Der Regen hatte gestern abend rechtzeitig sein Einsehen. Nur der Raum war verändert. Die Uhr an der Wand war verschwunden. So probten wir zeitlos. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich nach Hause kam. Auch die Müllabfuhr ist aus dem Takt geraten. Nach Osternn kommt sie erst am Freitag. Im Morgengrauen sammle ich also kopflos noch Papier für meine blaue Tonne ein, und finde zwei Alte Große Duden. Einer von 1939: Elfte, neubearbeitete und erweiterte Auflage. Erster verbesserter Neudruck. Darin wird auf dem Schmutztitel geworben mit "Schlag nach! Das Buch der 100 000 Antworten." Auf der Titelseite der Ex Libris Stempel, die handschriftlich eingetragene Nummer 121, von Tadeusz Alszer. Das ist der Schwiegervater von Maciek. Die beiden Männer, die die Liebe zu einer Frau eint, teilen nun ihre letzte Ruhestätte. Macieks Urne wurde letzte Woche im Familiengrab der Alszers auf dem Rakowiecki Friedhof beigesetzt. Wie des Schwiegervaters Duden zu mir ans Wattenmeer kam, kann ich noch nachvollziehen. 2007 mit dem Umzugsgut aus Berlin. Wie er aber dereinst den Weg in mein Berliner Bücherregal fand, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich über die Schweiz.
Der zweite Alte Große Duden (16., erweiterte Auflag, neu bearbeitet, im Einvernehmen mit dem Institut für deutsche Sporache) trägt auch einen denkwürdigen Stempel, auch mit handschriftlichen Ergänzungen, was mich daran hindert, das Buch umgehend in die Tonne zu werfen: "Dieses Buch ist mir vom Land Berlin am 3.11.1969 übereignet worden. Wolfgang Arlt" (kursiv = handschriftlich). Die Rückseite der Titelseite trägt den gedruckten Vermerk: "Das Wort DUDEN ist für Bücher des Bibliographischen Institus als Warenzeichen geschützt."
Dieses Bibliographische Institut hat in der durch das Land Berlin übereigneten 16. Ausgabe ihren Sitz in Mannheim und Zürich, in der 11., der Alszer-Ausgabe aber in Leipzig. Was sagt uns das?
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