Montag, 25. Januar 2010

Die Pantoffelschnecke

Der strenge Winter wirbele das Ökosystem des Wattenmeers durcheinander, lese ich in der Zeitung. Und unsere Biobauern schreiben, sie müssten zum ersten Mal das Kühlhaus beheizen. Die gepackten Kisten kämen warm auf den Transporter. So erfriert der Kohl nicht, bis er vor meiner Haustür ankommt. Das ist das schöne an dieser Biokiste, da ist immer ein Brief drin.
Vor allem die amerikanische Pantoffelschnecke - die so heißt, weil ihre Schale von unten aussieht wie ein Pantoffel, und weil sie 1934 unabsichtlich mit amerikanischen Zuchtaustern in Sylter Gewässer eingeschleppt wurde - sei ein "Sensibelchen" und würde unter dem anhaltenden Frost leiden, meldet das Alfred-Wegener-Institut. Aussterben dürfte sie allerdings kaum, hat sie sich doch gut auf den Miesmuschelbänken unterhalb der Niedrigwasserlinie des Wattenmeers eingelebt. An manchen Stellen gab es vor dem Kälteeinbruch bis zu 1500 Tiere auf einem Quadratmeter. Die Wintersterblichkeit, wurde schon vor Jahren gemeldet, als es noch keine frostreichen Tage gab, könne bis zu 90% betragen. Damals war es eine Schutzinformation für die Inselwintergäste. Man wollte die nicht ohne Vorwarnung auf den vielen leeren Pantoffelschneckenschalen an den Sylter Oststränden herumtrampeln lassen.
Oft wird sie für eine Muschel gehalten, da ihr Gehäuse nicht die für Schnecken so typischen spiraligen Windungen zeigt. Auch sonst ist sie eine untypische Meeresschnecke. Sie ernährt sich nämlich im Gegensatz zu fast allen anderen Schnecken an der Wattenmeerküste nicht dadurch, dass sie die Untergründe abweidet. Nein, die Pantoffelschnecken filtriert das Wasser. Sie benutzt dazu ihre Kiemen und ein Schleimnetz, mit dem kleinste Partikel aus dem Wasser gefiltert werden. Im Sexleben unterscheidet sie sich allerdings nicht erheblich von dem der Schnirkelschnecke. Die Pantoffelschnecke beginnt ihr Leben als Männchen und wandelt sich nach einer gewissen Zeit in ein Weibchen um. In sogenannten Paarungsketten sitzen kleinere Männchen auf größeren Weibchen und sorgen per innerer Befruchtung für Nachwuchs.
Dabei kommt es natürlich vor, dass Männchen mit mehreren Weibchen und Weibchen mit mehreren Männchen verkehren. So what? Denke ich. Ich begebe mich in die Küche zu meinem Brief und hoble Rotkohl.

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