Ich erwache um 04:08 Uhr. 7 Minuten vor dem Wecker. Die Dämmerung ist schon da. Ich sehe den Gongspieler über den Deich kommen. Wir sind um 04:30 Uhr an den Koordinaten 54° 5' 23.298" N, 8° 57' 5.35" E verabredet.
Ich muss meine Schuhe anziehen und er Gong, Ständer, Schlägel, Mikrophon hinübertragen und aufbauen. Die Schafe versammeln sich neugierig auf der Deichkrone. Die Sonne geht hinter dem Deich auf. Noch befinden wir uns auf der dunklen Seite der Welt. Dafür leuchtet über uns der Halbmond, abnehmend und umzingelt (im weitesten Sinn) von Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Und vor uns läuft das Wasser fast lautlos auf. Einige Wildvögel sind bereits auf Futtersuche.
Er singt den Gong (wie das geht, hört Ihr hier), ich singe meine Stimme. Dann sitzen wir auf dem Deich, trinken Tee, betrachten das Licht, es ist noch unentschieden, also schweigen wir und räumen unsere Sachen zusammen, verabschieden uns. Das Hochwasser ist noch nicht ganz da, aber der emeritierte Barlter Pastor ist bereits auf dem Weg zu seiner Sandbank. Also ziehe auch ich mich aus und schwimme mein Dreieck. Das Wasser wird wärmer, je weiter hinaus ich gelange. Auf die Sonne ist, wie auf das Wasser, Verlass. Beide sind immer pünktlich. Sie steigt über den Deich, während ich zwischen den Bojen die Richtung ändere, und öffnet endlich auch die Diesseitigkeit.
Herr Caruso erwartet mich vor der Haustür. Ich kraule ihn unter dem Kinn und entschuldige mich, dass sein erstes Frühstück ausnahmsweise spät serviert wird. Es ist 07:22 Uhr.
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