Dienstag, 17. Mai 2022

Einlappenkotinga

Der lauteste Vogel der Welt! Lebt in den Bergen über dem Amazonas. Das Männchen wirbt mit einem schrill-metallischen Ruf, in der Lautstärke eines tieffliegenden Düsenjets oder mit 125 Dezibel, um ganz genau zu sein. Manche Weibchen tragen einen Gehörschaden davon. Andere setzten sich gehorsam unter die Fittiche des sie Anhimmelnden. 

Kürzlich, auf meinem Weg zum ersten kühlen Bad in der Nordsee, hielt ich an der sehr lauten Meldorfer Hafenchaussee kurz inne, weil dort vor seinem Haus mein Gitarrist sich gerade für sein abendliches Konzert einspielte. Bei diesem Lärm, fragte ich ihn und meinte die vorbeirasenden Autos, die bei dem Wetter alle dasselbe Ziel hatten wie ich: den Deich! Aber dann merkte ich, dass lauter als die Autos die Amseln von den gerade erwachten (ergrünten) Baumwipfeln im Gitarrenvorgarten pfiffen. Meine Haus- und Hofamseln führen da ein vergleichsweise beschauliches Leben. Sie erheben die Stimme nur, wenn Herr Caruso über die Pergola spaziert. 

Es kommt also immer darauf an. Zum Beispiel auf die Hintergrundgeräusche. Was so laut dröhnt am Himmel im Nordosten über dem Amazonasbecken, weiß ich nicht. Ob da tatsächlich so viele Düsenflugzeuge herumdüsen? Auf Vogelgucker und Vogelhorcher ist meist Verlass, denn sie haben nichts zu verlieren und wollen es nur genau sehen, hören und messen: der Einlappenkotinga ist dreimal lauter als der Schreikotinga, und trotz der vergleichsweise geringen Körpermasse viel lauter als der tagaktive Nachbar, der Rothandbrüllaffe, oder die Bisonbullen vom anderen Ende der Welt, die im Nationalpark Białowieża die Grenze zwischen Polen und Belarus in beide Richtungen frei passieren können.

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