Heute vor 177 Monaten heirateten wir in Warschau. Vor einem Jahr waren wir also gerade 165 Monate verheiratet und hatten in beiden Häusern keinen Platz für Geschenke. Überall türmten sich Umzugskisten mit den skurrilsten Inschriften (zB "wir machen Ihren Möbeln Beine"). Und wir liefen beide andauernd fremden Männern in die Arme.
Heute leisteten wir uns zur Feier des Tages ein einfaches Geschenk. Ein Prismenfernglas mit Objektiv-Durchmesser von 25 Millimetern, zehnfacher Vergrößerung, Sehfeld von 96 m und erhöhter Lichtdurchlässigkeit, der so genannten "vollvergüteten Optik": einer als blauer Belag sichtbaren Aluminium-Schicht, die im Hoch-Vakuum auf jede Linsenoberfläche gedampft wurde und ein sehr helles und scharfes Bild bewirkt. Damit wir die Eulen besser sehen können. Unser Hauseulen, die tagsüber in den Ahornbäumen zu beiden Seiten des blauen Gartentors schlafen. Das blaue Gartentor hängt nämlich nur scheinbar schief in den Angeln. Nur auf dem Foto sieht unsere Welt so aus, als wäre sie aus dem Lot. Das blaue Gartentor hält im Gegenteil die Balance. Nur die Optik ist nicht optimal und die Strasse an dieser Stelle leicht abschüssig. Der Fotograf steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden dieser Wirklichkeit: Wir wohnen seit einem Jahr am Klev. Auf der ehemaligen Küstenlinie. Am Kliff. Auf einer nicht mehr vorhandenen Steilküste. Auf jetzt nur noch fünf bis höchstens sechs Metern über Meeresboden oder Normalnull.
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