Noch ein Wintermärchen. Zurück zu Aschenputtel im Einzugsbereich der Basler Zeitung im letzten Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts. Adelheid Duvanel gilt als vergessene Basler Schriftstellerin. Sie ist am 8. Juli 1996 in einem stadtnahen Wald im Alter von 60 Jahren erfroren, wie es in offiziellen Quellen heißt. Mitten im Sommer! Ihr geistiger, literarischer Vater, Robert Walser, wurde im Winter, am ersten Weihnachtstag 1956 tot im Schnee bei Herisau gefunden. Herzschlag. Duvanels leibliche Bruder spricht aber von "Suizid".
Adelheid Duvanel wurde als Adelheid Feigenwinter in Pratteln geboren und ist in Liestal aufgewachsen. Zuerst in einem Haus unten an der Ergolz, auf der Schleifenbergseite, dann im Rotacker auf der anderen Talseite, unter der Sichtern. Eine ähnlich "geteilte" Jugend verbrachte auch ich in Liestal. Aber natürlich später. Man kannte die Feigenwinters, wenn auch nicht unbedingt persönlich. Adelheids Vater war ein einflussreicher Mann: Straf- und Jugendgerichtspräsident, im Vorstand der römisch-katholischen Landeskirche, Mitglied der Kantonsbibliothekskommission und der Primar- und Realschulpflege sowie - last but not least - der Schützengesellschaft Liestal, für die ich, kaum des Zehnfingersystems mächtig, den einen oder anderen Jahresbericht gegen ein Taschengeld, was bei uns Sackgeld hieß, ins Reine tippte. Weil mein Vater dort als Sekretär amtete. Auch ist der Name Feigenwinter kein Widerspruch in sich, sondern gehört der basellandschaftlichen Fasnachtsgesellschaft: ursprünglich als Fegenwinter bezeichnete er die Person, die das Fasnachtsfeuer anzündete, um die Winterdämonen zu vertreiben. Adelheid legte den Namen aber nach der Eheschließung mit dem exzentrischen Maler Joe Duvanel ab. Und ihre ersten Texte veröffentlichte sie unter dem Pseudonym Judith Januar. Also alle Zeichen auf Winter! Und irgendwie auf mich.
Pratteln heißt schweizerdeutsch Brattele und gehört zum Bezirk Liestal. Eine kleine heile Auenwelt! Der Ortsname geht auf galloromanisch *pradella (= kleine Wiese) zurück, Diminutiv zu lateinisch prātum (= Wiese) und weist entweder auf eine romanische Sprachinsel inmitten der eingewanderten Alemannen hin, oder ist ein Lehnappellativ (ein Lehnwort, das auch als Name verwendet wird).
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