Samstag, 11. Dezember 2010

"Nichts."

In der Sonnabendstory auf NDRKultur wird Dürrenmatts Erzählung "Der Tunnel" gelesen. Aus fast aktuellem Anlass. Dürrenmatt starb am 14. Dezember 1990, also vor fast 20 Jahren. Und Dürrenmatt schrieb den "Tunnel" 1952, also vor mehr als einem halben Jahrhundert.
Der Text ist älter als wir. Und doch so jung.
Früher, als ich noch ab und zu von Basel über Olten nach Fribourg fuhr, oder später über Langenthal in die Zentralschweiz, dachte ich jedesmal an Dürrenmatts Tunnel, wenn der Zug im Baselbiet in den Tunnel durch den Unteren Hauenstein eintauchte, aus dem er erst kurz vor Olten wieder auftauchte. Fast immer war das Wetter am Ende des Tunnels schlechter als an seinem Anfang.

Im Radio heute früh um 09.00, also vor einer knappen Viertelstunde, endet der Text über eine Zugfahrt in einem Schweizerischen Eisenbahntunnel, an dem nichts besonderes ist, "außer natürlich, dass er nicht aufhört", mit der "unbarmherzigen" Antwort des Passagiers auf die Frage des Zugführers:
"Was sollen wir tun?" schrie der Zugführer durch das Tosen der ihnen entgegenschnellenden Tunnelwände hindurch ...
"Nichts" antwortete der andere unbarmherzig, ohne sein Gesicht vom tödlichen Schauspiel abzuwenden ... "Nichts."

In meinem Kopf endet der Text, seit ich ihn kenne, anders. So wie jede Zugfahrt durch den Hauenstein anders endet. An den Wortlaut kann ich mich nicht erinnern. Ich stehe auf und suche unsere Bücherregale ab. Bis ich das Ende von Dürrenmatts Erzählung schwarz auf weiß vor mir sehe: "Nichts. Gott ließ uns fallen und so stürzen wir denn auf ihn zu."

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