Samstag, 30. September 2017

Herr Rilke

Zum Ende der Septemberherrlichkeit übergebe ich das Wort Herrn Rilke:


Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke

Aus: Das Buch der Bilder

Freitag, 29. September 2017

herrühren

Herr, wo rührt das her, dass natürlich irgendwann ausgerechnet die Lieblingstasse auf dem gefliesten Küchenboden in hunderttausend winzige Teilchen zersplittert, so dass alles Zähneknirschen nichts mehr hilft, sondern nur Zehenspitzen und Staubsauger vor noch Schlimmerem bewahren?
Wo rührt das her?
Nicht dass ich an Porzellan hängen würde. Ich eliminiere, was ich nur kann. Sortiere aus. Vor allem die beschriebenen Tassen. Ich mag nicht aus Wörtern trinken, schon gar nicht aus Namen, und ganz und gar nicht aus meinem eigenen Vornamen. Nur die schwarzweiße Werbetasse vom Old Royal Observatory, Greenwich war über Jahre, Jahrzehnte täglich in meiner Kaffeepause geduldet. Mit ihrer WESTERN HEMISPHERE und ihrer EASTERN HEMISPHERE. Bis gerade eben, Punkt Mittag GMT, das Universum beim schönsten Sonnenschein im Garten aus meiner Hand fiel und auf den Steinplatten zerdepperte.

Donnerstag, 28. September 2017

herreichen

Herr Eiche naht der Buche. Er reiche mir das Blatt, verlangt sie. Wozu? Er fragt empört.
Frau Buche neigt die Krone. Er reiche mir den Stift, ruft sie. Wie denn? Er schreit entsetzt.
Herr Eiche nimmt Reißaus.
Frau Buche fährt fort.

Mittwoch, 27. September 2017

Herr, es reicht!

Reif und frei liegen nah beieinander. Her(an)reifen. Befreien. Die Edelkastanie wirft die unreifen Kapseln ab. Sie sind stachelig aber blind. Ich sammle sie im Morgengrauen mit Handschuhen ein und entsorge sie. Das ist meine persönliche und eigennützige Vorsichtsmaßnahme. Sonst kann ich im nächsten Sommer nie barfuß durch das Gras laufen. Der Baum weiß genau, was noch reifen kann und was nicht. Wovon er sich jetzt sofort befreien muss, damit das andere noch gedeiht. In diesem Herbst!

Dienstag, 26. September 2017

Herr, womit?

Hab ich das verdient?
Heute Abend zum sechsten und letzten Mal Abendabbaden, ganz allein. Das Wasser ist nach wie vor milde und sanft. Still ruht die See ... Nur das Zurückkehren wird von Tag zu Tag länger, fällt von Tag zu Tag, wie das Laub, schwerer.  

Montag, 25. September 2017

(h)ermahnen

Herr, das blaue Erwachen! Oder: das böse Auge!
Ich fahre zum fünften Abbaden. Mit mir viele andere. full house am Deich. Danach erfrischt zurück zum Südermarkt:
18:00-18:30 Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg

Sonntag, 24. September 2017

herrschbegierig

Mein Sonntag beginnt und endet als stellvertretende Schriftführerin im Wahlraum des Wahlkreises 2 der Stadt Meldorf. Ich war immer schon eine Lückenbüsserin. Auf dem Marktplatz, rund um den Dom und auf dem Rathausplatz findet derweil das Meldorfer Rot-, Grün- und Weißkohlvergnügen mit u.a. einer Hutmacherin, einer Glasbläserin, einer Spinnerin, einem Ofenbauer, einem Torfbäcker, einem Drescher statt. Hier kann man, sagen die Veranstalter, "hautnah miterleben, wie die Dinge entstehen" und dabei "teilweise ... selbst Hand anlegen". Ja - wir werden heute noch unser buntes Wunder erleben!

Samstag, 23. September 2017

Herr Floh

Der Wind ist still und die Sonne scheint. Ich fahre zum vierten Abbaden. Diesen Floh hab ich mir selbst ins Ohr gesetzt. Ein Abbaden nach dem Andern. Das Wasser ist ein Grad wärmer als noch vor ein paar Tagen und ich schwimme bis zur Boje. 180 Meter, wie mir kürzlich ein Septemberschwimmer erklärte. Und wieder zurück. Nochmals 180 Meter. So etwas, sagte mir der Bojenschwimmer, würde er im Schwimmbad nie machen. Bahnenschwimmen? 360 Meter sind über 7 Bahnen! Und fasst sich an' Kopp, ich doch nicht!
Mit einem Floh im Ohr, sagt die Erklärung zur Redewendung, könne man keinen klaren Gedanken mehr fassen. Man sei besetzt, monothematisch, panisch, unruhig. Autothematisch. Automatisch. Wer sich das ausgedacht hat? Ein Floh, der im Ohr herumhüpft? Der kann sich dort doch auch stillhalten und die Konzentration auf das Wesentliche fördern!

Freitag, 22. September 2017

Herr, es ist Himmel!

Herbst am Himmel. Die Sonne steigt genau im Osten aus dem Nebel. Und wird in fast genau 12 Stunden genau im Westen untergehen. Äquinoktium. Ausgeglichenheit im Universum. Tag- und Nachtgleiche. 

Donnerstag, 21. September 2017

(ach) herrjemine

mit langgezogenem Endungs-e ... das neue Bilderbuch von Manfred Schlüter ist erschienen:

Der kleine Herr Jemine
lebte irgendwo im weiten Weltenraum
auf einem winzigen Planeten und war glücklich. Eigentlich.
Doch irgendetwas fehlte ihm. Immer, immer wieder ...
Eines Tages erkennt er, dass weniger manchmal mehr ist.

Eine Geschichte vom Glücklichsein.
Für kleine und große Menschen.

Verlag Bibliothek der Provinz
24 x 17 cm, 32 Seiten, Hardcover, 18,00 €
ISBN: 978-3-99028-682-1

ach herrjemine mit langgezogenem Endungs-e ist eine volkstümliche Verkürzung der biblisch-christlich-lateinischen Rufformel "Herr Jesu Domine". Man soll den Namen des Herrn nicht leichtfertig aussprechen, sagt die Bibel. Und der Volksmund umgeht dieses Gebot mit Zungenschlag und Zusammenzug.

Mittwoch, 20. September 2017

Herr, es ist Neumond!

Unser kontinuierliches Werden und Vergehen im Spiegel von Alfred Nobel: vor 150 Jahren ließ er sein "Sicherheitspulver", das Dynamit patentieren und wunderte sich danach sehr darüber, dass seine (zufällige oder nicht) Erfindung nicht Friedenstiftend war. In Rendsburg vor ein paar Tagen fand der Referent, Amtsrichter iR, für das gut nachbarschaftliche Verhältnis in unserern Breitengraden folgendes Gleichnis: "In Neubaugebieten werden heutzutage tonnenweise Sprengsätze verbuddelt!"

Dienstag, 19. September 2017

Herr, es ist Kohlanschnitt

Kohlanschnitt mit Habeck als Erntehelfer in Friedrichskoog. Landfrauen. Markttreiben. Krautwerkstatt. Wahlkampf. Dithmarschen feiert bis zur Bundestagswahl seine 80 Millionen Kohlköpfe. Für jeden einen!

Montag, 18. September 2017

Herr, es ist C!

Heute 18:00-18:30 Meldorf, Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg 

Gestern: Großbuchstaben-Aktion vor dem AKW Gundremmingen „B-und-C-Abschalten“. Wer B sagt, muss auch C sagen:

Sonntag, 17. September 2017

herradeln

Kurzentschlossen. Nach zwei Tagen am Nordostseekanal. In einem geschlossenen Raum. Vor dessen Fenster hin und wieder Containerriesen aus aller Herren Länder so gemächlich vorbeizogen, als seien sie einem Video von Viola entstiegen. So langsam. Steige auch ich auf mein Fahrrad. Und knacke am Sonntagmittag seelenruhig die Achttausendermarke. Das Hin- und Herradeln adelt mein Herrenrad. Der Fahrradcomputer zeigt nun 8005 ge(r)adelte, gearltete Kilometer. Die Luft ist sanft, das Wasser kalt, die Strandkörbe noch da, stehen nur ver-rückt und geduckt etwas höher am Deich, die Dusche funktioniert. Nur die Mülleimer sind verschwunden, sowie das DLRG-Häuschen auf Rädern. Abgeschleppt sicherlich vor Sebastian. Und die Badenden fehlen. Ich schwimme ganz allein.

Samstag, 16. September 2017

herrücken

Man kann alles gerade rücken. Hin- und herrücken, bis der rechte Winkel stimmt. In meinem Dienst steht ein Horizontbegradiger. Nachdem ich aber den von ihm schnurgerade gezogenen Horizont auf meinem Bildschirm drei Tage und zwei Nächte wortlos betrachtet habe, rücke ich ihn nun zu vorgerückter Stunde, endlich zurück aus Rendsburg und Hägen (Herr, wo ist das?), wieder in die ursprüngliche Schräglage zurück. Und bin erlöst. Ich glaube nicht, dass der Urknall geometrisch, linear ordnend wirkte oder das Nichts je im Lot war. Womöglich begann alles mit dem goldenen Schnitt, der funktioniert aber auch, wenn er schief im Universum liegt. Ich brauche die dritte, vierte, fünfte Dimension. Nur so kann ich schlafen.

Freitag, 15. September 2017

Herrgottsfrühe

Die Herrgottsfrühe ist meine Lieblingstageszeit. Alles Wichtige, Wesentliche geschieht in aller Herrgottsfrühe. Heute hingegen ist die Herrgottsfrühe uninspiriert: ich verlasse das Bett, den Schreibtisch, das Haus, das Dach überm Kopf und laufe durch strömenden Regen in der Dunkelheit (Herr, wie lang ist's her, dass ich vor Sonnenaufgang auf der Straße war?) zum Zug.

Donnerstag, 14. September 2017

herrichten

Wir richten alles wieder her. Im schönsten Sonnenschein. Meine Nachbarn und ich. Stellen die Mülltonne erst früh vor's Haus und sammeln Äste fremder Bäume ein. Unter meinem Apfelbaum verweile ich länger, fülle einen ganzen Eimer mit unreifen Äpfeln. Die ganze diesjährige Ernte. Ich werde die grünen Früchte auf alle Fensterbretter verteilen und nachreifen lassen. Falls sie das überhaupt zulassen. Was soll ich sonst tun? Sie wieder in den Baum hängen wie Weihnachtskugeln? Ein mächtiges Teil des Baumhauses ist heruntergekracht. Auch innerhalb des Gartens. Wo kein Mensch sich aufhielt. Mit jedem Brett, das fällt, wird dieses Haus luftiger und seine Statik instabiler. Aber alle Bäume sind stehen und alle Ziegel liegen geblieben.

Mittwoch, 13. September 2017

Herr, es ist Sebastian!

Ein Schnellläufer, ein Tief, ein Sturmfeld, ein Orkantief wie damals Christian, nur eineinhalb Monate früher: der erste Herbststurm. Sebastian donnert die stachligen Kapseln meiner Edelkastanie aufs Dach. Sie trägt natürlich noch das volle Laub und ist voller Früchte. Eine Dame in der vollen Kraft ihrer Mitte. Ich hoffe, sie bleibt standhaft und elastisch, beugt sich den ärgsten Böen ohne zu brechen. Ebenso die Dachziegel. Und meine Ohren. Sebastian holt die wenigen Äpfel vorzeitig vom Baum. Mehr wurden's nicht, weil die Blüten im Frühjahr erfroren sind. Und die Birnen sind längst alle am Baum verfault. Sebastian entfernt fürsorglich jetzt schon alles dürre Gehölz aus dem Geäst. Sein Hauptwindfeld ist nun in Dithmarschen, über der Meldorfer Bucht angekommen. Top-Böen Westerhever 147 km/h, SPO 130 km/h, Büsum 124 km/h. Der Bahnverkehr ist komplett eingestellt. Auf der B5 liegen zahlreiche Bäume. Wer nicht raus muss, wird gebeten, zu Hause zu bleiben. Das Wasser läuft bis zu 2 Meter über Normal auf, Sturmflut am Abend. Landunter auf den Halligen. Am Mittwoch, dem Dreizehnten.

Dienstag, 12. September 2017

Herr: Jesaja 66,13

"Ich will Euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet."
Das war die Jahreslosung 2016, wie ich erst jetzt lese.
Haben wir gestern abend in der Domchorprobe geprobt. Brahms Deutsches Requiem, V.

Montag, 11. September 2017

Herr, es ist Mahnwache

Heute 18:00-18:30 Meldorf, Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg

Sonntag, 10. September 2017

Herr, das ist Helvetia!

Vor zwei Wochen Bergsturz, Murgänge über Bondo im Bergell. Piz Cengalo. Val Bondasca.
Heute früh Eislawine, Gletscherzungenabbruch des seit Jahren tropfenden Triftgletschers (Fließgeschwindigkeit in den letzten Tagen: 2 Meter in 24 Stunden, heute Nacht 3 Meter ...) unter dem Viertausender Weissmies über Saas-Grund. Das Dorf blieb verschont. Die Evakuierten dürfen den Sonntag in ihren unversehrten Häusern verbringen.
Und vor ein paar Tagen luchste tatsächlich der Vollmond in den Tschingelhörnern durch mein Martinsloch auf Elm:
https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/2017-09-08/wenn-der-mond-durchs-martinsloch-scheint#.WbLgcw3SgyE.email

Samstag, 9. September 2017

Frau Nina in Wacken

Die Kassandra des 21. Jahrhunderts heißt Nina und ist technisch auf der Höhe der Zeit. Ob aber jemand ihren push-up Nachrichten glauben wird, muss der Ernstfall zeigen.
Heute ist Nina zur Probe im Einsatz. Im Kreis Steinburg, genauer: in Wacken (keine neue Ausgabe des WOA!), Hohenaspe, Hohenlockstedt, findet von 8 bis 17 Uhr  eine "Katastrophenschutz-Großübung" mit 1500 beteiligten Personen und 300 Einsatzwagen statt. Schaulustige, Voyeuristen und potentielle Katastrophentouristen werden gebeten, zu Hause zu bleiben, da sie nicht nur den Ablauf stören, sondern auch sich selbst "in dem großen Trubel" (wie es in einer Pressemitteilung des Kreises heißt), gefährden. Stattdessen kann sich jede und jeder Interessierte, auch im Nachbarkreis Dithmarschen, kostenlos Frau Nina aufs Sofa nach Hause holen: die Warn-App NINA (=Notfalls-Informations- und Nachrichten-App des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) aufs Smartphone oder Tablet herunterladen und alle für das Übungsszenario relevanten Meldungen in Ruhe empfangen.

Freitag, 8. September 2017

Herr, es regnet!

Mein Frosch und ich gucken aus dem Fenster: es regnet. Das Radio sagt: Dauerregen! Gestern sind wir zweimal verregnet worden. Einmal auf dem Weg zum Deich, den wir leichtsinnigerweise trotz entsprechender Warnung der Wetter-App immer noch mit dem Fahrrad zurücklegen. Und einmal bis auf die Haut abends um zehn, nach der zweiten Chorprobe in dieser Woche.
Ich hatte diesmal nur einen kurzen Heimweg, aber die Zeit reichte aus und Regen kann allmächtig sein, wenn er will, dass alles, was ich auf und bei mir trug, auch der Frosch in meinem Hals, triefte. Meine Tasche, meine Noten, der Brahms, das Requiem, das Schicksalslied und seine düsteren letzten Hölderlinworte! Viermal (nein sechsmal!) permutiert (ja, permutiert durch die Untiefen der Töne durch alle Stimmen hindurch!) auf dem tiefen a landend zuerst, dann immerhin genädiglich auf dem c "... ins Ungewisse hinab!"

Donnerstag, 7. September 2017

Frau Fröscher

Ich habe einen Frosch im Hals, seit ich denken - oder reden kann.  Immer bin ich morgens heiser, muss mich ständig räuspern. Der grüne Lurch, Herr Frosch ist mein treuester Lebenspartner! Daran hat sich auch nichts verändert, seit ich an der Nordsee lebe, auch nicht im Sommer, wenn ich täglich - jetzt gleich wieder! - mit dem Fahrrad die zwölfeinhalb Kilometer gegen steifen Wind an den Deich fahre, mindestens eine Viertelstunde im Meer schwimme und mich danach glücklich vom Rückenwind wieder nach Hause jagen lasse. Im Gegenteil! Auch auf der Hallig, wo ich sozusagen mitten in der Brandungszone lebte und ständig das "maritime Aerosol" um die Nase hatte, das so gesund und schleimlösend sein soll für die Atemwege und alle Haupt- und Nebenhöhlen, blieb die Amphibie fröhlich in meinem Hals hocken.
Dieser Frosch kommt aus dem medizinischen Fachwörterbuch und liebt mich vielleicht deshalb so heiß: "ranula" ist eine Geschwulst im Bereich von Hals oder Zunge und leitet sich ab von lat. "rana" = Frosch. Die harmlose und keine Schmerzen bereitende Geschwulst ist also ein Fröschlein, gefüllt mit Speichel, Bohnen- oder Walnussgroß. Die "ranula" in der Diagnose des HNO-Arztes, die Froschgeschwulst, verursacht Beschwerden beim Schlucken und Sprechen und wird deshalb meist operativ entfernt. Ich behalte meinen Frosch. Denn der erinnert mich an meine helvetische Studienzeit, als ich ein Dachzimmer an der Sommergasse bei Frau Fröscher bewohnte.

Mittwoch, 6. September 2017

Herr, es ist Vollmond

und das Wetter verschlechtert sich von Stunde zu Stunde, von Minute zu Minute vor meinem Fenster. Windwarnungen poppen up. Weil in der Nacht der Himmel zugezogen war wie sonst nur die Vorhänge, habe ich tief und fest geschlafen, erholsam geträumt und werde nun den ganzen Tag meinen Schreibtisch nicht mehr verlassen.

Dienstag, 5. September 2017

Herr Igel

Herr, es ist auch Zeit zum Singen! Die Sommerpause war sehr groß. Und als ich gestern Abend nach der ersten Chorprobe in Heide erst im Dunkeln wieder nach Hause kam, guckte mich Herr Igel in meinem Vorgarten ziemlich verdutzt an. So verdutzt wie ich ihn. Er suchte nicht das Weite, ich auch nicht. Wir warteten beide ungläubig ab. Seelenruhig. Geduldig. Wer ist denn hier zu Hause? Und wer der  oder die nächtliche Eindringling? Normalerweise bin ich um diese Zeit längst im Haus drin und nicht mehr im Vorgarten. Und wenn ich doch einmal aushäusig mich vergnüge, betrete ich zu nachtschlafener Zeit das Haus still durch den Hintereingang. Herr Igel gewann. Ich verschwand zuerst. Durch die Haustür. Und mit mir das grelle Außenlicht. Herr Igel duckte sich. Auf seine Stacheln reagiert der Bewegungsmelder nicht. Und dann zuckelte er zufrieden unter den Rhododendron. Ich guckte natürlich aus meinem Versteck zu. Der Strauch ist mächtig nachgewachsen, nachdem ich ihn nach der Blüte im Frühjahr rabiat zurückgestutzt hatte. Vor ein paar Wochen schob ich, aus lauter Not, weil ich nicht wusste, wohin mit dem vielen Zeug, ganze Berge von Samenfäden der Edelkastanie darunter. Und vergaß das ansehnliche Ensemble an der warmen Hausecke. Sehr zum Wohle der Familie Igel, nehme ich nun an. Herr Igel war bestimmt unterwegs zu Frau Igel, die gerade ihre Jungigel säugte!

Montag, 4. September 2017

Herr, es ist Mahnwachenzeit

Castor-Alarm auf dem Neckar:
Neckarwestheim:  "Das leere Transportschiff ist auf dem Weg nach Obrigheim, um dort die drei Castoren für die zweite Atommüllverschiebung auf dem Neckar zu laden. Der Castor-Transport ins marode Zwischenlager in Neckarwestheim wird also morgen oder übermorgen stattfinden. Aktive vom Bündnis „Neckar castorfrei“ sind vor Ort und schicken aktuelle Informationen über twitter oder SMS.
Am Tag X, wenn der Transport mit dem hochradioaktiven Atommüll über den Neckar geht, brauchen die Menschen vor Ort dringend Unterstützung. Mach Dich, wenn Du Zeit hast, auf den Weg und sorge dafür, dass der Protest gegen die sinnlosen und gefährlichen Castor-Transporte stark wird. Beim letzten Mal haben wenige Menschen an verschiedenen Stellen der Transportstrecke mit viel Kreativität für hohe mediale Aufmerksamkeit gesorgt – das kann auch diesmal gelingen.
Aktionsort ist diesmal Lauffen am alten Neckararm, dort sind für den Transporttag zwei Mahnwachen angemeldet. Los geht es um 10 Uhr. Wer erst später kann, ist bis 14 Uhr auf jeden Fall noch rechtzeitig. Aber auch danach kann es noch sinnvoll sein, nach Lauffen zu kommen, je nachdem, wie lange das Schiff tatsächlich braucht."
Mahnwache 1: Uferstraße am alten Neckar-Seitenarm
Mahnwache 2: Marktplatz, Rathausstraße 
Weitere Infos auf der Bündnis-Website

Heute 18:00-18:30 Meldorf, Südermarkt
Meldorfer Mahnwache für den sofortigen Atomausstieg

Sonntag, 3. September 2017

Herr! Es ist grün

Auf facebook werde ich regelmäßig mit meinen eigenen "Erinnerungen" konfrontiert. Das heißt, irgendjemand oder irgendetwas generiert aus meinem lifestream irgendetwas, was er oder sie oder es als "erinnerungswürdig" einstuft und mir deshalb vorschlägt, ich solle meine Erinnerung erneut in die facebook-Welt posten, also sie multiplizieren, und die community so an meiner facebook-gefertigten Geschichte teilhaben lassen. Ich ärgere mich so regelmäßig darüber, wie mir die Aufforderung regelmäßig entgegentritt. Es gelingt mir nicht, dem System zu übermitteln, dass ich an seiner fürsorglichen, für mich personalisierten Vergangenheitsarchitektur kein Interesse habe. Es wird mir, in naher oder ferner Zukunft wohl nichts anderes übrig bleiben, als meinen facebook-account zu löschen, so unwiderruflich, wie es das System zulässt. 
Nun tue ich hier etwas ähnliches, betreibe aus eigenem Antrieb, höchstselbst und freiwillig Erinnerungskultur:
Ein Ausschnitt aus dem Garten vor fünf Jahren, unmittelbar nach der Rodung einer unansehnlichen Hecke und der professionellen Pflanzung von 12 rhizombildenden Bambusjünglingen. Ich erinnere mich, dass damals ein Nachbar anerkennend sagte, wir hätten ja nun viel Licht gewonnen.

Derselbe Ausschnitt heute. Die lichtdurchlässige Bambushecke präsentiert sich, von demselben Dachfenster aus gesehen, mit massivem Grüngewinn!

Samstag, 2. September 2017

"Herr, es ist Zeit"

Vor Sonnenaufgang einstellige Temperaturen. Morgennebel. Herbst! Im Titel ein wörtliches Zitat, ein lyrisches, der Weltliteratur entnommenes - deshalb entsprechend gekennzeichnet. Der Titel des deutschen Herbstgedichts per se. Es gibt auch Jahreslosungen, wie ich im Rahmen meiner Brotbackrecherchen herausgefunden habe. Und die Losungen, die Bibelstellen aus dem Neuen oder Alten Testament, werden tatsächlich per Los ermittelt. Herr es ist Zeit, ein neues Los zu werfen. Oder zu ziehen.

Freitag, 1. September 2017

Herr, es ist Herbst

Ich habe seit einiger Zeit die Tageslosungen elektronisch abonniert. Sie kommen pünktlich und zuverlässig, während ich schlafe, immer kurz nach Mitternacht. Ich brauche ab und zu einen guten Bibelspruch für die Bäckerlegenden und lasse mir mittlerweile die Anregungen kostenfrei ins Haus liefern. So einfach ist das. Heute kam Psalm 90, 1.2. "Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit." Ich frage mich sofort, wo das Wasser, die Weltmeere, vor allem aber das Wattenmeer abgeblieben sind. Und warum 2 x "wurden". So leider unzitierbar.
Das erste "wurden" könnte ohne Not zum Beispiel durch das Verb "entstanden" oder meinetwegen archaischer "erstanden" ersetzt werden. Die August-Präfixe stehen immer noch auf Abruf bereit in meinem Hirn. Es regnet heftig. Kein Morgenschwimmen.