Dienstag, 19. August 2014
Die dritte Luisa
Die Moderatorin Margrit Mohr fragte Silke Scheuermann auf der WortWärts-Bühne in Nürnberg, ob es eine "dritte Luisa" in ihrem Werk geben werde (nach Luisa, der Ich-Erzählerin + Assistentin im Roman "Shanghai Performance" und Luisa, der Protagonistin im Roman "Die Häuser der anderen"). Die Autorin schien ehrlich erstaunt. Darüber habe sie sich noch nie Gedanken gemacht, sagte sie. Beide Luisas, jede in ihrer eigenen fiktiven Welt, gehören dem Kunstbetrieb an. Ihre Lektorin habe ihr geraten, sagt Silke Scheuermann, es nun gut sein zu lassen mit der "Kunst" in ihren Romanen. Sie schreibe jetzt etwas über ihre Kindheit. Verblüfft hat mich die Naivheit, mit der diese Antwort daher kam. Die unreflektierte Offenheit. Das unbedarfte Plappern. Dabei enthüllte sie, was keineswegs neu ist. Die moderne Sklaverei. Erfolgreiche AutorInnen schreiben das, was ihnen zum weiteren Erfolg verhilft. Was Lektoren vorschlagen. Was Verleger verkaufen (wollen, können). Verblüfft hat mich die Gedankenlosigkeit dieser eigentlich schlagfertig und selbstbewusst wirkenden jungen Frau. Hat sie tatsächlich nie darüber nachgedacht, weshalb sie zweimal eine Frauenfigur mit demselben Vornamen ausstattet? Ist sie wirklich nie ins Grübeln gekommen, ob er, der literarisch duplizierte Name, nicht verpflichtet? Hat sie keine schlaflosen Nächte, weil Luisa ihr Recht einfordert?
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