Sonntagmorgenspaziergang durch Belluno. Die Tourist Information ist offen und eine kompetente junge Dame erlöst meinen persönlichen Reiseleiter unerwartet von seinem Dilemma. Sie empfiehlt uns, mit Blick auf die Uhr und den Kalender, die Südroute dem Piave entlang bis Feltre zu fahren. Die Straße sei breiter als auf der Nordseite des Flusses. Am Sonntag sei wenig Verkehr. Wir verlassen die lunga via delle Dolomiti. Wir nehmen unseren eigenen Weg. Ich habe den besten Kartenleser der Welt bei mir. Und er, mein Kartenleser und Reiseleiter hat die beste Mechanikerin der Welt bei sich. Mir machen die Augen zu schaffen. Die Abgase reizen meine Schleimhäute. Er ist, wie immer, guter Dinge. Wir durchqueren um 10:45 Uhr das Zolltor von Belluno. Die Landschaft wird sanfter und grüner und wärmer. In Mel machen wir Mittagspause auf dem Kinderspielplatz hinter dem archäologischen Museum. In Lentiai ist Maisfest. Hätten wir das gewusst, hätten wir hier Polenta gegessen. Nun sind wir bereits satt. Die Hitze plagt uns. Nicht ohne Grund machen alle Menschen in diesem Land - außer uns Touristen - Siesta. Wir fahren tapfer weiter und erreichen am frühen Nachmittag unser Möchtegern-3-Sterne-Hotel La Casona in Feltre. Mein Reiseleiter sagt, es sei das einzige Hotel, das er im Internet gefunden habe. Wir duschen und überqueren frisch angezogen die neue Fußgängerbrücke in die Stadt. Hier treffen der Fluss Uniera und der Fluss Ligoni aufeinander. Wir schauen uns die römischen Reste unter dem Dom an, essen Waldbeereneis, steigen durch das Kaisertor die Mezzaterra hoch zur Kathedrale und zum Castello, bewundern alte Paläste, bemalte Wände, Marmorsäulen, besichtigen ganz nebenbei mehrere kleine, meist kahle Kirchen, die aus irgendeinem Grund nur heute offen sind. Auf dem Rückweg sind wir hungrig. Wir möchten essen. Es gibt nicht nur kein zweites Hotel in Feltre, es gibt auch kein einziges Restaurant auf unserem Weg. Die Altstadt ist eine Art Freiluftmuseum und die Neustadt besteht aus einer am Sonntag geöffneten Oviesse-Filiale, mehreren Eiscafés und Osterias, in denen es nichts Warmes zu essen gibt. Wir kehren reumütig in unser Hotel zurück, wo man uns am Nachmittag zur Begrüßung skonto im Restaurant versprochen hatte. Als wir ankommen, heißt es, das Restaurant sei Sonntagabends leider geschlossen, transportiert uns aber unverzüglich con la macchina um die Ecke zu mama, in die Pizzeria Sole di Napoli, wo wir nicht anstehen müssen für einen freien Tisch, sondern als Gäste der Töchter bevorzugt behandelt werden.
Ich schlafe ein, verwirrt von einer italienischen Stadt im Dolomitenvorland, in der alles in feurigen neapolitanischen Händen liegt.
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