Nach der anstrengenden Probe eile ich nach Hause, durch die kalte Unterführung, den feuchten Nebel, reiche Herrn Caruso sein Futter. Er ist wieder angriffslustig, nach ein paar lethargischen Tagen, faucht mich an zum Dank, ehe er seinen Verdauungsspaziergang in Angriff nimmt. Das bedeutet: er will in Ruhe gelassen werden und vor der Katzenklappe meditieren, ob, wann, zu welchem Zweck er sie womöglich heute Abend noch durchschreiten möchte. Mir dauert das zu lange. Ich öffne die Tür und scheuche ihn hinaus, denn ich will aufs Sofa und heute kein Katzenklo säubern. Ich musste Herrn Caruso gestern nachmittag nämlich notfallmäßig eine Wurmkur zuerst besorgen und dann verabreichen. Wahrscheinlich hat er sich kürzlich mit seiner blutigen Beute allerhand Ekelhaftes in den Darm geholt. Es will schon etwas heißen, wenn ich sehe, dass mein Kater verwurmt ist!
Ich will aufs Sofa, denn dort wird mir vorgelesen, zweimal hintereinander derselbe wunderbar kurze Text von Jean Paul aus dem Siebenkäs: "Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei." Einmal in der Interpretation von Wolfgang Büttner und einmal in einer historischen Aufnahme von Ernst Ginsberg. Es will schon etwas heißen, wenn das Radio mir mit seiner knapp bemessenen Sendezeit eine Wiederholung kredenzt!
Siebenkäs ist "Ein treues Dornenstück" - sein vollständiger Titel lautet: Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel"
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