"O mein Heimatland!" - dies ist der Titel eines Buches von Adolf Muschg, erschienen 1998 zum Jubiläumsjahr, zum 150 jährigen Bestehen des schweizerischen Bundesstaats. Untertitel: "150 Versuche mit dem berühmten Schweizer Echo!"
"Olala mein Heimatland" - dies ist der Titel eines Buches von Fernand Rausser, erschienen 1987, weniger bekannt als Muschg, weniger literarisch als Muschg, weniger prägnant als Muschg. "Ein buntes Mosaik", sagte die Werbeabteilung des Verlags damals (vor 35 Jahren!), "aus Fotos, Collagen, Cartoons und Texten." Der Autor und eine "Schar Kinder halten den Schweizern (sic!) einen Spiegel vor".
"O mein Heimatland! O mein Vaterland! Wie so innig, feurig lieb ich dich! ..." rief Gottfried Keller im Gedicht: "An das Vaterland" (vor 1846)
Nun droht dem Heimat- oder Vaterland die Huttuisierung, resp. Schriftdeutsch: die Huttwilisierung. Huttwil ist ein Kaff im Kanton Bern. Aus eigener Anschauung (eher Anhörung) weiß ich, dass die Huttwilerinnen und Huttwiler den Namen ihres beschaulichen Blumenstädtchens im Oberaargauischen Bernbiet und unterem Emmental anders aussprechen, als er geschrieben wird: Huttu. Ich kenne Huttu nur aus der Perspektive der Eisenbahn, also als Huttwil in der Lautsprecherdurchsage im Waggon und dann vor dem Fenster auf dem Bahnhofsschild. Für mich hat Huttwil eine große Symbolkraft, es ist die Magische Grenze, der Eingang ins Fölmliland.
Ach, mein Mutterland. Ich nehme an, dass die Leute aus Huttu (bei Gottfried Keller sind es die Leute aus Seldwyla) das neue Prädikat, mit dem der Ort, an dem sie leben, nun ausgezeichnet wird, genau so aussprechen: Huttuisierung!
Dieses (Un)Wort Huttwilisierung meint eine gwisse Verhunzung oder Verschandelung der Heimat, nämlich den Bau von überflüssigen Wohnungen fernab der eleganten hotspots oder inplaces, weit weg von den hochpreisigen Metropolen des Landes. Also Bauboom in den tiefsten oder höchstgelegenen Provinzen, in einem Hinter- oder Oberland wie Huttu. Oder in Kellers Seldwyla. Die Huttwilisierung ist mittlerweile leider, lese ich, schweizweit verbreitet. Angeblich entstehen täglich 1000 neue Wohnungen im Goldvreneliland, die niemand braucht und niemand will. Nur die Banken! Und ihre billigen Kredite. Mit anderen Worten: Die Negativzinspolitik der Bundesbank.
Dies ist das Ende meiner (erneut ungezügelt ausgebrochenen) helvetischen Trilogie, ich verspreche es hoch und heilig!
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