Nein, wir sind nicht in Island, wohl aber in einem Gebiet mit hoher vulkanischer Aktivität. Nicht in Grindavik. Sondern in Gedanken. Noch sitzen wir brav am Wattenmeer auf dem roten Sofa und träumen vom Vesuvio und warmen Füßen. Ich habe Herrn Caruso einbestellt, bevor er auf seinen Nachtspaziergang geht. Wir müssen unseren Auszug planen. Auf die Phlegräischen Felder. Mein Untermieter kennt sie aus seiner Jugend als Campi Flegrei. Und ich kenne sie von einer Reise vor Jahren.
Alle Zeichen stehen auf Umbruch. Aufbruch. Abbruch. Angefangen vom Sunny Boy unter dem Dach bis hinunter zur mikrochipgesteuerten Katzenklappe. Zwischendurch fallen ständig alle Telefone aus, der Staubsauger will nicht mehr und manchmal, vorwiegend mitten in der Nacht, wenn ich oben im Flur den Lichtschalter betätige, geht unten die Türklingel los. Mein Lichtwecker ist auch aus dem Takt geraten, seit er beim sonntäglichen Kissenaufschütteln nur leicht zur Seite gekippt ist. Nun funktionieren die Softtouchtasten nicht mehr richtig. Wenn ich das Licht heller haben will, geht das Radio an. Wenn ich den Sender wechseln will, wird mir die Weckzeit angezeigt. Mal weckt mich der Lichtwecker mit Licht, mal ohne, mal gar nicht. Und so weiter. Und so fort. Ein Irrenhaus!
Die größte Katastrophe aber ist die Katzenklappe. Der Putzlappen hat nämlich nichts gebracht, ausser glänzenden Aussichten. Der Automatikverschluss hat sich zwar entriegelt und die Klappe lässt den Kater wieder ins Haus - aber leider für immer. Nachdem ich mit dem Poliertuch alle Putzstreifen entfernt hatte, griff ich zu neuen Batterien, entfernte den an den Rändern zerkratzten Reflektorstreifen und klebte den Ersatzreflektorstreifen auf exakt dieselbe Stelle, drückte die reset-Taste, löschte den Speicher, setzte alles, aber auch wirklich alles auf Werkeinstellung zurück, schaltete danach den Programmiermodus ein, wartete geduldig, bis Herr Caruso hungrig zum Mittagessen durch die Klappe einstieg und die Klappe dabei gehorsam seinen Chip neu einspeicherte. Funktionierte alles wie am Schnürchen und vollkommen stressfrei. Aber der Automatikverschluss schließt trotzdem nicht mehr automatisch. Damit ist unser Haus offen für jedes Tier - ob Katze oder Kater, Hase oder Häsin, Fasan oder Eichhörnchen. Am Tag und in der Nacht. Alle können sich jederzeit durch die nun "selektive" Katzenklappe zwängen und unser Heim nach Fressbarem absuchen. Ein Taubenschlag!
Wir bleibt uns anderes übrig, als auszuwandern?! Nach Süden. Auf die Campi Flegrei. Ein Rundumschlag! Wir werden die nächsten Erdbebenschwärme abwarten, uns mit dem Rücken an den Vesuvio anlehnen und auf den Golf von Pozzuoli glotzen. Herr Caruso ist auf meinem Schoß eingenickt. Und ich werde gleich meinem Lichtweckerradio noch ein bisschen Tristram Shandy entlocken.
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