Donnerstag, 31. Dezember 2020

Das Ende

Das Ende, das in den Anfang übergeht. Die Nacht ist still wie noch noch. Am Tag wurden noch einmal Mülltonnen geleert, die grünen. Und in die geleerte habe ich dann den Rest Herbstlaub gekippt, der noch in einer Ecke wartete. Die Igel behalten ihren Anteil bis zum Frühjahr. Ich fülle im Hellen nochmals alle Futterstellen und überlege, ob ich vorsorglich die Katzenklappe verschließen soll. Aber Herr Caruso ist heute überdurchschnittlich unternehmenslustig. Hab ich schon berichtet, dass er, wenn er verregnet wird und tropfnass nach Hause kommt, wartet, bis ich ihn mit einem sauberen Handtuch trockenrubble? Überall, von allen Seiten. Er genießt das so sehr, dass er sich auf dem Boden langstreckt und kein Tierpsychologe würde auf die Idee kommen, dass dieser unterwürfige Kater seine Herrin beißt!  

Mittwoch, 30. Dezember 2020

Der Letzte

Der letzte Vollmond des Jahres. Der vorletzte Tag des Jahres. Regen. Es ist nichts Klares zu sehen, nur verschwommene Helle. Ein Nachthimmel voller grauer Wolken.

Dienstag, 29. Dezember 2020

Pilze

Es gibt giftige und ungiftige. Glücks- und Unglücks. Pilze. Ich trainiere mit Herrn Caruso Sofasitzen ohne Beißen. Couchpotatoing. Er darf so lange auf meinem Schoß sitzen, wie er will. Vorausgesetzt: er beißt nicht. Das bedeutet: ich muss solange sitzen bleiben, bis er genug hat. Und ich fasse ihn möglichst nicht an. Also: er ist der Herr im Hause. Ein feiner Herr! Darum geht es bei diesem Spiel. Wem immer ich erzähle, wie oft mich dieser Kater schon gebissen hat, schlägt die Hände über'm Kopf zusammen. Nun hat mir die berühmteste Katzenmutter Meldorfs gestanden, dass sie einmal Silvester und Neujahr im WKK verbracht habe, weil ihre greise Katze (eine von ungefähr einem halben Dutzend) sie gebissen habe ... "Pass bloß auf!" Warnt sie. Natürlich beißt der feine Herr Caruso mit Vorliebe am Freitagabend, oder am Samstagvormittag, an Feier- und Festtagen, wenn alle Arztpraxen geschlossen sind. Und natürlich nur auf dem roten Sofa! Meine Hände sind gut verheilt, gestehe nun auch ich. Auch alle anderen betroffenen Körperteile, Handgelenk, Unterarm, Oberschenkel usw. Nichts mehr zu sehen. Ich weiß nicht, ob das an den Keimen liegt, die der Kater mit Biss entweder nicht in seinem Speichel hat oder auf die ich bereits immun bin. Leute! Eigene Abwehrkräfte entwickeln und Giftpilze essen!

Montag, 28. Dezember 2020

"Naomi"

Naomi wird sonntags gern besungen beim Einsingen um 9. Daniel, unser Sonntagssänger kennt eine nette Naomi und braucht für die auf- und absteigenden Tonfolgen dreisilbige Namen. Die Übung startet meist mit Naomi, geht über Rossini weiter zu Caruso und allen anderen Namen, die sofort in den Live-Chat purzeln. Meine "Naomi" ist der Nussknacker, bzw die Nussknackerin, die vor über einem Jahr, am 2.10.2019 (siehe dort) anonym vor meiner Haustür abgelegt wurde. Wie ein Neugeborenes in der Babyklappe. Ich habe sie nie benützt und sie ist kürzlich beim Küchenaus- und Kücheneinräumen originalverpackt wieder zum Vorschein gekommen. Da das Christkind mir in diesem Jahr überdurchschnittlich viele Walnüsse beschert hat, hole ich den Zweit-Nussknacker, die "Naomi" eben, hervor. Die Enttäuschung ist riesengroß. "Naomi" kann keine Nüsse knacken, sondern verteilt - sehr zur Freude von Herrn Caruso! - die ess- und nicht essbaren Bestandteile einer Walnuss unsortiert im ganzen Wohnzimmert! Ich recherchiere im Internet. Und lese in den Kommentaren, dass "Naomi" eher ein "Spielzeug für Männer" sei als ein praktisches Werkzeug. Diese Dritt-Einschätzung führt zurück zur Frage, wer mir "Naomi" geschenkt hat und warum anonym und wozu eigentlich.  

Der Entsorgungshinweis fehlt nicht auf dem Beipackzettel: Naomi gehört ins Altmetall.

Sonntag, 27. Dezember 2020

Hermine

Wer kennt sie nicht? Miss Granger aus Harry Potter! Heute zieht sie über unsere Dächer und Köpfe mit Orkanböen bis 10 Bft oder 110 km/h. Im Schlepptau Starkregen. Benannt ist das Sturmtief nach der deutschen Wetterpatin Hermine Fischbach und wird natürlich deutsch ausgesprochen. Ihre Vorboten donnerten schon in der Nacht durch meine Träume.

Samstag, 26. Dezember 2020

Der innere Frieden

Zufällig hörte ich beim Kochen im Radio - ich habe nicht im Radio gekocht, sondern in meiner Küche, wo auch ein Radio steht - einen einzigen Satz aus einem Gespräch mit Maurice Steger. Auf die (nicht sehr originelle) Frage des Moderators, wie er das zu Ende gehende Jahr als Musiker, Künstler, Mensch bewerte, sagte der Flötist: Ich habe meinen inneren Frieden damit gefunden.

Punkt.

Der innere Frieden wird für so manches bemüht. Und das zu Ende gehende Jahr muss sich viel Gejammer und Geschimpfe gefallen lassen. Den inneren Frieden ausgerechnet in Zeiten einer weltumspannenden Pandemie zu finden, zeugt von großer Größe. 

Die Raunächte haben begonnen. Jedem steht es frei, seinen eigenen inneren Frieden zu finden.

 

Freitag, 25. Dezember 2020

Die Weihnachtsüberraschung

Frost! Sonne! Unglaubliches Licht. Windstille. Nix wie los zum Deich. Nur die Tide ist ungünstig. Sonst könnte ich tatsächlich endlich mein Abbaden nachholen. Das Wasser läuft bereits seit zwei Stunden ab, bis ich ankomme, wird nichts mehr übrig sein. Nur der matte Matsch im Watt.

Donnerstag, 24. Dezember 2020

Das Weihnachtsgeschenk

H. ist entsetzt, dass mich mein Untermieter schon wieder gebissen hat. Ich solle ihn, rät sie, zurückgeben. Das ist ja so, als führtest Du mit einem gewalttätigen Mann eine Ehe.

Zurückgeben? Herrn Caruso? Aber Wem? Und Wohin? Laut Vertrag, den ich mit dem Tierheim abgeschlossen habe, muss ich ihn tatsächlich innerhalb eines halben Jahres an den/die ursprüngliche/n Besitzer/in "zurückgeben", falls der oder die sich meldet, den Beißkater zurückhaben will und alle entstandenen Kosten für seine zwischenzeitliche Versorgung und Unterbringung trägt. 

Herr Caruso ist heute genau 12 Wochen bei mir.

Im Vertrag mit dem Tierheim ist auch festgehalten, dass das Tier erst nach Ablauf eines ganzen Jahres in meinen vollständigen Besitz übergeht. Was das genau bedeutet, habe ich mir nicht genauer überlegt. Herr Caruso, der im Tierheim einen anderen Namen hatte und vor seinem Aufenthalt dort wahrscheinlich nochmal einen anderen, gehört mir also gar nicht richtig. Kann ich zurückgeben, was mir nicht gehört? Gehört er mir auf Probe? Kann ich ihn entlassen? 

Aber, erwidere ich, der Kater ist kein Weihnachtsgeschenk, kein Umtauschartikel und kein LAP. Ich kann keine Scheidung einreichen und ihn nicht, nur weil er die falsche Größe, den falschen Appetit, die falschen Vorlieben hat, nach den Feiertagen originalverpackt und kostenfrei retour schicken.

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Die Weihnachtssuppe

Ein wunderbares Rezept: Aprikosen-Steckrübe-Suppe mit knusprig gebratenen Äpfeln und Maronen. Ingwer-Thymian würzig. Warm. Süß. In meiner Variante auch ein bißchen scharf. Wärmt tatsächlich bis in die Zehenspitzen.

Dienstag, 22. Dezember 2020

"Schleswiger Schnee"

Die Biokiste bringt immer wieder Wunderliches zutage. Samenfeste Pastinaken vom Biolandhof Christiansen, Saatgut aus eigener Züchtung. Mit dem schönen Namen "Schleswiger Schnee". So kommt auch der in meine Küche an der Schleswiger Straße.

Montag, 21. Dezember 2020

Die Wintersonnenwende

Bei uns findet sie um 11:02 statt und alles kehrt sich um, aber wirklich alles! Der Lauf am Himmel. Am Abend soll es zu einer ungewöhnlichen Kollision, einer sogenannten Großen Konjunktion am Sternenhimmel kommen. Ein Überholmanöver auf der Autobahn der Gestirne, denn auch im Universum sind nicht alle mit der gleichen Geschweindigkeit unterwegs. Jupiter, der es eilig hat, überholt den gemächlichen Saturn. Und obwohl beide etwa 730 Millionen Kilometer voneinander entfernt sind, soll es von unserer kleinlichen irdischen Perspektive aus so aussehen, als ob sie verschmelzen in einer "innigen Umarmung". Soviel zu diesem trompe-l’œil am Sternenhimmel. Bei uns im Norden, über dem Wattenmeer werden Wolken es gnädig verhängen.

Sonntag, 20. Dezember 2020

Die Fermate

Die Fermate, habe ich eben beim Einsingen um 9 gelernt, heißt auf Italienisch Corona - die Krone! Lateinisch Convenientia, sie ist ein Signum convenientiare. Ein Blick in das Musiklexikon klärt auf: Die Fermate ist ein Ruhepunkt. Die Fermate kann in einem Musikstück entweder auf einen Ton fallen. Oder auf eine Pause. Die Fermate unterbricht den Verlauf der Melodie, die Bewegung im Takt auf einige Zeit. Die betreffende Note oder Pause, über der das Fermatenzeichen wie eine Krone sitzt, ein nach unten offener Halbbogen mit einem Punkt in der Mitte, lädt zum Innehalten ein. Verweile doch ... Meist entscheidet der Taktstock des Dirigenten, wann es in welchem Tempo weitergeht. Also achtgeben! Die Pause ist tonleer und bleibt es auch mit Fermate. Der Ton jedoch ist tonvoll und wird ausgehalten, je nach Interpretatiom und gusto mit crescendo oder decrescendo, lauter oder leiser werdend, intensiver oder schwächer. Was die Komponisten dazu bewegt, Fermaten in ihre Kompositionen zu pflanzen, dazu weiß das Lexikon folgendes:

"Verschiedene Ursachen können den Tonsetzer zu solcher Unterbrechung des Flusses der Taktbewegung veranlassen. Der Ausdruck der Verwunderung, des Erstaunens, eine plötzliche Hemmung des Gefühlsstromes, überhaupt Empfindungen, deren Bewegung selbst einen kurzen Stillstand zu machen scheint oder die gleichsam durch völlige Ergießung momentan sich erschöpft haben, sind hinreichend, die Anwendung der Fermate zu rechtfertigen. Nur darf sie nicht zu häufig und nicht ohne deutliche Motivierung durch den Tongedanken auftreten, sonst wird sie ein kleinliches äußerliches Effektstückchen, bloße Ziererei, und bewirkt, wie alle äußerlichen Mittel, nur das Gegenteil von dem, wozu sie bestimmt ist." https://musikwissenschaften.de/lexikon/f/fermate/

Vielleicht gilt das auch umgekehrt. Für Corona?

Ich schreibe und singe heute einhändig. Trotzdem frohen 4. Advent!

Samstag, 19. Dezember 2020

Der Biss

Sonne ist angesagt und keine lärmenden und staubenden Handwerker. Also Wäsche! Vor Weihnachten, Raunächten usw. Am Mittag setze ich mich auf das rote Sofa und will Kaffee trinken. Herr Caruso will, was er sich in letzter Zeit angewöhnt hat, mir Gesellschaft leisten. Legt sich breit auf meine Oberschenkel und fängt zufrieden schnurrend an, meinen Bauch und die Brust zu treten. Als ich nach der Tasse greifen will, beißt er zu. Heftig, aggressiv, ich spüre es. Er will beißen! Und tut es gleich zweimal. Nachbeißen nennt man das vielleicht. Nachtreten. Ich verschütte vor Schreck den Kaffee, brülle das Raubtier wütend an, was er sich dabei eigentlich denke. Er sucht das Weite. Ich den Wundspray. Das war's für heute.

Freitag, 18. Dezember 2020

Das Pflaster

Es ist noch stockdunkel, als sie zu arbeiten beginnen. Ohrenbetäubend schneiden sie den Asphalt auf im Scheinwerferlicht einer Baumaschine. Direkt vor meinem Fenster. Vor meinem Schreibtisch. Sie beenden ihre Arbeit bei Sonnenuntergang. Den Bürgersteig haben sie mit neuen Platten belegt. Damit sind die Schäden, die der Wasserrohrbruch angerichtet hat, beseitigt. Man kann stolperfrei flanieren. Die Straße hingegen, das Stück, wo die Wucht des Wassers die meisten Risse in den Asphalt gezogen hat, pflastern sie notdürftig. So dass Autos darüber hinwegfahren können. Im nächsten Sommer, sagen sie zum Adieu, wird neu asphaltiert. A Dieu!

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Das Zimmer

Ich kann unter den momentanten Umständen nicht am Schreibtisch sitzen. Zuviel Unruhe rund herum. Wasseradern? Unterirdische und oberirdische? Ich streiche das Wohnzimmer, bzw. das, was es mir an freien Wänden zu bieten hat. Rücke Möbel, Teppiche, verscheuche den Kater (das wird mich noch teuer zu stehen kommen!), putze vor Sonnenuntergang die großen Fenster von innen und außen. Beeile mich, in der einbrechenden Dunkelheit alles wieder hereinzuräumen. Die Pflanzen, die den ganzen Tag im warmen Winterregen draußen verbrachten ... und dann müssen alle Teile wieder an ihren angestammten Platz rücken. Oder einen neuen einnehmen.

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Das Wasser

Das Wasser gurgelt nicht, es blubbert, drängt, sprudelt, strömt schmutzig und heftig aus dem Boden. Kurz nach Mitternacht. Ergießt es sich über die ganze Straße. Die Gullis sind noch verstopft vom Laub diesen Herbstes, unten an der Kreuzung bildet sich bereits ein See. Alle Nachbarn schlafen. Ich rufe die Feuerwehr an. 

Ich hätte auch bereits im Bett sein können. Ich warte, bis einer vom Wasserverband aus dem Schlaf geklingelt wird und das Wasser abstellt, zuerst den Gulli freischaufelt, dann unter dem Schlamm den Wasseranschluss sucht und abdreht. Ich laufe derweil unbekümmert den nassen Bürgersteig auf und ab. Er sagt, er würde die Stelle noch absichern. Woher weiss er, wundere ich mich, welche Stelle er absichern muss?

Beim Hellwerden am Morgen sehe ich, wie die abgesicherte Stelle aussieht und erschrecke. Ich hätte tatsächlich zu nachtschlafener Zeit Hals und Bein brechen können! 


 


 

 

 

 

 

Am Mittag sieht die abgesicherte Stelle im Sonnenschein so aus. Ein neues Stück Wasserleitung ist eingesetzt. Die monströse Grube wird wieder zugeschüttet. Die Straße muss auf der ganzen Breite und Länge neu asphaltiert werden, der Druck des aus der Leitung befreiten Wassers hat die Asphaltdecke hochgehoben. Und der Bürgersteig muss gepflastert werden. Wahrscheinlich erst im nächsten Jahr. Und so kommen wir weiterhin ohne Hals- und Beinbruch durch den Lockdown. Wie lange er auch dauern mag. Denn die Krankenhäuser haben bestimmt keine freien Betten für uns!

Dienstag, 15. Dezember 2020

Das Glarnerland

Das Glarnerland ist kein fiktives Land wie zB das von mir erfundene Fölmliland oder das Leseimperativtal. Im Glarnerland wird heute meine letzte Tante beigesetzt. Mit ihr wird die Generation unserer Eltern zu Grabe getragen. Abgeschlossen. Beendet. Niemand lebt mehr, der erheblich älter ist als wir und entsprechend andere Erfahrungen im Leben eingesammelt hat. Nun sind wir an der Reihe, egal wo wir wohnen, ob im Glarnerland, im Schwarzbubenland oder in Europas größtem zusammenhängenden Kohlanbaugebiet, dem Ditschiland.

Montag, 14. Dezember 2020

Der Neumond

Auch deswegen wären die Geminiden, der stärkste Meteorstrom des Jahres, letzte Nacht besonders gut zu sehen gewesen: weil der Mond abnehmend war und heute neu ist. Aber es war, wie gesagt und befürchtet, gar nichts zu sehen. Nicht über dem Wattenmeer. Nur Trübsinn. Nebel. Undurchdringliche Nacht.

Sonntag, 13. Dezember 2020

Die Geminiden

Dritter Advent. Heute heißt es im Garten schlafen und in den Himmel gucken. Also nicht schlafen. Die Augen offen halten. Noch besser: das Lager in der Feldmark aufschlagen. Und den Sternschnuppenschauer auf sich, auf mich nehmen.

Wenn nicht über dem Wattenmeer schon den ganzen Tag Niesel und Nebel lägen. Und die Sicht in den Himmel versperrten. Die Temperaturen im unteren einstelligen Bereich verharrten.

Samstag, 12. Dezember 2020

Das Gurgeln

Das Gurgeln ist das neue AHA. So ein bisschen wie Händewaschen. Eigentlich ganz normal. Trotzdem tun es die meisten nicht. Oder taten es nicht. 

AHA heißt Abstand, Husten und Alltagsmaske. Oder Abstand, Hygiene und Alltagsmaske. Weil Hygiene mehr bedeutet als nur Husten (in die Armbeuge). Händewaschen, zB. nach dem Toilettengang. And now wash hour hands! Und nun: Gurgeln. Großartige Erkenntnis den Herrn Gesundheitsministers. Das wussten schon unsere Großmütter. Am besten mit Salzwasser. Ich mochte das nie, aber natürlich hat es immer geholfen. Bei Halsweh. Erkältung. Heiserkeit. Belegter Stimme.

Freitag, 11. Dezember 2020

Der Fisch

Freitag. Markt. Ich kaufe frischen Fisch. Es gibt Leute, die machen das jeden Freitag. Ich nur sporadisch. Wenn mich der Heißhunger überfällt. Ich brauche auch Kartoffeln. Die hole ich aus dem Kartoffelautomaten. Markt hin oder her. Die Küche riecht immer noch zu neu. Da hilft alles Lüften nichts. 

Donnerstag, 10. Dezember 2020

Die Wut

Erbost jagt mir Herr Caruso nach. Weil ich die Teppe hochsteige. Und nicht die Küchentür öffne. Er hat Hunger. Reißt mit den Krallen meine Hose am Oberschenkel auf und beißt mich ins Handgelenk. Ich schreie ihn an, was ihm einfalle. Mich zu beißen! MICH! Er saust die Treppe hinunter und verschwindet aus der Katzenklappe. Mit dem Hunger.

Mittwoch, 9. Dezember 2020

Der Eimer

Ich habe einen Eimer Farbe für die Küche gekauft. Vorausschauend einen großen Eimer. Wenn ich schon Frische Farbe kaufe. Dachte ich. Hab ich noch ein paar andere Wände und dunkle Ecken. Und ich werde, nahm ich mir vor, steichen, bis der Eimer leer ist. Mein guter Vorsatz, bereits im November gefasst! Der Eimer ist nach der Küche, dem japanischen Zimmer, dem Flur und dem halben Treppenhaus (die obere Hälfte überlasse ich dem Himmel) immer noch nicht leer. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als demnächst das Wohnzimmer in Angriff zu nehmen. Ich spare es mir für Weihnachten auf und werde bei Kerzenschein Möbel rücken, Bücher stapeln, Regale von den Wänden ziehen sowie das mittlerweile hundertzwanzigjährige Liegnitz ...falls der Eimer dann immer noch nicht leer ist, weil er ein Wundereimer ist und sein Inhalt über Nacht immer wieder nachwächst, ja dann ...

Dienstag, 8. Dezember 2020

Der oder Das

Ziesel. Der oder das Arktische Ziesel, sagt der Duden, weil er sich nicht entscheiden kann. Die Polen haben es einfacher und nennen das Tier susłogon arktyczny. So oder so ist es ein tagaktives Eichhörnchen, das sich in einen Erdbau zurückzieht, wenn es müde wird. Dort verbringt es auch seinen Winterschlaf: mehr oder minder 8 Monate. So lange es eben zu dunkel ist über dem Erdboden. Das Tier - der oder das arktische Ziesel - passt sich der Umwelt an. Seine Körpertemperatur sinkt dabei unter den Gefrierpunkt, bis zu -3°! Es erfriert aber nicht. Obwohl es, im Gegensatz zu vielen Polen, kein Alkohol im Blut hat. Und das Gewebe wird durch die Eiskristalle nicht zerstört. Es atmet vielleicht noch einmal in der Minute und übersteht den Genderstreit in der deutschen Sprache gelassen.

Montag, 7. Dezember 2020

Die Milch

Der größte Vorteil der neuen Küche ist das Kochfeld mit Timer. Die einzelnen Kochplatten lassen sich individuell einstellen, nicht nur auf Wärme, sondern auch auf Zeit. Ich kann, wenn ich meinen Spätvormittagsespresso aufsetze und die Milch nicht kühlschrankkalt dazu gießen möchte, ein kleines Kochfeld auf Stufe 6 5 Minuten einstellen und weiter fröhlich durch Haus und Garten tigern oder meine Gedanken sortieren am Schreibtisch. Die Milch wird nicht mehr vergessen und sich nicht mehr rächen für das Vergessen (sprich: überkochen), nie wieder. Das entsprechende Kochfeld schaltet sich ohne mein weiteres Zutun rechtzeitig ab. Zwar ertönen noch Alarmlaute, völlig überflüssig und leider penetrant. Ich habe noch nicht herausgefunden, wo die eigentlich herkommen und wie ich sie unterdrücken kann. Kommt Zeit, kommt Rat. Ich will ja nicht gewarnt werden, sondern nur mich beruhigt zurücklehnen, weil die Milch nicht mehr überkochen kann.

Sonntag, 6. Dezember 2020

Der Nikolaus

Am frühen Sonntagmorgen steht tatsächlich auf meinen ungeputzten Gartenclogs vor der Tür ein Tütchen mit Nüssen und Marzipan. Und einem Gruß vom Nikolaus.

Samstag, 5. Dezember 2020

Der Stiefel

Statt mit Stiefeln hantiere ich mit Lappen, Pinsel, Rolle, Bürsten. Ich streiche Wände. Reinige Räume, wie ich es noch nie in meinem Leben getan habe. Frühlingsputz im Advent. Nach der Küche ist das Tatamizimmer an der Reihe und dann kommt der Flur mitsamt Treppenhaus hoch in den Himmel. Ich eliminiere by the way sämtliche Spuren von Herrn Rasputin im Haus, der liebend gerne seine Krallen an den Tapeten gewetzt hat. Herr Caruso ist da vornehmer und zurückhaltender - flieht aber gerade ins Obergeschoss oder aus der Klappe in den Garten. Er versteht mein Tun nicht, mag den frisch-gestrichen-Geruch nicht, und soll ja auch nicht ständig durch Farbkleckse auf dem Boden tappen.

Freitag, 4. Dezember 2020

Der Schlaf

Ja, Winter wird's. Barbaratag. Der Wind pfeift um die Ecken. Ich warte auf mein morgendliches Stelldichein mit dem Bäcker. Er ist unterwegs in seine Backstube, muss, wie er berichtet, Notfalleinsatz leisten. 3 im System verloren gegangene Meterbrote backen. Das sei ein unrentabler Aufwand, aber für gute Kunden mache er das. Auch wenn wahrscheinlich der Kunde vergessen habe zu bestellen. Ich will wissen, ob das Meterbrot einen Meter lang ist. Er lacht. Die Leitung ist gut. Nein, nur 80 cm. Aber so heißt es. Immerschon. Eignet sich für Schnittchen. Und die Tageslosung sagt: 

Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf.
Psalm 127,2

Donnerstag, 3. Dezember 2020

Die Not

Die Not ist groß zwischen einem Mittwoch und einem Freitag im Dezember an der Nordsee. Ich fange an, die Orientierung in der Zeit und im Raum zu verlieren. Noch nie ist es mir so unangenehm aufgefallen, wie dunkel der Dezember ist - und der hat ja gerade erst angefangen und seine Tage werden mit jedem Tag noch kürzer. Noch nie - seit ich denken kann - ist ein Jahr so monoton und ereignislos vergangen. So dass ich es aus meiner persönlichen Biografie jetzt schon streichen könnte.

Mittwoch, 2. Dezember 2020

Der Tag

Der Tag beginnt, wie gesagt, spät. Meist flackert etwas Licht kurz vor der Abenddämmerung auf. Aber umso intensiver. Überraschend. Am Himmel und an den Hausecken der Nachbarhäuser. Aus Westen. Bevor die Straßenlaternen angeknipst werden. So zwischen 14 und 15 Uhr.

Dienstag, 1. Dezember 2020

Das Los

Es wird kalt und ungemütlich. Tageslichtlos.Wetter zum schlafen,. Ich glaube, kastrierte Kater halten wie Bären Winterschlaf. Herr Caruso möchte nur noch vor der (geschlossenen) Küchentür liegen. Damit er in Ruhe schlafen kann und doch keinen Moment verpasst, wenn ich diese für ihn so magische Tür zum Nirvana öffne. Ein Adventskalender mit nur einem Türchen, das ist sein Los