Samstag, 20. September 2008

Eulenzählen

Wir entdeckten heute die vierte (im kleinen Ahorn) und die fünfte (im großen Ahorn) Eule. Die Spuren am Boden zeigen uns, wo sie sitzen. Die Anzahl der frischen Gewölle lassen vermuten, wieviele es sind. Wir mutieren zu Eulenzählern, W. der Eulenzähler und ich, die Eulenzählerin. Unsere Hauptbeschäftigung der nächsten Tage wird sein: Eulenzählen! Gleichzeitig beginnt das Laub zu fallen. Auch die Bäume hinterlassen Spuren am Boden. Wir wissen, dass die Eulen in den Laubbäumen tagsüber nur so lange sitzen bleiben, so lange die Blätter sie vor neugierigen Blicken der Menschen schützen. Die Nachbarin erzählte, dass die Waldohreulen im Winter bei ihr in den Tannen sitzen. Bis zu 15 Eulen drängten sich in einen Nadelbaum. Aber wenn es ihnen zu bunt oder zu laut werde, würden sie auch plötzlich verschwinden. Für ein paar Stunden oder Tage. Zum Beispiel, wenn Besuch aus der Stadt da sei und die Eulen aufdringlich und penetrant anstarre. Vielleicht versammeln sie sich jetzt bei uns, geben Rechenschaftsberichte über Zucht- und Jagdergebnisse des Sommerhalbjahres ab. Vielleicht beratschlagen sie in den Ahornbäumen über Winterschlafformationen. Während die Gastbäume schon das Laub fallen lassen, flüstern die Eulen sich womöglich Liebesschwüre in die Ohren, taktieren und intrigieren und stellen schließlich einen vernünftigen Überlebensplan für die kalte Jahreszeit auf, an den sich alle ohne zu murren halten werden. Die Chefwaldohreule, ein Weibchen, sitzt jetzt schon zuoberst im großen Ahorn. Sie genießt das Ältestenrecht. Sie war zuerst bei uns. Kaum hatte ich vorhin die gröbsten Gewölle unter den Bäumen weggefegt, fiel hinter mir, platsch, ziemlich viel schneeweißer und flüssiger Kot auf die Strasse und zerplatzte auf dem Asphalt. Das war sie, die alte und ehrwürdige Waldohreulendame! Damit hat sie mir deutlich und sichtbar zu verstehen gegeben, was sie von meinem Samstagstun hält. Uhus sollen, wie ich kürzlich las, mit dem leuchtend weißen Kot ihr Revier abstecken - warum sollen das also unsere Hauseulen nicht auch tun? Erst jetzt, wo es bereits ihrer fünf sind, entdecke ich auch Gewölle und weiße Kotspuren im Garten auf dem grünen Rasen. Bislang hockten sie nur außerhalb der Ligusterhecke, über dem schwarzen Asphalt. Und hinterließen dort, was sie verdauten oder was sie nicht verdauten und ausspuckten.

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