Sonntag, 31. Juli 2022

Senkerechte

Die Senke Rechte sind auch Rechte. Es ist schwül und am frühen Nachmittag setzt wunderbarer Landregen ein. Also: das wohltuende Wunder fällt senkrecht vom Himmel und wir ziehen uns demütig ins Haus zurück. Die Regentonne wird wie von selbst voll, der Bambus atmet wie von selbst auf, und der Rasen bleibt trotzdem trocken, wie er ist. Schwimmen fällt aus, obwohl mächtig viel Wasser kommt. Immer noch Springzeit. Nachneumondzeit. Die Nordsee springt senkrecht in die Höhe.

Samstag, 30. Juli 2022

Waagerechte

Die Welt am Wattenmeer ist geometrisch geschichtet. In der Waagerechten übereinander oder untereinander. Die Waggerechte ist das Recht der Waage! Es gibt verschiedene Luftschichten. Verschiedene Farbschichten. Verschiedene Wasserschichten. Verschiedene Wattschichten. Es gibt das Farbstreifensandwatt, das mit jeder Flut überspült wird und mit jeder Ebbe neu aufgebaut wird. Von vielen fleißigen Mikroorganismen, die neben-, über- und untereinander im Akkord arbeiten. Das ist das Recht der Waage!

Freitag, 29. Juli 2022

Neu

Geboren? Ich wache mit dem Sonnenaufgang auf. Schäle mich aus meinem feuchten Outdoordaunenschlafsack und haste auf bloßen Füßen den Deich hoch. Kneipkur! Da ist sie tatsächlich! Die Sonne! Geradewegs im Osten. Es ist frisch. Im Westen liegt das Watt ungefähr so da, wie gestern abend bei meiner Ankunft. Trocken. Das Wasser ist in der Nacht gekommen und wieder gegangen, ohne mich zu stören oder zu erschrecken. Lautlos. Auf leisen Sohlen, ha! Ich habe nichts gehört und war nicht baden, nicht einmal im Traum! Kein Mensch weit und breit. Nur Schafe. Und Seeschwalben, die aufgeregt dort frühstücken, wo wir sonst schwimmen. Ich fröstele. Steige wieder ab, ziehe meine feuchten Klamotten an, eine feuchte Hose, zwei feuchte Strümpfe, zwei feuchte Schuhe. Rolle meinen feuchten Schlafsack ein, versuche die feuchte, sich ständig aufs Neue selbst aufblasende Isomatte von ihrem Inhalt zu befreien. Unten auf dem Asphalt, denn da ist es trocken. Zwinge das widerspenstige Ding auf Knien, nachzugeben. In der Nacht hat es mir wohlbemerkt gute Dienste geleistet, eine warme Luftschicht unter mir. Aber nun muss sie loszulassen, damit ich sie einrollen und aufs Fahrrad packen kann. Ich setze meinen nassen Fahrradhelm auf, puh, das ist wirklich nicht angenehm! Reibe den nassen Sattel notdürftig mit einem Taschentuch trocken. Und steige in die Pedale, nix wie los hier. Ich hole mir noch den Tod! So schön kalt ist es an einem Endjulimorgen am Wattenmeer! Mein Frühstück (Käsestulle + Apfel in Tupperdose, Tee in Thermosflasche) gibt's zu Hause in der warmen Küche.

Donnerstag, 28. Juli 2022

Neumond

Am frühen Morgen mindestens eine Seite in die Tasten gehauen! Dann hat mir mein Nachbar zur Rechten die Hecke geschnitten und ich hinter ihm her das Zeug eingesammelt. Rechtzeitig für die grüne Müllabfuhr alles in die neun braunen Säcke gestopft, die mir der Nachbar zur Linken freundlicherweise ausgeliehen hat, denn so viele habe ich nicht auf Vorrat mitten im Sommer. Habe alle brav, wie vorgeschrieben, zugebunden - obwohl das voölliger Unsinn ist! - und an den Straßenrand gestellt. Als der Müllwagen sich meiner Straße näherte, habe ich das Haus verlassen. Bin mit gutem Grund zu Edeka geradelt. Den fluchenden Müllwagenfahrer wollte ich nicht erleben, wie er die 9 Säcke in ihr Grab hievt. Dazu muss er nämlich seinen luftgefederten Sitz verlassen, aussteigen, sein brummeldnes Gefährt umrunden, die Säcke - einer nach dem anderen, mehr als zwei gehen nicht - quer auf den Greifarm legen, wieder in die Kabine zurückkehren, den richtigen Knopf drücken, damit der Arm sich nach oben bewegt. Und so weiter. Die Mülltonnen beherrscht der Greifarm selbstständig. Da muss der Fahrer nur darauf achten, dass er nicht aus Versehen auch Fußgänger, Müssiggänger oder Schulkinder ergreift, anpackt, anhebt, durchschüttelt und in den Laderaum kippt. Ich musste mich um die Wiederbeschaffung der 9 Säcke für den Nachbarn kümmern. Puh! 

Vor dem Neumond soll man erledigen, was zu erledigen ist. Weil, wie der Name schon sagt, gleich etwas Neues beginnt. Am Himmel. Der neue Mond kommt! Mit Sonnenuntergang radle ich an den Deich, hoffnungsfroh und leicht fröstelnd. Ich hoffe auf eine belebende Sternennacht. Die Perseiden sind bereits zu Gange, haben noch nicht ihren übersprudelnden Höhepunkt erreicht. Ob ich den Mut finden werde, zum Hochwasser in stockdunkler Nacht, gegen 02 Uhr in der Früh, ins Wasser zu steigen, bezweifle ich. Wahrscheinlich schlafe ich dann tief und fest. Und das ist ja auch gut so. Ein Handtuch kommt trotzdem mit. Und Mückenspray.

Mittwoch, 27. Juli 2022

Erdbeben

Im Norden der Insel Luzon auf den Philippinen bebt die Erde immer noch. Alle 15 Minuten seien Nachbeben zu spüren. Brücken sind eingestürzt, Gebäude beschädigt, die Erde bebt nicht nur, sondern  rutscht und Felsen fallen ... Auch in der mehrere Hundert Kilometer entfernten Hauptstadt Manila schwanken die Hochhäuser und werden Menschen in Sicherheit gebracht. 

Dienstag, 26. Juli 2022

Sichel und Venus

Kurz vor 4 Uhr weckt mich der Regen und ich ziehe um. Ins Haus. Von der Mondsichel und der Venus ist naturgemäß nichts zu sehen. Dabei sollen sie gerade heute früh nur wenige Fingerbreit voneinander entfernt, klassisch schön und im goldenen Schnitt direkt übereinander am Morgenhimmel stehen. Auch der Kater kommt und legt sich auch zu meinen Füßen unter dem Dach. So ist es allemal gemütlicher. 

Gerhard Meier (1917-2008) wollte auch immer etwas über das Nichts schreiben. Er schrieb dann über blühende Granatbäume und zitierte aus der Bibel. Das Nichts verselbständigt sich in eigenen Bildern und eigenen Prozessen. Ich weiß, wovon ich schreibe und bin immer wieder aufs Neue verblüfft, wie leise Regen in der Nacht beginnt. Oder wie geschärft das Gehör ist bevor die Sonne aufgeht. Der Regen ist zu hören, bevor die ersten Tropfen die Haut, den Kopf, das Haar berühren. Ich wache immer auf, bevor ich nass werde. Sozusagen im Nichts oder im Dazwischen.

Montag, 25. Juli 2022

Hitze

Nachthitze. Tageshitze. Mittagshitze am Wattenmeer. Noch immer heftige Strömung von Süd. Noch immer wenig Wasser. Ich schwimme mein Dreieck in umgekehrter Richtung und verlasse den Deich sofort.

Sonntag, 24. Juli 2022

Bredstedt

Im Garten geschlafen, kaum ein Auge zugetan angesichts der Masse von Sternen über mir, trotzdem mit der Sonne aufgewacht.  

Um 9:15 Uhr mit Fahrrad und Helm zum Schwimmen nach Westen, an die Meldorfer Bucht. Kaum Wasser. Kalter Wind. Kaum Menschen. Schnelles Frühstück auf dem grünen Deich. Ich vermisse den Gong und friere. 

Um 17:43 Uhr zum Abendessen nach Norden, in den Luftkurort Bredstedt (Bredsted, Breedstedt, Braist oder Brajst - je nachdem, welche Zunge wir bevorzugen), gut 70 km hin und genauso viel wieder zurück. Ich nehme den Zug und das 9€Ticket und zwänge mich nach Umsteigen in Heide in einen hoffnungslos überfüllten Syltshuttle. Ich vermisse den Deich und schwitze.

Samstag, 23. Juli 2022

Hemmingstedt

Draußen geschlafen, mit der Sonne aufgewacht. Um 8:15 Uhr zum Hochwasser an den Deich. Ich trotze dem Regenradar. Um 15:15 Uhr zum Gongkonzert nach Hemmingstedt. Ich trotzde immer noch dem Regenradar. Ich habe fast 50 km auf dem Rad vor mir.

16 Uhr: Großes Gongkonzert mit Peter Heeren. Marien-Kirche, Pastor-Harder-Straße 1, 25770 Hemmingstedt

Hemmingstedt leuchtete kürzlich, als wir uns um 4:30 Uhr an der Meldorfer Bucht trafen, jenseits des Deichs. Diesseits leuchtete die Mittelplate. Die Bohrinsel, die diesseits - also draußen im Nationalpark und mitten im Weltnaturerbe - zutage fördert, was jenseits - dort wo später die Sonne aufging - in Hemmingstedt raffiniert wird. Die Raffinierie leuchtet Nacht für Nacht vor meiner Haustür, gespenstisch wie ein Ufo. Vom Deich aus gesehen, von der diesseitigen Wasserseite aus, leuchtete an jenem sehr frühen Morgen Hemmingstedt ganz anders. Jenseits des Deichs, über den Köpfen der neugierigen Schafe, jenseits der ganz konkreten Hallen des Hafenwerkhofs. Leuchtete Hemmingstedt nicht mir zu Füßen. Sondern wie bei Hopper:

Freitag, 22. Juli 2022

Planetenreigen

Ich schlafe unter dem Dach. Es regnet die ganze Nacht. Herr Caruso legt sich zu meinen Füßen. Auch ihm ist es zu ungemütlich draußen. Eigentlich wollten wir unsere Gong-Session heute früh an der Meldorfer Bucht abhalten, eigentlich war geplant, dass ich die Nacht auf heute am Deich verbringe. Ein Blick auf diverse Wetter-Apps, die alle etwas anderes aber im Prinzip doch dasselbe vorhersagten, ließ uns umdisponieren. So haben wir den Planetenreigen am Himmel verpasst. Die freisichtigen Planeten, sagte der Hamburger Planetarier schon Anfang des Monats voraus, würden heute früh in der richtigen Reihenfolge ihrer Sonnendistanz am Himmel zu erkennen sein. Wenn da nicht Regenvorhänge zugezogen und Augen unter dem Hausdach verschlossen wären.  „Venus im Nordosten, Mars mit unserem Erdmond im Osten, Jupiter im Südosten und Saturn im Süden.“  

Donnerstag, 21. Juli 2022

Landregen

Ich wache vor Sonnenaufgang auf. Im Garten. Herr Caruso hatte sich in der Nacht zu mir gesellt. Zuerst getretelt, auf meinem Bauch und meiner Brust, er wollte wohl sicher gehen, dass ich es bin, dann hat er sich niedergelegt und Druck auf meine inneren Organe ausgeübt, dann wurde ihm das Gerumpel wohl zu bedrohlich und er wechselte an die Kniekehlen, und schließlich legte er sich mit dem Rücken an meine Fußsohlen. Irgendwann, davon merkte ich aber nichts, muss er von der Liege hinuntergesprungen sein, dann er lag, als ich die Augen öffnete, an strategischer Stelle im Rasen neben mir. Wie ein Wachhund. Bewachte den Eingang zum Garten. Guter Kater! Ich wäre unter diesen Umständen sofort bereit gewesen, zum Frühhochwasser an den Deich zu fahren. Aber ein Blick auf das Regenradar der nächsten zwei Stunden hielt mich davon ab. Der Landregen marschierte durch den ganzen Vormittag und Mittag. Alles atmete auf. Der verdorrte Rasen, der Bambus, die Stockrosen und anderen Rosen, der Kater und ich. 

Erst am späten Nachmittag taucht die Sonne auf und heizt uns wieder ein. H. ruft an und wir fahren mit dem Auto zum Abendhochwasser. Ich schwimme mein Dreieck, das Wasser ist seelenruhig und milde. Wieder wird es wärmer, je länger ich drin bin. Oder ich bilde es mir nur ein. Auf dem Heimweg friere ich bereits wieder.

Mittwoch, 20. Juli 2022

Halbmond abnehmend

Ich erwache um 04:08 Uhr. 7 Minuten vor dem Wecker. Die Dämmerung ist schon da. Ich sehe den Gongspieler über den Deich kommen. Wir sind um 04:30 Uhr an den Koordinaten 54° 5' 23.298" N,  8° 57' 5.35" E verabredet.

Ich muss meine Schuhe anziehen und er Gong, Ständer, Schlägel, Mikrophon hinübertragen und aufbauen. Die Schafe versammeln sich neugierig auf der Deichkrone. Die Sonne geht hinter dem Deich auf. Noch befinden wir uns auf der dunklen Seite der Welt. Dafür leuchtet über uns der Halbmond, abnehmend und umzingelt (im weitesten Sinn) von Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Und vor uns läuft das Wasser fast lautlos auf. Einige Wildvögel sind bereits auf Futtersuche.

Er singt den Gong (wie das geht, hört Ihr hier), ich singe meine Stimme. Dann sitzen wir auf dem Deich, trinken Tee, betrachten das Licht, es ist noch unentschieden, also schweigen wir und räumen unsere Sachen zusammen, verabschieden uns. Das Hochwasser ist noch nicht ganz da, aber der emeritierte Barlter Pastor ist bereits auf dem Weg zu seiner Sandbank. Also ziehe auch ich mich aus und schwimme mein Dreieck. Das Wasser wird wärmer, je weiter hinaus ich gelange. Auf die Sonne ist, wie auf das Wasser, Verlass. Beide sind immer pünktlich. Sie steigt über den Deich, während ich zwischen den Bojen die Richtung ändere, und öffnet endlich auch die Diesseitigkeit. 

Herr Caruso erwartet mich vor der Haustür. Ich kraule ihn unter dem Kinn und entschuldige mich, dass sein erstes Frühstück ausnahmsweise spät serviert wird. Es ist 07:22 Uhr. 

Dienstag, 19. Juli 2022

Alter Traum

Seit Jahren will ich eine Nacht am Deich verbringen. Seit Jahren verpasse ich den richtigen Moment. Und heute bricht das Glück unverhofft mit doppelter Wucht über mich herein. Die wärmste Nacht des Jahres ist angesagt. Vor dem wärmsten Tag des Jahres. Ich fahre mit Sonnenuntergang los. Perfektes timing. Sehe eine blutrote Kugel neben dem Dom versinken. Der Wind frischt auf und trägt mich nach Westen. Niemand fährt zu dieser Zeit in diese Richtung. Alle kehren heim. Das Abendlicht ist milde. Ich habe Gastrecht bei Strandkorb 66. Das Watt liegt trocken und die letzten kreischenden Spaziergänger waschen sich die Füße. Ich entrolle meine sich selbst aufblasende Isomatte. Ein Wunder nicht der Natur, sondern unserer unstillbaren Gier. Ich hatte die allergrößten Probleme zu Hause, die Luft aus ihr herauszupressen und sie auf eine auf dem Fahrrad transportierbare Größe einzurollen. Ich sende noch zwei Botschaften in die virtuelle Welt, dass ich mich häuslich eingerichtet habe. Die erste Mücken entdecken mich, meine Ausdünstungen oder den Schein des Minidisplays. Ich krieche in den Schlafsack und starre in den Himmel. Ein Stern nach dem anderen fängt an zu leuchten. Wie Lichter, die angeknipst werden. Die Mücken geben nicht auf. Ich schlage um mich, obwohl ich ihnen ihr Existenzrecht nicht abspreche. Ganz im Gegenteil. Ich bin dankbar. Hier gibt es noch Mücken und in Schwärmen! Ich rede ihnen gut zu, es anderswo zu versuchen. Aber ich bin ganz allein auf der Welt.

Montag, 18. Juli 2022

Neue Woche ...

... neues Glück. Unten auf der Erde wird die Gartenschlafsaison eröffnet. Oben am Himmel Parade der Planeten! Ich soll möglichst bis 02 Uhr die Augen offen halten, rät mir der Allmächtige. Saturn prangt bereits im Südosten, Mond und Jupiter steigen kurz nach Mitternacht von Osten herauf, später kommt "links daneben" der Mars dazu. Gegen Morgen steht der schon fast auf die Hälfte geschrumpfte Mond genau über mir, ich wache auf oder schlafe immer noch mit offenen Augen und die Venus grüßt.

Die Begegnungen des Mondes mit den großen Planeten, sagt der Direktor des Planetarium Hamburg, zählen zu den schönsten Momenten in den kurzen und hellen Julinächten.


Sonntag, 17. Juli 2022

ingen har ...

Ich fahre erst spät zum Schwimmen. Drehe mein Dreieck eineinhalb Stunden nachdem die Flut gekentert ist. Wasser ist immer noch genug da und die lautesten Schwatzbasen sitzen bereits zu Hause beim Abendbrot. Bis ich wieder in den Kleidern bin, friere ich einsam am Deich, ja ich friere, schlottere, klappere mit den Zähnen! Ansonsten halte ich es mit Sarah Kirsch, die am 14.4.1990 an Christa Wolf schrieb: "Ich höre hier schon dänische Sender weil ich diesz deutsch-deutsche Geschrei auch nicht mehr hören kann. ... Liebe Menscher, hört auch lieber dänisches Radio. Es ist sehr beruhigend, wenn man nix mehr versteht." Zitiert aus der 2019 erschienen Ausgabe des Briefwechsels der beiden, im O-Ton (Orthographie, Satzzeichen und dergleichen mehr betreffend), von S. 308 unten bis 309 oben.


... nogensinde ejet en kat. Das ist dänisch und prangt auf dem Geschenk, das der Kleine Friedrich Herrn Caruso aus dem Urlaub in Dänemark mitgebracht hat. Es soll - mit dem Anfang oben im Titel heißen : "Niemand hat je eine Katze besessen." Das längste Wort im Original (nogensinde) ist das kürzeste in der Übersetzung (je) - aber das Schwergewichtigste! Von Google lass ich mir den Satz vorsprechen. Er klingt in meinen Ohren auch nach zweieinhalb Dutzend Wiederholungen immer noch völlig unverständlich, überhaupt nicht kompatibel mit den Buchstaben, die meine Augen sehen und zu Wörtern zusammenzusetzen versuchen.

Samstag, 16. Juli 2022

Windbergen

Bei uns ist immer noch Winter. Die halbe Nacht fiel Regen und nun ist Sturm für den ganzen Tag vorhergesagt.

Trotzdem - oder gerade deshalb - spielt Peter Heeren heute um 16 Uhr in der Kirche "Zum Heiligen Kreuz" in Windbergen Gong und Orgel. Und ich radle natürlich hin, über den Buckel nach Wolmersdorf und durch die Niederungen Richtung Süden. Mit Wind im Rücken und Windbergen vor Augen!

Der Eintritt ist frei, eine Kollekte wie immer willkommen.

Freitag, 15. Juli 2022

Reifenabrieb

Es gibt auf unsere Erde mittlerweile keine plastikfreien Böden mehr, bald auch keine plastikfreien Pflanzen, Bäume, Blumen und Sträucher mehr, und bald auch keine plastikfreien Menschen mehr. Plastik ist all over the world. Nicht nur im Ozean. In Flussauen, auf Gletschern und bereits eisfreien Gipfeln, auf Feldern, Äckern, in Wäldern, Seen, Flüssen ... in der sogenannten Rhizosphäre (= Lebensraum in unmittelbarer Umgebung der Pflanzenwurzeln, mit allen darin enthaltenen Lebewesen wie Würmern, Asseln, Rädertierchen, Bakterien und Pilzen) genauso wie in Spinnennetzen oder unseren Mägen und Verdauungstrakten, in den Blutbahnen und bald wohl auch in den Genen. Diese Mikro- und Nanopartikel verschwinden nie wieder. Soweit so ungut.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Mikroplastikfracht entlang von Straßen zum größten Teil aus Reifenabrieb und Abrieb von Straßenmarkierungen besteht. Dabei macht es wahrscheinlich keinen qualitativen Unterschied, ob diese unselige Fracht von Fahrradreifen oder Autoreifen verursacht wurde. Quantitativ wird schon ein Unterschied bestehen. Aber unterm Strich hieße das, dass es nicht ausreicht, aufs Auto mit seinen 4 Räder zu verzichten. 2-Rad-Fahrende, E-Biker und ich, vermüllen die Welt genauso unumkehrbar! 

Mein neuer Kilometerzähler, der seit der letzten Inspektion am Fahrrad montiert ist, hat die erste 1000-Kilometer-Marke überschritten. Innerhalb von knapp drei Monaten. Nur mal immer wieder von hier nach da, zum Einkaufen, zum Singen, zum Schwimmen.

Donnerstag, 14. Juli 2022

Schlagzeilen

Noch ein Versuch. Monduntergang über Meldorf lt BSH 05:10 Uhr. Sonnenaufgang 05:09 Uhr. Passt theoretisch. Ich stelle den Wecker auf 04:30 und steige um 04:45 auf mein Fahrrad, radle in die Feldmark, Richtung Hesel, der Sonne entgegen. Im Westen ist es dunkel. Unheil dräut über dem Meldorfer Dom. Schlechtwetterwolken. Im Osten aber herrscht güldene Klarheit. Die Sonne erscheint blendend, der Mond geht schweigend. Irgendwo stand geschrieben, dass der Supermond höchstens in den Schlagzeilen zu sehen sei. Wie treffend plump. Es ist frisch und ich muss bald schon wieder Handschuhe und Stirnband tragen. Kein Mensch, kein Hund, kein Jäger ist unterwegs. Nur ein Feldhase kreuzt meinen Weg. Die Fennen dampfen wie nordirische Hochmoore.

Mittwoch, 13. Juli 2022

Das Zieren

Vollmond. Angeblich der hellste, größte, schönste des Jahres. Ein wahrer Supermond. Aber über dem Wattenmeer ziert er sich. Zeigt sich mehr oder weniger gar nicht. Geht heute abend so spät auf, 50 Minuten nach Sonnenuntergang, dass ich anfange, an der Gerechtigkeit zu zweifeln. Gestern kam er zerstückelt zwischen den Wolken im Nordosten ab und zu hervor. Heute spare ich mir die undankbare Jagd nach einem unsichtbaren Supermond. Zu nachtschlafener Stunde verlasse ich das Haus nicht mehr, denn ich bin unterkühlt. Am Mittag habe ich noch einmal richtig gefroren am Deich. Das glaubt ihr alle nicht, die ihr Euch halb- oder ganz nackt in Hitzewellen wälzt. Das Wasser war anständig, der Wind unanständig.

Dienstag, 12. Juli 2022

Das Fahren

Seit ein paar Tagen steht ein Auto auf meiner Auffahrt. Die Nachbarn, die mich kennen, fragen, ob ich nun endlich den Führerschein mache. Die Nachbarn, die mich nicht kennen, fragen, ob ich nun endlich ein Auto gekauft habe. Der Rest denkt, ich hätte Besuch. Männerbesuch. Weil die Marke in diese Richtung zeigt. Eindeutig. Von solchen Dingen habe ich keine Ahnung. Das Auto hat kein Kennzeichen, das fällt seltsamerweise nicht ins Auge der Betrachter. Es gehört meinen Mietern und steht zum Verkauf. Ich habe ihnen erlaubt, es auf meiner Seite des Grundstücks zu parken, damit auf ihrer Seite die Zufahrt von und zur Haustür frei ist. Mit dem neuen Auto. Angeblich derselben Marke. Für solche Dinge bin ich, wie gesagt, blind. Betriebsblind.

Ich brauche kein Auto, Alter hin oder her, keinen Führerschein, keinen Geliebten, Status hin oder her. Ich muss niemandem etwas beweisen. Weder meine Souveränität noch meine Selbständigkeit, Unabhängigkeit, Freiheit, noch meine Treue. Zu einer Marke. Oder der anderen. Mobil bin ich allemal. Stichwort 9€Ticket. Zum besten Preis. Schnell auch. Stichwort Fahrrad ohne Tempolimit. Beinarbeit. Kürzlich rauschte ich wieder im Speicherkoog an den Ibaikern vorbei, mit Rückenwind, Helm und über 33 km/h. Das Statistische Bundesamt meldet 142 tödliche Unfälle mit E-Bikes im Jahr 2020, 20% mehr als 2019. Tendenz seit 2015, damals waren es 36, stark und kontinuierlich steigend.

Montag, 11. Juli 2022

Das Frieren

Es ist Juli und wir frieren wieder an der Nordsee! Das Wasser ist deutlich kühler geworden, aber der Wind hat nachgelassen. Die Wetterapp stuft die Sturmböen nur noch als Windböen ein. Gestern reichte meine Kraft für ein halbes Dreieck, heute für das Ganze. Das ist den Wellen geschuldet, die sich über Nacht beruhigt haben, und nicht der Wassertemperatur. Also bleibe ich heute länger drin und kühle effektiver aus. Bis in die Zehenspitzen. Herrlich schlotternd radle ich nach Hause.

Sonntag, 10. Juli 2022

Das Schweigen

2 Stunden und 41 Minuten dauern die von zwei Schauspielerinnen gelesenen Briefe von Sarah Kirsch und Christa Wolf. Man kann an einem Samstag Abend Dümmeres tun. Also setzte ich mich gestern abend mit Herrn Caruso aufs rote Sofa und hörte nach, was ich bereits auf 322 Seiten, in Auszügen, immer mal wieder vor dem Einschlafen oder nach dem Aufwachen, quergelesen hatte. Der Vorteil dabei: Der Kater bekommt auch etwas mit! Stimmen berühren anders als Papier, und ich kann Moritz gut verstehen, dass er weder Iris Berben als Christa Wolf noch Sandra Quadflieg als Sarah Kirsch hören mag. Er hat die Originalstimmen im Ohr und Emilie, die Katze, lebt nicht mehr. Mich berührt das abrupte Ende. Nach 30 Jahren innigsten Austausches - die Quantität ist belegt, die Qualität meine persönliche Einschätzung - folgen 20 Jahre Schweigen. Nicht der Tod trennte die Briefschreiberinnen, sondern die sogenannte "Wende". Die Politik. Die Weltpolitik. Dies, obwohl die beiden ungefähr die Hälfte ihrer 30-Jährigen Brieffreundschaft aus verschiedenen Systemen dieser Welt praktizierten und aufrecht erhielten - trotz aller ideologischer Unterschiede. Ihren Beruf ausübten, sich gegenseitig respektierten, achteten, lasen, lobten oder kritisierten. Der Kitt hielt und die Post funktionierte, trotz Zensur - über den Eisernen Vorhang hinweg. Und als der fiel, bzw. in Fetzen zerrissen wurde, war alles auf einen Schlag vorbei.

Am 21.12.89 schrieb Sarah Kirsch aus Tielenhemme "die Post geht jetzt viel schneller, das ist doch auch was. Irgendwelche Rüssel fehlen anscheinend." Ein Jahr später wünschen sich beide noch ein Gutes Neues 1991. Danach leben sie in einem Land und der Mantel des Schweigens wird über die Distanz von Ost zu West oder West zu Ost geworfen. Der Wind kam mal von der Eidermarsch, mal von der Spree. Christa Wolf starb 2011 in Berlin, Sarah Kirsch 2013 in Heide.

Samstag, 9. Juli 2022

Die Kiefer

Der Kiefer scheint der beständigste Knochen im menschlichen Skelett zu sein. Immer mal wieder wird so ein Teil eines unserer Vorfahren auch an der Nordsee angespült. Zum Beispiel die Baltrumer Kiefer (oder Männer, weil sie natürlich männlichen ca 30 Jährigen zugeordnet wurden) - nicht zu verwechseln mit den Baltrumer Kiefern in den Baltrumer Kiefernwäldchen. Nun also hat man in der nordspanischen Ausgrabungsstätte Sima del Elefante die "womöglich ältesten jemals in Europa gefundenen menschlichen Überreste" ausgebuddelt. Dort wurde vor Jahren schon ein menschlicher Kiefer entdeckt, der seither als "ältestes in Europa gefundenes menschliches Fossil" galt. Beim Wort "Fossil" sträuben sich mir die Nackenhaare, die Wortfolge "menschliches Fossil" beschert mir Alpenfernsicht. Ich verorte solche Funde instinktiv in den schmelzenden Gletschern im Tödigebiet. Aber nein, aus Burgos wird gemeldet, dass ein zehn Zentimeter langes Teil eines Gesichtsknochens zum Vorschein gekommen ist, in der staubigen Erde. Das sind hominine Fossilien. Denn sie haben mit der Stammesgeschichte des Menschen zu tun. Mit der Hominisation. Mit der Entwicklung des homo sapiens. In der Vorausschau wird aber von uns modernen Menschen nichts außer unverrottbarem giftigen Müll übrigbleiben. Denn wie sagt schon die Bibel - oder die Pfäffin am offenen Grab: Erde zu Erde ... Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden. (1 Mos 3,19)

Im US-Bundesstaat Washington gibt es bereits die umweltfreundliche und ressourcenschonende Möglichkeit, Verstorbene nicht zu bestatten, nicht zu kremieren sondern zu kompostieren. Auch unter einer Kiefer. Zum Beispiel.

Freitag, 8. Juli 2022

Nara

Das politische Attentat schien ausgestorben. Bis heute vormittag in Nara, local time 11:30 Uhr, da schliefen hierzulande wahrscheinlich die meisten tief und fest. Ausgerechnet in Japan, aufgerechnet Abe Shinzō. Oder Shinzō Abe. Um 17:03 Uhr wurde er offiziell für tot erklärt. Da waren wir gerade beim zweiten Frühstück. In Nara habe ich einmal eine kalte Winternacht in einem hundertjährigen Holzhaus verbracht. Die Wände, die die Innenräume voneinander trennten, so dass es als Gästehaus dienen konnte, bestanden tatsächlich aus Papier. Der Weg ins Bad und auf die Toilette führte durch einen einmaligen japanischen Garten. Wie das so ist, in diesem Land der unendlichen Naturbewunderung. Menschen zählen dort längst nicht so viel wie eine Umeblüte. Was wohl unter diesen Umständen einen 41 jährigen Ex-Elite-Marine-Soldat dazu bewogen haben mag, mit einer selbstgebauten doppelläufigen Schrotflinte den Mann zu erschießen, der vier Amtszeiten als Premierminister des Landes hinter sich hatte und vielleicht kurz davor stand, eine fünfte anzutreten? 

Ich wünschte mir den (geregelten, nicht zwingend verbrecherischen) Abgang von manch einem hochrangigen Politiker. Aber Abe? Ausgerechnet in Nara? Als ich dort übernachtete, war noch sein Vorgänger Koizumi im Amt. Und der ist mir in Erinnerung geblieben mit diesem Wort mottainai“.

Donnerstag, 7. Juli 2022

Altbacken

Der 7.7.77 war so ein Gespenst, das einst mit langem Vorlauf umging. Ich war noch keine Zwanzig und wahrscheinlich mit dem Fahrrad unterwegs. Ich wohnte an der Sommergasse in einem Dachzimmer. Meine Vermieterin verbrachte jeden Sommer, solange ich bei ihr wohnte, in Schangnau, im Kemmeriboden. Wörter und Orte, die längst aus meinem Gedächtnis verschwunden sind. Ausgerechnet Unwetter holen sie nun wieder ans Tageslicht. Auch in der Schweiz treten Flüsse über die Ufer und verwüsten Häuser

Mittwoch, 6. Juli 2022

Schrägbacken

Es regnet täglich. Es stürmt täglich. Es hagelt täglich. Schlechte Nachrichten und ähnlich Faustgroßes, Unwuchtiges, Verkanntes. Eine willkommene Abwechslung: Kaffee und Johannisbeertarte. Aushäusig. Mein Ofen bäckt in letzter Zeit schräg. Eine Seite des Kuchens geht immer höher auf als die andere. Oder die andere fällt beim Auskühlen schneller wieder in sich zusammen. Es kann eigentlich nicht am Treibmittel (Backpulver) liegen, das ich mit dem Mehl vermischt in den Teig einarbeite, so gleichmäßig wie es mir mit meinen beiden Händen eben möglich ist. Vielleicht liegt es an einer grundsätzlichen Schräglage, einer Schräglage des (immer noch relativ neuen) Ofens, des Backblechs, der Küche oder ihres Bodens oder des Hauses überhaupt oder einer Ecke seines von den Wurzeln meiner mächtigen Edelkastanie möglicherweise gekitzelten Fundaments. Oder es liegt an der Bäckerin und ihrer labilen Backlaune, oder ihrer ungleich langen Beine, um die immer ein schwarzer Kater streicht, sobald sie in der Küche steht. Vielleicht sind wir einfach alle bereits einsturzgefährdet und wissen es nur zum Glück noch nicht.

Dienstag, 5. Juli 2022

Nachbereitung

Seit wir an der Eider waren, denke ich vermehrt über den Sinn des Lebens nach. Ha! Als ob ich das an allen anderen Tagen dieses Jahres (und aller vergangenen) nicht bereits zur Genüge getan hätte. Aber die Eider, die ich vor ein paar Tagen in den Text gesetzt habe, ist an der Stelle, an der wir standen, als Jürgen B. knipste, eigentlich ein stehendes Gewässer. Sie mäandert dort, unweit des einstigen Schulhauses mit seinem einsamen Schüler, weder nach links noch nach rechts, weder nach Ost noch nach West, weder nach Süd noch nach Nord. Sie ist genügsam still und gelangt trotzdem irgendwann am Eidersperrwerk vorbei in die Nordsee. Falls das Sperrwerk nicht - wie sein Name schon sagt - seine Tore schließt und der Eider den Weg versperrt. Also das Süßwasser daran hindert, sich westlich der Siehltore mit dem Salzwasser zu vermählen. Wie der Dichter sagte, wenn es ihn noch gäbe. Aber wir brauchen ihn nicht mehr, den Poeten, denn die Vermählung findet trotzdem statt. Liebe kann nichts aufhalten! Auch nicht der Normalbetrieb mit seiner Flutdrosselung. Entweder finden sich die beiden ungleichschweren Wässer diesseits oder jenseits der Sperre. Bei Springflut oder Sturmflut tritt die Nordsee durch die Tore in den Flusslauf hinein, auf die Eider zu, stößt ins Eiderwatt vor, dringt ins Eidervorland ein und drängt den Fluss, die Angebetete, Süße, zurück nach T. - Tönning, Delve oder Tielen. Kentert die Flut, läuft die Nordsee wieder weg ins Katinger oder Weselburener Watt. Dann darf auch die Eider wenden und der See hinterher das Hinterland entwässern.

Aber was sagt mir das jetzt über den Sinn des Lebens? Über Vorsehung oder Dichtedifferenz? Traumwelten oder Schaumkronen? Über Leerstellen im Wasser und Auftrieb im Toten Meer?

Montag, 4. Juli 2022

Vorsortierung

Ich nämlich denke, dass wir uns auf die Ewigkeit vorbereiten könnten. Indem wir unsere irdische Existenz vorsortierten. Vorneweg aufräumten. Niemandem einen überfüllten Keller oder Dachboden hinterlassen! Indem wir eine gewisse Leichtigkeit erlangten, eine innere und äußere Gelassenheit. Indem wir hier und jetzt zufriedener würden. Vorausschauend. Nicht hoffend auf die letzte Ruhe, das letzte Glück, die letzte Liebe, von der wir, Hand aufs Herz, Genaueres nicht wissen. Meine Großmutter sagte immer: "Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen." Punkt. Uns Kinder hat das natürlich nicht beeindruckt. Erlösung? Wovon? Eine meiner Nachbarinnen erzählte mir vor Jahren, sie hätten den Kirschbaum im Garten fällen lassen, weil die Vögel immer alle Kirschen wegfraßen. Was um Himmelswillen ist schlecht daran, wenn schwarze Amseln rote Kirschen aus dem grünen Baum holen?

Das Wasser läuft fast einen halben Meter höher auf als normal. Windböen von West bis Bft 7.  An so einem Nachmittag könnte man stundenlang schwimmen in der Meldorfer Bucht. Ich bleibe zu Hause und höre mir am Abend im Dom das Vokalquintett Ensemble Nobiles an, mit - wiederum! -  einem Repertoire von spätmittelalterlicher Messe bis modernster Moderne. 

Sonntag, 3. Juli 2022

Sonntagsruhe

Die Glaubenssachen berichten von Liebe und Tod und allem, was darüberhinaus geht. Es ist bereits heiß und ich bin - durch Erfahrung nicht klug, sondern gebrannt - wie immer anderer Meinung. Zum Einsingen um 9 hüpfe ich lustlos auf meinem neu bespannten Trampolin herum. Es ist mir zu hart! Ich muss mehr trainieren. Mehr Beinarbeit leisten! Herr Kachelmann berichtet von Gewittern am Nachmittag. Ein Blick auf sein Radar bewahrt mich im allerletzten Moment vor der größten Dummheit des Tages. Davor, noch eine Dummheit zu den vielen anderen, zu begehen, die ich in meinem Leben bereits angehäuft habe. Ohne Aussicht auf Läuterung oder Besserung oder gar Aufhebung. Herr Kachelmann warnt mich rechtzeitig, jetzt zum Hochwasser an den Deich zu radeln. Mitten in das erste Sonntagsgewitter hinein.

Samstag, 2. Juli 2022

Samstag

Schulferienbeginn. Tagebuch: Die Nachbarn fahren weg und hinterlassen mir Pfirsiche, Hafermilch und Basilikum. Ich pflücke noch ein paar Kirschen aus meinem kranken Baum sowie eine Handvoll Felsenbirnen, eh sie vertrocknen. Dann setze ich Marmelade an. Mit Orangengewürz. Mähe rundum Rasen. Fahre zum Deich. Schwimme mein Dreieck. Das Wasser ist warm. Fahre Richtung Helmsand weiter, wieder mit Spaghettiträgertop. Der Wind ist kühl. Ruhe mich mit einem Glas Wasser kurz aus in Elpersbüttel. Zeit zum Umziehen. In Ausgehschuhen mit dem Auto nach Marne. Dies, obwohl mein Fahrrad den Weg mittlerweile selbstfahrend schaffte. Trio Brisant in der Maria Magdalenenkirche. 3 Frauen, 20 Blockflöten (von Sopran bis Subbass!), 4 Jahrhunderte (von Renaissance über Barock, Klassik bis hinein in die modernste Moderne), 60 Minuten (seid auf mehr gefasst!). Komme etwas durchfroren, wieder im Badeausflugtenue mit Helm kurz vor Sonnenuntergang nach Hause. Füttere mein hungriges Raubtier und krieche unter die warme Bettdecke.

Wer das Trio Brisant heute verpasste, kann es morgen in Büsum noch einmal hören: St. Clemens, 18 Uhr. Eintritt frei, Spende willkommen.

Freitag, 1. Juli 2022

Der neue Monat

Beginnt mit Regen. Vielleicht hat der Bauernkalender doch recht. Kein Schwimmen, keine Gartenarbeit. Nur Liegengelassenes auf dem Schreibtisch.