Montag, 26. Juli 2021

Mondumarmen

Mondumarmenwollen hat Tradition bei den Dichtern und Denkern. Der Mond übt seine unheilvolle oder heilvolle Kraft beständig aus. Die Auswirkungen auf uns Irdische, die sogenannte "Mondsucht" ist aber allein das Resultat unserer physischen oder psychischen Disposition, der Empfänglichkeit von Seele und Leib.

Nazar Hontschar (Hončar) - ich berichtete bereits, vor 11 oder 12 Jahren im Herbst - ist beim Schwimmen gestorben. Ich dachte immer, weil das so schön zu ihm gepasst hätte, er sei ertrunken beim Versuch, den Mond zu umarmen, einsam an jenem See, in jenem verlassenen Steinbruch, in jener gottverlassenen Nähe von jenem Užgorod (Uschgorod), das seinen Namen von dem Fluss Už (Usch) hat, der natürlich vor den über Hunderttausend Užgoroderinnen und Užgoroder dort sein geschlängeltes Bett bezog, von der karpatischen Wasserscheide herab, in jenem Transkarpatien, jenem Zwischenland, einem Dreieck zwischen der Ukraine, Ungarn und der Slowakei. Direkt an der slowakischen Grenze wohl, wo auch die Už das eine Land verlässt und ins andere hineinfließt, träge und schwer auf dem Weg zur Donau und ans Schwarze Meer, direkt an dieser Grenze wollte Nazar einfach nur schwimmen. Sich abkühlen, erholen, ausruhen. For ever young!

Den Mond konnte Nazar an jenem frühen Abend oder späten Nachmittag nicht sehen, denn es war heiß und der Himmel fahl, vollkommen farblos im Tageslicht. Das Unglück nahm seinen unsichtbaren Lauf. Der Mond befand sich in seiner allerletzten abnehmenden Phase. Drei Tage vor Neumond, am 21. Mai 2009, versagte Nazars Herz plötzlich. 

Erst nach seinem Tod diagnostizierten die Ärzte eine ischämische Kardiomyopathie. 

Ich weiß nicht, warum ich gerade heute an Nazar denken muss.

postscriptum nun (10:01 Uhr) weiß ich es: für Sigi, unseren besten Tenor!

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