Dienstag, 30. November 2010

Niveaulimbo

Die Langenscheidt-Jury kürte heute das deutsche Jugendwort des Jahres 2010: Niveaulimbo.

Die deutschsprechenden Schweizer setzen sich sofort davon ab. Sie habe ihre eigene Sprache und wählen ihre eigenen Wörter und lassen sich gewohnheitsmäßig mehr Zeit für alles. Eine auf Jugendsprache von Frauen spezialisierte Sprachwissenschaftlerin aus Zürich äußert ihre Zweifel an der Alltagstauglichkeit von Niveaulimbo. Denn sie bekennt: "Gehört habe ich es noch nie."

Die Langenscheidt-Jury traf ihre Wahl aus folgenden Top 5 (in alphabetischer Reihenfolge): Arschfax, egosurfen, Niveaulimbo, n1 [sprich: nice one] und Speckbarbie.
Niveaulimbo meint das "ständige Absinken des Niveaus" - und wird von den deutschen Jugendlichen v.a. im Kontext von TV- und Partywelt benutzt. Also ein überaus treffender Ausdruck. Und eine positive mediale Sensibilisierung Heranwachsender. Die mögen sich offenbar nicht grenzenlos verblöden lassen von gängigen TV-Formaten. Das bedeutet: wir (meine Generation) werden noch das Ende des Fernsehens erleben. Dafür bin ich den Jugendlichen dankbar. Dafür, dass sie Wörter kreieren, die etwas bewirken.

Montag, 29. November 2010

Grenzenloses Wohlwollen 2

Das Abstimmungswochenende ist vorbei und ich melde mich, wie versprochen. Das Schweizer Stimmvolk hat sich gegen herrschendes Völkerrecht entschieden. Gegen die europäische Menschenrechtskonvention. Gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Gegen das Freizügigkeitsabkommen mit der EU.
Quo Vadis, Helvetia?

Freitag, 26. November 2010

Schneedach 5: grenzenloses Wohlwollen

fertig schneelustig!
Der Tag (das Tageslicht) geht zu Ende in Heide. Eine Stunde Einbürgerungstest. Selbst meine blocherfreie Basellandschaftliche Zeitung berichtete kürzlich von einer "Einbürgerungswelle im grossen Kanton" (sic!): 1466 Schweizer besitzen mittlerweile den deutschen Pass. Gegenüber 2006 habe sich die Zahl der einbürgerungswilligen Schweizer mehr als verzehnfacht. Und wörtlich: "Die Schweizer im Deutschen Exil erfahren das, was den Deutschen in der Schweiz oft verweigert wird: grenzenloses Wohlwollen."
Dieses "grenzenlose Wohlwollen" wird nicht nur den Deutschen in der Schweiz verweigert, sondern grundsätzlich und aus Prinzip allen fremden Fötzeln. Ich melde mich wieder nach dem nächsten Abstimmungswochenende.

Schneedach 4

splendid blue sky - und die tibetischen Windpferde liebkosen mein Dach!

Schneedach 3

Als ob ich nichts anderes zu tun hätte, verlasse ich in regelmäßigen Abständen meinen Schreibtisch.


Schneedach 2


Neu: meine unglaubliche Faszination von Hausdächern!

Schneedach

Ich habe eine Stunde Schnee gefegt rund ums Haus und nun tritt die Sonne aus dem Nebel.
5 bis 7 Zentimeter schöner pulvriger Neuschnee fielen am Wattenmeer einen Monat früher als letztes Jahr.





Donnerstag, 25. November 2010

Die Entkaczyńskisierung 2

Ergebnisse der Kommunalwahlen 2006 und 2010

Gelb = PO, Partei des seit 2007 amtierenden Premierministers Donald Tusk
Blau = PiS, Partei der Kaczyński-Zwillinge
Grün = PSL, Bauernpartei von Waldemar Pawlak, Koalitionspartner der PO auf Landesebene

Nach der gestern geschlossenen Koalitionsvereinbarung in der Wojewodschaft Podkarpackie (um Rzeszów) müsste nun auch noch der südwestlichste Zipfel gelb angepinselt werden.

Der Ausgang der Wahlen wurde von den Parteivorsitzenden unterschiedlich bewertet. Donald Tusk verstand sie als Bestätigung seiner Regierungsarbeit - Jarosław Kaczyński als Beweis für den beginnenden Niedergang der Regierungspartei - und Waldemar Pawlak verschlug es vor Freude die Sprache. Seine bereits totgeglaubte Partei ist drittstärkste Kraft im Lande geworden.

Mittwoch, 24. November 2010

Die Entkaczyńskisierung

Noch ist Polen nicht verloren.
Denn: Am Wochenende wählten die Warschauer u.a. Krystian Legierski in ihren Stadtrat. Legierski ist der erste bekennende Homosexuelle in ganz Polen, der nun ein öffentliches Amt bekleidet. Der verstorbene Staatspräsident Lech Kaczyński hatte in seiner Funktion als Warschauer Stadtpräsident wiederholt die Schwulen- und Lesbenparaden in der Stadt verboten. 2006 ließ er den Schwulen- und Lesbenklub Le Madame in Warschau schließen.
Wohlbemerkt: Le Madame betrieb bis zur Schließung Krystian Legierski.
Und: PO, PSL und SLD koalieren in der Wojewodschaft Podkarpackie (der südlichste Westen Polens), die immer als uneinnehmbare PiS-Hochburg im Lande galt. PiS erhielt aber nur 15 Sitze und hätte nicht mehr allein regieren können. Da Jarosław Kaczyński im Wahlkampf wiederholt die Zusammenarbeit mit "allen" anderen ausgeschlossen hatte, arbeiten nun vernünftigerweise "alle" anderen (7 PO, 7 PSL und 4 SLD = 18 Sitze) zusammen.

Dienstag, 23. November 2010

Der erste Schnee und der letzte Schrei

Es schneit den ganzen Tag. Ein sanftes, lockeres aber unaufhörliches Gestöber vor meinem Fenster. Jetzt ist es dunkel und ich sehe nicht mehr, was draußen vor sich geht.
Solang es hell war, hörte ich, was drinnen vorging. Der Elektriker installierte die Wechselrichter für unsere netzgekoppelte Photovoltaik-Anlage. Verlegte Kabel, ließ den Lehrling mehrere Außen- und Innenwände durchbohren, schloss die neue Anlage an den bereits vorhandenen Stromzähler für die alte Anlage an. Und: wechselte auf meinen besonderen Wunsch den Lichtschalter und die dazugehörende Steckdose in der zur Sauna umgebauten halben Garage aus.
Während der Lehrling den Bohrstaub aus allen Ecken saugte, erklärte mir der Elektriker, dass mir diese Steckdose, hätte ich sie in Berührung mit einem metallenen Stecker gebracht, einen tüchtigen Stromschlag versetzt hätte. Zwar gibt es kaum noch metallene Stecker, denn fast alle Kabel sind heutzutage mit Plastik ummantelt. Aber trotzdem. Sagte der Elektriker, der sozusagen alle Photovoltaik-Anlagen in Dithmarschen elektrotechnisch versorgt. Das war richtig gefährlich. Die Metallteile der Steckdose standen unter Strom, da ein Kabel falsch eingefädelt war.
Ich atme tief durch. Das hoffentlich letzte Geschenk des Saunabauers.

Montag, 22. November 2010

Zwergfledermäuse und Kleinwindkraftanlagen

In St. Michaelisdonn (eine Bahnstation südlich von Meldorf) soll im Bereich des Klärwerks ein Testfeld für Kleinwindkraftanlagen gebaut werden. Das rund einen Hektar große Gebiet ist keine Windeignungsfläche, deshalb muss das Land den Flächennutzungsplan ändern, sprich einem Zielabweichungsverfahren zustimmen.
Alle Wörter getreu der heutigen Ausgabe der Dithmarscher Landeszeitung entnommen!
Zum Flächennutzungsplan gehört u.a. ein Gutachten über die Gewohnheiten der unter Naturschutz stehenden Zwergfledermaus. Die Zwergfledermaus ist vier Zentimeter groß und so schwer, wie ein Eckchen Toblerone, als Jagdgebiet bevorzugt sie in Dithmarschen die Feuchtgebiete am Klev. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass durch die Kleinwindkraftanlage keine Beeinträchtigung dieser Tiere zu erwarten sei. Während des ganzen Sommers habe man lediglich 6 Zwergfledermäuse im Gebiet der Kläranlage beobachtet. Die Flügel der Kleinwindkraftanlage dürfen höchstens 30 Meter hoch sein. Sogar Vogelschützer vermuten, dass sie also keine Gefahr für die Zwergfledermäuse darstellen könnten, da diese "wegen ihres Ultraschalls" nicht dagegen fliegen würden.

Freitag, 19. November 2010

Blocher ist nicht zu stoppen

Die Basler Zeitung gehört wahrscheinlich längst Herrn Blocher - nur hat es noch keiner gemerkt. Bereits im Februar 2010 wurde die Basler Zeitung Medien verkauft. Ab 2011 soll sie einen Gewinn von 10 % des Umsatzes abwerfen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, schlossen die neuen Besitzer (offiziell: der Financier Tito Tettamanti 75%, der Basler Medienanwalt Martin Wagner 25%) einen Beratungsvertrag mit der Firma Robinvest ab.
Verwaltungsratspräsident der Firma Robinvest (ich weiss nicht warum, aber mich erinnert dieser Name - sorry! - an Robidog: das absolut saubere Hundetoilettensystem) ist Christoph Blocher. Der Verwaltungsrat der Firma Robinvest hat ein einziges Mitglied, nämlich Christoph Blochers Tochter Rahel Blocher. Seit Anfang September ist der Blocher-Biograph und ehemalige Weltwoche-Vize Markus Somm Chefredaktor bei der Basler Zeitung. Seit kurzem hat die Holding der Basler Zeitung Medien einen neuen Sitz: gleich um die Ecke (war's früher der Barfi oder der Aeschenplatz?), nämlich in Zug in der Anwaltskanzlei Brandenberg. Der Sohn des Kanzleiinhabers Ernst Brandenberg leitet die SVP der Stadt Zug und sitzt für sie im Zuger Gemeinderat.
Christoph Blocher ließ verlauten, dass er "Tettamanti zum Dank verpflichtet" sei. Etwa, weil der als "Financier" sein (Herrn Blochers) Geld sinnstiftend investiert? Nein, weil dieser Financier "unabhängige Medien ermögliche". Und so manch einer der helvetischen Kommentatoren im Netz zeigt sich höchst erfreut, dass endlich "die linke Sauce" aus der Pressewelt verschwindet. Na bitte!

Donnerstag, 18. November 2010

Unser Dach im Regen

Die letzte Platte kam heute Nachmittag. Das Dach ist nun vollständig in seiner einzigartigen Pracht. Statt der 7 alten Module hätten 15 neue Platz. Der Vorbesitzer war einer der ersten, der sich so etwas aufs Dach bauen ließ. Ein Pionier sozusagen. Vor neun Jahren schwatzte man diesen mutigen Erstkunden noch kleine, vom Design eher an ein Fenster als an eine flächendeckende Photovoltaikanlage erinnernde Formen auf. Außerdem hatte der Vorbesitzer dieser Haushälfte auch nur diese Dachhälfte zur Verfügung. Der Vertrag für die alte Anlage läuft noch 11 Jahre. Danach sehen wir weiter. Vorläufig regnet es.

Mittwoch, 17. November 2010

Der Koog, die Köge

In der Zeitung war ein Foto vom Tümlauer Koog. Weil mir das Wort gefiel, guckte ich auf meine Seehkarte und suchte es.
Der Tümlauer Koog liegt in Nordfriesland. An der Tümlauer Bucht, nördlich von St. Peter-Ording, auf der Halbinsel Eiderstedt. Eingedeicht wurde er 1935 und bekam den Namen Hermann-Göring-Koog. Zwei Jahre später wurde nordwestlich davon der Horst-Wessel-Koog (heute Norderheverkoog - zwischen Westerhever und Osterhever) eröffnet.
Und natürlich - wen wundert's - gab es den Adolf-Hitler-Koog (heute Dieksanderkoog). Er liegt bei uns in Dithmarschen. Südlich von Friedrichskoog. Am 29. August 1935 wurde er mit nationalsozialistischen Pomp 93 ausgewählten Siedlern übergeben. Das war der Vorzeigekoog an der Westküste, die Koog-Gemeinschaft sollte ein Symbol der NS-Volksgemeinschaft abgeben.
Insgesamt sollten innerhalb von 100 Jahren 43 Köge gewonnen werden, um zusätzlichen Raum für rund 14.000 Siedler zu schaffen. Die Pläne dazu waren bereits in der Weimarer Republik entstanden, was die Nationalsozialisten tunlichst verschwiegen. Sie gaben das Projekt als eigene Idee aus, brachen das Vorhaben aber trotzdem 1938 ab. Der finanzielle und zeitliche Aufwand bei der Landgewinnung war zu groß. Ausserdem öffneten sich mit Beginn des zweiten Weltkriegs riesige Gebiete in Osteuropa. Und gegen die erschienen die Vorzeigeköge an der schleswig-holsteinischen Wattenmeerküste verschwindend klein.
Umbenannt wurden die drei Köge 1945.
Grammatikalisch ist das völlig korrekt: Singular der Koog, Plural die Köge.

Dienstag, 16. November 2010

RETTET BASEL - STOPPT BLOCHER

Folgender Aufruf erreicht mich aus Basel, wo für Pressefreiheit und Medienvielfalt gekämpft wird. Der Aufruf soll innerhalb weniger Stunden von 4000 Personen unterschrieben worden sein - wer mag, kann dies auch tun auf http://www.rettet-basel.ch/

AKTION STOPP-BLOCHER-BAZ!

Liebe alle
Es geht was! Diese STOPP BLOCHER-BAZ AKTION wurde eben gerade im Netz aufgeschaltet (siehe Link unten).
Man muss keineswegs BaZ-AbonnentIn sein, um daran teilzunehmen (siehe Kurzinfo auf der Website).
Bitte leitet den Link auf jeden Fall möglichst schnell und breit weiter, damit ein deutliches Zeichen gesetzt werden kann.
Mit herzlichem Dank und Gruss!
Alfred Schlienger

Zur Website:
http://www.rettet-basel.ch/pagina.php?0,501,

PS: Die Website wird derzeit (17 Uhr am Wattenmeer) gewartet wegen Überlastung und Hackerangriffen. Sie soll nach 18 Uhr MEZ wieder erreichbar sein.

Haus vor dem Haus

Wie versprochen: schraube ich heute früh als erstes, kaum ist es Tag geworden, die Winterfuttervilla für meine hungrigen Gartenbewohner auf den abgesägten Vogelbeerbaumstamm. Wie versprochen: sobald Ruhe am Dach eingekehrt ist, keine Eichhörnchen mehr auf den Ziegeln herumturnen, keine gelben Plastikeimer mehr Wörter in den Himmel schreien und alle schweren Eisenstangen unsere Terrasse verlassen haben. Wie versprochen. Montiere ich die Vogelfuttervilla. Sturmfest. Und vertröste die Amsel, die mir wie immer, kaum bin ich außerhalb des Hauses zugange, auf Schritt und Tritt folgt. Neugierig, ob ich nicht irgendwo für sie einen Regenwurm aus der Erde locke. Das Futtersilo, erkläre ich ihr, ist kaschiert als ordinärer Kamin. Aber - ich hebe warnend den Zeigefinger wie der Liebe Gott Höchstpersönlich - auffüllen werde ich es erst, wenn die Zeit dazu reif ist.

Montag, 15. November 2010

Unser entrüstetes Haus ...

... steht zufrieden da, als wär' nie 'was gewesen.
Vom Himmel fallen die ersten schweren Tropfen.
Die Männer klopften rechtzeitig alles auseinander und luden Stangen und Gitter auf den Anhänger. Sie waren schneller als der Regen.

Unser behütetes Süddach 7

Eine Platte ist defekt ab Hersteller und muss nachbestellt werden. Siehe unten rechts. Das Gerüst wird dennoch abgebaut. Die fehlende Platte kann vom Dach der halben Garage aus aufmontiert werden.

Unser behütetes Süddach 6

Die Arbeiten an unserem Süddach gehen dem Ende entgegen.
Der Himmel verdüstert sich.

Unser behütetes Süddach 5

Nach der Mittagspause. Wetter weitgehend unverändert. Arbeitsteilung dito.
"sto" sagt der sonnenblumengelbe Eimer am Gerüst in der Bildmitte unmissverständlich. Dazu gehört das unsichtbare Wort "lat" auf dem unteren Eimer, der auf unserem Sommergartentisch steht. "sto lat" singen die Polen, wenn jemand Geburtstag hat. sto lat = hundert Jahre. Auf ein langes Leben. Hundert und mehr.

Unser behütetes Süddach 4

3 Männer, 2 gelbe Eimer, 1 blaue Werkzeugkiste, 37 Solarplatten zu je etwa 20 Kilo.
Zwei der Männer klettern oben wie Eichhörnchen über die Ziegel hinauf und wieder hinunter. Der dritte lädt unten die Platten ab, trägt sie durch den feuchten Rasen und reicht sie hoch auf die Zwischenbühne.

Unser behütetes Süddach 3

Die Sonne scheint. Seit einer Stunde wird an unserem Süddach wieder gearbeitet.

Sonntag, 14. November 2010

Die letzte Umzugskiste

Es regnet immer noch oh'n Unterlass. Der Wind hat nachgelassen. Im Garten kommt es wieder zu diversen konspirativen Wasseransammlungen.
Es ist Sonntag, W. ist gestern Abend nach Hause gekommen. Wir räumen auf. Ich packe die allerletzte Umzugskiste aus. Nach drei Jahren, zwei Monaten und vier Tagen. Seide, lauter leuchtende chinesische Seide kommt zum Vorschein. Ich stelle das letzte leere Berliner Zapfungetüm an den Flensburger Straßenrand. Regen hin oder her. Nur Wind kann einen hier hindern, etwas zu tun. Morgen ist Montag und laut Abfuhrplan wird die grüne (Bio) und die blaue (Papier) Tonne geleert.

Samstag, 13. November 2010

Landunter - Meerüber

Die nordfriesischen Halligen melden "Land unter", auch Hooge erlebt die erste richtige Sturmflut in diesem Herbst. Die Kühe sind längst auf dem Festland, so wie wir auch. Alle anderen Halligbewohner bleiben auf den Warften und warten.

Freitag, 12. November 2010

Sturmflutwarnung

Ein Orkantief zieht heute über das Skagerrak nach Mittelschweden. Es gestaltet das Wetter in Dithmarschen wechselhaft und stürmisch, aber mild. Das Nachmittags- und Abendhochwasser von der Elbe bis zur Nordfriesischen Küste tritt eineinhalb bis zwei Meter höher ein als das Mittlere Hochwasser. Um 16.39 wird der Höchstpunkt in der Meldorfer Bucht erreicht sein, danach fließt das Wasser wieder ab und die Deichläufer können Deichschäden aufnehmen. Der Wind kommt steif aus Südwest, schwere Sturmböen mit Geschwindigkeiten zwischen 90 und 100 km/h (Bft 10) fegen übers flache Land und donnern an das Fenster über meinem Schreibtisch. An meine eh schon ramponierten Gedanken. In exponierten Stellen sind orkanartige Böen um 110 km/h (Bft 11) möglich. Ich stehe im Wohnzimmer und sehe zu, wie der Brombeerzaun zerfetzt wird. Regen klatscht an meine Nase, die ich von innen an die Scheibe drücke. Gerade flog die Latte mit dem Wort "rettet" durch die Luft.
Zum Abend sollen Wind und Starkregen allmählich nachlassen.
Unser Süddach bleibt vorläufig, wie es ist. Behütet von Alu-Profilschienen und Dachhaken. Und einem wind- und wetterfesten Gerüst.
Schietwedder (siehe Lektion 6) nennen die echten Norddeutschen das, was sich gerade über unseren Köpfen abspielt.

Donnerstag, 11. November 2010

Herbstdeichschau

Alle Deiche in Dithmarschen, lese ich in der Zeitung, seien in einem guten Zustand. Überschwemmungen ganzer Landstriche nach Starkregen beschäftigen den Deich- und Hauptsielverband seit Jahren. Eile sei nicht geboten, betonen die Verantwortlichen (etwa zu der Forderung, das Steertlochsiel durch den Bau eines Schöpfwerkes zu entlasten). Die Entwässerungssituation habe sich "auf hohen Niveau stabilisiert".
Der Deich der Zukunft ist in Friedrichkoogspitze zu beschauen: mit Profilangleichung, mit Sicherung des Wellenüberschlags, mit Treibselabfuhrweg sowie mit flacherer, der See zugewandter Böschung.

Mittwoch, 10. November 2010

Unser behütetes Süddach 2

Genau einen Arbeitstag lang brauchte die Sonne, bis sie sich wieder auf unserem entschatteten Süddach zeigen mochte. Sie wirft nun, man schaue nur ganz genau hin, den Schatten des Standplatzes für die Vogelfuttervilla an die Hauswand.
Die Unterkonstruktion liegt. Alle bewegten Dachziegel sind wieder zur Ruhe gekommen. Auch die trampelnden Füße und scharrenden Hände über meinem Schreibtisch (die Dachluke musste ausgebaut und die Öffnung durch normale Ziegel geschlossen werden). Auf dem Dachboden - ich bin von innen aufgestiegen, um es zu überprüfen - ist es um diese Tageszeit nicht weniger hell als vorher.

Dienstag, 9. November 2010

Unser behütetes Süddach

Seit heute Mittag steht das Gerüst. Die beiden Dachkletterer hämmerten, bohrten, sägten den ganzen Nachmittag über meinem Kopf, als wollten sie dem Haus das Dach abnehmen. Zu sehen ist aber von ihrer Arbeit so gut wie gar nichts.
Hingegen ist in der Bildmitte deutlich zu sehen der Standplatz für eine Krähensichere Amsel-Drossel-Meisen-Finken-Zilpzalp-Winterfuttervilla: der auf Brusthöhe abgesägte linke Stamm des Vogelbeerbaumes. Sobald die lärmenden Dachziegelverschieber mit ihren Utensilien wieder abgezogen sind, schreite ich zur Tat.

Porzellansonnenblumenkerneproduktion

Der chinesische Künstler Ai Weiwei hat in London in der Tate Modern 150 Tonnen Porzellansonnenblumenkerne ausgeschüttet. Geplant war, dass die Besucher auf dem "Sonnenblumenkerneteppich" herumlaufen können und sollen, sich bücken, eine Handvoll aufheben und, je nach Lust und Laune, in den Mund oder in die Hosentasche stecken. Dies wurde nun von der britischen Health Authority gestoppt. Beim Herumlaufen würde durch Druck und Reibung Feinstaub aufgewirbelt, der die Atemwegsorgane der Museumsmitarbeiter beeinträchtigen könnte. Also dürfen Besucher ab sofort nur noch von weitem gucken, nicht mehr laufen.

Gucken kann man auch hier: Wo die Sonnenblumenkerne herkommen. Wie sie naturgetreu hergestellt wurden. Ob und wieviel Gift sie möglicherweise enthalten. Englisch/chinesisch, mit englischen Untertiteln und schönen Bildern, die ganz ohne Wörter für sich sprechen:
http://link.brightcove.com/services/player/bcpid42529797001?bctid=627303062001

Montag, 8. November 2010

Strohwitwe mit Hirschhornwegerich

Früher aß ich Nudeln, wenn ich allein war. Spaghetti mit selbstgekochtem Sugo und selbstgeriebenem Pecorino. Heute sind meine Schatzkisten vielfältiger.
Ich bin allein und W. mag keine Hirse. Also greife ich zum Goldhirsekuchen mit Ricotta und Kürbis, gewürzt mit Paprika, Thymian und Koriander, geschärft mit Ingwer und Chili, bestreut mit Sonnenblumenkernen. Die mag der Professor auch nicht. Dazu die Wildsalatmischung, die sich heute Nachmittag überraschend vor der Haustür einfand: Hirschhornwegerich (schöne Form, interessanter Geschmack, soll reinigende Wirkung auf Blut und Verdauungsorgane haben), Beta-Salat (attraktiv rot geaderte Blätter), Picanto-Salat (sein scharfes Aroma erinnert an Senf!) und Mizuna Rübstiel (ostasiatisches Salatgewächs, geschmacklich zwischen Broccoli und Rucola zu Hause, hoher Vitamin C-Gehalt).

Sonntag, 7. November 2010

Lahnungsfelder vor Helmsand

Sonntagsausflug an den Novemberstrand. Blick nach Süden: Lahnungsfelder, Schlickgras, Schüttsteine, ablaufendes Wasser. Himmel. Viel Himmel über Helmsand.

Anlandung am Kronenloch

Sonntagsausflug an den Novemberstrand. Blick nach Norden: grüner Strand, Schafe, ein einsames Fahrrad, kein Mensch weit und breit, im Hintergrund das Hochhaus von Büsum, die Mole und der Hafen, gerade beginnendes ablaufendes Wasser, vereinzelt kreischende Lachmöwen, massenhaft horstbildendes Schlickgras. Nicht einmal der Schatten der Betrachterin fällt ins Bild.
Kurz vor Helmsand, am Kronenloch.
Hier ist die Anlandung entlang der Schüttsteine am unteren Rand des Deiches sowie im rechten Winkel dazu entlang der Begrenzung des Lahnungskarrees voll im Gange.

Samstag, 6. November 2010

Unser entschattetes Hausdach

Heute um die Mittagszeit. Die Sonne steht tief, aber kein Schatten fällt auf die Südseite unseres Daches. Der Regen wollte die ganze Woche nicht aufhören, begleitet von orkanartigen Sturmböen. Ein schönes Duo. Nun trocknen allmählich die Füße. Niemand konnte draußen arbeiten.

Freitag, 5. November 2010

Die Füße der Felsenbirne

Auch die Felsenbirne hat nasse Füße. Das Efeu wächst trotzig weiter. Die halbe Garage steht ganz unter Wasser.
Die andere Hälfte ist Feuchtigkeitsresistent, von Kopf bis Fuß gefliest und zur Sauna umgebaut.

Mein persönliches Reisfeld

Das war einmal mein Gemüsebeet - jetzt ist es abgeerntet, bereinigt und überflutet. Die Steine markieren die Grenze zum Nachbargrundstück. Einen Zaun wollen weder wir noch die Nachbarn errichten, geschweige denn eine Mauer. Die Zypressen holte vor ein paar Tagen der Schornsteinfeger fürs Maifeuer in Tensbüttel ab. Die Zierrosen grub ich danach eigenhändig aus und setzte sie vor dem Haus in den Windschatten wieder ein.
Nach dem ausdauernden Starkregen der letzten Tage und Nächte steht mein Beet nun unter Wasser. Im nächsten Jahr werde ich Reis anpflanzen.

Donnerstag, 4. November 2010

Die Meldorfer Königsbäume

Auch in Meldorf stehen Bäume. Und in Meldorf werden noch Bäume gepflanzt. Jeder Bürgergildekönig ist verpflichtet, im neuen Gildetal (liegt auf unserem Heimweg, wir durchschreiten es bei jedem Wetter täglich) unter dem Sprung über die Bahn (normalerweise für Fahrräder und Fußgänger gesperrte Autobrücke über die Bahngeleise) einen Baum zu pflanzen. Die Bürgergilde ermittelt ihren König jedes Jahr aufs neue auf dem Gildefest beim Gildeadlerschießen.
Vor ein paar Tagen wurden gleich fünf Königsbäume gepflanzt, da einige der in den letzten Jahren angepflanzten im Sommer eingegangen waren.
Dokumentation vom diesjährigen Königsbaumpflanzen mit Lokalkolorit siehe hier:
http://www.meldorfer-buergergilde.de/fest2009/baum/album/slides/P1000417.html

Mittwoch, 3. November 2010

Die Schafstedter Stieleiche

Dithmarschen ist eine Insel. Dithmarschen wird von Wasser umgeben: von der Nordsee im Westen, der Elbe im Süden, dem Nordostseekanal im Osten, der Eider im Norden. Dithmarschen ist ein eher baumarmer Kreis in Schleswig-Holstein, sein westlicher Teil besteht hauptsächlich aus eingedeichtem Marschland, erst im Landesinnern (etwa mit unserem Haus) beginnt die Geest. Wald gibt es nur bei Burg und dieser Ort gilt denn auch als Luftkurort. Der älteste Baum Dithmarschens, eine knorrige Stieleiche, ist rund 350 Jahre alt und steht standsicher in Schafstedt. Nach einer umfassenden Kronenpflege im Frühjahr hat sie sich im Sommer regeneriert und ist bruchsicher. Die Krone wurde unter Einsatz von Kettensäge und Astschere entholzt, von der Last toter Äste und überschüssiger Triebe befreit. Besonders bruchgefährdete Äste befestigten die Gärtner mit Gurten am Stamm.

Dienstag, 2. November 2010

Das Heider Sauerteighaus

Unser Dithmarscher Mühlen Bäcker expandiert. Er baut ein Haus in Heide. Ein eigenes Haus nur für den Sauerteig. Sauerteigbrot, sagt der Bäcker, habe eine jahrtausendealte Tradition. Sauerteig, erklärt er, bestehe aus Mehl, Wasser, gesunden Bakterien und Hefen, die den Teig in Gärung halten müssen. Dazu braucht der Sauerteig Zeit, Ruhe und eine konstante Temperatur. Im Sauerteighaus bekommt er all das. Das Sauerteighaus hat Zimmer, Fenster und Türen und wird wie jedes bewohnte Haus im Winter beheizt. Zeit bekommt der Sauerteig unter dem Dach, Ruhe im Reiferaum, die ausgeglichene Temperatur im Thermostat.
Sauerteigbrot, sagt er Sauerteighausbauer, sei besonders gesund. Deshalb bäckt er es gerne und baut sogar ein extra Haus in Heide für den Teig. Sauerteigbrot, erklärt er, sei gut verdaulich und helfe dem Körper, die im Getreide enthaltenen Mineralstoffe wie Magnesium und Zink besser aufzunehmen.

Montag, 1. November 2010

Zurück am heimischen Herd

Am Mittag wage ich einen kurzen Spaziergang durch den Garten und wate in knöcheltiefem Laub. Ich werfe einen Blick über die Ligusterhecke auf den Bürgersteig. Nein, Laub fegen werde ich heute nicht. Dazu bin ich noch zu schwach auf den Beinen. Am Schreibtisch sitzen kann ich auch nicht. Dazu ist mein Kopf noch zu benommen. In der Küche finde ich eine Schale frischen Ingwer und drei Bioorangen. Also koche ich daraus Gelee. Schön scharf und vorsorglich gegen den nächsten Schnupfen.
Am Nachmittag kommt die Biokiste und in ihr liegt eine Steckrübe. Also gibt es Steckrübeneintopf mit Maronen: 200 g Maronen (vorgekocht), 500 g Steckrüben, 400 g Kartoffeln, 200 g Möhren, 4 Stängel Bohnenkraut, 600 ml Gemüsebrühe, Salz, Pfeffer, frischer Thymian
Ich schäle Steckrübe, Kartoffeln, Möhren und würfle alles. Das Bohnenkraut hole ich aus dem Kräuterbeet, brause es ab und schüttle es trocken. Erhitze die Brühe, koche darin Steckrüben, Kartoffeln und Möhren etwa 20 Minuten lang gar, gebe die Maronen dazu und lasse alles 5 Minuten weiter köcheln. Statt mit Mehl zu binden, dicke ich mit 1 EL Polenta ein. Schmecke mit Pfeffer und Thymian ab. Warte auf W.