habe ich noch nicht verinnerlicht. Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass er nie mehr nachts die Treppe hochkommt, leise auf mein Bett steigt und sich, ohne mich zu wecken, zu meinen Füßen niederlässt.

Montag, 19. Februar 2024

Hintersinn

Gestern abend zermarterte ich mir das Hirn, ob ich den Tierarztnotruf früher hätte absetzen sollen. Geschlafen habe ich erwartungsgemäß schlecht, erwacht bin ich vor einer Stunde mit ebendiesem zermarterten Schädel. Und der erhellenden Erkenntnis, dass es gar keinen Grund gibt, aufzustehen, da niemand Frühstück will.

Also bleibe ich noch ein bisschen liegen und starre an die Decke. Allmählich dämmert es vor dem Fenster, richtig hell wird es heute wohl nicht werden. Ein weiterer Regentag ist angesagt. Und plötzlich frage ich mich, was eigentlich schlecht daran ist, dass Herr Caruso sein (derzeitiges) Katerdasein in meinem Hausflur beenden durfte. Sterben ist, wie gesagt, nicht schön, und wir würden alle immer lieber weggucken. Überall dort, wo etwas Unschönes passiert. Das Leben aushauchen ist ein Euphemismus wie der Spaziergang in der Strafkolonie "Polarwolf". Caruso hat sein Leben aus seinen zerlöcherten Lungen herausgeschrieen. Er war ein stummer, geduldiger Patient. All die Tage lag er da, guckte mich nachdenklich an, wenn ich zu ihm sprach, schwieg aber und wandte den Kopf dezidiert ab, wenn ich mit meinen Teelöffeln anrückte. Gestern wollte er plötzlich Wasser trinken. Da es gerade in Strömen regnete, lief ich in freudiger Erregung in den Garten hinaus und füllte seine drei Wassernäpfe mit frischem Regenwasser. Es schmeckte ihm!

Als er kaum noch Luft bekam und sich in die Ecke hinter seiner Katzenklappe verkroch, drang der einzige und letzte Schrei aus seiner Kehle. Es war ein Schmerzensschrei. Der erste, seit seinem Unfall. Und ich weiss nicht warum, aber ich hörte das "pourquoi?" aus seinem Schlund heraufdröhnen, das Wort, mit dem auf den Lippen vor Jahren ein Freund in Paris verschieden ist. Der hatte furchtbare Schmerzen gelitten, tagelang, wochenlang, monatelang und wir waren uns alle einig, dass er, ausgerechnet er, diese Qualen nie und nimmer verdient hatte. Denn er war ein äusserst liebenswerter Mensch. Er musste sich genau diese Frage zuallerletzt auch gestellt haben: Pourquoi?

Hätte ich meinen todkranken Kater rechtzeitig (wieder so ein widerlicher Euphemismus!) in die Tierarztpraxis zum Wochenendnotdienst verfrachtet, hätte er sein letztes Geheimnis mit ins Grab genommen. Ich hätte nie und nimmer erfahren, dass Herr Caruso, mein vornehmer Maestro der Neapolitanità auch des Französischen mächtig ist!

Sonntag, 18. Februar 2024

Begrabt mich und erhebt Euch!

Herr Caruso ist kurz vor 14 Uhr hinter der Haustür eingeschlafen. Ein Euphemismus. Tatsächlich war es nicht friedlich. Und es war nicht schön, dass ich nur vor ihm auf dem Boden kauern, aber nichts gegen sein Ersticken tun konnte. Ich wagte nicht, ihn in den Arm zu nehmen. Ich hatte bis zum Schluss Angst, er könnte mich noch einmal beißen. Aber ich redete ihm gut zu, dass er sein Soll bei mir übererfüllt habe und frohen Mutes in sein nächstes Katerleben weiterziehen dürfe. Ich strich ihm über den Kopf, wieder und wieder und lange noch, nachdem er aufgehört hat, nach Luft zu suchen. Wo ist die Luft zum Atmen geblieben?

Es hat den ganzen Tag in Strömen geregnet. Den Notruf konnte ich nicht mehr absetzen, das heißt, bis der Rückruf kam, hatte sich der Kater bereits selbst erlöst. Die Nachbarsbuben hatten ihn am Mittag noch besucht, Friedrich der Kleine und seine großen Brüder. Sie erklärten dem sterbenden Kater ihre Treue, ihre unbedingte Liebe. Das ließ der sich gefallen! Heimste seelenruhig die letzten Streicheleinheiten ein. Und ich musste dann im strömenden Regen die Grube ausheben neben Rasputin, den toten Caruso durch den strömenden Regen tragen, eingewickelt in seine Lieblingsdecke und mit seiner Lieblingsstoffmaus. Es war leicht und er war leicht, im strömenden Regen, noch warm und biegsam. Nun liegen die schwarzen Brüder nebeneinander und zu ihren Häuptern blüht das erste Sträußchen Schneeglöckchen.

Поховайте та вставайте

Das heulende Elend packt mich immer in der Nacht. Wann ist die Zeit für den Notruf gekommen? Vor oder nach Mitternacht? Ich höre im Radio die Lange Nacht über Taras Schewtschenko. Ich liege im Bett und kämpfe mit den Tränen. Herr Caruso liegt unten vor der Sauna und kämpft mit dem Atem. Ich renne immer wieder die Treppe hinunter, um ihm zu versichern, dass ich noch da bin. Dazwischen schlafe ich über Schewtschenko ein. Das ist DER ukrainische Nationaldichter und DIE Sendung im Radio zitiert im Titel EINE Zeile aus Schewtschenkos Gedicht "Zapovit" (1845, dt. Vermächtnis), die auch als Vermächtnis des toten Sträflings Nawalny durchgehen könnte: "Begrabt mich und erhebt Euch!"

Samstag, 17. Februar 2024

descendre à des allures très diverses

Ich kann nichts tun. Nicht denken. Nicht arbeiten. Herr Caruso liegt nach seinem täglichen Toilettengang wieder eine Stunde in einem Winterbeet, diesmal auf der Südseite des Hauses. Es regnet nicht. Also bewaffne ich mich mit Gartenhandschuhen, Gartenschuhen, Gartenschere. Steige auf die Leiter. Schneide das Efeu zurück, das an der Pergola nur ein Ziel verfolgt: das Jelängerjelieber (Echtes Geissblatt) zu überwuchern und irgendwann im Wettwachsen (Wettkampf?) doch zu triumphieren. Würde ich nicht in regelmäßigen Abständen mit meinem scharfen Werkzeug eingreifen, wäre von dem Jelängerjelieber schon lange nichts mehr übrig. So aber!

Der Kater legt sich irgendwann etwas näher an mich heran. Er will nicht allein sein. Ruht sich aus im Windschatten des neuen Holmsbu, im noch kahlen Brombeerbeet, hinter der winterharten Stachelbeere. Ich steige derweil von der Leiter, sammle den Efeuschnitt ein und begradige noch den Pippilangstrumpfzaun. Der war mir schon lange ein Dorn im Auge! Und so wird meine grüne Tonne fast voll. Herr Caruso kommt mit mir durch die Hintertür ins Haus hinein, schärft vorher noch in alter Gewohnheit an seinem Lieblingsholz seine unversehrten Krallen, und legt sich dann an der erstbesten Stelle, vor der Sauna, auf den Boden. Und rührt sich nicht mehr vom Fleck. Atmet schwer. Will nicht auf eine der Decken, die ich um ihn herum ausbreite. Will nicht fressen. Schlabbert aber ein bisschen Wasser.

Ich setze mich allein auf das rote Sofa und schlage ein Buch auf. Was soll ich sonst tun? Die Notfallnummer wählen? Jetzt beim Eindunklen? Francis Ponge. Le parti pris des choses - Im Namen der Dinge. Zweisprachig. Die ersten zwei Seiten handeln vom Regen. Links französisch, rechts deutsch. "Mit sehr unterschiedlichem Gang kommt der Regen herab, in den Hof, wo ich ihn fallen sehe. Mittendrin ist er ein feiner, diskontinuierlicher Vorhang (oder Netz), ein unversöhnlicher, doch relativ langsamer Fall vermutlich ziemlich leichter Tropfen, ein immerwährendes Herabstürzen ohne Nachdruck, ein sehr feines Zerbröckeln des reinen Meteors."  Soweit der erste und der zweite Satz ins Deutsche übersetzt von Gerd Henninger. Ponge aber im Original: "La pluie, dans la cour où je la regarde tomber, descend à des allures très diverses. Au centre c'est un fin rideau (ou réseau) discontinu, une chute implacable mais relativement lente de gouttes probablement assez légères, une précipitation sempiternelle sans vigueur, une fraction intense du météor pur." Hervorhebung von mir. Deutsch ist eine Holzbocksprache!

Freitag, 16. Februar 2024

Sanatorium

Dass ein sibirisches - oder jedes andere - Straflager kein Sanatorium ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Aus der Literatur, aus der Geschichte, aus Zeugnissen, von hüben und drüben. Dass ein Sträfling, wenn er beim "Spaziergang" (was für ein höhnisches Wort!) aus dem Gleichschritt fällt, stolpert, sich nicht mehr auf den Beinen halten kann, warum auch immer, dass dieser Unglückliche sofort von einer Schar sorgsamer Pfleger und Mediziner umringt mit allen verfügbaren Mitteln ins Leben zurückgeholt wird, ist wenig wahrscheinlich. Eher hört der aufmerksame Zeitgenosse und die aufmerksame Zeitgenossin Pfiffe, Schreie, Bellen, sieht Fäuste, Knüffe, Tritte, verschließt vor Schreck die Augen - wer will denn so etwas mit ansehen? So sind viele viele viele Menschen all over the world zu Tode gekommen, von denen wir nie etwas erfahren haben und nie etwas erfahren werden. Der Tod des derzeit wohl prominentesten Sträflings und Regimekritikers hingegen kann der Welt von eben diesem Regime nicht verschwiegen werden.

Herr Caruso rührt sich nicht von der Stelle. Er fällt nicht, weil er eh liegt. Heute früh war ich schon bereit, die Notfallnummer zu wählen - weil ich ihm dieses Elend nicht mehr länger zumuten wollte. Aber da regte sich Widerstand in meinem Hausflur. Mein todkranker und immer noch kluger Kater (er kann meine Gedanken und meine Aufzeichnungen lesen!), wollte vor die Tür! Die Klappe hatte ich über Nacht vorsorglich verschlossen. Und um ihm jetzt zu ersparen, dass er sich mit seinen gesplitterten Rippen durch den engen Tunnel zwängen muss, öffne ich die Haustür. Er tritt hinaus, guckt, schnuppert neugierig, bewegt sich, langsam, aber bewegt sich! Verschwindet unter dem Rhododendron - eines seiner Lieblingsplätzchen, da kann er unbemerkt vom Rest der Welt diese ganze Welt beobachten! Schleicht weiter, um die Hausecke (ich folge ihm in sicherem Abstand), scharrt an einer trockenen Stelle und erledigt sein Geschäft! Danach liegt er über eine Stunde in meinem Winterbeet, hört den Vögeln und dem Regen zu und atmet verhältnismäßig (angesichts seiner lädierten Lungen) ruhig. Ich vergesse die Notfallnummer.

Nun liegt der Patient wieder im Flur und rührt sich nicht von der Stelle. Weiter ins Haus hinein kommen will er offensichtlich nicht (mehr?). Nicht einmal auf sein Lieblingskissen vor der (magischen!) Küchentür, hinter der sein Futter lagert, geschweige denn aufs rote Sofa im Wohnzimmer. Nach dem Ausflug um die Hausecke hat er aber aus meiner Hand einen ganzen Teelöffel mit fettem Quark leergeschlabbert.

Donnerstag, 15. Februar 2024

Rippenbrüche

Er hat keinen Appetit. Frisst nun schon den vierten Tag in Folge nichts. Also wieder zur Tierärztin. Wieder fährt uns der Nachbar. Immer noch Dauerregen. Sie macht Caruso mit einer Spritze müde, er kotzt ein bisschen. Das ist ok, sagt sie und wischt es weg. Sie vermutet nun ein Trauma. Kein Traum und keine Reise zum Mond. Sondern ein handfester Unfall. Er muss irgendwo reingeraten sein. Gequetschte Rippen, kaputte Lungen aber ein gesundes Herz! Kein Autounfall! Sagt die Ärztin. Sie sieht das an den Krallen. Die Krallen gehen auf dem Asphalt auch kaputt, wenn die Katzen in Panik versuchen, sich irgendwo festzuhalten. Carusos Krallen sind unversehrt. Das Röntgenbild zeigt gesplitterte Rippen und Lungen fast bis oben voll mit Flüßigkeit, Blut und Lymphe. Das wird erstmal abgesogen und ich kann den Schläfrigen am Nachmittag zum Aufwachen wieder abholen. Im Regen. Im Auto des Nachbarn.

Die Prognose ist schlecht, gesteht die Ärztin. Aber sie gebe ihm eine Chance. Er sei ein Kämpfer und habe ein gutes Herz. Und ich habe von einem Tag auf den anderen einen todkranken Kater im Haus. Und eine Notfallnummer für das Wochenende auf der Hand.

Mittwoch, 14. Februar 2024

Atemwege

Die Wege, die der Atem nimmt, können nicht sehr vielfältig sein. Die Tierärztin hofft, dass es "nur" eine Infektion sei. Ein Atemwegsinfekt. Vielleicht habe ich ihn angesteckt? Sie winkt ab. Normal sei das keineswegs, wie Herr Caruso nach Luft schnappt. Anfassen lässt er sich trotzdem nicht und beißt und tobt wie gewohnt. Sie spritzt ihm das eine und das andere und noch etwas drittes. Wenn er am Abend wieder Appetit hat, sagt sie, ist alles gut. Soviel zum Valentinstag.

Dienstag, 13. Februar 2024

pluviophil

Es soll Menschen geben, denen das momentane Wetter am Wattenmeer reinste und höchste Inspiration ist: Regen. Nieselregen. Dauerregen. Starkregen. Regentropfen. Regenschauer. Regenprasseln. Menschen, die nichts lieber tun, als Regenschirme stehen zu lassen. Im Zug oder in der Kneipe. Die ständig auf der Suche nach wasserfester Regenkleidung sind, die Regenstiefel über alles lieben. Um damit trockenen Fußes über den Berg zu kommen. Pluviophile eben (nicht zu verwechseln mit Bibliophilen).

Womit ich wieder bei der Reise angekommen wäre. Herr Caruso ist nicht pluviophil, sondern krank. Er empfindet gerade weder Freude noch Beruhigung, sondern atmet schwer und frisst nicht.

Montag, 12. Februar 2024

Kot-Reise

Auf dem Everest war ich nicht. Weder im Traum noch nicht im Traum. Es dürfte mir nicht einmal einfallen, weder im Traum noch nicht im Traum, im Himalaya herumzusteigen. Aber ich lese mit Interesse, dass der für die Nepalesi heilige Berg zur höchstgelegenen Müllhalde der Welt verkommt. Das ist nicht weiter erstaunlich. Der höchste Berg der Welt versammelt die unterschiedlichsten Superlative. Appetitliche und unappetitliche. Nun sollen die Bergsteiger ab der kommenden Saison gezwungen werden, Kotbeutel auf den Gipfel zu tragen, unterwegs zu benützen und voll wieder hinunterzutragen. Am Ein- und Ausgang zum Berg wird kontrolliert, ob die Scheisse ordnungsgemäß und in realistischen Mengen abgeliefert wird. Wenn nicht, wird man wahrscheinlich zurückgejagt. Zum Einsammeln. Und darf nicht eher wiederkommen, als ...

Das Problem sei die Hygiene, rechtfertigen ihre drastischen Schritte die Beamten der zuständigen Kommune. Befürchtungen seien mehr als berechtigt, dass Bergsteiger, die in der Höhe Schnee erhitzen, um Trinkwasser zu gewinnen, mehr oder weniger direkt oder indirekt menschliche Ausscheidungen zu sich nehmen. Gesundheit!

Es gibt natürlich auch tonnenweise anderen Müll am Berg. Leere Bierdosen, leere Sektflaschen, leere Sauerstoffflaschen, leere Wasserflaschen, kaputte Gaskocher, Zelte, Kleidungsstücke, Schuhe, Akkus, Handys, Liebesbriefe, unverwüstliche Verpackungen usw usf.

Die Japaner, meine ich mich aus fernen Zeiten zu erinnen, haben auf den Wegen zu ihren Gipfeln umweltverträgliche Klos gebaut. Die Japaner sind in solchen Sachen - Verwertung menschlicher Exkremente, Aufwertungen der "Örtchen" als Sammelbecken für Kontemplation über das Wesen der Welt - Weltmeister. Unschlagbar!

Sonntag, 11. Februar 2024

Reise

Im Traum war ich schon auf Reisen. So ungeschickt wie im wahren Leben, mit zerbeultem Gepäck und ohne Orientierung. 

Samstag, 10. Februar 2024

Holz-Drache

Kaum ist der Superneumond neu, beginnt in Asien das Jahr des Holz-Drachen. Der Drache ist eines der energiegeladensten - wenn nicht das kraftvollste überhaupt! - Tierkreiszeichen der chinesischen Astrologie. Der Drache symbolisierte einst kaiserliche Macht und Autorität, heute vielleicht kommunistische. Auf jeden Fall garantiert er Wohlstand und Stärke. Und das Element Holz verspricht Wachstum, Aufbruch, Wärme, Schöpfung. Gen Himmel! 

Uns "Stabilität liebende" (haha! wer's glaubt!) Feuer-Hähne kann der Holz-Drache in diesem Jahr ziemlich durcheinander bringen, unser Federkleid zerzausen und den stolzen Hahnen- und den viel weniger stolzen Hennenkamm arg zerrupfen. Er möchte uns, wie ich lese "in höhere Sphären" entführen (oder geleiten?), auf's Dach der Welt bringen, damit wir von dort oben "das große Ganze" schauen! Der Drache verspricht Erfolge, wenn wir Hähne nur vernünftig mit unserem Feuer umgehen.

Freitag, 9. Februar 2024

Super-Neumond

Am Tag hat es zuerst geschneit. Dann geregnet. Und jetzt in der Nacht haben wir einen Super-Neumond, genau eine Minute vor Mitternacht. Der Mond steht im Perigäum, also auf dem erdnächsten Punkt seiner Umlaufbahn. Trotz der geringen Entfernung zu uns Irdischen bleibt der Super-Neumond aber ein Neumond und damit auch für uns zweiäugigen Winzlinge unsichtbar.

Donnerstag, 8. Februar 2024

Temperatursturz

Die Mülltonnendeckel sind leicht angefroren, glitzerig. Wenn wir Glück haben, tauen sie auf, bis die schweren Müllautos mit Ach und Krach um die Ecke biegen. Das eine, unbemannte, mit dem seitlichen Mülltonnengreifer für die grüne (Bio-)Tonne. Das andere, bemannte, mit einem Mann in signaloranger Jacke, der hinten auf- und abspringt und die blauen (Papier-)Tonnen händisch von beiden Straßenseiten zum Entleeren an die Ladekippe heranführt.

Mittwoch, 7. Februar 2024

Sonnenglück

Reise durch die Zeit. Der schwarze Kater legt sich zum ersten Mal auf die Fensterbank. An die Sonne. Auch er ist wintermüde. Ich vernichte uralte Urlaubsfotos. Die einen haben über die Jahre, Jahrzehnte einen giftigen Grünstich angenommen, die anderen einen rotgeränderten Feuerstich. Wie die Lava auf Island. Fast ausnahmslos alle haben an Schärfe verloren. Richtig schlimm ist, wenn ich nichts mehr erkenne. Weder Gesichter noch Landschaften oder Häuser.

Dienstag, 6. Februar 2024

Venuspech

Alle acht Jahre, sagt die Sternzeit, haben wir Venuspech. Die Venussichtbarkeiten sind dann bei uns auf der Nordhalbkugel auf ein Minimum geschrumpft. So verabschiedet sich die Venus bereits heute als Morgenstern. Sie wäre vor etwa einer Stunde noch tief im Südosten, links von der schon ganz schmalen Mondsichel zum letzten Mal gut zu sehen gewesen. Wenn etwas zu sehen gewesen wäre am Morgenhimmel außer Regenwolken. Das himmlische Duo verblasst natürlich trotzdem genau jetzt mit dem Sonnenaufgang. Auch von der Sonne wird heute schätzungsweise den ganzen Tag nichts zu sehen sein. Daurerregen maximiert das Venuspech.

Die Venus taucht bei uns am Wattenmeer erst Ende August am Abendhimmel wieder auf. Das schlechte Venusjahr ergibt sich aus den Umlaufzeiten von Venus und Erde und beruht auf ihrem niedrigen Stand am Himmel. Die Venus steht die nächsten Monate immer tiefer als die Sonne, geht entweder erst kurz vor ihr auf oder kurz nach ihr schon wieder unter.

Angeblich richteten die Maya ihre kriegerischen Tätigkeiten nach dem Lauf der Venus. Nur bei uns wird sie mit Liebe verbunden. Also erwartet uns ein friedlicher Mayasommer und das übliche lieblose Gezerre unter dem Rest der Menschheit.

Montag, 5. Februar 2024

Das Eingestrichene d

Eben erklang in Halberstadt die siebente Pfeife mit dem eingestrichenen d - John Cages ASLSP (As SLow aS Possible), das langsamste Musikstück der Welt, ist nach zwei Jahren um einen Ton weitergerückt. Aus dem Sechsklang wurde unvermittelt ein Siebenklang. Das Eingestrichene d soll nun bis zum 5. August 2028 ununterbrochen und durchgehend klingen! Viereinhalb Jahre lang zu Ehren der Schuhmacherin iR, die heute ihren Geburtstag weitab vom Harz feiert. Cage ging es um die Befreiung der Klänge, sagen die Musikwissenschaftler. Wer zuhöre, solle seinen Geist entleeren. Emptyness and nothing more! 

Sonntag, 4. Februar 2024

Pelz

Ich nehme die Mütze ab, zum ersten Mal seit Tagen, weil ich duschen will. Unter der Mütze kommt ein wahrer warmer Pelz zum Vorschein. Die Haare sind um mindestens das Doppelte gewachsen! Auch die Nägel an den Zehen und an den Fingern. Also hat alles an mir die ganze Woche über gelebt, obwohl ich nie den Mut hatte, mich ganz auszuziehen und unter die Dusche zu stellen. Mir schien, ich könnte das nie und nimmer überstehen. Nun also ist Sonntag wieder, ich wasche mich und die Mütze und den dichten Pelz, schneide Nägel, putze ein Katzenklo und ein Menschenklo, lüfte und lege mich erstmal wieder ins Bett. Draußen zieht Sturm auf. Sonntagssturm? Wintersturm? Immer noch oder schon wieder, ich weiß es nicht.

Samstag, 3. Februar 2024

Meldorf ist bunt

 Immer - aber heute ganz besonders ab 11 Uhr:











Ich liege immer noch im Bett. Mit meiner bunten Mütze.