Sonntag, 30. Juni 2024

Regentreiben

Der Regen vertreibt alle outdoor-Aktivitäten schon nach kurzer Zeit. Im Pool tummeln sich heute die Väter! In meinem Garten wohnt seit kurzem eine ganze Hasenfamilie. Die Kleinen warten wie im Bilderbuch auf die Großen. Und knabbern derweil meinen Klee. Wäre Herr Caruso noch am Leben, wäre der Idylle Ende nah.

Samstag, 29. Juni 2024

Kindertreiben

Der Badespass im Nachbarsgarten treibt mich zum Wahnsinn! Seit der nicht eingehaltenen Mittagsruhe bis jetzt. Zwei Dutzend kreischende kids. Open end!

Gestern ist meine Amtszeit als Schiedsfrau zu Ende gegangen. Und heute denke ich tatsächlich darüber nach, in einem Nachbarschaftskonflikt bei meinem Nachfolger einen Antrag auf Schlichtung zu stellen.

Donnerstag, 27. Juni 2024

Die Floskel

Wer kennt sie nicht? Diese sagenhaft nichtssagenden Phrasen, diese Lückenbüßer peinlicher Pausen, Eisbrecher oder kommunikative Anschubhilfen, ohne die unser soziales Miteinander vielleicht gar nicht möglich wäre, oder wenigstens zuweilem um einiges frostiger ausfiele.

Mir war aber bis eben nicht bewusst, dass die Floskel etymologisch auf die Blume bzw das Blümchen zurückgreift. Das lateinische flosculus ist die Diminutivform zu flos, floris (hier erkennen wir doch sofort unsere Floristin wieder!). Das Blümchen der Abgedroschenheit! 

Dieses Blümchen hat nichts mit blümerant zu tun. Blümerant ist vornehm und stammt aus dem französischen. Es bedeutet sterbendes (verblassendes) Blau: bleu mourant.

Mittwoch, 26. Juni 2024

Alte Hüte

Seit Tagen trage ich mich mit dem Gedanken, draußen im Garten zu schlafen. Immer finde ich eine neue Ausrede. Zu kalt, zu nass, zu unsicher. Hell ist es fast bis Mitternacht, wenn ich vorher todmüde umfalle, tue ich es meistens unter dem schützenden Dach.

Gestern abend war ich fast so weit. Alles passte. Eine sternenklare Nacht stand bevor! Aber diese unsägliche App warnt und warnt und übernimmt die Kontrolle über mein freies Denken und Handeln. Sie warnt durchgehend, ohne Pause, die ganze Nacht hindurch bis in die frühen Morgenstunden. Sie warnt beständig vor dieser todbringend erhöhten UV-Intensität. Sie rät auch im Schatten (!) zum Tragen von Sonnenbrillen und breitkrempigen Hüten. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie soll ich so bekleidet auf meiner Liege im Thermoschlafsack unter freiem Himmel die Nacht verbringen?

Und kaum ist sie, die Sonne am Wattenmeer wirklich wieder  aufgegangen, nimmt sie, die App, neuen Anlauf.

Dienstag, 25. Juni 2024

Gefahrenabwägung

Früh am Morgen ist mein Rasen wunderbar feucht. Morgentau! Ich bürste ihn mit meinen Nagelschuhen, den Rasenlüfterschuhen und muss dabei, sehr zu meiner Verwunderung, mehrmals heftig niesen. Danach ist meine Nase frei und der Rasen sieht wie frisch gekämmt aus. Frisch gewaschen. Frisch gelockt und geföhnt. 

Die Wetterapp warnt seit gestern vor "erhöhter UV-Intensität" und rät zu "sonnengerechtem Verhalten" gemäß international einheitlichen Empfehlungen der WHO. Nur wir Überheblichen, Weißen, angeblich Zivilisierten, Westler oder Nordler verhalten uns fahrlässig. Also: nicht klimagerecht. 

Am Wattenmeer immer noch Springtide. Immer noch viel Wasser. Also werde ich - von meiner Sommergrippe bereits schnell genesen, vielleicht war es auch nur ein Anfall von Allergie (s.o.) - heute früher, noch im vorgegebenen UV-Gefahrenzeitfenster zum Deich radeln. Getragen von der Vernunft und einem schwachen Ostwind. So verhindere ich, dass mich beim Dreiecksschwimmen der mächtige Sog des Ebbstroms hinausträgt aus der Meldorfer Bucht in die offene Nordsee. Auf Nimmerwiedersehen!

Montag, 24. Juni 2024

Sommerschnupfen

Tatsächlich habe ich mir gestern so etwas wie eine Sommerverkühlung geholt, so dass ich heute vernünftig zu Hause bleibe. Ich sortiere Postkarten und werde am späteren Nachmittag Rasen mähen und meinen Bürgersteig entkrauten. Was sein muss, muss sein (va die Postkarten, die unbeschriebenen und beschriebenen, die vorfrankierten und unfrankierten).

Sonntag, 23. Juni 2024

Sonntagsschlottern

Ich fahre zuversichtlich rechtzeitig los. Springtide! Die Flut läuft fast einen halben Meter über das mittlerere Hochwasser auf. Nehme ein dickes Buch mit und und eine Stulle.

Das Wasser ist warm und wild. Der Wind nach dem Schwimmen giftig. Ich halte es auf dem Deich gerade so lange aus, bis ich mich gestärkt (mein Brot gekaut) habe. Dann rase ich schlotternd mit Rückenwind am Sonntag durch den Speicherkoog nach Hause.

Unterwegs springt plötzlich mein Bordcomputer wieder an. Nach wochenlangem Streik! Maximale Geschwindigkeit 36,1 km/h. Warm wird mir trotzdem erst wieder auf meiner Bank. In meinem Garten.

Samstag, 22. Juni 2024

Träume

Der Mond nimmt seit zwei Stunden wieder ab. Er hat mich geweckt. Trotz dicker Wolkendecke. Der Junivollmond soll auch Erdbeermond heißen! Die Träume übernehmen, wo der wache Geist versagt. Mein Meister wäre heute 98 Jahre alt geworden. Er ist zur Sommersonnenwende geboren worden, an dem Tag, an dem der Nordpol so stark zur Sonne gerichtet steht, wie nie sonst im Jahr. Aktuell, also im laufenden Jahr 2024 war das aber bereits vor zwei Tagen, also am 20. Juni genau um 20:50 Uhr UTC (oder 22:50 Uhr MESZ) der Fall. So früh, wie angeblich zum letzten Mal 1796, während der Französischen Revolution. Tatsächlich aber auch im Jahr 2020 aufgrund des Schaltjahres. 

Konwickis Roman "Bohiń" spielt im Jahr 1875. Darin rudern Zar Alexander I und Napoleon seit einem halben Jahrhundert - also seit 1825, dem Todesjahr Alexander des Ersten - in einem Boot auf dem Fluss Niemen. Sie sitzen sich gegenüber und jeder rudert in seine Richtung, also kommen sie nicht und nie vom Fleck. Sehen kann die beiden nur der Kutscher Konstanty, der im Roman mit 182 Jahren älteste Mensch der [dargestellten] Welt.

Freitag, 21. Juni 2024

Freitag

Der Sommer ist schon wieder vorbei. Ich friere und es regnet. Die Tageslosung lautet: "Du sollst nicht töten" (2. Mose 20,13). Die Erfahrung lehrt mich, an solche Sätze nicht mehr zu glauben! Ich war seit langem wieder einmal im Dom zur Marktandacht, fand aber keinen Trost. Die Pastorin plauderte in gewohnt jovialer Manier - der Ton ist nach wie vor grauslig verzerrt, aber das liegt an der Technik im Gotteshaus - vom Stadtradeln. Who cares? Ich irre durch den Tag.

Donnerstag, 20. Juni 2024

Sommer

Der längste Tag und alles kommt ans Licht! Am Mittag bin ich an die Nordeee gefahren und habe mein Dreieck absolviert. Außer mir war kaum jemand da. Das Wasser war angenehm, immer noch Bauchnabelhoch. Es lief bereits ab, die Strömung war erträglich. Der Wind aber erlaubte kein Verweilen am Deich, trieb mich bissig und böse, kalt über die Krone nach Hause.

Am Abend dann die alles an und in mir erschütternde Nachricht, dass ich die kürzlich in Niebüll am helllichten Vormittag vergewaltigte und ermordete junge Frau kenne! Ein makabres déjà-vu! Ich dachte, denn das behaupteten damals, als Schwiegervater ermordet wurde und es in der Zeitung stand, ehe das Krankenhaus es für nötig befand, uns Angehörige zu benachrichtigen, alle so, wie zur Beruhigung meiner geplagten Seele, dass es einem Menschen höchstens einmal - wenn überhaupt! - im Leben passiert, dass er oder sie von einer Schlagzeile am Kiosk in der U-Bahn (einst) oder im WorldWideWeb (heute) im tiefsten Innern getroffen wird. Und die absolute Ungläubigkeit - "das kann doch nicht wahrsein" - sich mit der absoluten Gewissheit - "es gibt überhaupt keinen Zweifel" - misst. Ein kräftezehrendes Manöver des Geistes.

Mittwoch, 19. Juni 2024

Das Leben auf NN

Ich bin immer noch kurzatmig, praktiziere aber mein Qigong am Morgen draußen vor der Tür. Der Wind ist immer noch kalt. Kaum habe ich die Wäsche auf der Leine, kippen die Bauern ihre Schweinegülle in die Feldmark. Ich schließe ständig Fenster. Weil die Nachbarskinder kreischen (sollten die nicht längst in der Schule sein?). Weil die Nachbarn grillen (ist schon wieder Wochenende?). Weil immer Wind von West. Weil die Nachbarn rauchen (immer, immer, immer wenn ich meine fünf Minuten Kontemplation auf der Gartenbank brauche). Weil die Nachbarn reden (je später der Abend, desto lauter). Weil die Bauern arbeiten (je früher am Morgen, desto geruchsintensiver). Ich ersticke hier auf NN (NormalNull).

Dienstag, 18. Juni 2024

Tide

In der Nacht hat es heftig geregnet. Jetzt scheint die Sonne und ich schaue zum ersten Mal seit langem auf den Tidenkalender. Die Flut hat gerade ihren Scheitelpunkt erreicht und den Stab an die Ebbe abgegeben. Das Wasser im Wattenmeer läuft weg. Gut so, denke ich, heute kein schwimmen mehr möglich. Oder erst im letzten Abendlicht gegen 23 Uhr. Lieber lege ich mich nach dem zweiten Frühstück auf die Gartenbank. Ich fühle mich immer noch unausgeschlafen, wache früh vor Sonnenaufgang auf und werde in den unglaublichsten Momenten sterbensmüde.

Montag, 17. Juni 2024

Liminalität

Das Wort des Tages! Der Woche! Der Zeit! Liminalität, lese ich, beschreibe einen "Schwellenzustand". Das "Nicht mehr" und "noch nicht" zugleich. Übergänge. Oder betwixt and between.

Sonntag, 16. Juni 2024

Letzigraben

Sonntag. Ich friere immer noch. Statt Suppe am Mittag baden im Radio. Im Freibad Letzigraben in Zürich, im sogenannten Maxfrischbad. Ein sprechender Name! Erfrischendes Wasser. Wir Schweizerinnen wissen, dass Frisch Architekt war und 1943 - als der Rest der Welt wahrlich andere Sorgen hatte - einen Wettbewerb gewann, der ihm für einige Jahre das täglich Brot einbrachte. Ja, Max Frisch hat ein Schwimmbad gebaut, das vor 75 Jahren eröffnet wurde. Ein Sportbad. Ein Freizeitbad. Ein Volksbad als Erholungsort. In dem das Individuum nicht in der Masse untergehen soll ... Mit Zehnmetersprungturm. Und einem Pavillon mit Imbiss auf dem höchsten Punkt des Geländes. Dort stand einst, weil es eben der höchste Punkt weit und breit ist, der Galgen von Zürich. Die letzte Hinrichtung soll 1810 stattgefunden haben. Es kamen aber keine Schädelknochen zum Vorschein bei den Bau- und Grabungsarbeiten. Architektonische Inszenierung. Kulinarische Inszenierung. Literarische Inszenierung. Jeder Text ist ein Bauwerk. Jedes Eis muss schmelzen. Emotional und durchdacht. Funktional und reduziert. Interesse an der Wiederhulung, am Seriellen. Subtile Ästhetik, Frische!

Bei uns kein Badewetter, deshalb relative Ruhe. Die Kinder des Nachbarn haben eine Rutsche in den Pool bekommen, wodurch der Geräuschpegel natürlich ansteigt. In gegenläufiger Richtung zum plumpsenden Po.

Samstag, 15. Juni 2024

Gewitter

Gewitter am hellen Mittag, bei eiskalten Temperaturen. Kein Ende abzusehen. Schafskälte, Dauerregen.

Freitag, 14. Juni 2024

Donnerstag, 13. Juni 2024

Garten

Ich fange immer dort wieder an, wo ich aufgehört habe. Der Rasen ist in die Höhe geschossen, die Tomaten sind in die Höhe geschossen, die Brombeeren sind in die Höhe geschossen, die Himbeeren und Johannisbeeren sind in die Höhe geschossen und wie alle Jahre wieder vollkommen verlaust. Die Stauden auf dem Grab der beiden schwarzen Kater sind in die Höhe geschossen und blühen um die Wette, die Felsenbirnen sind fast reif, die Hasen haben die Edelkastanie angebaggert, im wahrsten Sinn des Wortes. Ich weiß nicht, was die da wollen. Unter den mächtigen Wurzeln. Ein Nest bauen? Einen Bau bauen wie Kafka? Jetzt, wo die Gefahr gebannt ist und Herr Caruso längst sein Unwesen anderswo treibt? Ich komm nicht nach mit gucken. Und staunen. Und schweigen. Und es regnet und regnet und regnet immer wieder. Es ist kalt. Der Wind bläst eisig um die Hausecke. Schafskälte. Überhaupt kein Gartenwetter. 

Mittwoch, 12. Juni 2024

online

 Ich bin schon seit ein paar Tagen wieder online, muss aber immer noch schweigen.