Schalttagabend. Ich heule ein bisschen während der Chorprobe und kann mich schlecht konzentrieren. Der Unfall muss sich vor drei Wochen während meiner Aushäusigkeit zugetragen haben. Ich hätte ihn aber durch nichts verhindern können, auch nicht durch Inhäusigkeit infolge des Schwänzens einer Messiah-Probe. Herr Caruso und ich führten ein respektables Zusammenleben. Jeder ging und kam, wie es ihm passte. Und jeder freute sich, wenn der andere wieder einmal durch die Klappe einstieg, oder durch die Hintertür trat.
Die Notwendigkeit des Auftretens von Schalttagen hat kosmische Gründe. Dadurch bleiben die Sonne und der Kalender im Einklang.
Nach der Probe übe ich mich noch ein bisschen in Seelenruhe, suche im Bett meine frühere Unerschütterlichkeit. Die Unerschrockenheit. Den inneren Frieden, die Gelassenheit, einen Zustand frei von emotionalem Achterbahnfahren oder intelektuellem Schlagabtauschen. Purzelbaumschlagen und Haareausraufen. Die Philosophen nennen das, was ich vergeblich auf oder unter dem Kopfkissen suche, Ataraxie. Die alten Griechen, die Stoiker sahen im Entsagen von weltlichen Begierden, in der Selbstbeherrschung und im Schalten- und Waltenlassen nur der kühlen Vernunft den Schlüssel zum absoluten Glück.