Leider geht in diesem Medienrummel vollkommen unter, was die stimmberechtigte Bevölkerung der Schweiz am letzten Wochenende noch entschieden hat: dass weiterhin Kriegsmaterial exportiert wird. Eine Mehrheit gibt nach wie vor lieber Kindersoldaten (wie zB in der indischen Krisenregion Chhattisgarh) Gewehre in die Hand, als Milch in den Mund. "Einheimische Profitinteressen", heißt es in einer Pressemitteilung, "werden höher gewichtet als ausländische Menschenleben." Dem Bundesrat wird "Faktenresistenz" vorgeworfen. Die Wirtschaftministerin teilt mit: „Weil der Heimmarkt für eine wirtschaftliche Produktion zu klein ist, ist die Schweizer Rüstungsindustrie auf den Zugang zu ausländischen Märkten und damit auf Exporte angewiesen."
Laut offiziellen Statistiken des Bundes exportierte die Schweiz von 1975-2008 für insgesamt 12,7 Milliarden Franken Kriegsmaterial, dazu ein paar neuere Zahlen:
- 2006 segnete der Bundesrat Kriegsmaterialexporte für 397,6 Millionen Franken ab.
- 2007 segnete der Bundesrat Kriegsmaterialexporte für 464,5 Millionen Franken ab.
- 2008 segnete der Bundesrat Kriegsmaterialexporte für 722 Millionen Franken ab.
Das bedeutet:
- Im letzten Jahr nahm der Export von Kriegsmaterial um 55,4 % gegenüber dem Vorjahr zu.
- Innerhalb von zwei Jahren nahmen der Export von Kriegsmaterial um 106,7 Prozent zu.
Im Vorfeld der Abstimmung verwies die Wirtschaftministerin wiederholt darauf hin, dass gemäß Art. 22 des Kriegsmaterialgesetzes die Herstellung, die Vermittlung, die Ausfuhr und die Durchfuhr von Kriegsmaterial für Empfänger im Ausland bewilligt werden, "wenn dies dem Völkerrecht, den internationalen Verpflichtungen und den Grundsätzen der schweizerischen Außenpolitik nicht widerspricht."
Mit Schweizer Kriegsmaterial wird immer wieder in Kriegen getötet. Unter anderem mit Granaten und Munition, die von der bundeseigenen Rüstungsbetrieben RUAG Nato Staaten, die im Irak und in Afghanistan im Kampf sind, geliefert werden, oder mit Pilatus Flugzeugen. Im Tschad wurde mit einer Pilatus Maschine Clusterbomben auf Flüchtlingslager im sudanischen Darfur abgeworfen; im Irak wurden Giftgasbomben aus Pilatus Maschinen abgeworfen, in Burma bombardiert das diktatorische Regime die eigene Bevölkerung mit Pilatus Maschinen.
Die Bewilligung für die Ausfuhr von Kriegsmaterial, wurde am 27. August 2008 vom Bundesrat dahingehend präzisiert, dass die „Ausfuhr von Kriegsmaterial ausgeschlossen ist", „wenn im Bestimmungsland ein hohes Risiko für einen Einsatz der ausführenden Waffen gegen die Zivilbevölkerung besteht".
Am 25. März 2009 bewilligte der Bundesrat folgende Exporte:
- 400 Maschinenpistolen des Typs MP9 PDW (Kaliber 9 Millimeter) im Wert von 824'000 Franken sowie 400 Sturmgewehren SG 553 (Kaliber 5,56 Millimeter) im Wert von 910'000 Franken an die Polizeikräfte des indischen Teilstaats Jharkhand
- 10 Maschinenpistolen des Typs MP9 PDW an die Polizei im Bundesstaat Chhattisgarh, hergestellt von der Thuner Rüstungsfirma Brügger & Thomet AG, im Wert von 20'000 Franken.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft bestätigt die Exporterlaubnis von Kriegsmaterial in das Krisengebiet: "Der Bundesrat hat Waffenlieferungen in den indischen Teilstaat Chhattisgarh bewilligt." Das Thema Kindersoldaten müsse bei der Prüfung von Waffenexportgesuchen zwar "berücksichtigt" werden, entscheidendes Kriterium für Bewilligungen sei aber, "ob im Bestimmungsland die Menschenreche systematisch und schwerwiegend verletzt werden." Dies ist in Chhattisgarh trotz Berichten über Kinder als Soldaten nicht der Fall: "Nach unserer Beurteilung liegen keine Gründe vor, die eine Ausfuhr verbieten würden."
Wie ließ die zuständige Bundesrätin verlauten? „Weil der Heimmarkt für eine wirtschaftliche Produktion zu klein ist, ist die Schweizer Rüstungsindustrie auf den Zugang zu ausländischen Märkten und damit auf Exporte angewiesen."
Die "ausländischen Märkte", auf welche die Schweizer Rüstungsindustrie "angewiesen" ist, sind Plätze, auf denen geschossen, getötet und gemordet wird.
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