Mittwoch, 1. Juni 2022

Der tönerne Luxus

Der Garten ist überfällig. Der Rasen ist überfällig. Aber es regnet ständig. In der Hoffnung auf bessere Zeiten habe ich mir ein simples Bewässerungssystem bestellt. Im Internet, wo sonst. Musste es dann allerdings 2 Tage vor dem mitgeteilten Liefertermin in der Packstation an der B5 abholen. Dies bescherte mir einen kleinen Ausflug mit Intelligenztest inklusive und umsonst. Aber schließlich gelang es mir, die Station zu überzeugen, dass sich das für mich bestimmte SesamÖffneDichFach auftat. Und ich fuhr glücklich nach Hause. Perfekt getimt in einer Regenpause. 

Nun packe ich 12 kleine Kegel aus Ton aus, formschön. Lege sie in einen Eimer mit Regenwasser, damit sie sich volllaufen lassen wie die Säufer in der Eckkneipe. Morgen werde ich sie in die Erde stecken. Und je nach Bedarf, bei längerer Abwesenheit zum Beispiel oder großer Hitze, stülpe ich kopfüber (passt genau! hab schon eine Leerprobe gemacht) eine Ex-Weinflasche gefüllt mit Regenwasser darüber. Vorerst aber stecke ich je einen Kegel in je einen Tomatentopf und fülle ihn mit Wasser. Testphase. Ich kontrolliere mit der Stoppuhr, wie lange das anhält. Ob den Tomatenpflanzen überhaupt Flüssigkeit zukommt. Denn sie sollen bis zum Ende der Ernte nicht mehr austrocknen und kontinuierlich mit Feuchtigkeit versorgt werden. Mit nicht zuviel, aber auch nicht mit zu wenig. Die restlichen Kegel vergrabe ich zu Füßen der drei kleinen horstbildenden Bambuspflanzen, die ich seit Jahren Gießkannenmäßig sträflich vernachlässige. Aber sie trotzen meiner Nachlässigkeit mit üppigem Wuchs! Im Winter schnitt ich haufenweise dürren Halme heraus und für den Sommer nehme ich mir nun vor, den Bambus für seine Ausdauer zu belohnen. Den Anfang machte eine Wasserrinne, die ich zu Ostern in den harten Boden zog. Darin sitzen bereits zur Probe zwei Tontöpfe, die in meinem Schuppen zum Vorschein kamen, ungebraucht, weil ohne Loch. Und plötzlich ideal! Weil das Wasser nicht auf einmal unten durchflutschen kann. Sondern sich seinen Weg durch die Tonwände und den Tonboden in den Lehmboden suchen muss. Ohne Aufhebens, leise und beständig. Oben am Tontopfrand können meine durstigen Amseln landen und trinken. Wenn sie wollen, können sie sogar in dem lochlosen Pflanzentontopf baden. So viel Luxus war schon lange nicht mehr in meinem Garten.

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