Sonntag, 3. März 2024

Kintsugi

Ich brauche den halben Sonntag, um wieder zu mir zu kommen. Rumore herum. Wasche meine Wintersachen, in der Hoffnung, sie nie wieder anziehen zu müssen. Und dann kommt mir dieses Wort entgegen, das ich aus einem ganz anderen Kontext kenne und das auf einen anderen Kontinent gehört: Kintsugi - Goldflicken. Eigentlich Wabi-Sabi. Die in Japan kultivierte Ästhetik des Porzellanflickens. Was zerbricht, wird aufwändig mit Gold wieder zusammengefügt. Dadurch gewinnt das Objekt, die Schale, die Tasse, die von einer jungen Katze umgestoßene Vase, an Schönheit und Wert. Die Scherben werden nicht mit Sekundenkleber möglichst unauffällig und exakt wieder zusammengeklebt, wie bei uns. Und mit der Bruchstelle zur Wand gedreht, damit es ja keinem Besucher auffällt. Nein, sogar die feinsten Haarrisse werden mit einer Mischung aus Harz, echtem Gold und Metallstaub hervorgehoben und ans Licht geholt. Die kleinsten Splitter und Scherben werden mit Gold wieder verbunden, die Spuren der Zerstörung so im Gold verewigt. Unterdessen hat der scharfe Ostwind meine Winterwäsche knitterfrei schranktrocken gepustet.

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