Nochmals eine helvetische Reminiszenz: Vor fast genau einhundert und acht Jahren schrieb Lina Bögli (1858-1941, Schweizer Welt-reisende und Reiseschriftstellerin, 1905 im Dienst des Kaiserlichen Kammerherrn Skarżyński in Warschau) in ihr Tagebuch:
"Heute streiken auch die Tramwayführer u. die Remisenrosselenker, so dass nur Fiaker, offene Fiaker, denn in Warschau gibt es keine geschlossenen Fiaker! in den Strassen cirkulieren." (25.2.1905 - Rechtschreibung und Satzzeichensetzung wie im handschriftlichen Original)
Warum gab es 1905 in Warschau keine geschlossenen Fiaker? Fürchtete man sich vor "Terroranschlägen", "Selbstmordattentätern"? Aufrührerischen Polen? Antizaristen? Kommunisten?
Lina Böglis Tagebucheintrag vom 25. Februar 1905 endet so:
"Herr S. kam diesen Abend aus St. Petersburg an, jene Linie hat nämlich den Streik doch noch nicht angefangen, u. erzählt von den Unruhen in der Hauptstadt. Er sagt, dass vorgestern eine Monster-versammlung von Universitätsstudenten, denen sich Professoren anschlossen, statt gefunden habe, dass sie bei dieser Gelegenheit das Bild des Kaisers in tausend Stücke zerschnitten haben etc. Jetzt sollen sie nicht mehr nur eine Konstitution verlangen, sondern die Republik. Im Kaukasus soll es auch lebhaft zugehen, der Kaukasus habe seine Unabhängigkeit erklärt. Andere sagen, dass Christen u. Mohamedaner sich gegenseitig töten; immerhin müssen es schreckliche Dinge sein, die da vor sich gehen."
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