Dienstag, 13. April 2010

talkdown

Auch ich kann an nichts anderes denken. Der Tupolew 154 M fehlten am Samstag früh 10 bis 15 Meter Höhe. Den Piloten verblieben höchstens 6 Sekunden, nachdem sie die ersten Bäume gestreift hatten, um die Maschine noch einmal durchzustarten. Der russische Kosmonaut und Testpilot Magomed Talbojew sagt in einem Interview, mit einem Düsenflugzeug wäre es vielleicht gelungen, noch einmal vom Boden wegzukommen. Aber nicht mit einer 100 Tonnen schweren Maschine, deren Technik vor 42 Jahren entwickelt wurde. Die "hänge" beim Sinkflug manövrierunfähig in der Luft.

Die Tupolew flog zu tief. Entgegen aller Gerüchte, die die deutsche Presse hartnäckig weiter verbreitet, gab es nur einen Landeanflug. Die Maschine kreiste davor einmal (nach Aussage des russischen Lotsen) oder dreimal (nach polnischen Berichten) über dem Flughafen Smolensk. Um Zeit zu gewinnen, die Topographie zu erkennen, die Instrumente einzustellen oder auf besseres Wetter zu hoffen. Der russische Lotse zitiert den polnischen Piloten in einem Interview sinngemäß mit den Worten "ich versuche zu landen, wenn es nicht gelingt, nehme ich den Ausweichflughafen".

Sie flogen zu tief. Zehn Meter höher und alles wäre gut gegangen. Trotz Nebel. Nach auskunft des Lotsen, gaben die Piloten ihre Flughöhe nicht durch. Die Kommunikation zwischen Tower und Cockpit funktionierte nicht. Nicht weil unverständliche Sprachen gesprochen wurden. Sondern weil verschiedene Codes befolgt wurden. Jede Seite hielt sich an ihre Dienstvorschrift. Die polnischen Piloten flogen nach NATO-Standards. Der russische Lotse hielt sich an russische Standards.

Der ehemalige Militärpilot Major Fiszer erklärt das Dilemma folgendermaßen:
"Ist man auf Radargeräte angewiesen, folgt man im Osten dem Prinzip der Meldungen durch den Piloten. Es gibt bestimmte Punkte, an denen sich der Pilot anmelden muss, daraufhin teilt ihm der Lotse die Entfernung zur Landebahn mit. Bleibt der Pilot in der Anflugschneise auf Kurs, sagt der Lotse normalerweise gar nichts, gibt höchstens nochmals die Entfernung durch oder, falls nötig, eine Kurskorrektur. Die muss dann der Pilot mit seiner Höhenangabe bestätigen.
Bei der NATO-Prozedur führt man hingegen ein sogenanntes talkdown durch: der Lotse vergewissert sich, dass der Pilot ready for talkdown ist, schaltet sein Mikrophon ein und plappert wie ein Papagei die Parameter, Kurs, Höhenangaben usw. herunter. Der Pilot hat gar keine Zeit zu antworten und jede einzelne Angabe zu bestätigen. Nach NATO-System geschulte Piloten sind an talkdown gewöhnt, wo sie nichts bestätigen müssen. Für den russischen Lotsen aber ist es nicht normal, wenn Meldungen nicht bestätigt werden." (siehe hier http://wiadomosci.gazeta.pl/Wiadomosci/1,80269,7763291,Pilot_za_sterami_jest_wazniejszy_od_prezydenta___wywiad.html?as=1&startsz=x )

Fotos der geköpften Bäume von Sergej Amelin sowie Rekonstruktion des fatalen Kurses:
http://picasaweb.google.ru/Amlmtr/MWzNeJ#5459758998359442098




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