Donnerstag, 10. November 2016

Hans Dampf

Dauerfrost. Gestern fielen fast alle Blätter von meiner Edelkastanie. Ich watete den halben Nachmittag knietief im knisternden Laub und füllte sieben Säcke. Dann, todmüde, zum Einschlafen Simplicissimus. Grimmelshausen war ein Zeitgenosse Luthers und sein Roman bekommt nun im Schatten des Reformators gemäßigte Aufmerksamkeit kurz vor Mitternacht im Norddeutschen Radio. Hans Dampf, der Protagonist, ist der Sohn des Vaters, des Herrn Bürgermeisters Dampf.
Aber eigentlich hievte erst Zschokke - der alte Wahlschweizer Heinrich, nicht der sanfte Berner Zeitgenosse Matthias - Hans Dampf auf den Sockel der Denkmäler der Weltliteratur und legte ihn dem Volk in den Mund. Einhundertfünfzig Jahre nach Luther, weswegen Zschokke derzeit nicht im Nachtradio läuft und ich mich gezwungen sehe, ihn aus dem Internet hervorzaubern, wo er zu Beginn seiner Erzählung den Ort des Geschehens, den "Freistaat Lalenburg" folgendermaßen charakterisiert: 
"Es ist immer gut, wenn die Bürger eines auch noch so kleinen Freistaates groß von sich selber denken. Um so seltener werden sie kleinlich handeln. Denn großer Rat und kleine Tat mahnt nur an Don-Quixoterie und Gasconade. Auch liegt ja die wahre Größe eines Staates nicht im Umfang seiner Besitzungen, sondern in der Kraft und im lebendigen Geist seiner Bewohner oder zuletzt derer, die den Stab der Herrschaft führen. Völker sind an sich nichts als Nullen; nur die Obrigkeit die Zahl, welche voran steht und jenen erst Bedeutung gibt. Hans Dampf war der Sohn des verstorbenen Bürgermeisters Peter Dampf, eines der größten Staatsmänner seines Jahrhunderts. ..." (Heinrich Zschokke, Hans Dampf in allen Gassen 1814).
Mehr hier: http://gutenberg.spiegel.de/buch/hans-dampf-in-allen-gassen-4093/1

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