Dienstag, 6. Dezember 2016

Reiner Tisch

Nikolaus und Winterbild. Weil keine geputzten Stiefel vor den Türen standen, und ich aus Gründen der Diskretion die Adressen besagter Türen nicht benütze, bat ich das Gemeindebüro, allen Hoogerinnen und Hoogern meinen Text "Der Glockenschlag von Sankt Nikolai" in den virtuellen Schuh - das E-Mail-Postfach - zu stecken. Wer von den gut Hundert Halligbewohnern heute mein Geschenk dennoch nicht überreicht bekommt, kann es über das Kontaktformular meiner Website direkt anfordern.
"Reinen Tisch machen" bedeutet nicht tabula rasa. "Reinen Tisch machen" meint Ordnung in etwas bringen. Nicht umgekehrt! Nicht etwas in Ordnung bringen, sondern Ordnung in etwas. Früher glättete und säuberte man vor dem Essen das Wachstuch über den Holztafeln, an denen man die Speisen zu sich nahm. Zum Schutz des Holzes und aus hygienischen Gründen lag über dem Holz Wachs. Heute speist kein Mensch auf Holz, sondern aus Pappe an der Würstchenbude auf dem Weihnachtsmarkt.
tabula rasa hingegen meint eigentlich das unbeschriebene, leere Blatt oder die mit dem Schwamm gereinigte Schiefertafel. Übertragen bezeichnet tabula rasa die Seele in ihrem ursprünglichen Zustand, "rein" und "leicht", unbeschmutzt und unbeschwert. In dem Zustand also, in dem sie war, bevor sie Eindrücke von der Außenwelt empfing. Ein erstrebenswerter Zustand, der leider - im Gegensatz zum reinen Tisch - nicht einfach mit einem feuchten Putzlappen und einer fahrigen Handbewegung täglich aufs Neue wieder herzustellen ist.

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