Mittwoch, 19. Oktober 2022

zusammenbeißen

Herr Caruso muss die Zähne zusammenbeißen! Ich bilde mir ein, dass er mittlerweile meine Bitte (meinen Befehl? meinen Wunsch?) versteht, wenn ich säuselnd in sein Ohr flöte: "NICHT HAUEN!". Jedenfalls konnte ich mit diesem beschwörenden Gemurmel auf den Lippen, einer Litanei gleich, schon mehrere Zecken aus seinem dichten Fell (schon wieder Winter und immer noch Zecken), auch an kritischen Stellen entfernen. Also: nicht hauen. Wir haben einen Tierarzttemin um 16:20. Er weiß das, weil ich es ihm seit Tagen vorbete. Eine Stunde vorher bekommt er zur Beruhigung den Inhalt einer Kapsel Gabapentin AL 100 in einem Löffel Quark aufgelöst. Er schlabbert es begeistert weg und streckt sich dann zufrieden auf dem sonnigste Plätzchen im Wohnzimmer aus. Schläft! Ich gehe in den Garten und fülle acht Biomüllsäcke mit Maronenkapseln.

Ihn dann zu überlisten, dass er in die Transportbox einsteigt, erweist sich so schwierig und schweißtreibend wie eh und je. Er wird nie freiwillig in diesen wunderschönen Korb steigen, der genau in meinen Fahrradkorb passt, das perfekteste Transportmittel für einen Kater à la Caruso! Ich muss ihn in die Enge treiben, ihm keinen anderen Ausweg lassen, sanften Druck und sanfte Gewalt anwenden. Das ist überhaupt nicht schön. Auch in der Praxis verhält er sich wie eh und je, knurrt und faucht die freundlichen Damen an. Wenn er könnte, würde er weglaufen oder zubeißen. Er bekommt eine Sedationsspritze und ich bin entlassen. 

Als ich ihn zwei Stunden später wieder abhole, höre ich, er sei vollkommen gesund, habe für sein Alter (wie alt ist er denn?) erstaunlich gute Zähne, gute Augen, gute Ohren, keine Milben, keine Zecken, keine Flöhe, der Schwabbelbauch ist vollkommen iO, ein Hautlappen eben (meine Rede!) und alles, was sich abtasten lasse, sei weich und normal. Die Blase war voll (kein Wunder, er hat seit dem Frühstück keinen Toilettengang mehr absolviert) und die entnommen Harnprobe zeigt leicht erhöhte Entzündungswerte. Also soll er ein paar Tage Antibiotika schlucken. Das wird er ungern tun, aber wenn er hungrig ist, frisst er alles. Die Blutwerte kommen in zwei Tagen.

Er hat ausgeschlafen, ausgetorkelt, Futter bekommen, auch die bittere Pille geschluckt und sich geputzt. Jetzt will er raus. Das Leben beginnt für ihn nachts. Ich weiß nicht, ob es wirklich angebracht gut ist, ihn heute auf seine Partymeile zu schicken. Er lässt mir keine Wahl. Steht wieder aufrecht auf seinen 4 Pfoten. Beharrt auf seiner Freiheit. Fordert sein Katerrecht und ich öffne ihm zähneknirschens die Tür.

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