Am Mittag viel Wasser und kein Mensch an der Meldorfer Bucht. Viel kalter Wind von Nordwest. Danach quäle ich mich am Schreibtisch mit meinem literarischen Sehnsuchtsort. Ich verrate nicht, wo er liegt. Er bewegt sich ständig und hat tatsächlich keine festen Koordinaten. Um mich abzulenken lese ich im Briefwechsel Boie (Henrich Christian) - Mejer (Luise). 1777-1785. Im Radio beginnt das unsägliche Sommerfestival. 40 Tage lang, so lange wie die katholische Fastenzeit vor Ostern, oder die "quaranta" - die 40 Tage, die zu Zeiten der Pest Schiffe im Hafen vor Venedig lagen, bevor die Besatzung von Bord und in die Bordelle der Stadt gehen durfte - unsere Quarantäne! So lange wird nun morgens und abends dasselbe vorgelesen. Und das Ganze als wahnsinniges Kulturangebot - in Zeiten von Corona! - verkauft. Ich schalte ab und verziehe mich an meinen Sehnsuchtsort.
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