Samstag, 31. Oktober 2015

Die Kehrseite

Kommt die Kehrseite von kehren? Kehren, fegen, saubermachen? Ausfegen, wegkehren, durchfegen, aufkehren, abkehren? Die Kehrseite der Medaille sieht wie immer weniger vorzeigbar aus.

Freitag, 30. Oktober 2015

Radikalschnitt

Was sein muss muss sein. Efeu muss von Zeit zu Zeit radikal zurückgeschnitten werden. Vor allem, wenn der Garten ein Jahr lang auf sich selbst gestellt ist.

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Wartung

Auch die Heizungen werden durchgecheckt vor meinem Exodus. Was sein muss, muss sein. Die Raben fressen die letzten Äpfel vom Baum. Sie sind so gierig und so aggressiv, dass die Amseln es vorziehen, hungrig aus sicherer Entfernung zuzugucken.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Die innere Heimat

Gestern war Vollmond und heute geht er so auf. Vor einem Monat war der Blutmond fast nirgends zu sehen im Norden. Und die Vollmondfreaks fragen sich, ob wir wandern müssen, um anzukommen? Der Mond wandert, aber kommt er an? Hat er ein Ziel? Eine innere Heimat? Ich glaube nicht an den Zauber der irdischen Himmelsbeobachter.

Dienstag, 27. Oktober 2015

Ostwind

Ich lasse mich durch und durch durchchecken vor meinem Exodus. Ostwind, sagt die Arzthelferin, die mir Blut abnimmt. Ostwind und kalt. Aber Ostwind, deshalb sei heute ihr Arbeitsweg kürzer als sonst gewesen.

Sonntag, 25. Oktober 2015

Der erste Wintertag

Ich schneide das Vogelhäuschen frei. Statt Kirche. Denk ich an Hooge am Sonntag ... Ich kenne keinen Ort auf der Welt, an dem es so viele Kirchgänger gibt. Es gibt keinen anderen Ort auf der Welt, an dem sich sonntags sämtliche Bewohner, und im Sommer noch die Feriengäste, in der Kirche versammeln. Nur auf Hooge führen alle Wege auf die Kirchwarft. Nur bei landunter ist sie nicht erreichbar. Da ich nicht auf der Hallig bin, tue ich etwas für die Vögel. Und schneide schon am Vormittag das Futterhäuschen frei. Für den Winter.
Und das bleibt übrig:
 

Samstag, 24. Oktober 2015

Der letzte Sommertag

Das Fieber vor dem Herbst. Vor dem Winter. Die plötzlich aufgeflammte Arbeitswut. Das Sonnenlicht hat sich längst vom Himmel verabschiedet und wir schneiden, fegen, kehren immer noch. Morgen ist alles zu spät.

Freitag, 23. Oktober 2015

Ernte

Die Ernte kommt spät, aber heftig. Innerhalb von zwei Tagen fällt mir alles, was fallen kann, auf den Kopf. Wie ein Hagelsturm. Oder Gewitterregen. Der Baum ist klug. Er hat eine Vorstellung von Zeit und Raum. Bis zum ersten Frost ist es nicht mehr weit. Also müssen die Früchte schnellstens abgeworfen werden.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Halliggefühl

Ein Versuch, die Sehnsucht zu stillen: Ausflug nach Friedrichskoog Spitze und Marsch über den Trischendamm. Darüber - auf dem "sturmflutsicheren Leitdamm" sollte, nach den Plänen der Erbauer, irgendwann die Vogelinsel Trischen zu Fuß vom Festland erreicht werden können. Sie kapitulierten gottseidank nach 2,2 km. Mittelplate steht in monströser Nähe, trotz Nebel. Kein Halliggefühl kommt auf. Nur Hunger. Und die Sohle am linken silbernen Schuh löst sich auf dem Rückweg. Ein eindeutiges Zeichen von Abnützung!

Dienstag, 20. Oktober 2015

Sinnleere

Ich denke den halben Tag über die Bedeutung einer Zahl nach, der ich einen Text unterordne. Bis ich verstehe, dass die Zahl keine Bedeutung, nur eine Funktion hat. Die der Begrenzung. Auch das ist wichtig. Der fehlende tiefere Sinn. Der bloße Einfall. Die absichtslose Eingebung. Eine beliebige Zahl, harmonisch, ausgeglichen im Ungleichgewicht, die irgendwann vor langer Zeit wahrscheinlich zufällig aus dem Universum kam und über meine Tastatur spazierte. Auch der Zufall hat seine Daseinsberechtigung.
Und dann lese ich, dass in der christlichen Ikonographie den Zahlen 3 (Dreieck, Symbol für Gottheit, Dreifaltigkeit, drei Tugenden Glaube Hoffnung Liebe ...); 8 (Oktogon, achteckiges Taufbecken, Ausdruck der Vollendung; es gibt acht Töne im gregorianischen Choral; der 8. Tag gilt als Beginn der neuen Schöpfung; Jesus ist einen Tag nach Sabbat, am 7. Tag auferstanden und am 8. Tag nach Ostern dem ungläubigen Thomas erschienen ...) und 12 (Monate, Apostel, Säulen im Chor gotischer Kathedralen ...) eine besondere Bedeutung zukommt.
Zwölf ist in meiner literarisch strukturierenden Zahl enthalten. Zwölf, lese ich weiter, bestimmt in der Offenbarung die himmlische Stadt: sie hat 12 Tore, 12 x 12 Ellen sind die Mauern hoch, in denen sich 12 Edelsteine befinden, die Länge einer Seite beträgt 12.000 Stadien. Zwölf mal zwölf bedeutet größte Fülle und Vollendung; zwölf mal zwölftausend hingegen Riesengroß. Zwölf mal zwölftausend soll die Summe der in den Himmel Aufgenommenen sein ...
Mathematisch hingegen hat meine Zahl die Besonderheit, dass sie in zwei Reihen des großen Einmaleins vorkommt. Und sie ist die "kleinste positive natürliche Zahl, deren fünfte Potenz sich als Summe von vier fünften Potenzen positiver natürlicher Zahlen schreiben lässt". Na bitte!
Ich aber reduziere mein handwerkliches Selbstverständnis abseits von jeder Wissenschaft auf einen spontanen und sinnentleerten Tastengriff.

Montag, 19. Oktober 2015

233. Mahnwache in Meldorf

18:00 - 18:30 Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg.

Sonne. Endlich wieder einmal Sonne in Meldorf. Zeit für Wäsche.

Sonntag, 18. Oktober 2015

Muskelkater

Muskelkater und Osterhase zum Frühstück vor dem Fenster. Er ist scheu
und verschwindet, als ich ihn fotografieren will. Ich sammle die reifen Maronen ein. Muss mich kaum bücken. Noch kann ich sie an einer Hand abzählen.

Samstag, 17. Oktober 2015

Gartenarbeit

Ich fange an den Rändern an. Säubere zuerst die eine Auffahrt, die Bambusallee. Dann die andere, die Brombeerhecke. Die Kletterrosen hängen schwer über dem zerbrochenen Gerüst und lassen sich vom Herbst wenig anmerken. Genauso die Rosen im Rosenbeet, die plötzlich fast zwei Meter in den Himmel schießen und Knospen über Knospen hervortreiben. Ich schneide mir den Zugang zu meinem Thermokompost wieder frei. Die grüne Tonne quillt schon wieder über. Ich lege mir Haufen über Haufen an. Bis die Nässe mich ins Haus jagt.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Bahnhof

Von Norden kommend ist es derzeit nicht einfach, in Meldorf aus dem Zug zu steigen. Man landet auch mit Sonntagsschuhen tagsüber leider im Dreck. Auf einer Sandburg. Nachts, wenn am alten Bahnsteig gearbeitet wird, damit wir in Zukunft ebenerdig, barrierefrei und trockenen Fußes in die Stadt gelangen können, halten die Züge nun freundlicherweise auf dem gegenüberliegenden neuen Bahnsteig. Dadurch wird mein Heimweg in der Dunkelheit sauberer, sicherer und kürzer. Verkehrte Welt.

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Oobenkoater

Oobenkoater oder Omskoter, angeblich Dithmarscher Nationalgericht, hochdeutsch höflich: "Ofenkater". Rechtschreibung ist Ansichtssache und Tierliebe reines Glück. Auch Phonetik kann aufs Glatteis führen. Ich höre bei dem Wort, von dem niemand sicher sagen kann, wie man es richtig schreibt, eher einen "Kutter", denn einen Kater.
Wie auch immer. Ich muss die frisch geernteten Früchte meines Gartens verwerten und suche ein altes Dithmarscher Rezept. Für meine Nashi Kosui. Das sind Birnen, obwohl sie aussehen wie Äpfel. Sie gedeihen in Meldorf, obwohl der Name eher nach Japan verweist. Das Fasten darf in außerordentlichen Fällen gebrochen werden. Mein Ofenkater schnurrt seltsamerweise auch mit Stachelbeeren oder Johannisbeeren, ja sogar mit Erdbeeren. Obwohl er in einem Pelzmantel steckt und Wärme von innen verspricht. Der Ofenkater besteht eigentlich aus einem süß-fetten Birnen-Speck-Teig. So etwas kann man nur bei Nebel essen. Ich laufe vor Ladenschluss zum Schlachter. Zum ersten Mal in meinem Meldorfer Leben. Es soll auch eine nordfriesische Variante geben. Mit Hefeteig. Aber das ist nicht verbürgt. Vielleicht sind mittlerweile auch Jahreszeiten - wie die Himmelsrichtungen - relativ geworden und Fruchtfolgen Glückssache. Meinen Birnen werde ich mit Ingwer einheizen.

Dienstag, 13. Oktober 2015

Krone

Mein Meldorfer Zahnarzt zementiert die Krone wieder ein. Das Kaugefühl links ist ungewohnt. Ich vermeide es. Esse den ganzen Tag nichts. Backe Kuchen aus Äpfeln, die meine Amseln vorgekostet haben. Ich ernte die Birnen, meine japanischen Apfelbirnen. Manche sind fast Fußballgroß. Die rote Beete hingegen höchstens Tennisballgroß. Das Gemüsebeet gibt nichts her. Ich habe darauf fast nur Gründünger wachsen lassen in diesem Sommer. Vor der Post, vor der Praxis, vor dem Amt, dem Schuhladen, der Apotheke, dem Bäcker - überall lasse ich mein Fahrrad stehen, ohne es anzuschließen. Ich habe die Tendenz, jeden Menschen, der mir begegnet, zu grüßen und zu duzen. Ich bin Halligkrank und könnte, da die Krone wieder fest sitzt, eigentlich schnurstracks zurückfahren.

Montag, 12. Oktober 2015

232. Mahnwache in Meldorf

18:00 - 18:30 Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg.

Und ich auf dem Weg zur Mozartprobe nach Heide. Mit Mütze, Schal und Handschuhen. Es ist bitterkalt geworden.

Sonntag, 11. Oktober 2015

Stacheln

Sonntag in Meldorf. Ein Hase hockt zum Frühstück malerisch unter dem Apfelbaum, als ob schon Ostern wäre. Es ist Herbst und er vertilgt zusammen mit den Amseln mein Fallobst. Ich widme mich stillen Beschäftigungen. Sammle gebückt das Stachelige, die leeren Kapseln unter dem Kastanienbaum ein. Eimerweise. Stundenlang. Zur Entlastung meines Kreuzes versuche ich zwischendurch, die roten Äpfel vom Baum zu holen. Amseln haben im Gegensatz zu Hasen den Vorteil, dass sie auch von den saftigsten Früchte oben am Baum kosten können. Jeder zweite Apfel ist angepickt. Die Raben hingegen lassen sich nicht blicken. Zeigen mir und dem Maronenbaum die kalte Schulter. Sie haben kein Interesse an Ungenießbarem. Die Nüsse werden in diesem Jahr nicht mehr reif. Ich zahle für alles. Für jedes der siebenhundertneunundvierzig Worte plus das eine oben auf. Für meine öffentlich vorgetragene Klage über die Maronenschwemme vom letzten Jahr.
Welches das wichtigste, das 750. Wort sei, wurde ich gefragt. Ich weiss es nicht. Für mich sind sie alle gleichberechtigt.

Samstag, 10. Oktober 2015

Lärm

Samstag in Meldorf. Ich lärme mit dem Rasenmäher. Der Motor stöhnt. Das Gras ist zu hoch. Zu feucht. Der Akku ständig leer. Ich lege eine Pause nach der anderen ein.
Natürlich ist Lärm unerträglich. Aber auch relativ. Besonders nach vier Wochen Hallig. Es wurde beanstandet, dass ich auch Gänse "lärmen" lasse. Wie meinen durch das Laub stotternden Rasenmäher. Natürlich "schnattern" Gänse im Märchen oder im Duden. Aber ich bin keine Märchentante und kein Wörterbuch.
Sondern eine passionierte Kaltwasserschwimmerin. Ich hege und pflege meinen höchstpersönlichen eigenen und eigensinnigen Wortschatz. Der akustische Vorhang bei meinem herbstlichen Bad in der Nordsee an meinem Lieblingsstrand auf Hooge ähnelte in den letzten Tagen dem Rauschen aus der Kindheit, wenn wir auf einer Autobahnbrücke standen und uns die Eltern das Staunen über die Neuerungen der Technik vorführten.

Freitag, 9. Oktober 2015

Siebenhundertneunundvierzig und ein Wort


Das Ankommen in Meldorf besorgen andere für mich. Ich lade herzlich ein zur heutigen Meldorfer Literaturnacht und zitiere:

"Wie kann man 750 Jahre Meldorf würdigen und feiern? Man bräuchte eigentlich 750 Jahre dafür. „Siebenhundertneunundvierzig und ein Wort“ ist der literarische Beitrag zum Stadtjubiläum.
Die Meldorfer Bürgermeisterin Anke Cornelius-Heide hatte die wunderbare Idee, bekannte Schriftsteller und Schriftstellerinnen zu bitten, die 750 Jahre in siebenhundertfünfzig Worten darzustellen.
So wurden namhafte dithmarscher Autorinnen eingeladen, exklusiv für das Stadtjubiläum Geschichten aus siebenhundertneunundvierzig und einem Wort für oder über Meldorf zu schreiben.
Entstanden sind neben Geschichten auch Essays und ein Sonett.

Diese werden heute abend ab 20°° Uhr in der Ditmarsia Meldorf von ihren Autorinnen vorgestellt.
Es lesen u.a. Heiner Egge, Judith Arlt, Kirsten Hansen, Manfred Schlüter und Werner Wichern. Zu hören gibt es unter anderem eine Meldorfwoche, einen Besuch von Martin Luserke und einen Schreiber auf der Suche nach dem ersten von 750 Wörtern und was es mit einer Meldorfer Edelkastanie auf sich hat.

Durch die Literaturnacht führen Boris Guckelsberger und Uwe Eschner mit ihren Gitarren.

Veranstalter des Abends sind: die Meldorfer Stadtbücherei, das Unternehmen Leselust, Meldorfer Literaturfreunde und der Peter Panter Buchladen."

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Der letzte Gang

Wieder ein letzter Tag auf Hooge. Ich gehe noch einmal in mich und versuche die Hallig zu umrunden. Diesmal entgegen dem Uhrzeigersinn. Ich starte am Anleger und kapituliere an meiner Lieblingsbadestelle. Bis auf die Haut nass mit triefenden Schuhen biege ich vom grünen Deich ab Richtung Hanswarft, direkt auf die Feuerwehr zu. Ich bin über Nacht geheilt und vielleicht über den Mittag wieder krank geworden. Den Rest des Tages verbringe ich damit, meine besten Schuhe zu trocknen, mein Wiederkommen als Halligschreiberin zu organisieren, meine Habseligkeiten einzulagern, die kärglichen Überbleibsel einzupacken. Ich werde die Hallig mit einem leeren Koffer und einem vollen Kopf verlassen. Ich verabschiede mich und versöhne mich mit dem Schicksal, das mich nur vorübergehend aus dem Paradies auf Erden vertreibt. Vor dem Eindunkeln beenden wir die letzte Muschelkalkkosmetik an den Nahtstellen am Steinsarg und entrichten einen letzten Dank in der Kirche. Ade!

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Holz

Stein schwimmt nicht, Holz hingegen schon. Mein letzter Arbeitstag. Nicht mein letzter Halligtag. Nach Dienstschluss wasche ich meine roten Dienstklamotten und pflege dann den vorauseilenden Abschiedsschmerz allein im Bett. Eine beginnende Erkältung. Der Krankenpfleger verweigert Aspirin und empfiehlt Hausmittel. Heiße Zitrone und Kamillendampfbad. Ich laufe noch einmal zum Kaufmann. Ich lese endlich die abenteuerliche Geschichte des Gestrandeten zu Ende. Des am Holz Gekreuzigten. Und als Strandgut Angeschwemmten. Die Geschichte des angeblich ältesten Kunstwerks der Halligkirche, verbrämt mit einer lauen Liebesgeschichte. Ich schlafe den Schlaf der Gerechten.

Dienstag, 6. Oktober 2015

Friesenkirche

Ich wurde gebeten, die Angaben zu Halligkirche zu berichtigen. Steine schwimmen nicht. Angeschwemmt wurden nur wenige Holzteile. So die vier Eichenpfähle des Glockenstuhls, der am Eingang zum Friedhof steht (die Glocke ist auf B gestimmt, aber dies nur in Klammern). Sowie das älteste Kunstwerk in der Kirche, das Kruzifix, das an der Südwand hängt. Es wurde nach der Sturmflut von 1825 gefunden.
Die Halligkirche wurde von 1637 bis 1642 gebaut. Die Hooger holten sich das Baumaterial von den auf Alt-Nordstrand durch die Sturmflut von 1634 zerstörten Kirchen. Die Kircheneinrichtung stammt zum größten Teil aus der Kirche von Osterwohld, die erst 1624 fertiggestellt und deren Gemeinde zehn Jahre später Opfer der Sturmflut wurde. Deshalb sind Teile des Inventars der Hooge Kirche älter, als die Kirche selbst. So das Gestühl mit den 26 geschnitzten Wangen, das Taufbecken (laut Inschrift eine Stiftung der Grafen von Schwerin und von der Schulenburch) und die Kanzel. Jünger ist die Walfischtür zur Kanzel. Sie stammt aus dem Jahre 1743 und erinnert an eine Zeit des relativen Wohlstands auf Hooge, als die meisten Männer auf holländischen Schiffen zum Walfischfang fuhren. Sowie der Altar aus dem Jahr 1857, der ursprünglich in Klanxbüll stand und 1931 nach Hooge kam. Die Orgel wurde im Dezember (zu Weihnachten) 1959 eingebaut. Es herrschte damals starker Eisgang und die Teile kamen aus der Luft per Hubschrauber.

Montag, 5. Oktober 2015

231. Mahnwache in Meldorf

18:00 - 18:30 Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg.

Auf Hooge Morgennebel und Graugänse. Sie lärmen Tag und Nacht, fressen ununterbrochen.

Sonntag, 4. Oktober 2015

Erntedank

Erntedank auf der Hallig, Heu- und Blumenkranz in der Kirche sovie viele andere kleinere und größere Gaben. Mir fällt die einzige Krone, die ich im Mund habe, heraus. Die nächste Zahnarztpraxis befindet sich auf Amrum, aber auch die ist Sonn- und Feiertags geschlossen. Es kann an der Seeluft liegen, dass gewisse chemische Prozesse im Körper in Gang gesetzt werden, die zum Beispiel Kronenkleber auflösen. Auf der anderen Seite kauen - lautet die pragmatische Empfehlung unseres Krankenpflegers.Und ich verteile meinen Kuchen an die Feuerwehrleute und die Besatzung des gelben Hubschraubers, der bei schönstem Wetter während der Predigt auf der Hanswarft gelandet ist.

Samstag, 3. Oktober 2015

Nebel

G. reist mit der Morgenfähre ab. Jetzt sind wir nur noch zu zweit in der HgK-Wohnung. M. läuft durchs Watt nach Norderoog. Der Vogelwart war kurz auf dem Festland und beeilt sich nun, bei Niedrigwasser wieder seine sichere Hütte auf Pfählen zu erreichen. Unterwegs verliert er ein Brot. Das kann passieren und ist nicht weiter schlimm. Wir sehen die Hand nicht vor den Augen am Anleger. Geschweige denn die Fähre oder die Adler Express in der Fahrrinne. Nicht einmal die Backenswarft oder die Straße, die dorthin führt. Vom Hallighus ganz zu schweigen. Der Hubschrauber kann nicht fliegen, also kommt der Seenotrettungskreuzer. Für den Notfall, der auf der Hallig immer zur falschen Zeit auftritt.

Freitag, 2. Oktober 2015

Stein

Mutter findet ihre letzte Ruhe in Liestal und ich verbringe den halben Tag auf dem Halligfriedhof. Die Internetseite der Halligkirche begrüßt die Besucher mit dem Satz: "Wenn es Gott auf Erden gibt, dann wohnt er auf Hallig Hooge!" In Wirklichkeit ist es warm wie im Frühling und hinter der Kirche, windgeschützt und unter der Warftkante, begreife ich den Unterschied von virtueller und nicht-virtueller Welt: "Wenn es ein Paradies auf Erden gibt, dann auf Hallig Hooge!"

Wir reparieren einen etwa Tausend Jahre alten Steinsarg. Die eine Seitenwand ist herausgefallen und in zwei ungleiche Teile zerbrochen. Der Stein ist schwer. Verwittert, grünlich, auf den Liegeflächen bräunlich. Er wurde sicherlich irgendwann freigespült. Als Ganzes oder in den zwei ungleichen Hälften. Die halbe Kirche kam irgendwann in Einzelteilen auf die Hallig, durchs Watt geschleppt von Frauen. Nach der großen Mandränke ließen sich die Menschen, die es sich leisten konnten, in Steinsärgen begraben. Sie hofften, so nicht von der nächsten Sturmflut aufgeweckt zu werden - und wurden es doch. Die Steinsärge, die nicht auf dem Halligfriedhof stehen, werden als Viehtränke genutzt. Auch daran ist nichts verwerfliches. Die Deckel sind nicht mehr aufzufinden. Die wurden anderweitig recycled, als Geh- oder Fahrwegplatten.
Die Pastorin begleitet unser Tun sowie ein Tourist. Sie betet, er naseweist. Wir verkleben die Bruchstellen mit Fugenkleber. Morgen, wenn er trocken und hart ist, füllen wir die übriggebliebenen Leerstellen mit Muschelkalk. Wir arbeiten konzentriert und routiniert, ein eingespieltes Team, als hätten wir in unserem ganzen Leben nie etwas anderes getan.

http://halligkirche.de/de/content/halligkirche.html

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Raster

Zum Monatsanfang putzen wir die Glasscheiben am Anleger. Wir sind zuversichtlich, dass bis zum Feiertagswochenende kein Regen fällt. Denn Regen macht unsere Arbeit sofort wieder zunichte.
B., mein Freund und Architekt in Krakau, sammelt Rasterbilder. Nun habe ich auch eines. Für ihn und für mich. Ausgerechnet von der Hallig! Wer hätte gedacht, dass auch hier die Welt geometrisch klar erscheint. Im geradlinigen Spiel von Licht und Schatten. Raster sind vielleicht geeignet, unser Denken zu strukturieren. Muster und Schablonen zu formen. Und Schubladen mit diversem Kram, Sinn oder Unsinn zu füllen. Um sie dann, jedenfalls im Sonnenschein auf Hooge, ästhetisch gleich wieder aufzulösen. Das Gerüst von jedem Ballast zu befreien und die Leere aufzuwerten. Es ist nur schön, durch geputzte Glasscheiben in eine heile Welt zu gucken!