Dienstag, 9. November 2021

Zwischentief

Wie gesagt, Madame Beauval - the Hawaiian girl in Berlin - is incredibly young. Sowohl geistig wie psychisch, physisch, ästhetisch. Sie tanzt und singt Hula, ein blühendes Blumenmädchen. Ein schmerzendes Bein nach einem Sturz auf der U-Bahntreppe zwingt sie gerade stillzusitzen. Never mind. It will be over soon. Nun hab ich zufällig auf youtube ein Gesicht gesehen, eine Fratze, ein personifiziertes Teratom sozusagen. Sorry, wenn ich wenig zimperlich bin in der Wortwahl. Meine Kommilitonin, Mutter von Zwillingen, wir promovierten zusammen, sie gerade hochschwanger und bereits zum zweiten Mal verheiratet. Als ich endlich auch heiratete, schenkte sie uns, dem Brautpaar, einen schwarzen Teufel. Die Fratze! Wir entsorgten das Geschenk am Tag danach in einem fließenden Gewässer, ich zog nach Berlin und brach mit der Vergangenheit.

Nun tritt sie mir plötzlich entgegen in einem gar nicht aktuellen, sondern etwa 15 Monate alten Interview, das pandemiebedingt im Kuhglockenland nicht analog geführt wurde. Ich erkenne sie nicht, stolpere nur über den Namen und den prominent präsentierten Doktor-Titel. Rechtmäßig erworben. Den Namen des zweiten Gatten hat sie wohl wieder abgelegt, vielleicht sogar den Gatten selbst. Denke ich und recherchiere. Oberflächlich. Ihre eigene Website is under construction. Die der Organisation, der sie gemäß Interview vorsteht, auch. Mich irritiert das Greisinnengesicht. Die Fratze! Sie ist 2 Jahre jünger als ich. Zur Erinnerung: the hawaiian girl in Berlin is older than me, 23 years! Ich renne ins Bad, starre in den Spiegel. Renne die Treppe hinunter, der Briefträger klingelt und will eine Unterschrift. Ich reiße den Umschlag auf und betrachte mein neues Ausweisgesicht. Das Passfoto hat eine perfekte Maschine in der Schweizer Botschaft letzten Donnerstag von mir geschossen. Herrgottnochmal! Was ist Alter? Was Altern? Was sagt unser Gesicht über unser Leben? Was sagen die Hände, der Hals? Die Kamera, der ungünstige Winkel, der schlechte Einfall. Ihr Mund ist schwarz geschminkt. Viel zu fett in den fehlenden (Lach-)Fältchen. Was zeigt der Spiegel? Was zweigt er ab? Die Maschine in der Botschaft meckerte über meine Brillengläser und der Konsularbeamte fragte, ob sie nicht entspiegelt seien. Doch, antwortete ich wahrheitsgemäß. Was speichern Himmel, Sterne und die Ewigkeit? Ist ihr Aussehen die Strafe für einen schwarzen Plüschteufel? Oder das Gegenteil. Das Gegenlicht eines Lebenslaufs, eines Flusslaufs, einer Karriere, das irisierende Geflacker von Intrigen, Kämpfen und Boxweltmeisterschaften? Oder einfach Pech (und Schwefel)? Schlechte Gene? Schlechte Luft? Zu wenig Bewegung. Vererbtes. Infiziertes. Unheilbares.

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