Mittwoch, 14. Dezember 2016

Messias

Die Woche vor dem Konzert gehört der Musik. Nebelschwaden draußen und stehende Feuchte. Vom Vollmond, vom Himmel, ja von der Sonne den ganzen Tag keine Spur. Drinnen bei elektrischem Licht muss dringend das Klavier gestimmt werden. Ich radiere unnötige Bleistiftstriche aus den Noten wieder aus. Versuche die Jungfräulichkeit des Händelschen Urtextes wieder herzustellen, weiß um die Vergeblichkeit, um die Vergänglichkeit und singe trotzdem tapfer meinen Part einmal täglich durch. Mit capella am Computer und wechselnder Begleitung.
Im Kopf heute den ganzen Tag "Cox" vom Morgen - wie der Kaiser schreibt: "... an einem murmelnd dahinziehenden Fluß, an dessen Ufer der Kaiser an anderen, sonnigen Morgen Kalligraphenpinsel ins Wasser tunkte und damit Gedichte auf die glatten Steine schrieb. Die Worte verdampften unter der aufsteigenden Sonne und gaben den Stein wieder frei. So schrieb der Kaiser und sah, wie alle Schrift verschwand. Und schrieb weiter." (Christoph Ransmayr, Cox oder der Lauf der Zeit, S. 212).  

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