Mein Patenkind wurde 1986 in Warschau geboren, ist also kein Kind mehr. Es war von Anfang an eine schwierige Patenschaft.
Mein Patenkind ist weiblich, studiert Musik (Harfe), promoviert derzeit an der UMFC (Uniwersytet Muzyczny Fryderyka Chopina) über eine Harfenkomponistin, deren Name ich vergessen habe. Mein Patenkind reist demnächst mit einem Forschungsstipendium für ein halbes Jahr nach Amerika. Mein Patenkind ist nicht unerfolgreich, nur bettelarm. Aus diversen Gründen schlägt mein Patenkind immer wieder gute Angebote aus. Aus verständlichen Gründen hat mein Patenkind Angst um die Hände, die Finger. Aus unverständlichen Gründen lässt mein Patenkind sich zur vereidigten Spanisch- und Französisch-Übersetzerin ausbilden. Als Übersetzerin will mein Patenkind nicht arbeiten. Das würde ich als Harfenistin auch nicht tun wollen. Mein Patenkind wird im Wintersemester neben Harfenspiel, Promotion, Übersetzerdiplom noch ein Jurastudium anfangen.
Die Mutter meines Patenkindes kenne ich aus der Zeit, als ich in Warschau Polonistik studierte und im siebten Himmel war (ich wohnte im 7. Stock des einzigen Hochhauses am Rande der Altstadt). Der Vater meines Patenkindes war damals wie ich Stipendiat an der Warschauer Universität. Er lernte wie ich die Mutter meines Patenkindes kennen. Uns beiden hörte man damals an, dass wir Ausländer sind. Im Gegensatz zu mir sah man es ihm auch an. Er kam aus Angola.
Es war von Anfang an alles schwierig.
Ein Kollege von mir, der als Kind mit seinen griechischen Eltern in die Schweiz kam und heute linguistisch ein sauberer Glarner ist, sagte einmal: "Menschen wie ich sind entweder genial oder werden wahnsinnig."
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