Gerade im Radio gehört. "Im Keller" - eine Komposition von Turgut Erçetin. Erçetin ist ein Komponist, der mehr als das Narrative "ungewohnte Wahrnehmungssituationen" liebt, sucht, konstruiert. In seiner Musik geht es nicht in erster Linie darum, "der Schönheit von Klängen hinterherzujagen", sondern um formale Aspekte, um zeitliche und räumliche Dimensionen, um eine Interaktion zwischen dem Realen und Virtuellen. "Stochastische Prozesse" nennt er seine Mittel, das Unbekannte zu kontrollieren; "Auralisation" das Konstruieren eines bestimmten klanglichen und zeitlichen Bildes einer bestimmten Umgebungssituation.
Puh - warum funktioniert das in der Musik und in der Sprache nicht? Warum steckt die Literatur in einem so hoffnungslos veralteten engen Korsett wie der Sprache fest?
Erçetin erschafft "Im Keller" virtuell eine bestimmte Raumakustik, gestaltet den Klang und seine Bewegung in einer bestimmten Umgebung. Unter Berücksichtigung von Hall, Nachhall, Ausschwingdauern, Reflexionen sowie der Klarheit der räumlichen Definition. Das wichtigste, sagt er, ist die Lokalisierung. Wo der Hörer einen Klang lokalisiert, hängt "zum größten Teil von den Reflexionen zwischen der Klangquelle und dem Ort des Auftreffens der Klänge ab". Seine virtuellen Räume verändern sich natürlich während des Stückes nicht, denn sie sind fest, künstlich erschaffen. Aber sie interagieren mit den realen Räumen. Das Hören auf dem Sofa zu Hause ist sicherlich suboptimal. Trotzdem: etwas auch nur annähernd Adäquates versuche mal einer oder eine in einem Stück Prosa oder mit einem ungereimten Gedicht. Ich geh schlafen, gute Nacht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen