Dienstag, 28. Februar 2017

April

Der letzte Februartag und Wetter wie im April. Einmal werde ich bis auf die Haut nass. Dann hänge ich Wäsche auf. Und arbeite eine Stunde in der Sonne im Garten. Sammle Hundekacke ein. Und fliehe vor dem nächsten Regenguss in die Garage. Der Briefträger bringt mir ein Paket. Der letzte Februartag und Geschenke wie zu Weihnachten.

Montag, 27. Februar 2017

Meldorfer Mahnwache

18:00 - 18:30 Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg

Es ist plötzlich warm wie im Frühling. 

Sonntag, 26. Februar 2017

Zwillingsfinsternis

Neumond. Die Februar Zwillingsfinsternis. Der Vollmond schob sich in der Nacht zum 11. Februar in den Halbschatten der Erde, was sogar über Dithmarschen zu sehen war. Und heute fällt die Antumbra des Mondes (sein Schatten jenseits des Kernschattens) auf die Erdoberfläche. Und die Menschen, die sich in diesem Teil des Mondschattens aufhalten, werden, wenn sie in den Himmel gucken, Zeugen einer ringförmigen Sonnenfinsternis. Zum Beispiel die Coyhaiquer in Chile. Die Sonne wird nicht ganz verdeckt, da sich der Mond zu weit weg vom irdischen Betrachter befindet, deshalb erscheint der äußere Rand der Sonne als feuriger Kranz.
Esoteriker und Kurpfuscher behaupten, Zwillingsfinsternisse würden/könnten große Veränderungen herbeiführen und die Menschen sollten sich genau jetzt diesen Veränderungen stellen. Denn: der Himmel ist gnädig und lenkt uns auf die richtige Bahn. Gebrochene Herzen, zum Beispiel, sollten einen Strich unter die Vergangenheit ziehen und frohen Mutes in die Zukunft blicken. Gebrochene Knochen hingegen werden gerichtet, geschraubt und eingegipst. 

Samstag, 25. Februar 2017

Mittelfinger

Der Mittelfinger hingegen ist der Stinkefinger. Digitus impudicus, wie schon die Römer sagten. Der schamlose Finger. Mit "phalloider Anmutung". Sexuell aufgeladen. Meist der längste und kräftigste. Wie kommt diese Ungleichbehandlung an unsere Hand?

Freitag, 24. Februar 2017

Meldorfer Bucht

Das Daumendrücken hat genützt. Sonne pur, ich reibe mir ungläubig die Augen, aber der Spuk verschwindet nicht. Besuch aus Berlin. Wir fahren ans Meer bei frischer Brise!

Donnerstag, 23. Februar 2017

Daumendrücken

Heute zweimal bis auf die Haut nass geworden.
Der Daumen soll magische Kräfte haben und einen Kobold symbolisieren. Man drückt ihn, bzw. die anderen Finger halten ihn fest, damit er nichts schlechtes tun kann. Die anderen, schwächeren, vier Finger packen die bösen Geister und machen sie unschädlich. Irgendwie widersinnig:
Wie so vieles, soll auch der Daumen von Plinius dem Älteren in die Welt der Schrift eingeführt worden sein, in seiner Naturalis historia (Naturgeschichte) heißt es: pollices, cum faveamus, premere etiam proverbio iubemur. Na bitte! Schon das Sprichwort fordert uns auf, den Daumen zu pressen, wenn wir jemandem geneigt sind.

Mittwoch, 22. Februar 2017

da capo

Heute wieder Regen. Und Thomas (Orkantief) im Anmarsch. Also keine Ausflüchte. Drin- und dranbleiben.

Dienstag, 21. Februar 2017

Sonne

Sonne hat den Vorteil, dass ich Wäsche im Garten aufhängen kann. Meine Wäscheleine hat die Aufgabe, mich beim Denken zu unterstützen: 
Ich suche die weibliche Form zu Halunke. Die Sprache diskriminiert. Sie ist nicht konsequent genderisiert. Gaunerin. Räuberin. Schlawinerin. Unholdin. Schurkin. Ganovin. Banditin. Verbrecherin. Gibt es alles. Aber keine Halunkerin. Oder Halunkin? Es gibt die Rotznase, und die ist selten eine Frau. Die Schweizer sagen Fötzel und der ist so wenig weiblich wie Lump oder Dreckskerl. Das Miststück hingegen hingegen tendiert eindeutig zur Feminität.
Der Duden sagt, der Halunke habe slavische Wurzeln. Komme von tschechisch "holomek" , und das war ursprünglich ein bewaffneter Amtsdiener oder Henkersknecht, meint aber eigentlich Junggeselle. Zu "holý" = bartlos, nackt. Also wäre der Halunke ein (noch) Bartloser und damit per definitionem ein Mann.
Halloren haben mit Halunken nichts zu tun und sind, wie wir bereits wissen (siehe hier: http://amwattenmeer.blogspot.de/2016/08/japsand-immer-wieder.html), Salinearbeiter in Halle an der Saale. Die Stadt Halle an der Saale aber nennt Neuzugezogene Hallunken (mit 2 l!), um sie von den üblichen Halunken (mit 1 l) zu unterscheiden. Und was ist mit den Frauen?
Die Wäsche hängt und ich kehre frohgemut an den Schreibtisch zurück.

Montag, 20. Februar 2017

Meldorfer Mahnwache

18:00 - 18:30 Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg

Kürzlich kam mir auf fb zufällig der Satz einer Frau entgegen, die ihre Nachbarin anfauchte: "Verschwinde aus meinem Leben!" Das Ausrufezeichen ist in dieser Darstellung meine persönliche literarische Note, ebenso das Verb "anfauchen" (ich hätte auch "entgegenschleudern" wählen können, das hätte sich aber stilistisch mit dem "entgegenkommen" in der ersten Satzhälfte gebissen). Auf fb kommen einem die verschiedensten Sätze zufällig entgegen, die meisten sind überflüssig und überholt, kaum kriegt man sie zu Gesicht. Der Satz "Verschwinde aus meinem Leben" hat sich in meinem Hirn festgesetzt, weil ich sowohl die Empfängerin (Hoogerin) wie auch die Senderin (Hoogerin) dieses Sprechaktes, wie die Linguisten es nennen würden, kenne. Auf einer Hallig ist es, wie allgemein bekannt, sozusagen unmöglich, jemanden aus seinem Leben zu bugsieren. Da hocken nämlich alle mitten drin. Ob gefragt oder ungefragt, erwünscht oder unerwünscht, geliebt oder ungeliebt.
Sprechakte sind komplexe Handlungen, sagen die Sprechakttheoretiker, deren einzelne Komponenten hierarchisch übereinander geschichtet sind. Um einen Sprechakt zu verstehen, sagen sie weiter, muss man erstens diese Schichten erkennen (voneinander loslösen, sezieren im medizinischen Sinne) - und zweitens sie analysieren im Hinblick auf ihre Position innerhalb der Sprechhandlung sowie im Hinblick auf ihren Inhalt, die Botschaft.
Was also will und kann uns dieser Satz mitteilen, gesprochen/geschrieben/gedacht oder bereits wieder den Papierkorb übergeben (macht kommunikationstheoretisch überhaupt keinen Unterschied!) auf Hallig Hooge: "Verschwinde aus meinem Leben"?

Sonntag, 19. Februar 2017

Regen

Regen hat den Vorteil, dass ich Regenwasser sammeln kann. Meine Regenwassertonne hat die Aufgabe, Regenwasser bereitzuhalten. Für meinen durstigen Bambus. 

Samstag, 18. Februar 2017

Selmar und Selmas Weg nach Meldorf

Selmar und Selma lassen mir keine Ruhe. Wie kamen die nach Meldorf in die gute Stube von Luise und Boie?
Nun weiß ich es: über Johann Heinrich Voss, den (fast) ebenso erfolgreichen Bräutigam im "Wartestand" wie sein Freund Heinrich Christian Boie. Voss war mit Boies Schwester Ernestine drei Jahre lang verlobt, ehe er sie ehelichte (angeblich aufgrund seiner prekären finanziellen Lage).
Klopstock schrieb seine Ode "Selmar und Selma" bei seinem Besuch im Göttinger Hain am 19. September 1774 in Vossens Bundesbuch (eine Art Stammbuch). Voss schrieb am gleichen Tag in einem Brief an Ernestine: "Klopstock hat eben in dein Buch geschrieben. Er lächelte, als ich ihn darum bat, forderte seine Oden und schlug die kleine: Selmar und Selma auf. Ich will Ihnen diese schreiben, sagte er, nicht weil sie klein ist, sondern weil ich sie gerne schreiben möchte. Der liebe Klopstock. Wie glühte mir das Gesicht, und wie schlug das Herz! Ich muss meine Freude mit dir theilen, um mich abzukühlen. "

"Selmar" ist ein Kunstname, Klopstock bildete ihn nach dem damals bekannten Frauennamen "Selma" wie Edgar oder Elmar. Er war so begeistert von seiner Namensprägung, dass er seine frühere Elegie "Daphnis und Daphne" (1748) in "Selmar und Selma" umbenannte. Inhaltlich (ein Liebespaar, das gleichzeitig zu sterben wünscht) lehnte er sich an das klassische Vorbild von Ovids "Philemon und Baucis" an, formal an die Sapphische Strophe. Voss wiederum übernahm den Namen Selma in seine eigenen Gedichte für die erträumte, dann wirkliche Geliebte, und schließlich seine Frau Ernestine. Vossens Selma-Gedichte gelten alle der Meldorferin Ernestine Boie! Der Dichter soll seine Angebetete auch im wahren Leben Selma genannt haben.

Welche Textversion Romberg vertonte, geht aus Kahls Ausführungen nicht hervor: Klopstock schrieb 1789 "über die Ode zurückgreifend" "an die Elegie von 1748" anknüpfend ein drittes "Selmar und Selma"-Gedicht als Fortsetzung des ersten: "Das Bündnis" - da war aber Luise schon drei Jahre tot und ihr geliebter Boie wieder verheiratet, mit Sarah von Hugo.

Infos und Zitate gefunden hier: http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/3250/8/Sammelmappe8.pdf

Freitag, 17. Februar 2017

Fountain pen ink

Gestern Abend im Dithmarscher Landesmuseum: zwei kleine Schreibtische auf der Bühne, beide mit Tintenfässchen, Schreibfeder und Papier ausgestattet, das eine etwas femininer als das andere. Diese Tischchen und ihr Zubehör symbolisierten zwei mit Meldorf verbundene Briefschreibende des ausgehenden 18. Jahrhunderts: Luise Justine Mejer (1746-1786) und Heinrich Christian Boie (1744-1806). Sie kämpften zehn Jahre lang um ihre Liebe, schrieben sich 815 Briefe, lebten ein Jahr verheiratet in Meldorf zusammen bis Luise, immerhin schon vierzig Jahre alt, bei der Geburt des ersten Kindes mit diesem zusammen in ihrem Leibe starb. Lohnte es sich?
Für die Nachwelt sicherlich ja. Die Vorstellung der Neuausgabe der Briefe, als Lesung angekündigt unter dem Titel "Wenn es nicht Liebe war ...", war leider etwas Editorinnenlastig. Ich hätte gerne mehr von den in Liebe und Zweifel um Unabhängigkeit, Freiheit und Freundschaft Ringenden gehört und weniger von den Recherchierenden und Ordnenden. Herzzerreißend die Musikeinlagen! Opernduett. Nach einer Elegie von Klopstock, Selma und Selmar (1766). Vertont von Andreas Romberg. Klopstock schrieb die Ode, selbst untröstlich, nach dem Verlust seiner ersten Frau Margareta (1758, bei einer Totgeburt!). Dieses Duett sollen Luise und Boie (sie nannte ihn in den Briefen ausschließlich mit dem Nachnamen) über alles gern gehört haben. Ja, auch die Geschichte der Tränen wiederholt sich.
Lohnte es sich? Diese 815 mit fountain pen ink auf kleine Zettel geschriebenen und nun in 4 dicken Bänden abgedruckten, kommentierten, sortierten Briefe heute zu kaufen?

Donnerstag, 16. Februar 2017

Streifenlos

Der Himmel zieht sich bereits wieder zu. Nach einem klassisch seelentröstenden Sonnenaufgang, tritt ein, was die Wetterpäpste seit Tagen verkünden: Regen! Gestern im Überschwang und Taumel einer Überdosis Licht, Sonne, Salz, Jod, Magnesium und anderer Spurenelemente (dieser Mix heißt "Brandungsaerosol" - wirkt aber auch bei trockengefallenem Watt), eingehandelt durch einen langen Spaziergang am Deich an der Meldorfer Bucht, putzte ich sämtliche Fenster des Hauses im Erdgeschoss von außen. Trick einer Fachfrau. Läufst mit dem Eimer ums Haus herum und schwupps haste die zehn Fenster sauber. Von innen brauchste nur halb so oft zu putzen. In die beiden überdimensionierten Wohnzimmerfenster krachen bereits wieder die liebestollen Meisen, Krähen, Tauben und ich weiß nicht was. Die Abdrücke der Flügel und deren Spannbreite jedenfalls sind beeindruckend. Gestern kurz vor Sonnenuntergang entfernte ich also sämtliche Balztaumelspuren. Streifenlos. Und heute wird die Sonne, kaum ist sie aufgegangen, bald hinter Regenwolken verschwinden.

Mittwoch, 15. Februar 2017

Herzlos

Und dasselbe übersetzt ins "Schrift-" oder "Hochdeutsche":

"Wo kämen wir hin,
wenn alle sagten,
wo kämen wir hin,
und keiner ginge,
um zu sehen,
wohin wir kämen,
wenn wir gingen." (Kurt Marti)

Klingt leider ziemlich reim- und herzlos.

Dienstag, 14. Februar 2017

"Wo chiemte mer hi ..."

Zum Valentinstag ein bisschen swissness, bzw. Bärner Umgangsschprach - zum Andenken an Kurt Marti, der am Samstag im Alter von 96 Jahren gestorben ist.

"Wo chiemte mer hi
wenn alli seite
wo chiemte mer hi
und niemer giengti
fur einisch z'luege
wohi dass me chiem
we me gieng."


Kurt Marti (1921-2017)

Montag, 13. Februar 2017

Meldorfer Mahnwache

18:00 - 18:30 Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg

Kürzlicher war wieder ein erschreckender Bericht irgendwo zu lesen über die Spätfolgen der Fukushima-Katastrophe. Dass man ganz Tokyo evakuieren müsste, halb Japan entvölkern ...
Ich verzichte darauf, am Montag, dem Dreizehnten solche links hier anzubieten und bereite mich auf unsere Chorprobe vor. Die Entdeckung des Tages: der Este Urmas Sisask. Wenn ich sein "Sanctus" - Püha, püha, püha on Issand ..." - höre, bekomme ich große Lust, estnisch zu lernen!


Sonntag, 12. Februar 2017

Eis

Das ist unsere Zukunft: Umwelt-Migration. Das wird sich noch manch einer der Neuen Herren der Welt wundern!
"Es wird sehr viele Nomaden geben. Reiche Nomaden, die mit allen möglichen Geräten ausgestattet sind ... und die immer vernetzt sind ... Und arme Nomaden, die gezwungen sind, umherzuziehen, einfach um zu überleben. Das werden drei bis vier Milliarden sein."
Zitiert nach: http://www.ndr.de/info/sendungen/das_feature/Eis,sendung598996.html

Samstag, 11. Februar 2017

Halbschattenvollmondfinsternis

Heute Nacht war eine Halbschattenvollmondfinsternis. Über Dithmarschen sogar zu sehen, zwischen 1 und 2 Uhr morgens schob sich der Mond für eine knappe halbe Stunde komplett in den Halbschattenkegel der Erde. Manche haben das fotografisch festgehalten, zum Beweis wie klar der Himmel war und wie dunkel die Nordkalotte des Vollmondes. Ich habe geschlafen und lese zum Frühstück, dass Naturvölker den Februarvollmond "Schneemond" nannten. Weil im Februar viel Schnee auf der Erde (na ja, auf manchen Teilen, in manchen Jahren - also: um welche Naturvölker geht es in der Zeitung von heute?) liegt - oder weil der Mond im Februar weiß wie Schnee leuchtet?
Die Astrologen der Daily Mail hingegen berichtet, dass der Februar 2017 aufgrund einer "Zwillingsfinsternis" unser Leben verändern werde ("twin eclipse will change your life ..."). Mehr dazu später, anlässlich der ringförmigen Sonnenfinsternis zum Februarneumond. Ja, das Leben geht kontinuierlich in allen Sphären weiter.

Freitag, 10. Februar 2017

Schlüsselstelle

Die Schlüsselstelle aber ist die alles entscheidende und schwierigste. Im Volksmund altertümlich auch Crux oder Krux, denn es kommt ja vom Kreuz. Die Krux einer Sache oder man hat sein Kreuz mit ihr (der Sache) oder ihm (dem Leben). Bei den Bergsteigern gilt die Schlüsselstelle als die schwierigste Stelle, zum Beispiel die Drahtseilfurggel am Ruchen, ein gefährlicher Bröselgrat. Ist man darüber hinweg, kann man endlich wieder lachen. Da ich mich an solchen Orten nur noch literarisch aufhalte, betrifft mich persönlich weder der Angstschweiß noch die überbordende Erleichterung. Ich gehe mit Schlüsselstellen souverän und rechtschreiblich korrekt um.

Donnerstag, 9. Februar 2017

Schlüsselarten

Violinschlüssel, Hausschlüssel, Briefkastenschlüssel, Bassschlüssel, Notenschlüssel, Schlüsselbein, Schlüsselband, Schlüsselbart, Schlüsselloch, Schlüsseldienst, Schlüsselbund, Schlüsseletui, Schlüsselkind, Schlüsseltasche, Ersatzschlüssel, Nachschlüssel, Generalschlüssel, Schlüsselszene, Schlüsselposition, Schlüsselanhänger, Schraubenschlüssel, Gabelschlüssel, Innensechskantschlüssel = Inbusschlüssel, Schlüsselbegriff, Schlüsselerlebnis, Schlüsselbrett, Schlüsselgewalt, Winkelschlüsselsatz, Schlüsselfigur, Schlüsselbeinbruch, Schlüsselhals, Kellerschlüssel, Schlüsselreiz, Schlüsselwort, Schlüsselroman und Schlüsselübergabe!

Mittwoch, 8. Februar 2017

Schlüsselart

Jede Katastrophe zieht ihre Kreise. Sie betrifft nie nur eine Sache. Die Schlüsselart, die ein ganzes, fragiles, zittriges Ökosystem durcheinander bringen kann, ist im Falle der Elbvertiefung der Stint. Kommt die wie geplant, soll der Aushub in die Medemrinne gekippt werden. Dadurch versanden wahrscheinlich die Prielarme und die Stinte können nicht mehr an den Neufelderkoog heranschwimmen, wo die letzten 36 Paare Lachseeschwalben Deutschlands leben. Die brauchen das Flachwasser der Priele zum Jagen, weil sie nicht tief tauchen können. Und die ernähren sich und ihren Nachwuchs zu 99% von Stinten. Verschwindet der Stint, verhungern die Lachseeschwalben. Und Hamburg hat seinen Hafen.

Dienstag, 7. Februar 2017

Rote Emma

Mit Siebenmeilenstiefel, schien mir, könnten wir in den  Dithmarscher Frühling einmarschieren. Aber Frost. Und schniefende Nase. Steifer Wind von Ost. Ich halt mich still und koche zum Mittag Rote Emmalie. Früher hieß sie Rote Emma, aber das wirkt zu verstaubt. Für eine "mittelfrühe, rotfleischige Kartoffel". Längliche Knolle. Würziger Geschmack. Das Auge kneift, und muss dann doch dem Gaumen Recht geben, dass das, was rot aus der Pfanne kommt, wie eine angenehme und überraschend gute Kartoffel schmeckt! Das Ohr, das gesunde, meckert über die Emaille.

Montag, 6. Februar 2017

Meldorfer Mahnwache

Mit dem sechsten Schritt gelangen wir heute nach Sonnenuntergang auf die Agora (ἀγορά) - alles Wesentliche im Leben geschieht unter freiem Himmel:
18:00 - 18:30 Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg

Sonntag, 5. Februar 2017

Der Losbäcker aus dem Fölmliland

Holger war mein Nachbar auf Ockenswarft. Einer der freundlichsten Menschen auf der Hallig. Jedenfalls habe ich nie ein schlechtes Wort von ihm gehört. Der fünfte Schritt führt nun trotzdem vom Wattenmeer weg ins Napfbergland zu meinen Fölmlis. Zur Schuhmacherin, deren Geschichte eng mit dem Menznauer Pfisterbäcker verbunden ist. Ihr Großvater eröffnete nämlich über der Backstube seine erste Werkstatt, und gründetet dort aller Widrigkeiten zum Trotz (böser Hund auf der Treppe!) seine junge Familie. Der Stammhalter kam im Pfisterhaus zur Welt und muss beim ersten Atemzug nebst Leder auch frisch gebackenes Brot gerochen haben! Und ohne diesen Stammhalter wäre sie, die amtierende Schuhmacherin, nicht heute vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert selbst geboren worden. Also herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag ins Fölmliland! Ich bin nun literarisch bereits auf dem Weg zum Joldelunder Biobäcker und da ist mir vorhin beim Aufwachen wieder in den Sinn gekommen, dass ein Spross der Fölmlis damals beim Pfisterbäcker in die Lehre ging und sich später in Frankreich zum Losbäcker weiterbilden ließ.

Samstag, 4. Februar 2017

La chevalerie Ogier de Danemarche

Ich versuche, hinter der Nebelbank den Sonnenaufgang am Landsende zu erahnen. Das gelingt. Die Imagination ist immer stärker und bringt buntere Bilder hervor, als ein grauer Februartag. Und der wird tatsächlich hell! Das Wasser ist auch da, aber ich habe kein Handtuch. Und kapituliere. De Holger Kark ist geschlossen, obwohl das Kirchenbüro seit Monaten regelmäßig in mails für die neue Kirche wirbt. Ich besuche also die 18-tägige Nina! Sie ist hellwach und neugierig. Dann gehe ich zurück auf die Hilligenlei und lasse mich mit dem ablaufenden Wasser aufs Festland bringen.
Eine Feuerhähnin hält etwas auf das geschriebene Wort. Deswegen geht sie De Holger Kark auf den Grund. Der vierte Schritt führt in die Literatur. Erst im 15. Jahrhundert erlangte Holger Heldenstatus in dänischen Volksepen. Auf dem Umweg über die französische Literatur und mit einer Verspätung von etwa 300 Jahren. Le chevalerie Ogier de Danemarsche von Raimbert de Paris gilt als "poème du XII siècle". Und im 20. Jahrhundert nannten auch deutsche Eltern ihre Söhne Holger, vielleicht, nachdem der "Holger Danske" endlich ein würdiges Alter von etwa 500 Jahren erreicht hat.

Freitag, 3. Februar 2017

Stockdunkle Nacht

Der dritte Schritt führt übers Wasser. Ich setze auf der Hilligenlei nach Hooge über, um die neue Kirche, De Holger Kark zu sehen. Ich treffe aufgrund des Winterfahrplans erst bei Nacht und Nebel ein. Und wundere mich: so stockdunkel ist eine Nacht ohne künstliches Licht. So schnell vergisst das Hirn.

Donnerstag, 2. Februar 2017

Der Heilige Hoger

Der zweite Schritt führt in die Geschichte. Der heilige Hoger, eingedeutscht Holger, war ein frommer Mönch in der Benediktinerabtei von Corvey bei Höxter (heute Weltkulturerbe!). Als der Hamburger Erzbischof Adalgard Hilfe brauchte, wurde Hoger ihm als Koadjutor zur Seite gestellt. Nach Adalgards Ableben übernahm Hoger die Amtsgeschäfte ganz und war von 909 bis 915 Erzbischof von Hamburg und Bischof von Bremen. Hoger achtete streng auf die Einhaltung der kirchlichen Ordnung und Lehre, und besuchte regelmäßig die Klöster seiner Diözese. Seiner Jurisdiktion unterstanden auch die Bistümer der nordischen Länder sowie die Slawenstämme zwischen Peene und Eider. Während der letzten Jahre seines Lebens hatte das Land sehr unter den Däneneinfällen zu leiden. Hoger starb am 20. Dezember 916 und wurde im Bremer Dom bestattet. Dort kann man seine Reliquien bis heute verehren. Die katholische Kirche feiert sein Gedächtnis am Todestag, am 20. Dezember.

Mittwoch, 1. Februar 2017

flip-flops

Nach den Ohrenwärmern die Zehentrenner - flip-flops sind eine in Deutschland geschützte Marke für eine nur aus billigem Kunststoff und simpel zusammengebaute Fußbekleidung, die beim Gehen entsprechende flip- und flop-Geräusche macht, also einen onomatopoetischen Namen trägt und eine Untergruppe aller auf dem Markt erhältlichen Zehenstegsandalen bildet. Uff! Der erste Schritt in den Frühling wäre geschafft!