Die Schnirkelschnecke ist die nächste Verwandte der Weinbergschnecke. Die normalste Schnecke der Welt. Sie bewohnt vorwiegend feuchte Habitate, vom Flachland bis über 2700 Metern in Mittel- und Nordeuropa. Also ist sie bei uns zu Hause. Ich sehe sie zwar nicht, denn unser Garten liegt unter einer dicken Schneeschicht im Winterschlaf. Aber ich bewundere sie von meinem geheizten Arbeitszimmer aus.
Sie ist ein Zwitter und schützt sich mit einem Körpereigenen Kondom vor Selbstbefruchtung und Inzucht.
Sie hat unendlich viele Liebhaber und legt die Spermien in einer Spermathek an.
Sie praktiziert die sogenannte cryptic female choice - die heimliche weibliche Auswahl oder kryptische Weibchenwahl. Kryptisch im Sinne von versteckt (nicht verklemmt!), weil der Vorgang im Körperinneren, genauer: im Fortpflanzungstrakt, vonstatten geht, also geheim und undurchsichtig ist. Die Schnirkelschnecke ist in der Lage, nach dem Geschlechtsakt das Sperma qualitativ besserer oder kompatiblerer Männchen zu bevorzugen und umgekehrt das Sperma anderer Männchen zu benachteiligen.
Postmating sexual selection heißt das gemeinhin. Auswahl des Geschlechtspartners nach der Kopulation.
Irgendwie ist das ein bisschen irre, was sich die Forscher da wissenschaftlich zurechtlegen. Die Schnirkelschnecke (niemand kann mir sagen, woher sie diesen deutschen Namen hat) hat sie doch noch alle. Alle Tassen im Schrank und alle Liebhaber am Körper. Sie wählt nicht den Partner erst nach dem Sex, post factum, sondern nimmt die Lust von jedem. Sie betreibt einen schamlosen Verschleiß an Samen. 90 Prozent des Inhalts ihrer Spermathek verkümmern angeblich.
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