Dienstag, 31. August 2021

Lehmboden

Die Gärtnerinnen kommen und graben die für Bienen vollkommen nutzlose Forsythie aus. Die ist zwar im Frühjahr schön gelb, aber diese nach dem langen Winter für uns Menschen so erfrischende Farbe ist reine Zier. Die Blüten bilden weder Pollen  noch Nektar. Dann stellen die Gärtnerinnen fest, dass dieser hybride Zuchtstrauch (Zuchtstier!) deshalb so prächtig gedeiht, weil er anspruchslos ist. Der Boden, in dem er steckt, besteht fast nur aus Lehm. Jedenfalls in den tieferen Schichten. Was nun? 

Ich war und bin gegen größere Eingriffe in meinen Garten. Wie in meinem Leben überhaupt. Im Garten wächst, was wächst. Und in meinem Leben kommt und geht, was kommt und geht. Ich kann nicht das gesamte Erdreich auswechseln, nur damit dann andere Zuchtstiere sich wohlfühlen. Ich bin auch gegen haltloses Verteilen von Dünger. Also fahren die Gärtnerinnen mit dem Großteil ihrer schönen Pflanzen wieder zurück in ihren Schaugarten. Ich habe nun keine Forsythie mehr, aber einen Schmetterlingsbaum, der mit dem Lehm auch zurechtkommen will. Und eine kompakte rotlaubige Weigelie. Sowie eine Lady in Red. Wachsen überall problemlos. Sind winterhart und bunt. Was will ich mehr?

Montag, 30. August 2021

Brombeeren

Ich ertrinke in den Brombeeren. Überall dunkelschwarze oder hellviolette Flecke. Nun kommt die Wärme zurück. Und ich sollte Rasenmähen, Brombeeren ernten, Brombeeren einkochen, Brombeeren essen. Und etwas schreiben. Zur Probe fahre ich nicht. Mein G, sagt die App, gilt erst ab überübermorgen und zum Testen hab ich nun Weissgott keine Lust mehr. Unser Chorleiter bietet an, dass Interessierte sich auch direkt vor der Probe schnelltesten lassen können. Von wem? Von ihm? Ist ja nett, aber was passiert, wenn der Text positiv ausfällt? Dann müsste das ganze Probenlokal evakuiert, das ganze Gemeindehaus desinfiziert werden ... und ich müsste irgendwie unter Quarantänebedingungen wieder in mein Haus und zu meinem Kater zurückkommen, weil der sonst verhungern würde! Wir leben in einer seltsamen horrorfictionshow.

Sonntag, 29. August 2021

Wärme

Sonntagsruhe. Die Zahlen prasseln ja seit ungefähr eineinhalb Jahren erbarmungslos auf uns ein. Wer will eigentlich täglich nicht nur mehrmals hören, wieviele Menschen sich neu infiziert haben und wieviele "an oder mit" gestorben sind, und wie die sogenannte "7-Tage-I" mathematisch berechnet wird, sondern diese Zahlen auch noch in den Vorwochen-, oder Vortagesvergleich gestellt zu sehen oder zu hören, was die Lage wirklich weder erträglicher noch transparenter macht.

So! Wie Sonntag. Ruhe! Ich stelle die Sauna an, denn es ist kalt und es regnet und ich habe ein bisschen Wärme wohlverdient!

Samstag, 28. August 2021

Zahlenterror

101 Ortskräfte (Familienmitglieder nicht mitgezählt) sollen aus Afghanisten "gerettet" (wie es heißt) worden sein - das sind so viele wie "100 und Mama", die 101 Opfer des ICE-Unglücks von Eschede 1998. Wieviele aber sind die "rund 150" nach London evakuierten Haustiere, Katzen und Hunde? Oder "so viele Tote wie noch nie"? Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz? Was sagt die Intensivbettenbelegung aus? Oder das Triell? Der Sommer geht und die Temperaturen steigen.

Freitag, 27. August 2021

Aulendiebach

Die Aulendiebacher sind keine Diebe. Die Aulendiebacher, die dick Matte auf Pellkartoffeln streichen ehe sie Lattwerge obenbauf packen, sind ursprünglich Töpfer. Oder Katzenbesitzer. Der Ort wurde zum ersten Mal urkundlich erwähnt im Jahr 1272 als Catzendypach. Nach Auskunft des Hessischen Staatsarchivs lag dieses Katzendiebach "auf dem Areal der heutigen Gemarkung Aulendiebach, und zwar rechts eines fließenden Gewässers". Die aula ist vor- und nachklassisch der (Koch-)Topf, diet im Mittel- und Althochdeutschen das Volk (übertragen auch im Sinne von "deutsch" - kommt etwa Dithmarschen hiervon?), abgeleitet von lat theodiske, und Bach ist und bleibt Bach.

Aber Aulendiebach ist noch aus anderen Gründen reizvoll, liegt es doch am Reitzelswäldchen im Wetteraukreis.  

Einst gehörte das Dorf zu den zweiherrischen Dorfschaften, heute ist es ein Ortsteil der Stadt Büdingen. Nächstes Jahr darf Aulendiebach aufgrund der spezifischen Quellenlage und der historischen Rahmenbedingungen die 750-jährige Ersterwähnung feiern.

Donnerstag, 26. August 2021

Lat(t)werge

Latwerge oder Lattwerge, Pflaumen- oder Zwetschgenmus, angeblich kann man es auch mit Holunderbeeren versuchen. Soll auch bei Husten und Heiserkeit helfen. Powidl oder Schmootsch, Kreude, Leckschmier. Zwetschgenhonig ist geradezu allgemeinverständlich transparent.

75 (! vielleicht fehlt ein Komma im Rezept?) kg entsteinte Zwetschen mit 6 kg Zucker stundenlang rühren und zu einem dicken Brei einkochen. Früher, als die Bäuerinnen keinen Zucker hatten, gewannen sie Süßstoff aus kleingehackten Zuckerrüben. Noch heute schreiben die Aulendiebacher die Lattwerge mit zwei "t" und essen sie mit Pellkartoffeln und Quark.

Mittwoch, 25. August 2021

Wasserstoffgeschichten

Was ist Wasserstoff? Der Stoff, aus dem das Wasser gemacht (genäht?) ist? Mitnichten! Wasserstoff ist das leichteste aller Gase, sammelt sich also im geschlossenen Raum oben an der Decke. Wasserstoff ist farblos, geruchlos, geschmacklos. Brennbar. Aber kein Treibhausgas! Trotzdem gefährlich für uns Menschen, die wir mit unserem gesunden Verstand und mit all unseren sieben Sinnen zusammen immer wieder garantiert an der Grenze der Wahrnehmung abprallen.

Es regnet. Was da vom Himmel in meinen Garten fällt ist Wasser. Kein Stoff. 

Nun haben Wissenschaftler einen "ungebremsten Anstieg" des Wasserstoffgehalts in der Atmosphäre über der Antarktis (Südhalbkugel) festgestellt, den sie nicht erklären können. Die "Atmosphäre" ist ein offener Raum, denke ich, und mir scheint, da müsste das leichteste aller Gase einfach auf Nimmerwiedersehen entfleuchen oder sich wenigstens gleichmäßig rund um den Erdtrabanten verteilen. Tut es aber nicht. Über der Arktis (Nordhalbkugel) stellten die Forscher auch einen Anstieg des Wasserstoffgehalts in der Atmosphäre fest, allerdings stoppte der aus ebenso unerklärlichen Gründen vor ungefähr einem halben Jahrhundert.

Ich muss nun das Fazit der Gescheiten zitieren, weil ich es mit eigenen Worten nicht schöner formulieren könnte: "Für ein Gas mit einer atmosphärischen Lebensdauer von etwa zwei Jahren ist es schwierig, ein realistisches Emissionsszenario zu konstruieren, bei dem ein starker Trend auf einer Halbkugel existiert und auf der anderen nicht." 

Es regnet und die Nordsee läuft heute in der Meldorfer Bucht einen halben Meter über Normal auf. Das ist der Trägheit unseres Seins und der Atmosphäre geschuldet. Die Anziehungskraft des Vollmonds wirkt immer 3-tägiger Verzögerung. Trotzdem bleibe ich mit dem Kater auf dem Sofa zu Hause. 

 

 

 

Hoher Wasserstoffgehalt in antarktischer Luft

Wissenschaftler messen den Wasserstoffgehalt in Eisbohrkernen. Sie stellen einen ungebremsten Anstieg des Wasserstoffgehalts in der Atmosphäre über der Antarktis im 20. Jahrhundert fest. Der Befund wirft viele Fragen auf.

Der Wasserstoffgehalt der Luft auf der Südhalbkugel ist ungewöhnlich hoch. Er stieg im 20. Jahrhundert um rund 70 Prozent. Eine Gruppe um John Patterson von der University of California in Irvine (Kalifornien, USA) hat mithilfe von Eisbohrkernen aus der Antarktis die Entwicklung des Wasserstoffgehalts in den Jahren 1852 bis 2003 rekonstruiert. Zwar kann der Anstieg bis in die Mitte der 1970er Jahre mit den zunehmenden Abgasen aus Kraftfahrzeugen erklärt werden, schreiben die Forscher in einer Studie in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" ("PNAS"). Der weitere Anstieg stellt die Wissenschaftler jedoch vor ein Rätsel.

Wenn sich in der Antarktis der gefallene Schnee nach und nach zu Eis verdichtet, werden winzige Luftblasen eingeschlossen. Bei Eiskernbohrungen können tiefe Eisschichten an die Oberfläche geholt werden und die Luft aus dem Eis gewonnen werden. Diese Luft kann auf ihre Bestandteile untersucht werden und so entstehen Messdaten zur Luftzusammensetzung in vergangenen Jahrzehnten. Die Eisbohrkerne, die im Januar 2004 in Megadunes in der Antarktis gewonnen wurden, reichen 140 Jahre zurück. Mittels Computermodellen wurden die Messreihen bis zurück zum Jahr 1852 rekonstruiert.

Bis 1890 betrug der Wasserstoffgehalt der Atmosphäre über der Antarktis demnach rund 330 Teilchen pro Milliarden Luftteilchen (parts per billion, ppb). Dann folgte ein Anstieg um 1,5 ppb pro Jahr, ab 1960 etwa 2,5 ppb pro Jahr auf etwa 550 ppb gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Erst um 2000 herum zeigt sich ein Abflachen der Kurve. Der Verlauf ist aus zwei Gründen ungewöhnlich: Er ist seit mehreren Jahrzehnten abgekoppelt vom Verlauf auf der nördlichen Halbkugel und vom Gehalt an Kohlenmonoxid (CO) in der Luft.

Wo geht die Reise hin?

Der anhand von Eisbohrkernen aus Grönland rekonstruierte Wasserstoffgehalt auf der Nordhalbkugel stieg bereits in den 1960er Jahren auf etwa 500 ppb und hält sich seitdem etwa auf diesem Niveau. "Es wird angenommen, dass Quellen von atmosphärischem Wasserstoff und Kohlenmonoxid eng gekoppelt sind, da unvollständige Verbrennung und fotochemische Oxidation von Formaldehyd die wichtigsten Quellen für beide Gase sind", schreiben die Forscher. Doch während der CO-Gehalt nach den 1970er Jahren einen Rückgang zeigt, steigt der Wasserstoffgehalt weiter.

"Das Plateau und der Rückgang der menschengemachten CO-Emissionen während des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts waren auf strengere Luftverschmutzungskontrollen, den verstärkten Einsatz von Autokatalysatoren und Verbesserungen der Effizienz von Katalysatoren zurückzuführen", schreiben Patterson und Kollegen. Deshalb ist der weitere Anstieg des Wasserstoffgehalts in der antarktischen Luft und auch in anderen Messungen auf der Südhalbkugel derzeit nicht erklärbar. Er könne nicht allein auf die zunehmende Oxidation von Methan zurückgeführt werden, betonen die Forscher. Wasserstoff ist kein sogenanntes Treibhausgas, beeinflusst aber die Fähigkeit anderer Atmosphären-Komponenten, Methan und Ozon abzufangen.

Der fortgesetzte Anstieg erfordere als Erklärung steigende Emissionen aus einer anderen menschengemachten Quelle und Veränderungen in natürlichen Quellen oder Senken, also Reservoiren, die Wasserstoff freisetzen oder aus der Luft aufnehmen. "Für ein Gas mit einer atmosphärischen Lebensdauer von etwa zwei Jahren ist es schwierig, ein realistisches Emissionsszenario zu konstruieren, bei dem ein starker Trend auf einer Halbkugel existiert und auf der anderen nicht", lautet das Fazit der Wissenschaftler.

Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa

 

 

 

 

 

 

Dienstag, 24. August 2021

Beinarbeit

Sich die Beine vertreten oder die Beine spreizen - das ist hier die Frage. Auf gemischtgeschlechtlichen Gruppenbildern pärsentieren sich im Sitzen nur Männer mit gespreizten Beinen. Trotzdem zielt "die Beine spreizen" eindeutig sexistisch nur auf Frauen und das horizontale Gewerbe.

Im deutschen Sprachraum würde sich auch kaum einer - ob prominent oder nicht, aber ein Mann natürlich - mit einem solchen Versprechen dem öffentlichen Gespött preisgeben wie es nun ein neuseeländischer Politiker getan hat. Denn semantisch und rein akustisch liegen die deutschen Verben "vertreten" und "spreizen" himmelweit auseinander. Im Englischen aber kann ein Sprechender in der Hitze des Gefechts schon mal daneben greifen mit "(please) spread your legs" statt "(please) stretch your legs". Bitte!

Ich fahre zum Deich. Dabei mache ich beides. Spreizen und strecken. Strecken und spreizen. Mit Armen und Beinen. Beim Fahrradfahren und beim Schwimmen. Viel Wasser. Viel Wind. Viel Wellen. Aber wenig Mensche.


Montag, 23. August 2021

Gesichtsarbeit

Es ist vieles hochnotpeinlich an der derzeitigen Lage. Es war schon vor 20 Jahren ein Zeichen reiner Arroganz, als sich die Glattrasierten zum Kampf gegen die Bartträger aufmachten. Die Glattrasierten sind Hemdenträger, kennen also Bügeleisen und gelten deshalb als Vertreter der Zivilisation. Und die Bartträger hüllen sich in ihre Staubtücher und wirken ungewaschen, finster wie Barbaren.

Und nun tauchen die so blitzartig in den Nachrichten wieder auf, wie sie ihr Land zurückerobert haben: die "Bärtigen" - und zwar so despektierlich konnotiert wie sonst nur Witze auf Kosten des weiblichen Geschlechts. Die Arroganz derjenigen, die davon profitieren, dass ihre Frauen mit Bügeleisen umgehen können, kennt keine Grenzen. Und das haben wir nun davon.

Die Nordsee ist abgekühlt, die Chorprobe abgesagt, der versprochene Altweibersommer schon wieder vorbei. Was mich alles nicht davon abhält, eine Stunde nach Hochwasser ins immer noch hohe Wasser zu steigen.


Sonntag, 22. August 2021

Lavendelernte

Es gibt ein privates Lavendelfeld im Schatten des Doms, das ich jedes Jahr bei Vollmond abernten darf. Wie immer zur Erntezeit regnet es, mal mehr, mal weniger. Das Hochwasser ist auch pünktlich zum Vollmond aufgelaufen. Aber beides geht nicht. Im Regen ernten und im Regen schwimmen. Baden kann ich das ganze Jahr, lavendelernten aber nur heute, also ist die Entscheidung bereits gefallen. Ich schneide schnell und fülle meinen Korb. Die langen Stile werde ich in der Nacht entfernen und Gedichte hören, dann die Blüten zum Trocknen im ganzen Haus auslegen. 

Samstag, 21. August 2021

Stapel

Business as usual. Am 9. September holen wir die mehrmals verschobene, immer wieder abgesagte Lesung in Stapel nach. Also kommt zu Hauf, meldet Euch an, bereitet Euch vor. Ist ja noch Zeit.

Btw: Stapel hat nichts mir Papier zu tun. Es ist eine Gemeinde im Kreis Schleswig-Flensburg, mitten in Stapelholm, zwischen Eider, Treene und Sorge. Das sind keine Gemütszustände, keine falsch geschriebenen Tränen (siehe Psalm 126,4-6: "Herr bringe wieder unsere Gefangenen, wie du die Bäche wiederbringst im Mittagslande. Die mit Thränen säen, werden mit Freuden ärndten. Sie gehen hin und weinen und tragen edlen Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben."), sondern natürliche Fließgewässer, die eine, wie es so schön heißt, malerische Flusslandschaft bilden. Und ja, es sind Garben, nicht Gaben!

Freitag, 20. August 2021

Kurz-Corona

Es fühlt sich an wie ein Trip durch die Galaxis. Eine schlaflose Nacht, ein verbockter Tag und eine Nacht in der Tiefsee, oder sonstwo, Fieberträume, Schweißnässe und die Erleichterung, nun endlich aufstehen zu können! Ich warte auf das Regenende, das für den Mittag prognostiziert ist und räume dann mein verschwitztes Haus auf.

Donnerstag, 19. August 2021

Rheas Geburtstag

Hab die ganze Nacht kein Auge zu getan. Bin immer mal wieder durchs Haus getigert. Herr Caruso war die ganze Nacht aushäusig. Schwindel. Übelkeit. Kopfschmerzen. Aufs Trampolin verzichte ich weise. Das Einsingen verbringe ich im Bett. Mit dem Smartphone in der Hand. Bis der Strom alle ist. Aufs Mitsingen verzichte ich. Ich zwinge mich aufzustehen und ein paar Mails zu schreiben (all the best Rhea, in your eighties). Dann gehe ich in den Garten und räume die verfaulte Tomatenplantage ab. Alles in die schwarze Tonne, hatte die Gärtnerin per Ferndiagnose verordnet. Alles in die schwarze Tonne. Die ist voll. Wird aber im Laufe des Tages geleert. Die frische Luft frischt meinen Geist auf. Das Bücken macht mir zu schaffen. Ich bin krank! Herzrasen und Schweißausbrüche. Es fängt an zu regnen. Der Nachbar bietet mir an, dass ich seine schwarze Tonne füllen kann. Ich nehme dankend an und gucke, dass ich schnell wieder ins Haus komme. Ins Bett! Die Gärtnerinnen wollen den Boden mit Mikroorganismen reaktivieren. In den Nachrichten höre ich, dass die Viruslast der Deltavariante bei Ungeimpft-Infizierten gleich hoch sei wie bei Geimpft-Infizierten. Zum ersten Mal zweifle ich am Sinn dieser Impfung. Aber rückgängig ist sie nun nicht mehr zu machen. Ich zwinge mich, aufzustehen. Koche Kaffee. Starken Kaffee. Schwarzen Kaffee. Lege mich auf die Gartenbank. Die Sonne scheint. Ich lese zwei Kapitel aus "Born a Crime". Der Autor, Trevor Noah hat eine schwarze Mutter und einen weißen Vater. Mehr noch: eine Südafrikanische Schwarze Mutter und einen Schweizer Weißen Vater! Born a Crime! Rasende Kopfschmerzen. Rasendes Herzrasen. Der Oberarm tut immer noch weh, ich bin immer noch wehleidiger als sonst. Der Kater verlangt Futter und bekommt es. Dann gehe ich wieder ins Bett. Ins Haus. Unters Dach. Und so weiter. Und so fort.

Mittwoch, 18. August 2021

Schmerzender Oberarm

Der Termin war auf 15:05 Uhr festgelegt, wurde aber durch einen Anruf um 09:32 Uhr vorverlegt. Auf "jetzt sofort". Also bin ich vorzeitig durch den Regen zum Impfen geradelt. Der Einstich tat diesmal weh. Aber vielleicht bin ich heute wehleidiger als sonst. Am Nachmittag kam die Sonne heraus und ich säuberte den Bürgersteig von den Resten der Neuasphaltierung. Am Abend begannen die Kopfschmerzen. Vielleicht bin ich heute wehleidiger als sonst. Ich zwang mich, meinen Bohneneintopf aufzuessen. Nun kann ich nicht einschlafen. Der linke Arm tut weh, der ganze Brustkorb.

Dienstag, 17. August 2021

Juckende Ohren

Heute in meinem Postfach, wie jeden Tag, Losung und Lehrtext. Hier der Letztere:

Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihrem eigenen Begehren werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zukehren.
2. Timotheus 4,3-4 

Herrn Carusos Ohren jucken, wenn etwas im Futter ist, was ihm nicht behagt. Allergienauslösendes Cassia Gum zB. Hingegen zucken Herrn Carusos Ohren feinstens ziseliert, wenn er etwas im Schilde führt. Oder sie richten sich wie die Richtmikrophone der Geheimdienste auf das richtige Ziel. Wenn er die Wahrheit sucht. Den Ursprung einer Störung oder Bedrohung. Oder wenn er das verheißungsvolle Knacken beim Öffnen eines Futterdosendeckels ortet. Soviel zu unserem Zusammenleben, das heute den elften Monat füllt. Noch einer und der Kater gehört mir.

Sonntag, 15. August 2021

Sonntag, der Fünfzehnte

Mariä Himmelfahrt. Auch eine Art Jahresausflug. Quer durch die Klimazonen und Wetterereignisse. Am frühen Morgen erscheint ein tropfnasser Kater zum Frühstück. Und ich fahre am Abend spät zum Abendhochwasser. Es läuft noch einmal viel Wasser auf, der Wind flaut ab, die Sonne kommt (lugt!) hinter den Wolken hervor und ich habe alle dornigen Rosen geschnitten!

Es könnte schon das Abbaden sein, das ja immer früher und oft unbemerkt kommt.

Samstag, 14. August 2021

Samstag, der Vierzehnte

Bin noch ganz benommen. Mein Jahresurlaub gestern zur Feier des Bahnstreikendes kompakt in einen Tag gepackt. Über Bredstedt, Schlüttsiel nach Hooge zum Kaffee auf Ockenswarft und anschließendem Sprung in die Nordsee am Alten Anleger. Zurück nach Schlüttsiel mit viel Rückenwind. Aufkommender Sturm! Deshalb war das Wasser so früh wieder da und lud mich zum Bade. Dann quer durch Angeln an die Ostsee. Immer noch mit Rückenwind. Nach Kappeln zum Abendessen. Lauschig am Hafen. Seelachs an Senfsoße. Und zurück nach Nordfriesland. Mit dem letzten Zug ab Husum zurück in die Kulturhauptstadt Dithmarschens. Zu Fuß nach Hause unter einem alles entwaffnenden Sternenhimmel. Der Kater wartete nur auf sein Futter, mein langes Ausblieben schien ihm gar nichts ausgemacht zu haben. Er scharrte mit den Samptpfoten, murrte und miaute, denn seine Zeit für lange Spaziergänge war schon überreif. 

Bin noch den halben Tag ganz benommen. Mähe am späten Nachmittag Rasen. Und entferne mit Hilfe des Nachbarn die Reste des vierzigjährigen Efeus. Die steinharte Hauptwurzel von ungefähr einem halben Meter Durchmesser. Und hunderttausend weitverzweigte Nebenwurzeln. 

Bin immer noch ganz benommen.

Freitag, 13. August 2021

Freitag, der Dreizehnte

Nu aber hopp! Aus dem Bett und in die Kleider. Heute wird der Ausflug nachgeholt, der gestern ins Wasser fiel. Später mehr. 

Donnerstag, 12. August 2021

Streik

Da wache ich endlich auf aus meiner Lethargie, will mal wieder Bahnfahren, einen Ausflug machen - und dann streiken die Lokführer! Am wärmsten Tag des Sommers. Also fahre ich an meinen Lieblings-Badestrand, wie immer, treffe die Leute, wie immer, schwimme wie immer mein Dreieck, heute ist das Wasser sanft und ohne Gegendruck wie selten, und kehre wie gewohnt zu meinem Kater zurück.

Mittwoch, 11. August 2021

Die russische Bibliothek

Es gib Tage, da gelingt plötzlich alles. Heute ist es mir gelungen, meine russischen Bücher auf einen Schlag, alle zusammen zu verschenken. Was lange währt ... na ja, ich muss Ballast abwerfen um Auftrieb zu bekommen. Und dann bin ich ans Wasser geradelt. Wind hin oder her. Mit oder ohne. Von hinten oder von vorne.

Dienstag, 10. August 2021

Schlaf

Ich schlafe endlich wieder, als ob ich auf einer Reise wäre. Tief und weit weg im Gehen und Stehen. Sehen und Sehnen. 

Herr Caruso legt sich irgendwann zu meinen Füßen. ich merke das, weil die Decke schwer wird. Weil ich etwas hindert, abzubiegen. Eine andere Richtung einzuschlagen. Ihm wird meine Abwesenheit irgendwann zu bunt und er beginnt zu randalieren. Holt mich zurück in das Schlafzimmer, er weiß genau, wie das geht, damit ich es endlich Richtung Küche verlasse.

Montag, 9. August 2021

Chorprobe

Wir proben endlich wieder im Probenraum. Bei aufgesperrten Fenstern. Warm ist es nicht, aber angenehm trotzdem. Schön! Schütz, Verleih und Frieden genädiglich. Und Mendelssohn-Bartholdy, Aus tiefer Not. Na ja. Einige Kantoristinnen und Kantoristen wollten das strenge Hygienekonzept des Chorleiters torpedieren und noch strengere Regeln einführen. zB Eingangskontrollen, Taschenkontrollen, Imfpasskontrollen. So weit ist es gekommen. Dass jeder und jede für des andern Unglück verantwortlich gemacht wird. Wer Angst hat, wovor auch immer, darf auch zu Hause bleiben. Für immer.

Sonntag, 8. August 2021

Neumond

Das Wetter kippt. In der Nacht Gewitter und Wetterleuchten. Zum Frühstück kommt ein klatschnasser Kater durch die Tür (die Klappe). Am Mittag regnet es immer noch. Und am Abend auch.

Samstag, 7. August 2021

Kipppunkte

Ja, es reicht, wenn ein Kipppunkt kippt. Der bringt dann alle anderen auch zum Kippen. Dominoeffekt heißt das in der Welt der Ursachenforschung. Kettenreaktion.

Bald, in wahrscheinlich absehbarer Zukunft oder in bereits greifbarer Nähe kippt die AMOC - Atlantic Meridional Overturning Circulation. Diese zu deutsch Atlantische Umwälzströmung ist, lt neuestem Bericht der Klimawissenschaftler, heute so schwach wie seit über 1000 Jahren nicht. Sie, die Umwälzströmung (leider nicht: Umweltströmung) gehört zu den Kipppunkten oder Kippelementen unseres Erdklimas, sagen die Wissenschaftler. Ein Punkt also, der - oder ein Element, das - , wie der Name sagt, kippen kann. 

Es gibt andere Kipppunkte - etwa das Grönlandeis, der Jetstream oder  der Amazonas-Regenwald. Die Klimaforscher sind überzeugt, dass das Kippen eines dieser Punkte seine verheerenden Auswirkungen auf die anderen haben wird. Sie kippen dann reihum wie Dominosteine. Einer stößt den anderen an, bis sie alle gefallen sind und liegen. Schmilzt zB das Grönlandeis, steigt die Temperatur in gewissen Gegenden der Welt, fällt mehr Regen, führen die Flüsse mehr Wasser, gelangt mehr Süßwasser in die Weltmeere. Der bereits geschwächte AMOC, der warmes Wasser an der Meeresoberfläche aus den Tropen nach Norden bringt und kaltes Wasser am Meeresboden nach Süden transportiert, kommt ganz zum Erliegen. Die Welt, die Biosphäre, die Natur kann so gravierende Veränderungen nicht einfach abpuffern. Aus ist dann Aus.

Also fahrt ruhig weiterhin Auto und fliegt weiterhin in den Urlaub, konsumiert, was das Zeug hält, damit die Wirtschaft, der Arbeitsmarkt, BIP, BSP, BNP und was es sonst noch alles gibt, endlich wieder ihre Höhenflüge erleben. Hört weder auf die jungen Wilden der fff noch auf die Grünen, Roten, Schwarzen, Braunen oder Blauen. Kauft Gummistiefel, Watthosen und eine Drehleiter in den Himmel.

Ich fahre zum Hochwasser an den Deich. Noch einmal schwimmen!

Freitag, 6. August 2021

Schwimmzugzähler

Endlich wieder Schwimmen. Der Weg zum Deich wieder frei. Von Regen und Sturm. Der Wind kommt mir erst auf dem Rückweg mit Wucht entgegen. Das Wasser ist etwas kühler geworden und sortiert klar und eindeutig die verzwurbelten Gedanken. Kaltes Abwägen. Trotz heftiger Wellen von Süd schwimme ich mein recht(links-?)winkliges Dreieck. Geradeaus hinaus zur Boje am FKK-Abschnitt (= Kathete a), links rüber zur Boje am Textil-Abschnitt (= Kathete b) und schräg zurück zur Badetreppe Aufgang FKK-Strand (= Hypothenuse c). Daraus ergäbe sich ein Satz des Pythagoras - aber ich besitze leider keinen Schwimmzugzähler, Klimmzugzähler, auch keinen Schritt- oder Trittzähler, keinen wie auch immer programmierbaren Entfernungsmesser, fitnesstracker in Form eines Armbandes oder einer Fußfessel. Nein, ich schwimme nackt und ohne Badekappe meine insgesamt ca 25 Minuten in der Nordsee, bei auf- oder bereits wieder ablaufendem Wasser am Wattenmeer an der Meldorfer Bucht, quer durch das Badeanzugfeld, und wäge meine weiteren Schritte durchs Leben kühl ab. 

PS Der Satz des Pythagora könnte einfach berechnet werden: ich muss nur in Erfahrung bringen, wo die Bojen im Wattboden verankert sind, wie lang die Ketten sind, an denen sie hängen, die sie im Zaum halten, ihnen aber einen begrenzten Bewegungsspielraum, je nach Wind- und Wellengang, gewähren. Und dann muss ich noch die exakten Koordinaten der Badetreppe dazurechnen - und schon wäre Pythagoras formal bedient.

Donnerstag, 5. August 2021

Verschleißschicht

Heute erst wird die Verschließsschicht aufgetragen und ich wundere ich mich einmal mehr, über die Menschen und die Geräte, die sich vor meinem Haus versammeln zu früher Stunde. Eine Stunde lang, gefühlt, trudeln sie ein, stecken die Köpfe zusammen, rauchen, nippen an den Pappbechern wie die Tide draußen im Watt. Bis sich sie sich dann auf einmal zusammenraufen und innerhalb einer halben Stunde, gefühlt, die Straße gedeckt, abgesperrt und die Mülltonnen fürsorglich aus der Absperrung heraus verschoben haben. Die oberste Schicht der Fahrbahndecke muss trocknen, bevor sie der Abnutzung durch Radreibung unterworfen wird. Der Witterung ist sie bereits ungeschützt ausgeliefert. Es fängt gerade an zu regnen. Die Jungs, in kurzen Hosen und Kapuzenpullis, verschwinden behende in ihren Fahrzeugen.

Und wir versammeln uns gleich zum 500. Einsingen um 9, nachdem der Kaffee um 8 getrunken ist. So lange schon reiben wir uns an der neuen Wirklichkeit. Trainieren Kopfstimme, Bruststimme, Ober- und Unterbauchatmung, Zwerchfellhüpfen usw.

Mittwoch, 4. August 2021

Sommerlos

Das Sommerlos: schwimmen liegt immer noch nicht im Bereich des für mich Möglichen. Die Tide nippt immer noch, das Morgenhochwasser läuft 0,3 Meter unter normal auf - das muss man sich erst mal vorstellen können. Knöcheltiefes Herumwaten. Erst am Nachmittag soll der Himmel aufklaren.

Dienstag, 3. August 2021

Sommerende

Endlich wieder Sonnenuntergang. Und danach viele junge Eulen in Nachbars Garten, die sich putzen für die Jagd. Es riecht nach feuchter Erde, die Nacht soll sternenklar und kalt werden.

Montag, 2. August 2021

Arbeiten

Die Straße vor meinem Haus, die in der Nacht vom 15. auf den 16. Dezember 2020 (siehe dort) durch den Wasserrrohrbruch Schaden genommen hat, wird gerade abgesperrt. Schweres Gerät fährt auf. Mehrere Männer versammeln sich mit Glimmstängel im Mundwinkel, Kaffeebecher in der einen, Handy in der anderen Hand. Oder am Ohr. Die durch die Wucht des aus dem Boden schießenden Wassers damals angehobene und zerrissene Asphaltdecke soll endlich abgetragen, die provisorischen Pflastersteine, die vor Weihnachten eilig verlegt wurden, um das größte Erdloch zu deckeln, im wahrsten Sinne des Wortes, und die Straße wieder begeh- und befahrbar zu machen, entfernt und der ganze Abschnitt von der Kreuzung bis zur halben Auffahrt der Nachbarn zur Rechten stolperfrei glatt asphaltiert werden. Herr Caruso kugelt sich nach dem Frühstück weise in der ruhigsten Ecke des Hauses ein.

Sonntag, 1. August 2021

Header

Das Bild im Kopf! Das Wort im Bild! Bescheiden. Der Header! Das Gadget! Funktioniert wieder! Zur Feier des Tages. Noch einmal glücklich sein. Kater füttern. Und dann schlafen.

Feier

Zur Feier des Tages bringt mein Untermieter singend frohlockend sein Frühstück an mein Bett. Verschmäht das Dosenfutter! Spielt mit dem grauen Mäuschen auf dem Bettvorleger (mein lauter unmusikalischer Protest hilft nix), aber es bewegt sich nicht mehr, also frisst er es schließlich auf. Mit Haut und Haar und Schwanz und Ohr. Und legt sich satt und zufrieden auf meine Bettdecke. Schlafen!