Freitag, 30. April 2010
Regen
Regen zum Monatsende. Und kräftige Sturmböen aus West. Sehr zur Freude der Hexen, die den lieben langen Tag in der Luft herumtollen auf der vergeblichen Suche nach einer natürlichen Erhöhung.
Donnerstag, 29. April 2010
Der Wintergast
Der Wintergast ist geblieben und hat jede Scheu verloren. Seit ich Grassamen ausgestreut habe dort, wo der Vertikutierer kahle Stellen hinterlassen hat (sozusagen überall), erschrickt der Fasan nicht mehr, wenn ich unverhofft um die Ecke biege. Oder wenn er unverhofft um die Ecke biegt. Dann macht er einen zaghaften Sprung zur Seite, mehr symbolisch als entschlossen. Die Faszination des vollen Futternapfes ist stärker. Auch alle anderen Vögel sind frecher geworden, seit es wärmer ist.
Wahrscheinlich sind auch wir Menschen im Moment für die Vögel frecher (omnipräsenter) als im Winter.
Wahrscheinlich sind auch wir Menschen im Moment für die Vögel frecher (omnipräsenter) als im Winter.
Mittwoch, 28. April 2010
Halophyten
Halophyten sind intelligent wie alle Pflanzen, die unter widrigen Bedingungen wachsen. Halophyten sind Salzpflanzen und leben auf den Salzwiesen. Bei mir um die Ecke im Wattenmeer. Keine Landpflanze würde die hohen und extrem schwankenden Salzkonzentrationen im Boden aushalten. Im Hochsommer bei Ebbe trocknet der Wattboden schnell aus und die Salzkonzentration steigt für ein, zwei Stunden rapide an. Bei Regen hingegen wird der Boden ausgesüßt.
Halophyten sind trickreich bei der Regulation der Salzkonzentration in ihrem Gewebe. Strandflieder scheidet das Meersalz über spezielle Drüsen wieder aus. Es sollen die kompliziertesten Pflanzendrüsen der Welt sein. Der Queller hingegen, eine der ersten Pionierpflanzen, die neu angelandetes Territorium bezieht, speichert das Salz in seinem sukkulenten Gewebe. Da immer mehr Salz über die Wurzeln eindringt, verdünnt der Queller es mit einem immer höheren Wassergehalt. Er quillt auf. Deshalb heißt er so. Einen Sommer lang hält er das durch. Dann stirbt er im Herbst als salzbeladene Pflanze ab. Seine Funktion als Pionierpflanze ist erfüllt. Andelgras siedelt sich seiner Stelle an der Hochwasserkante an, bindet mit seinen flachen Ausläufern Sand und bildet Bulten aus, die nach und nach zu einer geschlossenen Vegetationsdecke zusammenwachsen. Sobald die Verlandungszone trocken genug ist, wird das Andelgras von Keilmelde und Strandaster verdrängt. Und dann kommen schon bald die Schafe.
Halophyten sind trickreich bei der Regulation der Salzkonzentration in ihrem Gewebe. Strandflieder scheidet das Meersalz über spezielle Drüsen wieder aus. Es sollen die kompliziertesten Pflanzendrüsen der Welt sein. Der Queller hingegen, eine der ersten Pionierpflanzen, die neu angelandetes Territorium bezieht, speichert das Salz in seinem sukkulenten Gewebe. Da immer mehr Salz über die Wurzeln eindringt, verdünnt der Queller es mit einem immer höheren Wassergehalt. Er quillt auf. Deshalb heißt er so. Einen Sommer lang hält er das durch. Dann stirbt er im Herbst als salzbeladene Pflanze ab. Seine Funktion als Pionierpflanze ist erfüllt. Andelgras siedelt sich seiner Stelle an der Hochwasserkante an, bindet mit seinen flachen Ausläufern Sand und bildet Bulten aus, die nach und nach zu einer geschlossenen Vegetationsdecke zusammenwachsen. Sobald die Verlandungszone trocken genug ist, wird das Andelgras von Keilmelde und Strandaster verdrängt. Und dann kommen schon bald die Schafe.
Dienstag, 27. April 2010
Corioliskraft
Wind kommt in einer bestimmten Richtung auf, wenn mehrere Kräfte zusammen spielen: die Druckgradientkraft, die Corioliskraft und die Reibungskraft.
Zwischen Hoch- und Tiefdruckgebiet besteht ein Druckgefälle vom hohen zum tiefen Luftdruck. Es verursacht eine Kraft, die sogenannte Druckgradientkraft. Sie soll den Druckausgleich zwischen Hoch und Tief wieder herstellen, also das Gefälle aufheben.
Die Corioliskraft entsteht durch die Drehung der Erde um ihre eigene Achse. Sie lenkt Luftströmungen auf der Nordhalbkugel nach rechts, auf der Südhalbkugel nach links ab. Sie bewirkt auch die zyklonale Drehung von Tiefdruckgebieten und die antizyklonale Drehung von Hochdruckgebieten. Tiefdruckgebiete drehen sich auf der Nordhalbkugel linksherum, weil die Corioliskraft bewegende Luft nach rechts ablenkt. Entsprechend drehen sich Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel rechtsherum. Und auf der Südhalbkugel alles umgekehrt.
Die Reibungskraft bremst den Wind durch den Widerstand der Erdoberfläche ab. Sie beeinflusst nur Bodenwinde der untersten Luftschichten. Höhenwinde der oberen Luftschichten erreicht die Reibung der Erdoberfläche nicht mehr.
Die Reibungskraft wirkt der Coriolis-Kraft entgegen. Dank der Reibung bewegt sich die Luft nicht nur um die Tiefdruckgebiete herum, sondern auch in sie hinein. Der Druckausgleich findet statt. Und der Wind legt sich wieder.
Zwischen Hoch- und Tiefdruckgebiet besteht ein Druckgefälle vom hohen zum tiefen Luftdruck. Es verursacht eine Kraft, die sogenannte Druckgradientkraft. Sie soll den Druckausgleich zwischen Hoch und Tief wieder herstellen, also das Gefälle aufheben.
Die Corioliskraft entsteht durch die Drehung der Erde um ihre eigene Achse. Sie lenkt Luftströmungen auf der Nordhalbkugel nach rechts, auf der Südhalbkugel nach links ab. Sie bewirkt auch die zyklonale Drehung von Tiefdruckgebieten und die antizyklonale Drehung von Hochdruckgebieten. Tiefdruckgebiete drehen sich auf der Nordhalbkugel linksherum, weil die Corioliskraft bewegende Luft nach rechts ablenkt. Entsprechend drehen sich Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel rechtsherum. Und auf der Südhalbkugel alles umgekehrt.
Die Reibungskraft bremst den Wind durch den Widerstand der Erdoberfläche ab. Sie beeinflusst nur Bodenwinde der untersten Luftschichten. Höhenwinde der oberen Luftschichten erreicht die Reibung der Erdoberfläche nicht mehr.
Die Reibungskraft wirkt der Coriolis-Kraft entgegen. Dank der Reibung bewegt sich die Luft nicht nur um die Tiefdruckgebiete herum, sondern auch in sie hinein. Der Druckausgleich findet statt. Und der Wind legt sich wieder.
Montag, 26. April 2010
Kirschblüte
Unser Kirschbaum blüht. Schneeweiß. Schöner als alle Kirschbäume Japans. Es ist eine Sauerkirsche, Weichselkirsche oder Schattenmorelle? Ein Kleinbaum. Stand einst im Schatten der Werkstatt des Vorbesitzers. Die Schattenmorelle soll aber etymologisch nichts mit Schatten, sondern eher mit französisch "Château" zu tun haben (weil sie in den Gärten des "Château de Moreille" häufig vorkam?).
Wir leben nun schon den dritten Frühling mit unserem Garten. Trotzdem habe ich den Eindruck, den Kirschbaum zum ersten Mal blühen zu sehen. Obwohl sich an ihm kaum etwas verändert haben dürfte. Er ist aus dem Schatten getreten, das ja, denn ich habe mich um seine Umgebung gekümmert. Noch räume ich nur auf in unserem Garten. Der Kirschbaum ist gewachsen. Und er produziert fleißig Ableger.
Geerntet habe ich seine Früchte letztes Jahr (also wird er auch geblüht haben?). Obwohl der Professor skeptisch war. Ob sie uns nicht vergiften? Das Jahr zuvor hatte ich sie den Vögeln überlassen.
Nach der diesjährigen Ernte werde ich den Baum auslichten, sonst bekommt er Peitschentriebe.
Wir leben nun schon den dritten Frühling mit unserem Garten. Trotzdem habe ich den Eindruck, den Kirschbaum zum ersten Mal blühen zu sehen. Obwohl sich an ihm kaum etwas verändert haben dürfte. Er ist aus dem Schatten getreten, das ja, denn ich habe mich um seine Umgebung gekümmert. Noch räume ich nur auf in unserem Garten. Der Kirschbaum ist gewachsen. Und er produziert fleißig Ableger.
Geerntet habe ich seine Früchte letztes Jahr (also wird er auch geblüht haben?). Obwohl der Professor skeptisch war. Ob sie uns nicht vergiften? Das Jahr zuvor hatte ich sie den Vögeln überlassen.
Nach der diesjährigen Ernte werde ich den Baum auslichten, sonst bekommt er Peitschentriebe.
Sonntag, 25. April 2010
Sandorte
Ich sammle Orte wie Sand am Meer. Angefangen von den Sandstürmen, die Flugsand (entscheidend bei der Kompaktion von Gesteinsschichten) aufwirbeln, über Treibsandteppiche (kennen wir schon) und Schmelzwassersand (dito) bis hin zu Sandboden (speichert Nährsalze wie Kalium und Phosphat), Sandstein, Sandbank, Sandplatte, Sandmulde oder dem Sandkern der Nordseedeiche.
Der Sandgipfel liegt auf 3388 m ü. M. im Tödigebiet. Der Sandpass (2781 m ü.M.) führt vom Tierfehd ins Val Russein oder umgekehrt. Die drei Sandalpen (die Obere, die Untere, die Vordere) sind Alptriften im obersten Teil des Linthtales. Über sie und durch den Sandwald kann man das Glarnerland in Richtung Graubünden verlassen oder umgekehrt. Der Sandbach ist neben dem Limmernbach der Hauptquellbach der Linth.
Roter Sand (kennen wir schon). Blauortsand liegt nördlich von Trieschen in der Meldorfer Bucht. Trieschen hieß früher Buschsand. Buschsand und Riesensand waren einmal Sandbänke, bevor sie zur Insel zusammenwuchsen. Norderoogsand ist der zweitgrößte der nordfriessischen Außensände, Süderoogsand der größte. Die beiden trennt das Rummelloch. Der kleinste Außensand ist Japsand. Diese drei Außensände oder Hochsände liegen westlich der Halligen im offenen Meer und wirken als Wellenbrecher für die nachgelagerten Watten, Halligen und Inseln. Sie gehören zu den wenigen von Menschen völlig unbeeinflussten Gebieten im Wattenmeer.
Der Sandgipfel liegt auf 3388 m ü. M. im Tödigebiet. Der Sandpass (2781 m ü.M.) führt vom Tierfehd ins Val Russein oder umgekehrt. Die drei Sandalpen (die Obere, die Untere, die Vordere) sind Alptriften im obersten Teil des Linthtales. Über sie und durch den Sandwald kann man das Glarnerland in Richtung Graubünden verlassen oder umgekehrt. Der Sandbach ist neben dem Limmernbach der Hauptquellbach der Linth.
Roter Sand (kennen wir schon). Blauortsand liegt nördlich von Trieschen in der Meldorfer Bucht. Trieschen hieß früher Buschsand. Buschsand und Riesensand waren einmal Sandbänke, bevor sie zur Insel zusammenwuchsen. Norderoogsand ist der zweitgrößte der nordfriessischen Außensände, Süderoogsand der größte. Die beiden trennt das Rummelloch. Der kleinste Außensand ist Japsand. Diese drei Außensände oder Hochsände liegen westlich der Halligen im offenen Meer und wirken als Wellenbrecher für die nachgelagerten Watten, Halligen und Inseln. Sie gehören zu den wenigen von Menschen völlig unbeeinflussten Gebieten im Wattenmeer.
Samstag, 24. April 2010
Polens Lehr- und Wanderjahre
Marszałek Sejmu (Parlamentspräsident) Bronisław Komorowski übernahm vor zwei Wochen die Amtsgeschäfte des tödlich verunglückten polnischen Präsidenten. So schreibt es die Verfassung vor. Er gehört der Partei von Premierminister Tusk an. Tusk und Kaczyński, dies war nie ein Geheimnis, waren sich spinnefeind. Hatte doch der amtierende Premier seinen Vorgänger, den Zwillingsbruder des Präsidenten, nach nur einem Jahr im Amt durch einen demokratischen Akt (Wahlen) abgelöst.
Der Interimspräsident Komorowski ist gleichzeitig Kandidat seiner Partei für das Präsidentenamt. Dies war lange vor der Tragödie vom 10. April bekannt. Auch, dass Lech Kaczyński kaum eine Chance auf Wiederwahl haben würde. Komorowski ist sich bewusst, dass er momentan "als erster über ein Minenfeld schreitet".
In Polen gibt keine erprobte politische Kultur, es gibt nur eine lang erprobte religiöse Kultur. Der 1. November, Zaduszki (Allerseelen) ist der allerwichtigste Feiertag im Land, aller im Laufe der Zeit wechselnder und noch so pompös begangener Nationaler Feiertage zum Trotz. Das war immer so und wird immer so bleiben. Man hat sich gebührend verneigt vor den Toten des Flugzeugabsturzes bei Smolensk. Gestern Abend wurden die sterblichen Überreste der letzten 20 Opfer nach Polen überführt und können nun, was für die nationale Identität wichtig ist, in polnischer Erde bestattet werden. Das rechtspopulistische katholische Radio Maryja (ein Organ der Katholischen Kirche, also letztlich dem Papst unterstellt) agitiert seit Bekanntwerden des Todes von Lech Kaczyński auf niedrigstem Niveau politisch, spricht von "Anschlag" und weiss, dass beide Kaczyński-Brüder umgebracht und dadurch dem Land größtmöglichen Schaden zugefügt werden sollten. Jarosław Kaczyński überließ im letzten Moment seinen Platz in der Maschine einem Parteikollegen - besorgt um den Zustand der schwer kranken Mutter wollte er lieber in Warschau bleiben. Es ist auch kein Geheimnis, dass jeder Platz in der Präsidentenmaschine heftig umkämpft war, dass Mitglieder der Partei des Präsidenten bevorzugt wurden, dass die Liste erst wenige Stunden vor dem Abflug definitiv feststand. Niemand überlegte sich, ob es andere als Loyalitätsgründe geben könnte, die Maschine nicht bis zum letzten Sitz mit Würdenträgern vollzupacken. Im Verteidigungsministerium heißt es inzwischen, die Passagierliste hätte so nie akzeptiert werden dürfen. Der Sicherheitsdienst hingegen betont, man habe sich an die Vorschriften gehalten. Die alte Tupolew war unter anderem überladen. Beim Absturz kam auch der Beichtvater des Präsidenten ums Leben.
Mittlerweile werden Fragen laut, wer die "persönliche" Verantwortung für den Absturz trage. Ehemalige Präsidenten und Premierminister bestätigen übereinstimmend, dass sie bei ihren Dienstflügen von der Besatzung über Probleme während des Fluges unterrichtet wurden.
Lech Kaczyński ruht nun mit seiner Ehefrau auf dem Wawel, zusammen mit polnischen Königen, polnischen Nationaldichtern, polnischen Nationalhelden. Ob der Alabastersarkophag neben der Piłsudski-Gruft die letzte Ruhestätte der beiden bleibt, wird die Geschichte zeigen. Sowohl die katholische Kirche (als Hausherrin der Kathedrale und ihrer Krypten auf der Wawelburg) als auch die Hinterbliebenen ließen umgehend dementieren, sie hätten "als erste" den Wawel als Begräbnisstätte vorgeschlagen. Polnische Sprachpfleger bemängeln bereits, die Inschrift auf dem Sarkophag sei fehlerhaft. Zwischen Geburts- und Ehename der First Lady fehle ein Bindestrich.
Der Interimspräsident Komorowski ist gleichzeitig Kandidat seiner Partei für das Präsidentenamt. Dies war lange vor der Tragödie vom 10. April bekannt. Auch, dass Lech Kaczyński kaum eine Chance auf Wiederwahl haben würde. Komorowski ist sich bewusst, dass er momentan "als erster über ein Minenfeld schreitet".
In Polen gibt keine erprobte politische Kultur, es gibt nur eine lang erprobte religiöse Kultur. Der 1. November, Zaduszki (Allerseelen) ist der allerwichtigste Feiertag im Land, aller im Laufe der Zeit wechselnder und noch so pompös begangener Nationaler Feiertage zum Trotz. Das war immer so und wird immer so bleiben. Man hat sich gebührend verneigt vor den Toten des Flugzeugabsturzes bei Smolensk. Gestern Abend wurden die sterblichen Überreste der letzten 20 Opfer nach Polen überführt und können nun, was für die nationale Identität wichtig ist, in polnischer Erde bestattet werden. Das rechtspopulistische katholische Radio Maryja (ein Organ der Katholischen Kirche, also letztlich dem Papst unterstellt) agitiert seit Bekanntwerden des Todes von Lech Kaczyński auf niedrigstem Niveau politisch, spricht von "Anschlag" und weiss, dass beide Kaczyński-Brüder umgebracht und dadurch dem Land größtmöglichen Schaden zugefügt werden sollten. Jarosław Kaczyński überließ im letzten Moment seinen Platz in der Maschine einem Parteikollegen - besorgt um den Zustand der schwer kranken Mutter wollte er lieber in Warschau bleiben. Es ist auch kein Geheimnis, dass jeder Platz in der Präsidentenmaschine heftig umkämpft war, dass Mitglieder der Partei des Präsidenten bevorzugt wurden, dass die Liste erst wenige Stunden vor dem Abflug definitiv feststand. Niemand überlegte sich, ob es andere als Loyalitätsgründe geben könnte, die Maschine nicht bis zum letzten Sitz mit Würdenträgern vollzupacken. Im Verteidigungsministerium heißt es inzwischen, die Passagierliste hätte so nie akzeptiert werden dürfen. Der Sicherheitsdienst hingegen betont, man habe sich an die Vorschriften gehalten. Die alte Tupolew war unter anderem überladen. Beim Absturz kam auch der Beichtvater des Präsidenten ums Leben.
Mittlerweile werden Fragen laut, wer die "persönliche" Verantwortung für den Absturz trage. Ehemalige Präsidenten und Premierminister bestätigen übereinstimmend, dass sie bei ihren Dienstflügen von der Besatzung über Probleme während des Fluges unterrichtet wurden.
Lech Kaczyński ruht nun mit seiner Ehefrau auf dem Wawel, zusammen mit polnischen Königen, polnischen Nationaldichtern, polnischen Nationalhelden. Ob der Alabastersarkophag neben der Piłsudski-Gruft die letzte Ruhestätte der beiden bleibt, wird die Geschichte zeigen. Sowohl die katholische Kirche (als Hausherrin der Kathedrale und ihrer Krypten auf der Wawelburg) als auch die Hinterbliebenen ließen umgehend dementieren, sie hätten "als erste" den Wawel als Begräbnisstätte vorgeschlagen. Polnische Sprachpfleger bemängeln bereits, die Inschrift auf dem Sarkophag sei fehlerhaft. Zwischen Geburts- und Ehename der First Lady fehle ein Bindestrich.
Freitag, 23. April 2010
23. April
Die deutschen Bierbrauer und die deutschen Biertrinker begehen heute an jedem Stammtisch des Landes den Tag des Deutschen Bieres. In Erinnerung an den Erlass des bayerische Reinheitsgebots am 23.4.1516. Das Reinheitsgebot bestimmt, dass - vereinfacht gesagt - Deutsches Bier nur aus Hopfen, Malz und Wasser bestehen soll.
Ebenso begehen heute weltweit Lesende und Schreibende den 1995 von der Unesco ins Leben gerufene Welttag des Buches und des Urheberrechts. "Hier. Und überall" laute das diesjährige Motto "aller Aktionen und Module", berichtet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels im Einvernehmen mit der Stiftung Lesen. Und schon bin ich überfordert.
Den Buchbrauern fehlt die Klarheit der Bierbrauer. Den Buchkonsumenten das Verlässliche der Bierkonsumenten.
Das Buch hat keinen eindeutigen Tatort. Weder vorher noch nachher. Das Bier hat von Eckkneipe über Zapfsäule, Sonnenschirm, Kühlschrank bis hin zum richtigen Glas, dem richtigen Deckel, der richtigen Manchette und dem richtigen Publikum immer alles.
Ganz zu schweigen vom Urheberrecht. Oder vom Recht auf geistiges Eigentum. Im Zeitalter von C&P. Ist Hopfen und Malz verloren.
Ebenso begehen heute weltweit Lesende und Schreibende den 1995 von der Unesco ins Leben gerufene Welttag des Buches und des Urheberrechts. "Hier. Und überall" laute das diesjährige Motto "aller Aktionen und Module", berichtet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels im Einvernehmen mit der Stiftung Lesen. Und schon bin ich überfordert.
Den Buchbrauern fehlt die Klarheit der Bierbrauer. Den Buchkonsumenten das Verlässliche der Bierkonsumenten.
Das Buch hat keinen eindeutigen Tatort. Weder vorher noch nachher. Das Bier hat von Eckkneipe über Zapfsäule, Sonnenschirm, Kühlschrank bis hin zum richtigen Glas, dem richtigen Deckel, der richtigen Manchette und dem richtigen Publikum immer alles.
Ganz zu schweigen vom Urheberrecht. Oder vom Recht auf geistiges Eigentum. Im Zeitalter von C&P. Ist Hopfen und Malz verloren.
Donnerstag, 22. April 2010
Stabschrecken
Wie der WWV berichtet, bildet Borneo "ein eigentliches Biodiversitäts-Reservoir". Forscher haben in den letzten drei Jahren insgesamt 123 bislang völlig unbekannte Tier- und Pflanzenarten entdeckt: 67 Pflanzen, 17 Fische (u.a. den Zebrafisch), 5 Frösche (u.a. den fliegenden Mulu-Frosch), 3 Schlangen (u.a. die flammenfarbene Kopstein Bronzerückennatter), einen Vogel ("Spectacled-Flowerpecker"), 29 Wirbellose und 2 Echsen.
Fotos siehe hier:
Mittwoch, 21. April 2010
Hornfrösche
Argentinische Hornfrösche kommen bei uns höchstens in Terrarien vor. Dabei wird empfohlen, sie wegen "Aggressivität und Kannibalismus" einzeln zu halten, ihnen Versteckmöglichkeiten in Form von Korkrinden, Steinen, Wurzeln zu bieten. Sie sollen bissig sein und viel und gern graben.
In der freien Natur gilt der Hornfrosch als Ansitzjäger. Er lauert in Moos oder Laub vergraben auf Beute. Nun haben argentinische und kanadische Biologen herausgefunden, dass bereits wenige Tage alte Hornfischkaulquappen gut hörbare Klicklaute von sich geben, wenn sie berührt werden. Der Laut entsteht, wenn die noch kiemenatmende Kaulquappe Luft aus der Lunge durch den Kehlkopf presst. Diese anatomischen Strukturen sind bereits im Alter von wenigen Tagen ausgebildet.
Möglicherweise dienen die Laute dazu, generell eine Bedrohung anzuzeigen, vermuten die Forscher. Sie könnten aber auch als eine Art Selbstschutz dienen. Der Hornfrosch ist bekannt dafür, dass er nach allem schnappt, was vor sein breites Maul kommt. Die Gefräßigkeit deutet sich schon bei den Kaulquappen an. Die produzieren ihre Warnlaute, wenn sie von einer Kaulquappe der gleichen Art angefallen werden. Um zu melden "hallo, nicht auffressen, ich bin einer wie du"? Als Überlebensstrategie? Kannibalismusvermeidung zur Erhaltung der Art?
In der freien Natur gilt der Hornfrosch als Ansitzjäger. Er lauert in Moos oder Laub vergraben auf Beute. Nun haben argentinische und kanadische Biologen herausgefunden, dass bereits wenige Tage alte Hornfischkaulquappen gut hörbare Klicklaute von sich geben, wenn sie berührt werden. Der Laut entsteht, wenn die noch kiemenatmende Kaulquappe Luft aus der Lunge durch den Kehlkopf presst. Diese anatomischen Strukturen sind bereits im Alter von wenigen Tagen ausgebildet.
Möglicherweise dienen die Laute dazu, generell eine Bedrohung anzuzeigen, vermuten die Forscher. Sie könnten aber auch als eine Art Selbstschutz dienen. Der Hornfrosch ist bekannt dafür, dass er nach allem schnappt, was vor sein breites Maul kommt. Die Gefräßigkeit deutet sich schon bei den Kaulquappen an. Die produzieren ihre Warnlaute, wenn sie von einer Kaulquappe der gleichen Art angefallen werden. Um zu melden "hallo, nicht auffressen, ich bin einer wie du"? Als Überlebensstrategie? Kannibalismusvermeidung zur Erhaltung der Art?
Dienstag, 20. April 2010
Montag, 19. April 2010
Hügelland mit Birke
Smolensk liegt in einer hügeligen Gegend. Die topographische Karte zeigt Höhenunterschiede bis zu 90 Metern. Der Flughafen liegt auf einer Anhöhe.
Möglich, dass die Senke davor den Piloten oder seine Höhenanzeige verwirrte. Im Cockpit könnte der Eindruck entstanden sein, man befinde sich noch viel zu hoch, um die Landebahn sicher zu erreichen. Sehen konnten die Piloten nichts. Es herrschte dichter Nebel.
Das Flugzeug soll etwa 1700 Meter vor Beginn der Landebahn plötzlich stark an Höhe verloren haben - da befand es sich über der tiefsten Stelle des Tals. Das Funkhöhenmessgerät gibt die präzise Höhe über dem Boden an, nicht die absolute Höhe über Meer. Die Talsohle könnte eine tödliche Falle gewesen sein. Vorher flog die Maschine exakt auf Kurs.
Und dann stand eine kräftige Birke im Weg. Die Piloten bemerkten vielleicht ihren Fehler, als sie unter den Nebel kamen. Da hatten sie höchstens noch 2,5 Meter Luft über dem Boden. Und von der Landebahn weit und breit keine Spur. Sie versuchten die Maschine hochzuziehen. Das hätte gelingen und sie hätten alle überleben können, wenn nicht der linke Flügel an einem massiven Birkenstamm zerborsten wäre. Das Flugzeug verlor seinen Halt. Seine Fassung. Sein Weiterflug war durch nichts mehr zu kontrollieren, der Absturz durch nichts zu verhindern - und das dürfte zumindest den Piloten bewusst gewesen sein.
Angeblich ist das letzte, was der Voicerecorder aus dem Cockpit aufzeichnen konnte, der Beginn eines Gebets.
Möglich, dass die Senke davor den Piloten oder seine Höhenanzeige verwirrte. Im Cockpit könnte der Eindruck entstanden sein, man befinde sich noch viel zu hoch, um die Landebahn sicher zu erreichen. Sehen konnten die Piloten nichts. Es herrschte dichter Nebel.
Das Flugzeug soll etwa 1700 Meter vor Beginn der Landebahn plötzlich stark an Höhe verloren haben - da befand es sich über der tiefsten Stelle des Tals. Das Funkhöhenmessgerät gibt die präzise Höhe über dem Boden an, nicht die absolute Höhe über Meer. Die Talsohle könnte eine tödliche Falle gewesen sein. Vorher flog die Maschine exakt auf Kurs.
Und dann stand eine kräftige Birke im Weg. Die Piloten bemerkten vielleicht ihren Fehler, als sie unter den Nebel kamen. Da hatten sie höchstens noch 2,5 Meter Luft über dem Boden. Und von der Landebahn weit und breit keine Spur. Sie versuchten die Maschine hochzuziehen. Das hätte gelingen und sie hätten alle überleben können, wenn nicht der linke Flügel an einem massiven Birkenstamm zerborsten wäre. Das Flugzeug verlor seinen Halt. Seine Fassung. Sein Weiterflug war durch nichts mehr zu kontrollieren, der Absturz durch nichts zu verhindern - und das dürfte zumindest den Piloten bewusst gewesen sein.
Angeblich ist das letzte, was der Voicerecorder aus dem Cockpit aufzeichnen konnte, der Beginn eines Gebets.
Sonntag, 18. April 2010
Grammatik der Zeit
Ich freue mich über eindeutige Grammatikverhältnisse. Die sichtbaren Konjunktionen am Abendhimmel. Der Professor verzweifelt. In zwei Tagen sollte er von Hamburg über Dubai nach Kuala Lumpur fliegen. Und nach ein paar Stunden Aufenthalt weiter auf die Insel Borneo, nach Kuching. Zu einem Kongress, einem Workshop, einem Vortrag. Nach ein paar Tagen weiter nach Peking. Zu einer Messe, einem Auftritt, einer feierlichen Eröffnung mit dem berühmten roten Band, das diesmal mit seiner Beteiligung durchschnitten werden soll. Am Ende von Peking über Dubai wieder nach Hamburg zurück.
Nur der Anfang dieser Reise ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Wie verlässt man einen gesperrten Luftraum? Da hilft weder ein Wörterbuch noch die syntaktisch korrekte Verbindungen einzelner Satzglieder.
Eigentlich genügt ein Wort: Absage. Sowie eine inhaltlich absurde Beziehung: Im Zeichen der Asche.
Nur der Anfang dieser Reise ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Wie verlässt man einen gesperrten Luftraum? Da hilft weder ein Wörterbuch noch die syntaktisch korrekte Verbindungen einzelner Satzglieder.
Eigentlich genügt ein Wort: Absage. Sowie eine inhaltlich absurde Beziehung: Im Zeichen der Asche.
Samstag, 17. April 2010
Heidis Lehr- und Wanderjahre
Heidi war ein Neutrum in meiner Kindheit. Immer: s'Heidi (= schweizerdeutsch für "das Heidi"). Nie: d'Heidi (was mit "die Heidi" übersetzt werden müsste).
S'Heidi - DER helvetische Kinderklassiker mit Weltruhm. Heute sehe ich Heidi, die fiktive Kinderromanfigur vor allem als stolze weibliche Begründerin des Heidilandes. Die Schweizer mögen sich streiten wo es wirklich liegt, ob an einer Autobahnraststätte, malerisch in den Flumserbergen oder im bündnerischen Maienfeld, für manche Asiaten ist es viel wichtiger als Switzerland.
S'Heidi also, seine Lehr- und Wanderjahre - ein Plagiat. Ein Produkt des Abschreibens, wie der Germanist Peter Büttner nun herausgefunden haben will. Und schlimmer noch: Heidis Vater soll ein Deutscher sein, adeliger Herkunft: Hermann Adam von Kamps (1796-1867), Volksschullehrer und Heimatdichter aus Mülheim an der Ruhr. Sein Mädchenroman "Adelaida, das Mädchen vom Alpengebirge" erschien 1830. "In Handlung und Wortwahl" wiesen die Wissenschaftler "erstaunliche Ähnlichkeit" mit Johanna Spyris "Heidis Lehr- und Wanderjahre" von 1880 nach. Spyri habe, sagt Büttner, Kamps "wie eine Weihnachtsgans ausgenommen". Die Spyri-Biographin argumentiert dagegen fast wörtlich wie der Ullstein-Verlag im Fall Hegemann. Sie könne kein "Ur-Heidi" in Kamps Heldin erkennen. Und weiter: Die Frist für das Urheberrecht sei ohnehin längst verstrichen.
Heute heißt das Verfahren C&P (copy and paste), dessen sich jede und jeder Schreibende bedient. Ich schreibe mit Vorliebe aus Lexika, Fachartikeln oder Boulevardpresse ab. Irgendwoher müssen ja die wunderschönen Wörter auf meinen ganz normalen Ikea-Schreibtisch kommen.
S'Heidi - DER helvetische Kinderklassiker mit Weltruhm. Heute sehe ich Heidi, die fiktive Kinderromanfigur vor allem als stolze weibliche Begründerin des Heidilandes. Die Schweizer mögen sich streiten wo es wirklich liegt, ob an einer Autobahnraststätte, malerisch in den Flumserbergen oder im bündnerischen Maienfeld, für manche Asiaten ist es viel wichtiger als Switzerland.
S'Heidi also, seine Lehr- und Wanderjahre - ein Plagiat. Ein Produkt des Abschreibens, wie der Germanist Peter Büttner nun herausgefunden haben will. Und schlimmer noch: Heidis Vater soll ein Deutscher sein, adeliger Herkunft: Hermann Adam von Kamps (1796-1867), Volksschullehrer und Heimatdichter aus Mülheim an der Ruhr. Sein Mädchenroman "Adelaida, das Mädchen vom Alpengebirge" erschien 1830. "In Handlung und Wortwahl" wiesen die Wissenschaftler "erstaunliche Ähnlichkeit" mit Johanna Spyris "Heidis Lehr- und Wanderjahre" von 1880 nach. Spyri habe, sagt Büttner, Kamps "wie eine Weihnachtsgans ausgenommen". Die Spyri-Biographin argumentiert dagegen fast wörtlich wie der Ullstein-Verlag im Fall Hegemann. Sie könne kein "Ur-Heidi" in Kamps Heldin erkennen. Und weiter: Die Frist für das Urheberrecht sei ohnehin längst verstrichen.
Heute heißt das Verfahren C&P (copy and paste), dessen sich jede und jeder Schreibende bedient. Ich schreibe mit Vorliebe aus Lexika, Fachartikeln oder Boulevardpresse ab. Irgendwoher müssen ja die wunderschönen Wörter auf meinen ganz normalen Ikea-Schreibtisch kommen.
Freitag, 16. April 2010
Himmlische Konjunktion
Der Abendhimmel vor meinem Fenster ist ruhig wie noch nie. Leer. Stumm. Blendend weit, unendlich weit wie immer. Einladend. Für einmal ungestört. Die Venus steht, wo sie immer steht. Hell. Klar. Mit zunehmender Dunkelheit gesellt sich ein Fingernagelneuer Mond zu ihr. Zwei Handbreit, oder ein bisschen mehr, in gerader Linie darüber. Der neue Mond, kaum zwei Tage alt, steht in Konjunktion zur Venus. Hängt spitz auslaufend im Himmel. Schmal und doch riesig. Von Chaos keine Spur. Von Ordnung keine Spur. Keine reglementierten Silberstreifen, keine sichtbare Luftverkehrsordnung, kein geometrischer Verschnitt des Himmels wie im Schlachthof oder auf dem Reißbrett. Kein einziger Kondensstreifen.
Bei uns ist die Luft klar. Besonders nach Sturmböen wie heute. Bei uns ist die Luft sauber. Über unsere Köpfe fliegen abends besonders viele Flugzeuge. Vielleicht, weil dann der Kontrast zwischen bewegten Objekten und Hintergrundbeleuchtung größer wird. Oder weil wir dann Zeit haben, die Augen nach oben zu richten.
Der isländische Gletschervulkan Eyjafjalla ist ausgebrochen. Das Meteorologische Institut in Reykjavik teilt mit, dass es keinerlei Anzeichen für ein baldiges Ende der Eruptionen gibt. Die Lavaasche aus Island säubert den Himmel vor meinem Fenster. Eigentlich ist es keine Asche, sondern ein Konglomerat von winzigen Glassplittern. Sie befreien meinen Himmel von allen unnatürlichen Spuren. Der Westwind ist zu Diensten. Er treibt die Aschewolke über Europa.
Ein schönes Gefühl, für einmal allein zu sein unter der untergehenden Sonne.
Bei uns ist die Luft klar. Besonders nach Sturmböen wie heute. Bei uns ist die Luft sauber. Über unsere Köpfe fliegen abends besonders viele Flugzeuge. Vielleicht, weil dann der Kontrast zwischen bewegten Objekten und Hintergrundbeleuchtung größer wird. Oder weil wir dann Zeit haben, die Augen nach oben zu richten.
Der isländische Gletschervulkan Eyjafjalla ist ausgebrochen. Das Meteorologische Institut in Reykjavik teilt mit, dass es keinerlei Anzeichen für ein baldiges Ende der Eruptionen gibt. Die Lavaasche aus Island säubert den Himmel vor meinem Fenster. Eigentlich ist es keine Asche, sondern ein Konglomerat von winzigen Glassplittern. Sie befreien meinen Himmel von allen unnatürlichen Spuren. Der Westwind ist zu Diensten. Er treibt die Aschewolke über Europa.
Ein schönes Gefühl, für einmal allein zu sein unter der untergehenden Sonne.
Donnerstag, 15. April 2010
Vertikutierer
W. hat mir einen elektrischen Vertikutierer und Rasenlüfter geschenkt. Damit lärme ich den halben Vormittag im Garten herum und verscheuche die Amseln. Ich beseitige Verfilzungen und Vermoosungen, trenne flachwurzelnden Wildwuchs durch, fülle Säcke um Säcke mit Vertikutiergut. Übrig bleibt auf der Südseite eine ziemlich dürre Fläche. Aus Ehrfurcht vor der Mittagsruhe spare ich mir die Nordseite für morgen auf.
Maria K., zufriedene zweifache Babka, meldet derweil aus Berlin, der Rasen ihrer Schwester wachse nach dem Vertikutieren wie ein Wald.
Maria K., zufriedene zweifache Babka, meldet derweil aus Berlin, der Rasen ihrer Schwester wachse nach dem Vertikutieren wie ein Wald.
Mittwoch, 14. April 2010
Der Abwehrzauber
Bei Sanierungsarbeiten wurden im Schloss Liedberg in Korschenbroich am Niederrhein Schuhe gefunden. Acht säuberlich eingemauerte, viel getragene und ausgelatschte Schuhe. Männerschuhe, Frauenschuhe, Kinderschuhe. Eingemauert in Gerüstbalkenlöcher im Turm, in zwölf Metern Höhe.
Diese Schuhe wurden nicht eingemauert, damit wir sie heute ausgraben und uns den Kopf über ihre Träger zerbrechen. Vermutlich gehörten sie den Schlossbewohnern. Sie sollen, obwohl heute ziemlich unansehnlich, kostbar gewesen sein.
Eine Bauforscherin vor Ort vermutet einen "heute völlig vergessenen Abwehrzauber, über den es nirgendwo Berichte gebe". Sie spricht von etwa 1000 Vergleichsfunden in ganz Europa, die zumeist in der Nähe von Fenstern oder Kaminen eingemauert waren. An diesen "Schwachstellen" sei wohl der Schutz vor bösen Mächten als besonders nötig gesehen worden. Seltsam nur, sagt die Expertin, "dass der Brauch heute so komplett vergessen ist." Spekuliert wird, ob er auf Quellen aus England zurückgehe, wo ein volkstümlicher Heiliger im 13. Jahrhundert den Teufel mit seinem Stiefel gefangen haben soll.
Diese Schuhe wurden nicht eingemauert, damit wir sie heute ausgraben und uns den Kopf über ihre Träger zerbrechen. Vermutlich gehörten sie den Schlossbewohnern. Sie sollen, obwohl heute ziemlich unansehnlich, kostbar gewesen sein.
Eine Bauforscherin vor Ort vermutet einen "heute völlig vergessenen Abwehrzauber, über den es nirgendwo Berichte gebe". Sie spricht von etwa 1000 Vergleichsfunden in ganz Europa, die zumeist in der Nähe von Fenstern oder Kaminen eingemauert waren. An diesen "Schwachstellen" sei wohl der Schutz vor bösen Mächten als besonders nötig gesehen worden. Seltsam nur, sagt die Expertin, "dass der Brauch heute so komplett vergessen ist." Spekuliert wird, ob er auf Quellen aus England zurückgehe, wo ein volkstümlicher Heiliger im 13. Jahrhundert den Teufel mit seinem Stiefel gefangen haben soll.
Die wohl im 14. Jahrhundert errichtete wehrhafte Burg wurde 1708 zu einem Barockschlösschen umgebaut. Damals bereits, stellen nun die Forscher fest, wurden die ersten Schuhe im Turm eingemauert. Das jüngste Paar, eine Mumie maschinengenähter Männerschuhe, ordnen sie dem 19. Jahrhundert zu.
Wissenschaftlich belegt ist nichts. Aber die Denkmalschützer achten die Bräuche der Ahnen und mauern die Schuhe wieder in die ursprünglichen Balkenlöcher zurück. Der heutige Schlossbesitz fügt ein persönliches Paar dazu, ausgetretene Herrenschuhe, Größe 44. Darin mag es sich der Teufel bis zur nächsten Routinerenovierung bequem machen.
Dienstag, 13. April 2010
talkdown
Auch ich kann an nichts anderes denken. Der Tupolew 154 M fehlten am Samstag früh 10 bis 15 Meter Höhe. Den Piloten verblieben höchstens 6 Sekunden, nachdem sie die ersten Bäume gestreift hatten, um die Maschine noch einmal durchzustarten. Der russische Kosmonaut und Testpilot Magomed Talbojew sagt in einem Interview, mit einem Düsenflugzeug wäre es vielleicht gelungen, noch einmal vom Boden wegzukommen. Aber nicht mit einer 100 Tonnen schweren Maschine, deren Technik vor 42 Jahren entwickelt wurde. Die "hänge" beim Sinkflug manövrierunfähig in der Luft.
Die Tupolew flog zu tief. Entgegen aller Gerüchte, die die deutsche Presse hartnäckig weiter verbreitet, gab es nur einen Landeanflug. Die Maschine kreiste davor einmal (nach Aussage des russischen Lotsen) oder dreimal (nach polnischen Berichten) über dem Flughafen Smolensk. Um Zeit zu gewinnen, die Topographie zu erkennen, die Instrumente einzustellen oder auf besseres Wetter zu hoffen. Der russische Lotse zitiert den polnischen Piloten in einem Interview sinngemäß mit den Worten "ich versuche zu landen, wenn es nicht gelingt, nehme ich den Ausweichflughafen".
Sie flogen zu tief. Zehn Meter höher und alles wäre gut gegangen. Trotz Nebel. Nach auskunft des Lotsen, gaben die Piloten ihre Flughöhe nicht durch. Die Kommunikation zwischen Tower und Cockpit funktionierte nicht. Nicht weil unverständliche Sprachen gesprochen wurden. Sondern weil verschiedene Codes befolgt wurden. Jede Seite hielt sich an ihre Dienstvorschrift. Die polnischen Piloten flogen nach NATO-Standards. Der russische Lotse hielt sich an russische Standards.
Der ehemalige Militärpilot Major Fiszer erklärt das Dilemma folgendermaßen:
"Ist man auf Radargeräte angewiesen, folgt man im Osten dem Prinzip der Meldungen durch den Piloten. Es gibt bestimmte Punkte, an denen sich der Pilot anmelden muss, daraufhin teilt ihm der Lotse die Entfernung zur Landebahn mit. Bleibt der Pilot in der Anflugschneise auf Kurs, sagt der Lotse normalerweise gar nichts, gibt höchstens nochmals die Entfernung durch oder, falls nötig, eine Kurskorrektur. Die muss dann der Pilot mit seiner Höhenangabe bestätigen.
Bei der NATO-Prozedur führt man hingegen ein sogenanntes talkdown durch: der Lotse vergewissert sich, dass der Pilot ready for talkdown ist, schaltet sein Mikrophon ein und plappert wie ein Papagei die Parameter, Kurs, Höhenangaben usw. herunter. Der Pilot hat gar keine Zeit zu antworten und jede einzelne Angabe zu bestätigen. Nach NATO-System geschulte Piloten sind an talkdown gewöhnt, wo sie nichts bestätigen müssen. Für den russischen Lotsen aber ist es nicht normal, wenn Meldungen nicht bestätigt werden." (siehe hier http://wiadomosci.gazeta.pl/Wiadomosci/1,80269,7763291,Pilot_za_sterami_jest_wazniejszy_od_prezydenta___wywiad.html?as=1&startsz=x )
Fotos der geköpften Bäume von Sergej Amelin sowie Rekonstruktion des fatalen Kurses:
http://picasaweb.google.ru/Amlmtr/MWzNeJ#5459758998359442098
Die Tupolew flog zu tief. Entgegen aller Gerüchte, die die deutsche Presse hartnäckig weiter verbreitet, gab es nur einen Landeanflug. Die Maschine kreiste davor einmal (nach Aussage des russischen Lotsen) oder dreimal (nach polnischen Berichten) über dem Flughafen Smolensk. Um Zeit zu gewinnen, die Topographie zu erkennen, die Instrumente einzustellen oder auf besseres Wetter zu hoffen. Der russische Lotse zitiert den polnischen Piloten in einem Interview sinngemäß mit den Worten "ich versuche zu landen, wenn es nicht gelingt, nehme ich den Ausweichflughafen".
Sie flogen zu tief. Zehn Meter höher und alles wäre gut gegangen. Trotz Nebel. Nach auskunft des Lotsen, gaben die Piloten ihre Flughöhe nicht durch. Die Kommunikation zwischen Tower und Cockpit funktionierte nicht. Nicht weil unverständliche Sprachen gesprochen wurden. Sondern weil verschiedene Codes befolgt wurden. Jede Seite hielt sich an ihre Dienstvorschrift. Die polnischen Piloten flogen nach NATO-Standards. Der russische Lotse hielt sich an russische Standards.
Der ehemalige Militärpilot Major Fiszer erklärt das Dilemma folgendermaßen:
"Ist man auf Radargeräte angewiesen, folgt man im Osten dem Prinzip der Meldungen durch den Piloten. Es gibt bestimmte Punkte, an denen sich der Pilot anmelden muss, daraufhin teilt ihm der Lotse die Entfernung zur Landebahn mit. Bleibt der Pilot in der Anflugschneise auf Kurs, sagt der Lotse normalerweise gar nichts, gibt höchstens nochmals die Entfernung durch oder, falls nötig, eine Kurskorrektur. Die muss dann der Pilot mit seiner Höhenangabe bestätigen.
Bei der NATO-Prozedur führt man hingegen ein sogenanntes talkdown durch: der Lotse vergewissert sich, dass der Pilot ready for talkdown ist, schaltet sein Mikrophon ein und plappert wie ein Papagei die Parameter, Kurs, Höhenangaben usw. herunter. Der Pilot hat gar keine Zeit zu antworten und jede einzelne Angabe zu bestätigen. Nach NATO-System geschulte Piloten sind an talkdown gewöhnt, wo sie nichts bestätigen müssen. Für den russischen Lotsen aber ist es nicht normal, wenn Meldungen nicht bestätigt werden." (siehe hier http://wiadomosci.gazeta.pl/Wiadomosci/1,80269,7763291,Pilot_za_sterami_jest_wazniejszy_od_prezydenta___wywiad.html?as=1&startsz=x )
Fotos der geköpften Bäume von Sergej Amelin sowie Rekonstruktion des fatalen Kurses:
http://picasaweb.google.ru/Amlmtr/MWzNeJ#5459758998359442098
Montag, 12. April 2010
Bunte Steine III
Sonntag, 11. April 2010
Anna Walentynowicz
Die Kranführerin Anna Walentynowicz ist die eigentliche Symbolfigur des Widerstands und der Streiks auf der Danziger Werft. Der Elektriker Lech Wałęsa stahl ihr irgendwie, irgendwann die Show. Von dem Moment an stand er im Rampenlicht und nicht sie.
Wie er wurde sie verfolgt, bespitzelt, interniert. 1981 soll eine Hundertschaft von Geheimdienstmitarbeitern mit dem Plan befasst gewesen sein, sie zu vergiften. Erfolglos.
Schon 1970 hätte sie sterben müssen. An Krebs, der 1965 diagnostiziert wurde. Nach der Operation gaben ihr die Ärzte höchstens noch 5 Jahre.
Im Jahr 2000 wurde ihr die Ehrenbürgerschaft der Stadt Danzig angetragen. Sie lehnte ab.
Im Jahr 2006 nahm sie den Orden Weißer Adler von Präsident Lech Kaczyński an.
Gestern saß sie mit den vom Präsidenten geladenen Gästen im Flugzeug nach Smolensk. Sie war 81 und eine der Ältesten an Bord.
Auch Anna Walentynowicz starb im Wald von Katyń.
Wie er wurde sie verfolgt, bespitzelt, interniert. 1981 soll eine Hundertschaft von Geheimdienstmitarbeitern mit dem Plan befasst gewesen sein, sie zu vergiften. Erfolglos.
Schon 1970 hätte sie sterben müssen. An Krebs, der 1965 diagnostiziert wurde. Nach der Operation gaben ihr die Ärzte höchstens noch 5 Jahre.
Im Jahr 2000 wurde ihr die Ehrenbürgerschaft der Stadt Danzig angetragen. Sie lehnte ab.
Im Jahr 2006 nahm sie den Orden Weißer Adler von Präsident Lech Kaczyński an.
Gestern saß sie mit den vom Präsidenten geladenen Gästen im Flugzeug nach Smolensk. Sie war 81 und eine der Ältesten an Bord.
Auch Anna Walentynowicz starb im Wald von Katyń.
Samstag, 10. April 2010
Ornithologische Wanderung
Wir wollten heute Vögel im Watt gucken, ließen es aber angesichts des kalten Westwindes am frühen Morgen und des dichten Nebels über Smolensk sein.
So ein Ende hätte niemand dem polnischen Präsidenten gewünscht, so sehr viele seit langem ein Ende seiner Präsidentschaft herbeisehnten. Dieses Ende war bereits zum Greifen nah. Ganz abgesehen davon, wie groß seine Chancen für eine Wiederwahl im Herbst gewesen wären, hatte Lech Kaczyński seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit, trotz Drängen seiner Partei, offiziell noch nicht erklärt gehabt, als er heute früh die Präsidentenmaschine in Begleitung seiner Ehefrau sowie einer hochrangigen Delegation von Politikern, Opfer- und Hinterbliebenenvertretern, Geistlichen und Armeeangehörigen bestieg.
Im Wald von Katyń wurden im Frühjahr 1940 mehrere Tausend Polnische Offiziere und Intellektuelle auf Befehl Stalins ermordet und verscharrt. Ein polnisches Trauma, ein halbes Jahrhundert lang tabuisiert. Nun ist siebzig Jahre später der polnische Präsident Lech Kaczyński auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung im Wald von Katyń selbst zu Tode gekommen. Und mit ihm viele seiner Weggefährten aus Politik, Kirche und Armee. Warum?
Warum die "Elite des Landes" (wie polnische Medien titeln) in einem einzigen Flugzeug Platz nahm, ist leicht zu beantworten. Ich zitiere einen Armeesprecher (die polnische Armee verlor beim Absturz ihre sechs wichtigsten Generäle): "Weil der Präsident eingeladen hat".
Warum das Flugzeug abstürzte, ist weniger leicht zu beantworten. Die russische Presse meldet, der Pilot habe "eigenmächtig" gehandelt, bzw. die Anweisungen des Towers ignoriert. Man habe dringend von einer Landung bei den herrschenden Wetterverhältnissen abgeraten und als Ausweichflughäfen Minsk oder Moskau angeboten. Die polnische Presse hält sich aus verständlichen Gründen mit Schuldzuweisungen zurück. Das ganze Land trauert und betet.
Möglich, dass der Pilot auf Drängen des Präsidenten so und nicht anders handelte. Aus Termingründen - sie waren eine halbe Stunde verspätet in Warschau gestartet, der Flug dauerte eine halbe Stunde länger als geplant, eine halbe Stunde nach der Landung sollte das Gedenken in Katyń beginnen. Wegen persönlichen Eitelkeiten - welcher Präsident möchte schon auf dem Weg nach Katyń in Weißrussland landen?
Der ehemalige Militärflughafen in Smolensk verfügt über kein ILS. Die Lotsen sprachen russisch. Natürlich verstanden die polnischen Piloten sie. Aber es gibt Unterschiede in der Flugverkehrsregelung im Westen und im Osten. Diese Grenze zwischen West und Ost bestimmt wahrscheinlich die NATO. Im Osten hört der Pilot auf die Anweisungen des Bodens. Im Westen ist der Pilot sein eigener Herr und Meister. Unter anderen deswegen sollen vor acht Jahren die beiden Flugzeuge über dem Bodensee zusammengestossen sein. Weil der russische Pilot die Anweisungen des Lotsen am Boden befolgte, der amerikanische Pilot aber die Anweisungen seiner Bordelektronik. Der Nebel über Smolensk hatte sich mit der Ankunft der polnischen Präsidentenmaschine wieder verdichtet. Anderthalb Stunden zuvor war eine Maschine mit polnischen Journalisten zwar nicht perfekt, aber doch sicher gelandet. Eine Stunde später, also eine halbe Stunde vor dem Unglück, erlaubte der Tower einer Maschine mit russischen Sicherheitsleuten aufgrund der Sichtverhältnisse nicht zu landen. Die russischen Aufpasser, die den polnischen Präsidenten hätten schützen sollen, flogen unverrichteter Dinge nach Moskau zurück. Als ob sie geahnt hätten, dass sie vor Ort überflüssig waren. Zum Zeitpunkt des Absturzes betrug die Sichtweite etwa 400 Meter. Einem Zivilflugzeug, und als solches galt die polnische Präsidentenmaschine, konnte die Landung nicht untersagt werden.
Fledermäuse wissen bei Null Sicht und einem dichten Netz von Hindernissen jede Kollision zu verhindern. Sie verfügen über ein exzellentes Navigationssystem, das ihr Überleben sichert. Wir werden nächsten Samstag im Watt Vögel gucken.
So ein Ende hätte niemand dem polnischen Präsidenten gewünscht, so sehr viele seit langem ein Ende seiner Präsidentschaft herbeisehnten. Dieses Ende war bereits zum Greifen nah. Ganz abgesehen davon, wie groß seine Chancen für eine Wiederwahl im Herbst gewesen wären, hatte Lech Kaczyński seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit, trotz Drängen seiner Partei, offiziell noch nicht erklärt gehabt, als er heute früh die Präsidentenmaschine in Begleitung seiner Ehefrau sowie einer hochrangigen Delegation von Politikern, Opfer- und Hinterbliebenenvertretern, Geistlichen und Armeeangehörigen bestieg.
Im Wald von Katyń wurden im Frühjahr 1940 mehrere Tausend Polnische Offiziere und Intellektuelle auf Befehl Stalins ermordet und verscharrt. Ein polnisches Trauma, ein halbes Jahrhundert lang tabuisiert. Nun ist siebzig Jahre später der polnische Präsident Lech Kaczyński auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung im Wald von Katyń selbst zu Tode gekommen. Und mit ihm viele seiner Weggefährten aus Politik, Kirche und Armee. Warum?
Warum die "Elite des Landes" (wie polnische Medien titeln) in einem einzigen Flugzeug Platz nahm, ist leicht zu beantworten. Ich zitiere einen Armeesprecher (die polnische Armee verlor beim Absturz ihre sechs wichtigsten Generäle): "Weil der Präsident eingeladen hat".
Warum das Flugzeug abstürzte, ist weniger leicht zu beantworten. Die russische Presse meldet, der Pilot habe "eigenmächtig" gehandelt, bzw. die Anweisungen des Towers ignoriert. Man habe dringend von einer Landung bei den herrschenden Wetterverhältnissen abgeraten und als Ausweichflughäfen Minsk oder Moskau angeboten. Die polnische Presse hält sich aus verständlichen Gründen mit Schuldzuweisungen zurück. Das ganze Land trauert und betet.
Möglich, dass der Pilot auf Drängen des Präsidenten so und nicht anders handelte. Aus Termingründen - sie waren eine halbe Stunde verspätet in Warschau gestartet, der Flug dauerte eine halbe Stunde länger als geplant, eine halbe Stunde nach der Landung sollte das Gedenken in Katyń beginnen. Wegen persönlichen Eitelkeiten - welcher Präsident möchte schon auf dem Weg nach Katyń in Weißrussland landen?
Der ehemalige Militärflughafen in Smolensk verfügt über kein ILS. Die Lotsen sprachen russisch. Natürlich verstanden die polnischen Piloten sie. Aber es gibt Unterschiede in der Flugverkehrsregelung im Westen und im Osten. Diese Grenze zwischen West und Ost bestimmt wahrscheinlich die NATO. Im Osten hört der Pilot auf die Anweisungen des Bodens. Im Westen ist der Pilot sein eigener Herr und Meister. Unter anderen deswegen sollen vor acht Jahren die beiden Flugzeuge über dem Bodensee zusammengestossen sein. Weil der russische Pilot die Anweisungen des Lotsen am Boden befolgte, der amerikanische Pilot aber die Anweisungen seiner Bordelektronik. Der Nebel über Smolensk hatte sich mit der Ankunft der polnischen Präsidentenmaschine wieder verdichtet. Anderthalb Stunden zuvor war eine Maschine mit polnischen Journalisten zwar nicht perfekt, aber doch sicher gelandet. Eine Stunde später, also eine halbe Stunde vor dem Unglück, erlaubte der Tower einer Maschine mit russischen Sicherheitsleuten aufgrund der Sichtverhältnisse nicht zu landen. Die russischen Aufpasser, die den polnischen Präsidenten hätten schützen sollen, flogen unverrichteter Dinge nach Moskau zurück. Als ob sie geahnt hätten, dass sie vor Ort überflüssig waren. Zum Zeitpunkt des Absturzes betrug die Sichtweite etwa 400 Meter. Einem Zivilflugzeug, und als solches galt die polnische Präsidentenmaschine, konnte die Landung nicht untersagt werden.
Fledermäuse wissen bei Null Sicht und einem dichten Netz von Hindernissen jede Kollision zu verhindern. Sie verfügen über ein exzellentes Navigationssystem, das ihr Überleben sichert. Wir werden nächsten Samstag im Watt Vögel gucken.
Bunte Steine II
Freitag, 9. April 2010
Bunte Steine
Ich färbe Steine, nicht Eier. Ostern ist vorbei, für uns und für die anderen. Ich kämpfe im Garten gegen den Wind. Ich muss mit ihm sprühen, sonst schlägt mir die Farbe ins Gesicht. Heute ist Gelb an der Reihe Vor zwei Tagen war es Rot. Und gestern Grün. Ich verteile große und kleine bunte Steine im Garten. Gegen sie kommt kein Wind an.
Donnerstag, 8. April 2010
Meldorf Hauptbahnhof
Wir fahren nach Süden und lesen in der Zeitung, dass im Spätsommer der Meldorfer Bahnhof umgebaut wird. Wir bekommen einen zweiten Bahnsteig und müssen in Zukunft nicht mehr über die Gleise klettern, wenn wir nach Norden fahren wollen.
Umgebaut werde aus Sicherheitsgründen, heißt es. Denn das Meldorfer Stellwerk, in dem immer noch ein Mensch sitzt, der uns ab und zu durch den Lautsprecher warnt "Achtung auf Bahnsteig 1, Durchfahrt eine Zuges", soll abgerissen werden, der Fahrdienstleiter entlassen, die Strecke modernisiert, elektrifiziert, und mit elektronischer Signaltechnik ausgestattet.
Je nach dem, ob auf dem neuen Bahnsteig auch ein Fahrkartenautomat aufgestellt wird, werden wir in Zukunft entweder einen längeren Weg zum Bahnhof haben oder einen kürzeren. Je nach dem, wo man in Zukunft sein Fahrrad abstellen kann, verkürzt oder verlängert sich der Heimweg. Es wird in jedem Fall so sein, dass die Unterführung reger benützt werden muss. Und damit wird jeder Weg länger.
Umgebaut werde aus Sicherheitsgründen, heißt es. Denn das Meldorfer Stellwerk, in dem immer noch ein Mensch sitzt, der uns ab und zu durch den Lautsprecher warnt "Achtung auf Bahnsteig 1, Durchfahrt eine Zuges", soll abgerissen werden, der Fahrdienstleiter entlassen, die Strecke modernisiert, elektrifiziert, und mit elektronischer Signaltechnik ausgestattet.
Je nach dem, ob auf dem neuen Bahnsteig auch ein Fahrkartenautomat aufgestellt wird, werden wir in Zukunft entweder einen längeren Weg zum Bahnhof haben oder einen kürzeren. Je nach dem, wo man in Zukunft sein Fahrrad abstellen kann, verkürzt oder verlängert sich der Heimweg. Es wird in jedem Fall so sein, dass die Unterführung reger benützt werden muss. Und damit wird jeder Weg länger.
Mittwoch, 7. April 2010
Schmelzwassersand
Ich grabe im Garten Wurzeln aus. Kilometerlange Wurzeln ziehe ich aus dem Boden. Sehr zum Leidwesen meiner rechten Hand, die nach Sonnenuntergang wieder schmerzt.
Der Ingenieurgeologe, der ein Boden- und Baugrundgutachten an der Eider erstellt, sagt, bis in eine Tiefe von etwa 14 Metern fände er Klei- und alten Nordseeboden. Darunter beginne eine Schicht mit Schmelzwassersanden. Der Kleiboden ist weich. Die Schmelzwassersandschicht hart. Die Kabeltrasse, die im Rahmen der Elektrifizierung der Bahnlinie von Hamburg nach Westerland durch den Fluss gezogen werden muss, heißt Düker. Sie wird wahrscheinlich im Eidergrund in etwa 18 Metern Tiefe in die Schmelzwassersandschicht gelegt werden.
Meine beiden Hände zerren derweil erbarmungslos Gierschwurzeln ans Tageslicht.
Der Ingenieurgeologe, der ein Boden- und Baugrundgutachten an der Eider erstellt, sagt, bis in eine Tiefe von etwa 14 Metern fände er Klei- und alten Nordseeboden. Darunter beginne eine Schicht mit Schmelzwassersanden. Der Kleiboden ist weich. Die Schmelzwassersandschicht hart. Die Kabeltrasse, die im Rahmen der Elektrifizierung der Bahnlinie von Hamburg nach Westerland durch den Fluss gezogen werden muss, heißt Düker. Sie wird wahrscheinlich im Eidergrund in etwa 18 Metern Tiefe in die Schmelzwassersandschicht gelegt werden.
Meine beiden Hände zerren derweil erbarmungslos Gierschwurzeln ans Tageslicht.
Dienstag, 6. April 2010
Der Echoortungsruf
Fledermäuse sind chaostauglich. Die Sprache hingegen ist streng reglementiert. Angeblich gibt es nur fünf deutsche Wörter mit zwei oo's, alle sind einsilbig und stammen aus dem Niederdeutschen: Boot, doof, Koog, Moor, Moos. Als sechstes kann noch Zoo (Abkürzung von Zoologischer Garten) hinzugezählt werden. Daneben gibt es die berühmten Komposita, die zusammengesetzten Substantive. Hört eines mit o auf und fängt ein andere mit o an, gibt es eine unvorhergesehene oo-Häufung, oder kommt es zu einem oo-Zusammenstoß. So beispielsweise in Thermoofen oder Echoortungsruf.
Fledermäuse navigieren nicht mit Sprache sondern mit Ultraschalltönen. In Umgebungen mit vielen Hindernissen senden sie sie häufiger aus und verschieben dabei die Frequenzen, um die Echos präzise auseinander halten zu können. Sie speichern eine mentale Schablone für jedes Paar von ausgesandtem Ton und zugehörigem Echo ab, damit sie die passenden Töne sofort und sicher zuordnen können. Ohne dieses System der Echoortungsrufe würden die Fledermäuse andauernd gegen Bäume und Äste prallen und wahrscheinlich bald erschöpft und verletzt zu Tode stürzen. Mit diesem System des Echoortungsrufes gelingt es ihnen auch im schnellen Zickzackflug, eng beieinander und in dichtbelaubten Wäldern kollisionsfrei nach ihrer Beute zu jagen. Ein Lob also auf das Fledermausrettende doppelte oo.
Fledermäuse navigieren nicht mit Sprache sondern mit Ultraschalltönen. In Umgebungen mit vielen Hindernissen senden sie sie häufiger aus und verschieben dabei die Frequenzen, um die Echos präzise auseinander halten zu können. Sie speichern eine mentale Schablone für jedes Paar von ausgesandtem Ton und zugehörigem Echo ab, damit sie die passenden Töne sofort und sicher zuordnen können. Ohne dieses System der Echoortungsrufe würden die Fledermäuse andauernd gegen Bäume und Äste prallen und wahrscheinlich bald erschöpft und verletzt zu Tode stürzen. Mit diesem System des Echoortungsrufes gelingt es ihnen auch im schnellen Zickzackflug, eng beieinander und in dichtbelaubten Wäldern kollisionsfrei nach ihrer Beute zu jagen. Ein Lob also auf das Fledermausrettende doppelte oo.
Sonntag, 4. April 2010
Die Osterbotschaft
Es ist kaum zu glauben.
Dass der ranghöchste Kardinal, Angelo Sodano, in Rom heute "von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage" spricht (O-Ton “Padre Santo, è con lei il popolo di Dio, che non si lascia impressionare dal chiacchiericcio del momento”, http://videoportal.sf.tv/video?id=22dcaff5-2041-4d00-a828-97803cb7d202).
Es ist kaum zu glauben.
Dass der Papst heute zu den Missbrauchsfällen in der Katholischen Kirche schweigt, aber sich bei Sodano bedankt mit einer Umarmung und mit "grazie".
Es ist kaum zu glauben.
Dass der Augsburger Bischof Walter Mixa heute sagt "ich habe ein reines Herz". Und: Gewalt und Priestertum seien „in unserer Kirche und mit unserem Glauben unvereinbar.“
Es ist kaum zu glauben.
Dass heute Ostern ist.
Dass der ranghöchste Kardinal, Angelo Sodano, in Rom heute "von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage" spricht (O-Ton “Padre Santo, è con lei il popolo di Dio, che non si lascia impressionare dal chiacchiericcio del momento”, http://videoportal.sf.tv/video?id=22dcaff5-2041-4d00-a828-97803cb7d202).
Es ist kaum zu glauben.
Dass der Papst heute zu den Missbrauchsfällen in der Katholischen Kirche schweigt, aber sich bei Sodano bedankt mit einer Umarmung und mit "grazie".
Es ist kaum zu glauben.
Dass der Augsburger Bischof Walter Mixa heute sagt "ich habe ein reines Herz". Und: Gewalt und Priestertum seien „in unserer Kirche und mit unserem Glauben unvereinbar.“
Es ist kaum zu glauben.
Dass heute Ostern ist.
Samstag, 3. April 2010
Der letzte Apfel
Zum Frühstück essen wir den letzten Apfel von unserem Baum. Von der letztjährigen Ernte. Vor dem Fenster zeigen sich zaghaft die neuen Knospen. Über jeden Regenguss, scheint es, und sei er noch so heftig, freut sich der Baum.
Freitag, 2. April 2010
Wind und Wasser
Der Wind ist heftig und die Flut kommt schnell. Ich nehme das erste Fußbad. Wasche den Schlamm von den Händen. Der Wind am Meer ist scharf. Das auflaufende Wasser ist milde. Wir trinken den ersten Kaffee nach dem kalten Winter am Strand. Wir fahren mit leichtem Rückenwind nach Hause und reinigen die Regenrinne.
Donnerstag, 1. April 2010
Mein Meister
für die des Polnischen Mächtigen: im Polnischen Fernsehen (TVP 2) wird gerade ein Film über und mit meinem Meister gezeigt "Co ja tu robię? Tadeusz Konwicki" (Was mache ich hier? Tadeusz Konwicki).
Hier ein kurzer Ausschnitt:
http://www.culture.pl/pl/culture/artykuly/wy_in_co_ja_tu_robie_tvp2_2010
Der Anfang des Films, des Selbstbekenntnisses:
"Muszę panu wyznać: właściwie nigdy nie byłem zawodowym literatem, pisarzem, jak się mówi pięknie ... Nie miałem biurka, maszyny do pisania, notatek. Nie siadałem o 9 rano do pracy. Pisanie było u mnie aktem spontanicznym."
"Ich muss Ihnen gestehen, dass ich nie ein professioneller Literat war, ein Schriftsteller, wie man so schön sagt ... Ich hatte keinen Schreibtisch, keine Schreibmaschine, keine Notizen. Ich setzte mich nicht um 9 Uhr früh an die Arbeit. Das Schreiben war bei mir ein spontaner Akt."
Hier ein kurzer Ausschnitt:
http://www.culture.pl/pl/
Der Anfang des Films, des Selbstbekenntnisses:
"Muszę panu wyznać: właściwie nigdy nie byłem zawodowym literatem, pisarzem, jak się mówi pięknie ... Nie miałem biurka, maszyny do pisania, notatek. Nie siadałem o 9 rano do pracy. Pisanie było u mnie aktem spontanicznym."
"Ich muss Ihnen gestehen, dass ich nie ein professioneller Literat war, ein Schriftsteller, wie man so schön sagt ... Ich hatte keinen Schreibtisch, keine Schreibmaschine, keine Notizen. Ich setzte mich nicht um 9 Uhr früh an die Arbeit. Das Schreiben war bei mir ein spontaner Akt."
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