Sabbato Sancto - darüber habe ich noch nie nachgedacht. Dass Sabbato Sancto, der Ostersamstag, der Karsamstag nicht nur der stillste Tag des Kirchenjahres ist, sondern auch der längste. Und dass wir mittlerweile alle, ob Christen oder nicht, Gläubige oder Ungläubige, Cis oder Trans, Schwarz oder Weiß, in diesem elendiglich langen Samstag gefangen sind. Ein Leben lang. Möglicherweise sogar ein Jenseits lang. Hinter uns der Gau. Vor uns die Sintflut. Dazwischen: Stagnation. Immergrüner sabbato.
"Ein langer Samstag" ist der Titel eines (Interview-)Buches von und mit George Steiner, erschienen 2016. Der Autor erklärt darin den Titel so:
„Ich habe das Schema Karfreitag – Ostersamstag – Ostersonntag aus dem Neuen Testament übernommen. Das heißt: Am Freitag der Tod Christi, Nacht sinkt auf die Erde herab, [...] dann folgt die Ungewissheit, [... ] die Ungewissheit des Samstags, an dem nichts geschieht, sich nichts bewegt; und schließlich die Auferstehung am Sonntag. Dieses Schema ist von grenzenloser Suggestionskraft. Wir erleben die Katastrophe, [... ] und dann warten wir, und für viele endet dieser Samstag nie. Der Messias kommt nicht, und der Samstag dauert an. [...] Dieser Samstag des Unbekannten, der Erwartung ohne Garantien, ist der Samstag unserer Geschichte. Dieser Samstag enthält zugleich eine Mechanik der Verzweiflung [...] und der Hoffnung.“
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