Donnerstag, 24. November 2022

Zinkzeit

Die letzten Nächte waren alle erstaunlich sternenklar. Die Tage, die darauf folgen sind hingegen lichtlos, unklar. Neblig. Trübe. Feucht. Grau. Schwer. Ich frage mich jeden Morgen, wo die Klarheit der Nacht hin ist. Kürzlich hörte ich einen Zinkenisten. Einen leidenschaftlichen Zinkbläser und begeisterten Schütz-Interpreten. Der Zink ist ein Blasinstrument aus Holz. Und Turmbläser spielten früher meist den Zink, weshalb auch sie Zinkenisten genannt wurden. Damals, erzählt der heutige Zinkenist im Radio, mussten die Bläser in Leipzig vom Turm der Thomaskirche täglich stundenlang Choräle blasen. Und die Stadtpfeifer mussten morgens um 10 und abends um 6 vom Turm des Rathauses Instrumentalmusik spielen. Deshalb, weil die Pfeifer in vielen Städten, nicht nur in Leipzig, ihren täglichen Verpflichtungen nachkommen mussten, blieb der Zink der Welt als Instrument noch lange erhalten, als er längst aus der Mode gekommen war. Der Zink sei nicht mehr verbesserungsfähig gewesen, sagt der Zinkenist heute. Das Instrument erfüllte perfekt die Anforderungen der Musik des frühen 17. Jahrhundert in der mitteltönigen Stimmung. Also für Melodien in Tonarten mit ein oder maximal zwei Vorzeichen. Als die Komponisten mehr wagten, drei B's oder fünf Kreuze zum Beispiel, sei es für die Zinkenisten schwierig geworden, kamen andere Blechbläser mit neuen Blechblasinstrumenten zum Einsatz. Es gäbe bei diesem Instrument keine enharmonischen Verwechlungen, deshalb sei es schwierig; eine chromatische Linie zu spielen - behauptet der moderne Zinkenist und macht es vor. Nicht ganz sauber und absteigend! Ab ca Minute 17.

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