Dienstag, 10. Januar 2023

niemand

Den Gantenbein hab ich durch, in ungefähr zwei Nächten. Also kann ich noch lesen. Auch ein vergilbtes Taschenbuch. Die Augen sind noch iO. Irritiert hat mich, dass Gantenbeins Blindenstöckli schwarz ist und dass Frisch das Wort "niemand" konsequent über fast 300 Seiten nie beugt. Letzteres wirkt auf mich befremdlich, antiquiert oder verstörend helvetisch. Der Duden aber sagt, es sei ok. Akkusativ und Dativ von "niemand" könnten eine Flexionsendung haben oder auch keine. Ich kenne niemand[en], der so schreibt. Ich möchte niemand[em] im Treppenhaus begegnen. Ich kenne niemand[en], der so lacht. Zum Lachen gebracht hat mich die letzte Geschichte für Camilla Huber. Witzig und erlösend, auch weil sie das Buch - den Roman? - endlich beendet.

Dann kam mir ungefähr auf der zweiten Seite ein Bäckerjunge entgegengesprungen. Den hat der Duden in seiner 28. Auflage von 2020 aus dem Verkehr gezogen. Warum eigentlich?

Und: was würden Frischs Figuren wohl heute mit ihren Händen (Mündern, Köpfen, Seelen, Herzen, Beinen, Armen, Füßen, Gedanken, Träumen, Wünschen, Begierden ...) anfangen, wenn sie nicht mehr ständig und überall Zigaretten, Zigarren, Pfeifen - mit allem Drum und Dran, dem ganzen anachronistischen Brimborium - paffen und der ganzen Entourage die Luft zum Leben verpesten können? 

Nebenher höre ich weiter die am Morgen vorgelesenen Briefe, bis mir der Kopf raucht und ich mich frage, ob die Briefe Gantenbein zitieren oder Gantenbein die Briefe. Tan pis. Rien ne va plus.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen