Unverhofft. Ausflug nach Marne nicht am Montag und nicht zum Singen. Vortrag über Anita Rée. Von der ich - und nicht nur ich - noch nie gehört, geschweige denn etwas gesehen hatte. Bis gestern abend in Marne. Augen, immer wieder schwarze Augen. Selbstbildnisse, immer wieder nachdenkliche Selbstbildnisse. Zweifel, immer wieder große Selbstzweifel. Sie war erfolgreich. Und angesehen. Porträtierte viele potentielle spätere Schlächter. Nur von einer Dame der Gesellschaft ist überliefert, dass sie ihr Porträt grollend in der Elbe versenkte. Die Herren hingegen saßen mit übergeschlagenen Beinen gelassen rauchend Modell. Sie soll oft tage-, wochenlang bei den Leuten gewohnt haben, die sie malte. Sie wollte nicht nur das Sichtbare sehen.
Als sie in Hamburg keinen Ausweg mehr fand, floh sie nach Sylt. Dort malte sie Schafe. Und Dünen. Und schluckte im Dezember 1933 eine Überdosis Veronal. Sie war die jüngere Tochter eines jüdischen Kaufmanns und einer Katholikin. Seltsamerweise wurden beide Töchter protestantisch getauft und erzogen. Das assimilierte Elternhaus bewahrte die Malerin nicht davor, zuviel zu sehen.
Und wir sahen auf dem Heimweg den neuen Mond, die strahlende Venus und alle Winterfiguren um Orion und Sirius herum.
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