Da hätte ich ja das richtige Wetter ausgesucht ... höre ich. Natürlich hat das Gerücht längst die Runde gemacht, dass ich da bin. Obwohl es gar kein Gerücht ist. Mitten in der Höhle der Löwen. Der Himmel hat Erbarmen, der Mond ist voll. Das Wasser läuft in der Nacht schon zwei Meter über Normal in die Hallig hinein. Am Mittag gleich nochmals. Der Fährbetrieb ist eingestellt. Der Revierinhaber ist nicht da. Ich wollte mit frisch geschnittenen Haaren heute froh wieder nach Hause traben.
Aber das Wetter sucht man sich nicht aus. An das Wetter passt man sich an. Das ist so wie mit den Menschen und dem Rudel. Die Menschen sucht man sich nicht aus. Zu den Menschen komponiert man sich. Der eine zum einen, der andere zum anderen. Das Rudel hingegen wird dominiert. Von einem Anführer. Vom Stärksten, Größten, Lautesten. Die Zugehörigkeit hier ist eine Frage der Unterwerfung und der Lauffähigkeit. Natürlich schützt das Rudel vor Angriffen von außen. Das führen einem auf der Hallig die Ringelgänse vor. Zwischenmenschliche Beziehungen aber sind eine Frage der wechselseitigen Feinabstimmung, einer Ziselierung und taktgenauen, präzisen Orchestrierung. Die Chemie zwischen einer Guarneri und ihrem ersten Geiger. Oder das Fingerspitzengefühl zwischen einem hochkomplizierten modernen Tonträger und ihrem jugendlichen Anwender. Harmonie gibt es schriftlich im Märchen. Und womöglich, wer weiß, tatsächlich im wahren Paradies.
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