Sonntag, 14. August 2022

Die Oder

Mein Wort zum Sonntag. Auch die Natur kennt keine Korrekturtaste. Die toten Fische treiben schon seit Ende Juli im Oberlauf der Oder. Am 26. Juli holten die Bewohner von Oława (30 km südöstlich von Wrocław) eigenhändig 8 Tonnen aus dem Wasser. Und schlugen Alarm. Es interessierte keinen, da der Erste Vorsitzende vor seinem verdienten Urlaub an der Ostsee noch ein paar Wahlkampftermine absolvierte, und seine Limousine gerade mit frischen Eiern beworfen worden war. Im Staatsfernsehen wurde der Erfolg der Polizei präsentiert. Und ein feiger Regimekritiker. 

Bereits am 4. August sind in Wasserproben, die an der Schleuse von Lipki bei Oława entnommen worden waren, toxische Substanzen nachgewiesen worden. Heute wird gerade dies, das Auffinden toxischer Substanzen, von der Warschauer Zentrale bestritten. Vor vier Tagen wiegelte eine Sprecherin des polnischen Umweltamtes sinngemäß ab: nur weil ein paar Fische stürben, brauche man nicht in Panik zu verfallen und verbal aufzurüsten. Es handele sich, wie gesagt, um ein paar tote Fische und nicht um eine totale ökologische Katastrophe. Jetzt, wo die Giftbrühe mit ihrer in der Augustglut verwesenden Fracht im polnisch-deutschen Grenzgebiet angekommen ist, reagieren naturgemäß auch deutsche Augen und Nasen. Auf polnischer Seite beginnt erstmal ein Säbelrasseln und Aufräumen in den ungelüfteten Amtsstuben. Ich glaube, besagter Dame wurde das Wort in der Zwischenzeit entzogen. Oder sie verbringt ihren wohlverdienten Jahresurlaub an der Ostsee. Dies hilft wohlgemerkt weder dem Oder noch dem Und. Das Versagen der sogenannten Meldekette ist mit Aktionismus nicht mehr rückgängig zu machen. Die Schlamperei - wer kennt noch das Schimpfwort "polnische Wirtschaft"? - stinkt zum Himmel.

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