Samstag, 11. März 2023

Romeo und Julia auf dem Mond

Carolyn C. Porco, vor ein paar Tagen 70 geworden, US-amerikanische Planetenforscherin. Tochter italienischer "Gastarbeiter" / Immigrants in New York. Ihr Vater fuhr Brot aus, ihre Mutter war Mutter. Carolyn wuchs mit 4 Brüdern in der Bronx auf und sagt, sie habe nie etwas anderes gelernt und gekannt, als mit Männern zu diskutieren und zu kämpfen. Sie erforscht die Saturnringe und den Saturnmond Enceladus. "Selbstbewusst und geschickt" setze sie ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse durch und scheue auch nicht davor zurück, männliche Kollegen auf fehlerhafte Messungen hinzuweisen. Was unter Wissenschaftlern als "professionell" gilt, wird von Wissenschaftlerinnen "mitunter als zickig oder aggressiv" wahrgenommen. Lese ich und schweige andächtig. 

Ihren Kollegen Eugene Shoemaker hingegen, Planetengeologe, spezialisiert auf Zusammenstöße von Himmelskörpern, Entdecker vieler Einschlagskrater - der nach ihm benannte Komet Shoemaker-Levy-9 kollidierte 1994 unter seinen, Shoemakers Augen, mit Jupiter - schickte sie zur ewigen Ruhe auf den Mond. Shoemaker starb mit 69, wenige Monate vor dem Start der Mondsonde "Lunar Prospector" bei einem Autounfall. Er stieß mitten im australischen Outback, auf dem Weg zu einem Einschlagskrater in der Tanamiwüste, in einer unübersichtlichen Kurve auf der Schotterpiste mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammen - weil er instinktiv nach rechts auswich, statt an den in Australien geltenden Linksverkehr zu denken. Seine Frau überlebte schwer verletzt, weitere vier Insassen blieben unversehrt. Shoemaker wollte immer auf den Mond, wurde aber zu Lebzeiten aus gesundheitlichen Gründen immer abgelehnt, zum Ausgleich trainierte er die Apollo-Astronauten. Frau Porco füllte also 28 Gramm seiner Asche in eine Kapsel von der Größe eines Lippenstifts. In das Innere der Hülle war ein Vers aus Shakespeares Romeo und Julia eingraviert. Das verschlossene Gefäß deponierte die Enceladus-Spezialistin in der "Lunar Prospector" - und die stürzte nach anderthalb Jahren Forschungsmission im Juli 1999 planmäßig in die Südpolarregion des Mondes. Sie drang mitsamt ihrer federleichten Fracht tief in die Oberfläche des Mondes ein, ohne viel Staub oder gar Gestein aufzuwirbeln. Quod erat demonstrandum: man wollte nämlich herausfinden, ob die Wucht des Einschlags in den Tiefen des Trabanten verborgenes Wasser oder Wassereis herausschleudern würde, was dem menschlichen Auge auf der Erde durch das Teleskop als Dunst hätte entgegen treten müssen. Nichts trat hervor, nicht einmal Shoemakers lachendes Gesicht.

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