Das "Börsen-Unwort des Jahres" heißt Euro-Rettungsschirm. Man braucht bloß die Stilblüten des heutigen Tages zu sammeln, um sich vom Unworthaften dieses Unwortes zu überzeugen: der Bundeswirtschaftsminister sagt: "Wir können den Euro-Rettungsschirm nicht bedingungslos weiter aufblähen". Die FDP "lehnt eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms strikt ab". Ein Wirtschaftsweiser spricht von der "Ausweitung des 750-Milliarden-Rettungsschirms". Der Finanzminister wollte noch vor ein paar Wochen den Euro-Rettungsschirm "nicht verdoppeln", drängt nun aber darauf, "die Liquidität des Rettungsschirms sicherzustellen". Ein Herr von der Opposition möchte den Euro-Rettungsschirm "nicht verlängern". Das zuständige Ministerium teilt mit: "der Euro-Rettungsschirm arbeitet planmäßig".
Die Börse Düsseldorf schreibt zur Begründung ihrer Wahl: "Rettung bezeichnet die Beendigung einer Notlage oder das Entkommen aus einer gefährlichen Situation. Ist die Rettung erfolgt, geht das Leben glücklich weiter wie zuvor. Davon kann beim Euro-Rettungsschirm keine Rede sein. Die Hilfestellung ist zeitlich begrenzt und muss vom Empfänger zurückgezahlt werden, wobei teilweise unklar ist, ob und wie dies gelingen kann. Ohne Rückzahlung würde es sich schon eher um eine Rettung handeln, da dann die Verpflichtungen des Geretteten tatsächlich erledigt wären."
Weiter heißt es: "Außerdem ist nicht klar, um welche Art Schirm es sich handeln soll. Ist es eine Art Regenschirm, so ist die Kombination mit Rettung zumindest ungewöhnlich. Regen kommt meist in Schauern oder seltener als andauernder Wasserfall von oben. Der Regen hört früher oder später auf und die Sonne scheint wieder. Beim Euro-Rettungsschirm bleiben die Schulden übrig. Oder handelt es sich um einen Rettungsschirm für Fallschirmspringer? Unter diesen kann man nicht einmal schlüpfen, denn im Fall der Fälle hängt man daran. Definitorisch eng ist er sogar gar kein Notschirm, da die Nichtöffnung des normalen Schirmes nur als Störung und nicht als Notfall bewertet wird. Auch das passt in keiner Weise auf die vertrackte Situation der Euro-Rettungsschirmnutzer."
Passender wäre es laut Börse Düsseldorf gewesen, den "Euro-Rettungsschirm" als "Notkreditlinie auf Zeit für verschuldete Staaten" zu bezeichnen.
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