Ich höre ein bisschen Bachmann. Also nicht die Bachmann sondern ein, zwei Lesungen der sogenannten TddL - Tage der diesjährigen deutschsprachigen Literatur. Dass der Preisgekrönte Text von einem putzenden jungen Mann handelt, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Der Mann putzt, weil seine Mutter nicht putzt (oder nicht sauber genug putzt), hinter dem Rücken dieser Mutter (denn sie würde ihm die Ohren langziehen!) bzw während ihrer Abwesenheit. Der junge Mann putzt mit Hingabe das Spülbecken in der Küche in der Wohnung der Mutter, obwohl er dort nicht mehr wohnt. In der Küche der WG, in der er wohnt, kann er seiner Putzleidenschaft nicht nachgehen. Dort herrscht (außerhalb des preisgekrönten Textes) das Kollektiv. So putzt der junge Mann in der Küche der Mutter, während er auf die kleine Schwester (10-jährig) aufpasst, die im Wohnzimmer mit einer Freundin vor dem Fernseher sitzt und völlig autonom kichert. Also eine Geschichte mehr über eine abwesende Mutter und diese Abwesenheit kompensierende geschwisterliche Fürsorge. Dass die Hälfte des Textes längst abgehalfterte Tiraden über die Schädlichkeit von Ohrstäbchen in Kinderohren einnehmen, ist schade und der Jury nicht aufgefallen. Diese literarisierten Ohrstöpsel sind metaphorisch überfrachtet wie die 22 Bahnen im Schwimmbad. Sie kommen extensiv vor, weil sie angeblich für den Putzfimmel unentbehrlich sind, weil sie geknickt eine originelle (na ja!) Hakenkreuz-Installation erlauben und den lauen Witz "Nazis raus", wenn das Knick-Gebilde mit einer entschiedenen Handbewegung im Mülleimer (der auch och geputzt werden muss!) geworfen wird. Wattestäbchen fusseln leider nicht nur in Kinderohren, sondern auch im Küchenabflussrohr. Total kontraproduktiv für eine perfekte Reinigung. Macht nichts. Der Text ist gut gestrickt, aber weniger Fracht hätte ihm mehr Luft gegönnt. Flügel verleiht.
Am Abend Stiller, Teil 2.
Und draußen immer noch Poly
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