Mittwoch, 28. Februar 2018

Helmsand

Zu Hochwasserzeit. Bei eisigem Ostwind. Kein Wasser weit und breit. Nur Eis am Horizont. Keine Fata Morgana und keine aus dem Meeresboden gestampfte Stadt. Das auflaufende Wasser landete wohl vollständig als Schneemeer über Nordfriesland. Mein geplanter Arbeitsausflug nach Joldelund versank in den Schneeverwehungen.

Dienstag, 27. Februar 2018

Meerschnee

Ich habe zweimal meinen Bürgersteig gefegt heute. Trockener Pulverschnee. Lässt sich mit dem Besen problemlos auf die Straße schieben. An der Ostsee aber, lese ich, kommt der Schnee gesalzen vom Himmel. "Lake-Effect" - wenn arktische Kaltluft lange genug über offenes Wasser strömt und dann auf Land trifft. Dann schneit es Ostseeschnee, Meerwasser. Der eisige Wind hat das verdampfende Wasser über der warmen Ostsee aufgenommen und Schneepakete landeinwärts geschickt. Die sind zugestellt, zuverlässiger als durch die Gelbe Post! In Lübeck liegen 35 Zentimeter Neuschnee, in Greifswald 26, auf Kap Arkona 10, in Hamburg 7.

Montag, 26. Februar 2018

Sonntag, 25. Februar 2018

Maigrün

Es schneit. Die Temperaturen werden die ganze kommende Woche nicht mehr über Null kommen. Mein Todenbütteler Gärtner wollte morgen kommen und das Maigrün ausgraben, die Rosen umpflanzen, die Obstbäume beschneiden usw. Wir sind gestern übereingekommen, seinen Besuch zu verschieben und auf "offenes Wetter" zu warten.

Samstag, 24. Februar 2018

Ostwind

Scharfer Ostwind. Glasklare Sicht. Immer noch ablaufendes Wasser. Nochmals Deichspaziergang.

Freitag, 23. Februar 2018

Rendsburg

Im Sonnenschein. Wie immer. Am Kanal. Vor dem Fenster ziehen in regelmäßigen Abständen Containerriesen vorüber. In der Kapelle, die außerhalb der Gottesdienstzeiten als Tagungsraum dient, haben wir einen echten Menschen vom Verfassungsschutz vor uns, der unter unscheinbarem Namen als Referent für die Weiterbildung angekündigt war. Natürlich verrät das Buchstabengewirr hinter seinem Namen seine Funktion - aber wir Schiedsleute sind anders gepolt.

Donnerstag, 22. Februar 2018

Die Krux

Die Musik darf Verwirrung schaffen - die Sprache nicht. Die Musik darf Orientierung auflösen - die Sprache soll sie geben. Die Musik darf Geräusche aus der Realen Welt - zb das Geräusch einer Motorsäge, Kindergeschrei, Quietschen von Autoreifen, oder einfach das Murmeln des unaufhörlich fallenden Regens - verzerren, vermischen, zur Unkenntlichkeit modifizieren - und den Hörer diesen Klangwelten schonungslos aussetzen. Sprache soll brav und nachvollziehbar daherkommen. Möglichst militärisch im Gleichschritt.

Mittwoch, 21. Februar 2018

Deichspaziergang

Die Sonne zeigt sich nur bis zum Mittag, danach fängt die Eiszeit an. Kein Wasser, kein Ton, die Vögel weit draußen im Watt.

Dienstag, 20. Februar 2018

Adiantum capillus veneris

Noch einmal Zerbrechlichkeit, noch einmal Chaya Czernowin. Adiantum capillus veneris - botanisch: der Frauenhaarfarn, musikalisch die zweite Zerbrechlichkeitsübung einer Komponistin, die eine Musik schaffen will, in der es kein "Ich" gibt, keine Subjektivität, kein Gefühl, auch kein Wort! Die Sänger singen keinen Text im herkömmlichen Sinn, sondern bewegen sich im "Spektrum zwischen purem Atemgeräusch und vibratolosem Gesang". Sie "drücken sich in einer Lautsprache jenseits der Semantik" aus, verzichten auf Worte, "um die unsagbaren Botschaften, die sich hinter den Worten verbergen, ans Tageslicht zu bringen":
https://vimeo.com/153594036

Montag, 19. Februar 2018

Sonntag, 18. Februar 2018

Musik in Räumen

Ja, statt mich der schöngeistigen schnöden Sonntagsliteratur hinzugeben, lese oder höre ich hingerissen stundenlang Beschreibungen neuer, zeitgenössischer Musik. Auch mag mich diesen verstörenden Klängen immer seltener entziehen. Zerbrechlichkeitsübungen von  Chaya Czernowin! Das soll mal eine/r literarisch hinkriegen. Das Unwirkliche erforschen. Versteckte Räume nicht nur finden, sondern sie auch betreten und erleben, erforschen, gestalten. Fiktive Sphären jenseits von Gut und Bös, jenseits Zeit und Raum, jenseits unserer Vorstellung.
Czernowins Etudes in Fragility zeigen "wie voll von akustischem Leben die meist unbeachtete und fragile Welt zwischen Atem und Stimme ist."

Samstag, 17. Februar 2018

Musik in Worten

"Ich musste diese Musik behutsam aus Stille und Leere hervorziehen" sagt Arvo Pärt zur die Entstehung seines Te Deum (1985). Vielleicht ist das sein Schaffens-, Kompositionsprinzip überhaupt, dieses Hervorziehen aus Stille und Leere.

Gute Musik, sagt Iván Fischer, berührt die Seele. Über schlechte redet er nicht. Er dirigiert heute Abend Pärt pur in Berlin. zT vom Flügel aus (Spiegel im Spiegel)

Heißt das, dass die Musik dorthin zurück geht, wo sie herkommt: in die Stille und die Leere?


Freitag, 16. Februar 2018

Das Jahr des Erde-Hundes

Weil die Chinesen uns in der Zeit voraus sind, findet das chinesische Neujahrsfest und das Ende meines persönlichen Martyriums erst heute statt. Traditionell beginnen die Asiaten ihr neues Mondjahr mit dem zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende. Kann man sich gut merken. Der war bei uns gestern abend, aber auf der anderen Seite der Erdkugel war da schon früher Morgen. Die dunkle Nacht meines schwarzen Lochs - der astrologischen Leere der Zeitverschiebung - habe ich trotzdem überstanden. Vorzeitig befreit vom Rot und vom Zwang, mein Leben nach Osten auszurichten. Ich lese noch einmal nach, was in meinem privaten Buch der Bücher zum Hahn geschrieben steht: "Auf seine alten Tage hin wird er glücklich sein." Im Hundejahr soll er aber "ernüchtert und niedergeschlagen sein", denn der Glanz seiner Parade ist verflogen. Nun denn. 
Fortan können sich die Hunde quälen, die mit dem Element Erde verbunden sind: 戊戌 (Wuxu): Treue, Loyalität, Sinn für Gerechtigkeit und Frieden, kritisches Denken, beißenden Spott schreiben die Chinesen dem Hund zu, aber auch Unruhe. Er ist ständig auf der Lauer. Um seine hehren Ziele zu verfolgen, scheut er vor geräuschvollen oder sogar blutigen Auseinandersetzungen nicht zurück! Das Leben eines Hunde-Kindes verlaufe ruhiger, wenn es am Tag geboren wurde, heißt es, denn in der Nacht muss der Hund das Haus bewachen ...

Donnerstag, 15. Februar 2018

Neumond

Am Morgen brennt eine Viertelstunde der Himmel. Dann knipst jemand das Glühen aus und der Tag wird von einer Sekunde auf den anderen grau, verregnet, verschneit, ver(sch)windet, verweht. Kalt und ungemütlich. Wer zu spät aufsteht, den bestraft das Leben. Nipptide und Ostwind. Und: am Wattenmeer ab sofort Ende des Feuerhahnjahres!

Mittwoch, 14. Februar 2018

Poland by Island

Valentinstag, Aschermittwoch, Beginn der Fastenzeit. Tag der großen Versprechen: "drinking on polish roads is even worse than sleeping on polish roads" (Ólafur Arnalds, isländischer Musiker und Komponist)

Dienstag, 13. Februar 2018

Gurgel

Die "hebräische Bibel", lese ich, kenne ein anderes Seelenbild als die christlich-abendländische. Ihre Vorstellung der Seele als Hals, Kehle, Gurgel gefällt mir. Ich brauche nicht die Erklärung von Atem oder Lebenshauch bzw Leben überhaupt. Auch nicht die Wörter Näfesch oder Ruach. Bei mir ist der Hals die Sollbruchstelle, beseelt oder nicht. Aber Sollbruch. Die Seele als Sollbruch. Der Hals oder die Halswirbel als schwächste Glieder des menschlichen Skeletts.
Seit Tagen wache ich mit Halsschmerzen, einer brennenden Gurgel und Schluckbeschwerden auf, die im Laufe des Tages spurlos verschwinden. Oder vergesse ich? Die Seele? Im wachen Zustand? Bin ich, sobald ich aufrecht stehe, die Treppe hinunter in die Küche gehe und mir Tee koche, abgelenkt und bereits seelenlos?
Weiter lese ich, dass der "hebräische Mensch ..." (wer ist das?) "... durch und durch Psychosomatiker war". Denn für ihn waren Körper, Geist und Seele unzertrennlich. Bin ich ein "hebräischer" Mensch? Eine "hebräische" Frau? Immerhin trage ich einen "hebräischen" Namen (יהודית Jehudit)!

Montag, 12. Februar 2018

Sonntag, 11. Februar 2018

Freitag, 9. Februar 2018

Bilderbuch

Ansichten aus dem Innern des Kopfs des Künstlers:
Natürlich ist die Welt ein Bilderbuch. Und natürlich ist jedes Bild falsch, sobald es irgendwo stehen bleibt, erstarrt, verzerrt, entsetzt - wenn irgendein gottverdammter Idiot meint, die STOP-Taste drücken zu dürfen. Denn die Erde dreht sich, wie ein Karussell auf dem Jahrmarkt.
Niemand ist gerne nur eine Seite in einem Buch, die jederzeit umgeblättert werden kann.
Hooge ist in jeder Hinsicht ein Lehrstück im Brechtschen Sinn. Das wissen nur die Hooger selbst nicht. Zum Glück, denkt der Künstler und schwingt seinen Pinsel - sonst wäre das Gaudi ja zu Ende.

Donnerstag, 8. Februar 2018

Atelierbesuch

Ich schraube Hadis Kopf auf und gucke hinein. Das allein ist ein Bild wert: wie die Betrachterin in den Kopf des Malers gelangt. Eine Leiter anstellt und eine Sprosse nach der anderen erklimmt, um, einmal oben angekommen, hinabzusteigen in die Untiefen seiner Hirnwindungen. Wie in den Krater eines Vulkans. Die Betrachterin ist Schriftstellerin, kann das Innere des Kopfes des Malers also höchstens in Worte fassen - oder es verschweigen. Der Maler muss die Fremde in seinem Kopf so lange ertragen, bis er das Bild auf die Leinwand gebannt hat.

Mittwoch, 7. Februar 2018

Verordnung

Beim Aufräumen (siehe Eintrag vom 1.2. "Schaffe Ordnung") ist mir ein Buch in die Hände gefallen, das ich nur zu Hause lesen kann. 1261 Seiten. The collected Stories von William Trevor, in english natürlich. 83 Kurzgeschichten. Ich verordne mir nun täglich eine short story statt Mittagsschlaf, zum relaxen, zum runterkommen, rauskommen, abschalten, einschalten, wie auch immer. Aber in english! Es ist kein Geheimnis: ich kann nicht deutsch lesen, wenn ich deutsch schreibe. Sorry about that ... Polnisch ist im Moment unattraktiv, uninspirierend, unmöglich - political noncorrectness, leider. Also Trevor, ab Seite 785, weil dort ein altes Lesezeichen steckt, und weil es weniger frustierend ist, ein dickes Buch im letzten Viertel anzufangen, als auf Seite 1. Hinter der Winteransichtskarte von Grindelwald hebt die Geschichte mit dem schönen Sommertitel "The Teddy-bears' Picnic" mit einem bemerkenswerten ersten Satz an:
"I simply don't believe it," Edwin said. 
The best first sentence ever - der beste erste Satz, der mir je untergekommen ist an einem hellen Februartag statt Mittagsschlaf: I simply don't believe it - Ich fass' es einfach nicht ... 

Dienstag, 6. Februar 2018

Unlila Resümee

Hadi in Heide war erstaunt mich zu sehen. "In meinem Kopf", sagte er lachend, "bist du immer noch auf der Hallig". Dieser Satz steckt seither in meinem Kopf. Nach zwei Tagen habe ich Hadi in Meldorf gefragt, wie das Bild denn aussieht, "ich auf der Hallig" in seinem Kopf. Ob er dieses Bild aus seinem Kopf heraus auf die Leinwand bringen kann. Er wird es versuchen.

Montag, 5. Februar 2018

Samstag, 3. Februar 2018

Hände

Behende schreibt man neuerdings so: behände. Jedenfalls behauptet das die automatische Rechtschreibüberprüfung in meinem Computer, die immer dann, wenn ich mich vertippe, das falsch geschriebene Wort rot unterstreicht. Das ist dann höchste Alarmstufe. Es gibt auch grüne Unterstreichungen, dann gefällt dem System stilistisch etwas nicht. Manchmal sind die Korrekturvorschläge auch purer Nonsens. Denn der Computer kennt die Sprache längst nicht so gut wie ich. Mit "behände" hat er mich aber so sehr irritiert, dass ich den Duden (das Buch!) in die Hand nahm und aufschlug. Tatsächlich wird die neue Schreibweise "behände" empfohlen und als Fallbeispiel sogar mein eigener Satz angegeben: "mit behänden Schritten". Erklärt wird er etymologisch mit "bī hende" = bei der Hand. 
Trotzdem kommt es mir ziemlich absurd vor, dass ich meinen Bäckermeister mit behänden Schritten über den Hof laufen lassen soll. Die Hände sind in diesem konkreten Fall erstens von den Füßen ziemlich weit entfernt, zweitens mit etwas anderem beschäftigt (er trägt einen Zentnersack Weizenmehl über der Schulter). Aber einer nimmt auch die Beine in die Hand oder sogar unter die Arme, wenn er - aus welchem Gründen auch immer - sehr schnell vom Schauplatz verschwinden will. Auch das kann sich die Autorin kaum plastisch vorstellen. Warum es schneller vonstatten geht, flinker, effektiver, wenn die Beine eingezogen, in den Achselhöhlen oder Handflächen verstaut sind. 
Ich umschiffe das Problem, indem ich den Satz ersatzlos streiche. Niemand wird je erfahren, wie das Mehl in die Backstube gelangt.

Freitag, 2. Februar 2018

Licht

Der Tag sei bereits eine Stunde länger als zu Weihnachten, höre ich in der Morgenandacht im Radio. Für uns am Wattenmeer trifft das nicht zu, ich habe es überprüft. Am 25.12. lagen zwischen SA und SU in Meldorf genau 7,38 Stunden. Heute sind es 8,98. Die Differenz beträgt 1,6 - also mehr als anderthalb Stunden! Gefühlsmäßig stimmt das auch: seit ein paar Tagen geht die Sonne, wenn man sie überhaupt zu Gesicht bekommt, erst nach 17 Uhr unter. Und in ein paar Tagen, genauer gesagt ab nächstem Mittwoch, wird sie wieder vor 8 Uhr aufgehen. Und dann haben wir wieder deutlich über 9 Stunden Tageslicht.

Die Kirche sieht die Welt anders als die Wissenschaft oder der Markt. Heute ist Mariä Lichtmess - und früher endete in katholischen Ländern an diesem Tag die Weihnachtszeit. Das ist heutzutage nicht mehr zu machen, weil ja direkt nach den Silvesterraketen die Ostereier in die Supermärkte kommen. Wie sollen die geplagten Mütter ihren Kindern beim Einkaufen also erklären, dass immer noch Weihnachten ist, auch ohne Geschenke?
Wir gingen früher, als ich noch Kind war, am 2. Februar abends zur Messe, egal auf welchen Wochentag er fiel. Wir ließen uns, nicht ganz freiwillig natürlich,  vom Priester zwei geweihte und brennend Kerzen über Kreuz an den Hals halten. Die - sowie das entsprechende Gebet dazu - würden, erklärten unsere Mütter, uns vor Halsweh, Schnupfen und Husten bewahren. Niemand hatte damals einen Grund, solche und andere Rituale anzuzweifeln, geschweige denn sich ihnen zu widersetzen.

Menschen, die von "früher" berichten, sind alt geworden. Also auch ich.

Donnerstag, 1. Februar 2018

Energiebotschaft

Die Fengshuimeisterei aus Berlin schickt mir Energiebotschaften per mail. Für den Februar lautet sie: Schaffe Ordnung - erlöse Dein Chaos. Der Baumpfleger kommt also und erlöst die Edelkastanie vom Chaos des Baumhauses.
Er zeigt mir, wie und wo der Baum das fremde, minderwertige Bauholz, das Baumhausholz zum Teil schon einverleibt hat. Die Rinde stülpt sich wie eine Lippe über die Fremdkörper. Baumrinden, erzählt mir der Baumkletterer, würden auch Eisenteile, zB Verankerungen für Zäune uä einfach "auffressen" oder überwuchern. Ich bin begeistert und freue mich für meinen zu seiner Ordnung zurückgekehrten Hausbaum. Ich darf ihn nicht mehr fällen, denn er ist ein ortsbildprägender Baum, der Stamm hat auf der Höhe von ungefähr einem Meter über dem Boden einen Umfang von mehr als 2 Metern, nämlich über drei, denn er teilt sich wie ein Zwilling oder wie die Finger an der Hand. Und, sagt der Fachmann, der Baum ist älter als das Haus. Er stand bereits, als das Haus gebaut wurde. Durfte schon damals nicht gefällt werden. Erstaunlich!