Freitag, 25. November 2016

Nebel

Windstill. Ich nehme meinen Mut zusammen und fahre durch den Speicherkoog zum Deich. Nebel. Immer dickerer Nebel. Solange ich mit dem Fahrrad auf dem Asphalt bleibe, kann mir nichts passieren. Ich halte mich rechts vom Seglerhafen. Die Schleuse ist zu, im Becken schwelt Brackwasser, die Stege sind leer. Kein einziges Boot. Kein Verbot, keine Einbahnstraße. Keine Warnung vor dem Ertrinken. Mit den bunten Segeln sind auch die Menschen verschwunden. Kein Auto, weit und breit, kein Wohnmobil, keine Parkgebühr, kein plärrendes Radio, kein verlorenes Kind, kein Fischbudengestank, kein streunender Hund. Die Klos sind geschlossen, der Strom abgestellt, der Müll entsorgt. Ich keuche die landseitige Böschung hoch. Oben auf der Deichkrone sehe ich, dass kein Wasser ist. Nur Nebel. Nichts als Nebel. Das ist nichts Neues. Das hat mir die Wetterkarte zu Hause auf meinem Laptop gezeigt. Schafe strecken neugierig ihre Köpfe aus dem Nebel. Auf sie ist immer Verlass. Der Nebel tropft aus meinen Haarsträhnen, trotz Mütze. Die Arisdörferin hockt auf dem Gepäckträger und den Hooger Dieb ziehe ich am Schlafittchen hinter mir her. Die beiden haben nichts miteinander zu tun, sie kennen sich nicht einmal. Aber seit Frau Regenass die Regie führt, habe ich nichts mehr zu sagen. Meine blauen Handschuhe sind bereits mit Reif überzogen. Das Schlafittchen ist kein Schneewittchen. Ich lasse mich auf die Wasserseite fallen und radle gen Norden. Das Schlafittchen steht heute im Duden auf der Liste der rechtschreiblich schwierigen Wörter, es geht zurück auf frühneuhochdeutsch Schla[g]fittiche - die Schwungfedern von Gänse- und Entenflügeln. 

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